Linz, 28.01.2009
E R K E N N T N I S
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 50,-- Euro auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 5/2008 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 5/2008 - VStG;
Zu II. § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. In der Begründung des Schuldspruches traf die Behörde erster Instanz nachfolgende Erwägungen:
1.2. Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!
2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:
3. Festzustellen ist vorweg, dass es sich beim Unabhängigen Verwaltungssenat weder um eine der Behörde erster Instanz "übergeordnete" noch um dessen Oberbehörde handelt.
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung der Inhalte der erstbehördlichen Verfahrensakte im Rahmen der Berufungsverhandlung. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde die gesamte Videosequenz der mit der Anzeige übermittelten Fotos und eine fachliche Stellungnahme des Amtssachverständigen TAR Dipl.-HTL.-Ing. R H beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung gesichtet. Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teil, weil er laut Angaben seines Rechtsvertreters dazu keine Angaben machen könne.
Die Behörde erster Instanz entschuldigte per Mitteilung vom 13.1.2009 seitens des zuständigen Abteilungsleiters die Nichtteilnahme wegen dienstlicher Verhinderung.
3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.
4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:
Der Berufungswerber lenkte am 22.9.2007 kurz nach 09:07 Uhr den bezeichneten PKW auf der A1, bei Strkm. 210,400 mit 133 km/h, wobei er über einen Zeitraum von zumindest 10 Sekunden den Abstand zum Vorderfahrzeug auf nur 0,38 Sekunden bei Einhaltung eines Tiefenabstands von nur 14 Meter verkürzte.
Die Berechnung auf Grund des aufgezeichneten Videos erfolgte dabei zu Gunsten des Berufungswerbers, wobei laut Gutachten vom 21.1.2009 der tatsächliche zeitliche Abstand nur 0,35 betrug, wobei auch die Fahrgeschwindigkeit an sich eher bei 138 km/h lag. Unter Bedachtnahme auf die Auswertungstoleranzen jedoch mit nur 133 km/h anzunehmen sind.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieses Beweisergebnis auf die eichamtlich anerkannte Messmethode mittels dem Verkehrs-Kontroll-System, Version 3.0 (kurz VKS 3.0) gestützt ist.
Aus der Gebrauchsanweisung wird unter Punkt 1.4.1 zur Genauigkeit der Abstandsmessung Folgendes ausgeführt:
"Grundlage der Abstandsmessung ist die perspektivische Transformation. Bei der “Passpunkteingabe“ werden acht Transformationsparameter berechnet. Mit diesen Parametern werden dann mit der unten dargestellten Formel anvisierte Videopunkte (Messrasterkoordinaten) in Fahrbahnkoordinaten umgerechnet.
Hierbei sind :
a1 - a8 die Transformationsparameter
X,Y Fahrbahnkoordinaten
x, y Messrasterkoordinaten
Als gemessene Größen gehen die Messrasterkoordinaten in diese Berechnung ein. Sie werden in Form eines Fadenkreuzes/einer Messlinie in das Video projiziert. Für die mit dem Fadenkreuz/der Messlinie anvisierten Punkte werden die entsprechenden Fahrbahnkoordinaten umgerechnet.
Die Genauigkeit des Anvisierens ist abhängig von der Position des Fadenkreuzes/der Messlinie im Video ( siehe Abb. 1.6). Der Verzeichnungseinfluss des Objektivs liegt bei den verwendeten Brennweiten weit unter der Fadenkreuzdicke und ist für die Genauigkeit der Messung vernachlässigbar. Die vom Fadenkreuz oder der Messlinie überstrichene Breite ist abhängig von der Aufnahmeposition, diese Breite wird vom VKS 3.0-Programm situationsbezogen berechnet.
Je weiter das Fadenkreuz/die Messlinie im Videobild in Richtung der Passpunkte 2 und 3 bewegt wird, desto größer wird der von der Fadenkreuzbreite/Messlinienbreite verdeckte Fahrbahnabschnitt. Bei jeder einzelnen Abstandsmessung wird die Breite der Messlinie an beiden Messpunkten vom VKS 3.0-Programm berechnet und angezeigt. Bei der Messung wird jeweils der günstigste Wert berücksichtigt.
Im VKS 3.0-Programm müssen mindestens zwei Abstandsmessungen durchgeführt werden, wobei die längste Abstandsmessung zur weiteren Auswertung herangezogen wird.
Bei der Abstandsmessung von zwei aufeinanderfolgenden Fahrzeugen wird der Abstand der Radaufstandpunkte der Vorderachsen gemessen. Mit einer besonderen Funktion bei der Auswertung kann die Fahrzeuglänge berücksichtigt werden. ( siehe 5.9.1 ).
Der auf diese Weise ermittelte Abstand ist erheblich größer als der tatsächliche Abstand.
4.1. Dem Berufungswerber konnte in seiner den Tatvorwurf bloß pauschal bestreitenden Verantwortung nicht gefolgt werden.
Unstrittig ist die Präsenz des Fahrzeuges des Berufungswerbers auf dem fraglichen Autobahnabschnitt. Sein Fahrzeug ist über eine Zeitspanne von mehr als zehn Sekunden in einem sichtlich gleichbleibenden Abstand hinter einem anderen Fahrzeug und weiteren sechs am linken Fahrstreifen mit augenscheinlich nicht weniger als 130 km/h fahrenden Pkw´s erkennbar. In der Annäherungsphase an die Messkamera fließt der Verkehr auf beiden Fahrstreifen ohne Spurwechsel, wobei auf der rechten Spur acht Fahrzeug und auf der linken sechs Fahrzeuge sichtbar sind. Lediglich hinter dem Berufungswerber wechselt etwa vier Sekunden vor der ersten Messung (Bildfolge: 09:07:25:08) ein Fahrzeug auf die Überholspur. Dessen Abstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers vergrößert sich in der Folge bis zur zweiten Messung (Bildfolge: 09:07:27:23) deutlich. Auch dies belegt die vom Verkehrsfluss sich unterscheidende Fahrweise des Berufungswerbers.
Offenkundig fuhr dem Berufungswerber das in einem angemessenen Abstand zu dessen Vorderfahrzeug fahrende KFZ trotz der von diesem Fahrzeug eingehaltenen erlaubten Höchstgeschwindigkeit immer noch zu langsam, was er wohl durch diesen als sogenanntes "Drängeln" zu qualifizierenden knappen Nachfahrabstand zu einem früheren Umspuren nach rechts zu "erzwingen" versuchte. Ein Bremsen des Vorderfahrzeuges wird vom Sachverständigen aus rechnerischer Sicht ausgeschlossen. Dies ist auch aus der Videosequenz klar erkennbar, wobei dieser Sicherheitsabstand zusammenfassend ausschließlich der Fahrerdisposition, d.h. dem Berufungswerber zuzurechnen ist.
Der Sachverständige führt dazu aus, dass die Rahmenbedingungen, die für eine gültige Messung einzuhalten sind und eingehalten wurden. Diese Aussage könne getroffen werden, da bei der Nachmessung die Rahmenbedingungen überprüft wurden.
Weiters konnte vom Sachverständigen ausgeschlossen werden, dass der unmittelbar vor dem Berufungswerber fahrende PKW allenfalls plötzlich stark abgebremst worden sein könnte. Die maximale Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den Fahrzeugen wurde mit 6,65 Km/h errechnet.
Diese Darstellung ist aus dem im Zuge der Berufungsverhandlung gesichteten Videos selbst aus der empirischen Beurteilungsbasis eines mit Autobahnfahrten nur einigermaßen vertrauten Fahrzeuglenkers nicht nur logisch, sondern auch augenscheinlich nachvollziehbar.
Am technischen Messergebnis vermag hier daher kein Anhaltspunkt für Zweifel erblickt werden. Das Video belegt den offenkundig knappen Sicherheitsabstand und lässt diesen selbst unter visueller Beurteilung von etwa drei Fahrzeuglängen die Knappheit des Nachfahrabstandes mit 0,38 Sekunden klar nachvollziehen. Offenbar scheint sich der Berufungswerber der Problematik eines zu knappen Sicherheitsabstandes und die Nützlichkeit eines angemessenen Sicherheitsabstandes nicht bewusst zu sein. Auch die Stellungnahme des Sachverständigen ergänzt die sachliche Begründung des Tatvorwurfes.
Der Berufungswerber tritt diesen Fakten im Rahmen der Berufungsverhandlung inhaltlich nicht entgegen.
5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Zur Messung an sich ist zu sagen, dass es sich hierbei um ein anerkanntes Messverfahren handelt (vgl. VwGH 21.9.2006, 2006/02/0074, womit etwa ein h. Erk. v. 31.1.2006, Zl. VwSen-161056/6/Br/Se, als rechtmäßig festgestellt wurde).
Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von zumindest 133 km/h ein Abstand von 14 m nur einer Wegzeit von 0,38 Sekunden entspricht. Die oben angeführten Werte wurden bereits zu Gunsten des Berufungswerbers verkehrsfehlerkorrigiert. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation wohl mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der kürzest annehmbaren Reaktionszeit von einer halben Sekunde wohl kaum mehr in einer der Verkehrssicherheit gerecht werdenden Wahrscheinlichkeit unfallvermeidend reagiert werden könnte (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443). Eine Reaktionszeit von nur 0,5 Sekunden ist unter Hinweis auf diesbezüglich gesicherte sachverständige Erkenntnisse nur als theoretisch mögliche, in der Verkehrsrealität gilt jedoch unter 0,7 Sekunden eine Reaktionshandlung nicht realistisch (s. unten vielen h. Erk. v. 26.2.2008, VwSen-162603/8/Fra/Sta u. vom 16.2.2004, VwSen-109509/7/Br/Be).
Beim Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs.1 StVO genügt "in der Regel" ein dem mit einer Sekunde anzunehmenden Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand; dies aber nur wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen. Der Reaktionsweg beträgt in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 5.5.2006, 2003/03/0299 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1986, 86/02/0081). In der zum Vorfallszeitpunkt herrschenden Verkehrsdichte müssten hier vielmehr Umstände für einen noch größeren Sicherheitsabstand erblickt werden (VwGH 9.11.1984, 84/02B/0064 mit Hinweis auf OGH 16.3.1967,11 Os 5/67 = ZVR 1968/50).
Nach der o.a. Formel hätte demnach der Sicherheitsabstand zumindest 39,9 m zu betragen gehabt.
6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 18 Abs.1 StVO getätigte Strafzumessung kann gesagt werden, dass angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines zu knappen Sicherheitsabstandes, was empirisch belegt vielfach unfallursächlich ist, eine empfindliche Geldstrafe geboten ist. Zutreffend stellte die Behörde erster Instanz sinngemäß auch fest, dass in Ahndung dieser Deliktsart insbesondere präventiven Überlegungen und der Tatschuld entsprechend spürbare Strafen zu verhängen sind. Dass es insbesondere die sogenannten Drängler die Auslöser vieler Verkehrsunfälle sind, insbesondere Auffahrunfälle mit überwiegend schwerwiegenden Folgen, kann als statisch belegte empirische Tatsache gelten. Das visuell dokumentierte Fahrverhalten des Berufungswerbers belegt nachdrücklich, dass dieses nicht nur den Verkehrsfluss sichtlich negativ beeinflusst und andere, sich allenfalls bedrängt fühlende Fahrzeuglenker zu unüberlegen Handlungen – etwa ein emotionsgeladenes plötzliches Abbremsen – veranlassen kann. Dies ist wohl die zu vermutende Ursache von Unfällen, deren Ursache sich dann letztlich kaum objektivieren oder rekonstruieren lassen. Daher ist insbesondere sowohl aus generalpräventiven aber auch spezialpräventiven Überlegungen eine strenge Strafe geboten, um bei solche Lenker von derart verwerflichen Verhaltensneigungen im Straßenverkehr verstärkt abzuhalten oder zumindest eine Bewusstseinsbildung in dieser Richtung zu bewirken.
Unter Bedachtnahme auf das beim Berufungswerber als Steuerberater anzunehmenden überdurchschnittlichen Einkommens, ist unter Berücksichtung des Milderungsgrundes der für dieses Verfahren anzunehmenden verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, die hier verhängte Geldstrafe jedenfalls innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes gelegen und objektiv durchaus milde bemessen zu erachten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r