Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100143/11/Gu/Bf

Linz, 28.01.1992

VwSen - 100143/11/Gu/Bf Linz, am 28.Jänner 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Dipl.Ing. F R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.K K gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 23.8.1991, VU/P/5335/90 W, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach der am 15.1.1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 18 Abs.1 StVO 1960.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, am 12.11.1990 gegen 10.30 Uhr in Linz auf dem Fahrstreifen der R D, von der U D in Richtung G fahrend, auf der Höhe der Kreuzung mit der Z, Rechte D - L, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen L beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten zu haben, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Wegen Übertretung des § 18 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.3 a StVO 1960 wurde ihm hiefür eine Geldstrafe von 700 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden und ein Verfahrenskostenbeitrag von 40 S auferlegt. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung macht der Beschuldigte im wesentlichen geltend, daß er einen ordnungsgemäßen Abstand eingehalten habe, der bei einem verkehrskonformen Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer ein rechtzeitiges Anhalten erlaubt hätte. Die Ursache des Anpralles habe deswegen nicht verhindert werden können, weil eben ein Dritter sich grob verkehrswidrig verhalten habe.

Darüber hinaus sei im angefochtenen Bescheid nicht darauf eingegangen worden, daß unter Umständen, infolge Vorliegens der Voraussetzungen und damit eines Rechtsanspruches, eine Ermahnung auszusprechen gewesen sei. Im übrigen habe die Haftpflichtversicherung die Schuldlosigkeit anerkannt und sei in den Schadensfall voll eingetreten. Das Unfallgeschehen sei dadurch ausgelöst worden, daß optische Reize durch das grob verkehrswidrige Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers den Beschuldigten kurzfristig beeinträchtigt habe, wodurch er ohne daß ihn dabei Verschulden treffe, zu spät reagiert habe.

Über die Berufung wurde am 15.1.1992 die öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuziehung des Vertreters des Beschuldigten und eines Amtsachverständigen auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens durchgeführt, von letzterem Befund und Gutachten erstattet. Weiters wurde Einsicht in die die Verkehrsunfallaufnahme betreffenden Aktenteile und Beweismittel genommen.

Demnach ist erwiesen, daß zur Tatzeit und am Tatort der Beschuldigte mit seinem PKW auf das Fahrzeug eines Vordermannes auffuhr, der abrupt, wegen eines grob verkehrswidrigen Verhaltens eines anderen Verkehrsteilnehmers, der vor einer Kreuzung den Fahrstreifen gewechselt und links abgebogen war, gebremst hatte. Das angefahrene Fahrzeug seinerseits war auf das Fahrzeug des spektakulären Abbiegers nicht aufgefahren. Beim Verkehrsunfall erlitt nur der Beschuldigte eine Verletzung, indem er mit dem Kopf anstieß und Kopfschmerzen erlitt.

Bezüglich des Vorfalles hat die Staatsanwaltschaft Linz die Anzeige zurückgelegt. Aufgrund des Gutachtens des zugezogenen Amtsachverständigen ist der Beschuldigte mit seinem PKW auf den Vordermann mit einer Geschwindigkeit von etwa 33 bis 34 km/h aufgefahren. Dies resultiert aus der nach der vorliegenden Dokumentation festgestellten Bremsspur von 1,65 m, die als Schiebespur nach dem Anstoß zustande gekommen ist (vgl. die Aussage des vom VUK am 12.11.1990 vernommenen beteiligten E.H.). Auch die entstandenen Beschädigungen deuten aufgrund vergleichbarer Fälle (EES) auf diese Geschwindigkeit hin. Die beiden hintereinander fahrenden Verkehrsteilnehmer E H und Dipl.Ing. F R waren mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h unterwegs. Nach der Erfahrung hatte die Sicherheitsausstattung des beschädigten Toyota Carina kein ABS-System und betrug die Bremsverzögerung ca. 5m/sec2. Die daraus resultierende Bremszeit beträgt bei 50 km/h etwa 2,77 Sekunden, bei 40 km/h 2,22 Sekunden. Daraus errechnet sich der Teilbremsweg des Fahrzeuges des Beschuldigten beim Abbremsen von 50 km/h auf 33 km/h bis 34 km/h. Die Bremszeit ergibt etwa 0,9 Sekunden, bei einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h etwa 0,35 Sekunden. Daraus ergibt sich, daß der zeitliche Folgeabstand des Dipl.Ing. R ca. 1,8 Sekunden betragen hat. Unter normalen Folgeverhältnissen ist damit ein ausreichender Tiefenabstand gewährleistet gewesen und lag offensichtlich eine verspätete Reaktion des Fahrers vor.

Diese verspätete Reaktion, die mehrere Ursachen haben konnte, wurde aber dem Beschuldigten nicht vorgeworfen und war daher auch vom O.ö. Verwaltungssenat nicht zu prüfen.

Aufgrund der glaubwürdigen, weil von einem Unbeteiligten stammenden und folgerichtigen Ausführungen des Amtsachverständigen, konnte somit der Beschuldigte wegen der ihm vorgeworfenen Tat nicht überführt werden.

Aus diesem Grunde war mit der Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses vorzugehen und das Verfahren einzustellen.

Dies hatte kostenmäßig zur Folge, daß die Verfahrenskosten I.Instanz von der Behörde selbst zu tragen sind und Kosten des Berufungsverfahrens aufgrund des Erfolges der Berufung nicht vorzuschreiben waren (§§ 65 und 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum