Linz, 28.01.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn F R, W, vertreten durch H – W Rechtsanwälte GmbH, G, vom 30. Juni 2008 vom gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 13. Juni 2008, 2-F-08/217657, wegen Abweisung des "Antrages auf Befristungsverlängerung" der Lenkberechtigung für die Klassen A und B, aufgrund des Ergebnisses der am 27. Jänner 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung), zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 12. Juni 2008 auf Befristungsverlängerung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B gemäß §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 FSG abgewiesen.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 17. Juni 2008.
2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 27. Jänner 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war ebenso entschuldigt, wie die Amtsärztin Dr. E W. Der Bw war in der Verhandlung nicht anwaltlich vertreten; eine Aufkündigung des Vollmachtsverhältnisses durch den Rechtsvertreter ist bislang aber nicht erfolgt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das Verfahren sei mangelhaft. Am 16. Juni 2006 sei eine amtsärztliche Untersuchung durchgeführt und festgestellt worden, dass die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vorliege, worauf eine auf zwei Jahre, dh bis 16. Juni 2008, befristete Lenkberechtigung unter Auflagen erteilt worden sei – eine amtsärztliche Nachuntersuchung und Beibringung des CDT-Wertes zur Befristungsverlängerung wurde angeordnet. 2006 sei festgestellt worden, dass er an einem Zustand nach Alkoholabusus leide, aber glaubhaft abstinent sei, was durch einen CDT-Befund von 1,27% - unter Betonung, dass bei einem Wert über 2,5% ein dringender Verdacht auf chronischen Alkoholabusus bestehe – belegt worden sei. Bereits 2006 sei vom Amtsarzt festgestellt worden, dass er die Konversationssprache nicht höre, verwaschen spreche, Hypertonie zeige und an einer Herzerkrankung leide. Wegen seines Zustandes nach Bypassoperation müsse er zahlreiche Medikamente nehmen.
Im amtsärztlichen Gutachten vom 12. Juni 2008 sei festgehalten, dass er die Konversationssprache nur reduziert höre, der Gang leicht schwankend sei, die Sprache unordentlich und verwaschen. Daneben habe die Amtsärztin ausgeführt, der klinische Gesamteindruck sei "betrunken" und bestehe ein "massiver foetor ex ore" – das werde entschieden bestritten. Die Amtsärztin habe vielmehr nicht nach seiner medizinischen Vorgeschichte oder Medikamenten gefragt und keine Anamnese erstellt. Er habe wegen der Herzerkrankung und der Bypassoperation einen Sprachfehler, der sich in einer verwaschenen Ausdrucksweise manifestiere. Der schlechte Atem erkläre sich durch die eingenommenen Medikamente und der leicht schwankende Gang durch die Probleme mit der Lendenwirbelsäule. Aufgrund falscher Annahmen und dem CDT-Wert von 2,44 % habe die Amtsärztin geschlossen, er sei "betrunken".
Obwohl Dr. F am 6. Juni 2006 dieselbe Blutuntersuchung wie 2006 durchgeführt habe, liege der Grenzwert nunmehr bei 1,8% und werde bei einem CDT-Wert von über 2,3% von einem dringenden Verdacht auf Alkoholabusus ausgegangen. Hätte er seinen jetzigen Wert 2006 gehabt, wäre er innerhalb der Toleranzgrenzen gewesen. Auch die CDT-Bestimmung erlaube keine 100%ige Sicherheit bzgl der Aussage "Alkoholkonsum", zumal 20 von 100 Personen ein falsch-positives Ergebnis aufwiesen; die CDT-Erhöhung sei nicht allein alkoholbedingt. Die Erstinstanz habe ihm nicht angeboten, einen Kontrollbefund durch ein anderes Labor zu erbringen und ihm auch keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben. Ihm sei der CDT-Wert-Anstieg nicht erklärlich. Er habe seit seiner Therapie wegen Alkoholmissbrauchs das Trinkverhalten drastisch eingeschränkt und konsumiere nun nur mehr zum Abendessen 2 Bier. Er sei in der Lage, Trinken und Fahren zu trennen und seit der FS-Abnahme und Befristung der Lenkberechtigung auf zwei Jahre im Straßenverkehr nicht mehr negativ in Erscheinung getreten, was auch seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zeige. Durch Berücksichtigung seiner Krankengeschichte und seiner Medikamente hätte der erhöhte CDT-Wert aufgeklärt und durch eine Kontrolluntersuchung der Blutwerte und ev. ein Facharztgutachten der Sachverhalt erhoben werden können. Die gesundheitliche Eignung hätte allein deshalb nicht ohne komplette Blutuntersuchung aberkannt werden dürfen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie weitere Anforderungen von Befunden und eines Gutachtens gemäß § 8 FSG.
Der Bw war im Besitz einer bis 16. Juni 2008 befristeten Lenkberechtigung für die Klassen A und B, zumal ihn Polizeiarzt Dr. Z im amtsärztlichen Gutachten vom 16. Juni 2006 als befristet geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klassen A und B bezeichnet und in 2 Jahren eine Nachuntersuchung unter Beibringung des CDT-Wertes angeordnet hat.
Der Bw hat nun am 12. Juni 2008 einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Lenkberechtigung gestellt und einen CDT-Befund, Labor Dr. F, Wels, vom 6. Juni 2008 beigelegt, der allerdings einen Wert von 2,44% ausweist – aus den Erläuterungen dieses Befundes geht hervor, dass ein Wert bis 1,8% der Norm entspricht; bei CDT-Werten über 2,3% bestehe ein dringender Verdacht auf chronischen Alkoholabusus (ds mindestens 60g Ethanol/Tag) in den vorangegangenen Wochen; bei Werten zwischen 1,8 und 2,3% werde eine neuerlichen Blutuntersuchung empfohlen; bei Werten unter 1,8% könne ein chronischer Alkoholabusus weitgehend ausgeschlossen werden.
Laut amtsärztlichem Gutachten Dris. S, BPD Wels, vom 12. Juni 2008 ist der Bw nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B, wobei in einem Jahr eine Nachuntersuchung, zweimonatlich CDT-Werte und eine Alkoholberatung sowie ein verkehrspsychologisches Gutachten empfohlen werden. Begründet wird dies damit, der CDT betrage 2,44%, der Bw weise bei der Untersuchung foetor ex ore, gerötete Skleren, eine undeutliche Sprache und einen unsicheren Gang auf – gleichzeitig wird im Untersuchungsbefund ausgeführt, der Bw leide unter einer eingeschränkten Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und unter reduziertem Gehör und habe eine undeutliche verwaschene Sprache und einen leicht schwankenden Gang; der klinische Gesamteindruck lautet auf "betrunken, massiver foetor ex ore" mit der Anmerkung: CDT 2,44%.
Auf dieser Grundlage erging der nunmehr in Berufung gezogene Bescheid.
Der Bw hat in der Folge vorgelegt die internistischen FA-Stellungnahmen Dris L B, Wels, vom 17.7.2008 (Abklärung des erhöhten GGT, Zustand nach Myocardinfarkt 1995 und Bypassoperation; normwertiger CDT 1,51% vom 3. Juli 2008; keine aktuelle Alkoholproblematik; keine absolute Kontraindikation gegen das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B) und Dris J B, Wels, vom 8.9.2008 (Beurteilung des Alkoholkonsums nur durch den veranlassten CDT möglich; aus cardialer Sicht keine absolute Gegenanzeige für Fahrtauglichkeit).
Weiters vorgelegt wurde eine psychiatrische Stellungnahme Dris H W, Wels, vom 10.9.2008 - laut Anamnese 1999 Alkoholabhängigkeitsbehandlung in Traun, dann drei Jahre Abstinenz; vor drei Jahren Alkoholauffälligkeit im Verkehr, seither Befristungen auf zwei Jahre, vermehrter Alkoholkonsum und hochgradiger Verdacht auf akute Alkoholbeeinträchtigung wegen CDT 2,44 %. Laut FA-Stellungnahme Alkoholabhängigkeit in der Vergangenheit, aktuelle Hinweise für zumindest Alkoholmissbrauch, eine Abhängigkeit ist nicht sicher auszuschließen unter der fehlenden Abstinenz. Der Bw ist zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vorbehaltlich des Ausschlusses eines Alkoholabusus mittels zB zweimonatiger Kontrollen von CDT und GGT bedingt geeignet; Empfehlung der Fortführung der Betreuung bei der Alkoholberatung und gegebenenfalls Befristung der Lenkberechtigung auf zunächst ein halbes Jahr.
Weiters aktenkundig sind CDT-Werte vom 2.9.2008 1,84%, vom 7.10.2008 1,94% und vom 5.12.2008 1,43%. Vorgelegt wurden Bestätigungen über die 14tägigen Beratungsgespräche bei Frau K, sozialpsychische Beratungsdienste Wels, vom Dezember 2008 und Jänner 2009.
Am 8. Jänner 2009 erfolgte eine amtsärztliche Untersuchung des Bw durch die Amtsärztin Dr E W, Abteilung Gesundheit beim Amt der Oö. Landesregierung. Laut Gutachten gemäß § 8 FSG vom 9. Jänner 2009, San 235790/10-2008-Wim/Irv, ist der Bw nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B. Laut Begründung besteht beim Bw Alkoholabhängigkeit in der Vergangenheit, derzeit aktuelle Hinweise für Alkoholmissbrauch, Abhängigkeit kann nicht sicher ausgeschlossen werden unter fehlender Abstinenz – bei der Untersuchung habe der Bw seinen Alkoholkonsum mit zwei Bier am Abend angegeben. Voraussetzung für die gesundheitliche Eignung wäre eine erfolgreiche stationäre oder ambulante Entwöhnungsbehandlung mit dem Nachweis einer absoluten Abstinenz von sechs Monaten mit regelmäßigen ärztlichen Kontrolluntersuchungen. Der Bw sei bei der Untersuchung einsichtig gewesen und habe erklärt, er wolle sich in ärztliche Behandlung begeben.
In der Berufungsverhandlung wurde geklärt, dass es die Möglichkeit einer Entwöhnung in der Klinik in Traun ambulant gibt, wobei auch ein Autobus regelmäßig von Wels zur Trauner Kreuzung fährt und jeden Abend eine Therapie möglich ist, und einer stationären Therapie in Wels, wie der Bw in Erfahrung gebracht hat. Mit der nach erfolgreicher Behandlung ausgestellten psychiatrischen FA-Stellungnahme steht es dem Bw jederzeit frei, um Neuerteilung einer Lenkberechtigung bei der Erstinstanz ansuchen.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.
Gemäß § 3 Abs.1 Z1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.
Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf ua Personen, die von Alkohol abhängig sind oder den Konsum nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen bei denen der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen. Gemäß Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen einer Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.
Der Bw hat seinen Antrag auf Verlängerung seiner bis 16. Juni 2008 befristet gewesenen Lenkberechtigung vor Ablauf der Befristung gestellt und konnte bis zum Ablauf keine Verlängerung erfolgen, weil das amtsärztliche Gutachten auf "nicht geeignet" lautete. Die FA-Stellungnahme Dris W vom 10. September 2008 lautet auf "bedingt geeignet" "vorbehaltlich des Ausschlusses eines Alkoholabusus" mit der Begründung, eine Abhängigkeit sei aufgrund fehlender Abstinenz nicht auszuschließen. Auf der Grundlage des somit – nachvollziehbar und schlüssig – weiterhin auf "nicht geeignet" lautenden amtsärztlichen Gutachtens Dris W vom 9. Jänner 2009 besteht auch nunmehr keine gesundheitliche Eignung des Bw, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Keine gesundheitliche Eignung – Verdacht auf Alkoholabhängigkeit -> Abweisung bestätigt