Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522154/7/Ki/Jo

Linz, 28.01.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn M S, L, P, vertreten durch Frau Mag. S W, R O, L, W, vom 19. Dezember 2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Dezember 2008, FS 450343-2008, wegen Erteilung von Auflagen im Zusammenhang mit der Lenkberechtigung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 28. Jänner 2009 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Erteilung der Auflage betreffend Vorlage internistischer Befunde mit Angaben zum Krankheitsverlauf in 2 jährigen Abständen unaufgefordert bei der Behörde (Zahlencode 104) wird aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG iVm § 5 Abs. 5 FSG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben angeführten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land Herrn S die Lenkberechtigung 08450343 unter Einschränkung/Auflage  Code 104, 01.01 erteilt. Code 104 betrifft die Anordnung einer Vorlage internistischer Befunde mit Angaben zum Krankheitsverlauf in zweijährigen Abständen bei der Behörde, Code 01.01 die Anordnung, dass eine Brille, mit der die erforderliche Sehschärfe erreicht wird, zu tragen ist. Weiters wurde angeordnet, dass die Auflage in Form eines Zahlencodes in den Führerschein einzutragen ist.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stützt die Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 18. Dezember 2008. In diesem Gutachten wurde festgestellt, dass Herr S bedingt geeignet sei, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 (A, B, E) zu lenken. Im März 2008 sei eine Nierentransplantation durchgeführt worden. Das Transplantat werde gut vertragen. Die Nierenwerte würden im Normbereich liegen. Es seien auch keine Kreislaufreaktionen zu erwarten. Herr S gebe an, seit der Transplantation beschwerdefrei zu sein. Aufgrund der vorliegenden Erkrankungen seien Auflagen erforderlich, nämlich Vorlage eines internistischen Befundes in zweijährigen Abständen mit Angaben zum weiteren Krankheitsverlauf, weil noch langfristig eine Abstoßung möglich ist bzw. aufgrund der Sehschwäche Tragen einer Brille, mit welcher der erforderliche Visus erreicht wird.

 

In der Anamnese wurde festgehalten, dass Herr S an einer chronischen Niereninsuffizienz leide.

 

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 19. Dezember 2008. Es wird der Antrag gestellt, den gegenständlichen Bescheid zu beheben. Beigeschlossen wurde ein (Führerschein-)Gutachten des Facharztes für innere Medizin, Dr. W K, vom 24. November 2008, in welchem der Gutachter unter anderem zusammenfassend feststellt, dass aus interner Sicht die Führerscheintauglichkeit für die „Führerscheingruppen“ B und C gegeben sei bzw. aufgrund des erfreulichen und stabilen Transplantationsverlaufes aus interner Sicht keinerlei Einschränkungen vorliegen und die Führerscheintauglichkeit auf den längstmöglichen Zeitraum ohne Einschränkungen vorzunehmen ist.

 

In der Begründung wird auf dieses fachärztliche Gutachten verwiesen, die Argumentation, es könne noch langfristig zu einer Abstoßung kommen, sei nicht nachvollziehbar. Eine Beschränkung „bloß zur Sicherheit“ würde dem Prinzip des geringstmöglichen Einschnittes in bestehende Rechte und damit der gängigen Judikatur des VwGH widersprechen.

 

 

2.1. Die Bezirkhauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 28. Jänner 2009. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein seiner Vertreterin teil. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurde die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Frau Dr. A Ü, zur Erörterung ihres Gutachtens der Verhandlung beigezogen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Herr S beantragte am 18. Dezember 2008 mittels Formblatt die Ausstellung eines Führerscheinduplikates für die Klassen A, B und B+E. Gleichzeitig verzichtete er auf seine Lenkberechtigung für die Klassen C1, C, C1+E, C+E und F.

 

Nach Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen (siehe oben Punkt 1).

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung wurde das amtsärztliche Gutachten erörtert, wobei die Amtsärztin zunächst erklärte, dass gemäß den Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrzeuglenkern, welche von der Arbeitsgruppe "Amtsärzte in Führerscheinangelegenheiten" erstellt wurden, hinsichtlich Nierentransplantation die Erteilung einer Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen festgelegt ist. Sie wies darauf hin, dass Herr S vor der Nierentransplantation für einen Zeitrum von etwa 4 Jahren einer Dialysebehandlung unterzogen wurde, bestätigte jedoch, dass – dies abweichend zur Anamnese im amtsärztlichen Gutachten – derzeit keine Niereninsuffienz festgestellt wird. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass es zu einer Abstoßungsreaktion kommen könne oder wiederum eine Niereninsuffizienz auftritt. Durch regelmäßige Kontrollen würden derartige Umstände rechtzeitig erkannt und behandelt werden können. Dementsprechend leite sie die Notwendigkeit der Erteilung der bekämpften Auflage aus dem vorliegenden Gutachten des Facharztes für innere Medizin vom 24. November 2008 ab. Dass zur Zeit eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden müsse, konnte sie jedoch auf ausdrückliches Befragen hin nicht bestätigen.

 

Resümierend stellte die Amtsärztin fest, dass aus medizinischer Sicht unter Berücksichtigung der erwähnten Leitlinien zumindest für die nächste Zeit noch entprechende Kontrollen erforderlich wären, weshalb sie die Erteilung der vorgeschlagenen Auflage für notwendig erachte.

 

Der Berufungswerber gab an, dass er sich zur Zeit völlig gesund fühle, er unterziehe sich regelmäßig (so alle 1 bis 2 Monate) Kontrollen. Bezüglich der Auflage Code 01.01 werden keine Einwendungen erhoben.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

 

Gemäß § 15 Abs.1 FSG-GV kann nach einer befürwortenden Stellungnahme eines zuständigen Facharztes Personen, die unter einer schweren Niereninsuffizienz leiden, unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung für die Gruppe 1 erteilt oder belassen werden.

 

Im vorliegenden Falle ist nun zu prüfen, ob beim Berufungswerber eine fortschreitende Erkrankung, welche eine Einschränkung der Lenkberechtigung begründen würde, vorliegt. Fortschreitende Erkrankungen werden im § 3 Abs.5 FSG‑GV allgemein geregelt, Bestimmungen zu Nierenerkrankungen finden sich in § 15 FSG‑GV. Hinsichtlich fortschreitender Erkrankungen enthält die Bestimmung des § 15 FSG‑GV keine vom § 3 Abs.5 FSG‑GV abweichende Spezialbestimmung.

 

§ 3 Abs.5 zweiter Satz FSG-GV regelt, dass eine Stabilisierung der Erkrankung oder Behinderung die Grundlage für die Aufhebung der bei der befristeten Erteilung oder Belassung der Lenkberechtigung zu verfügenden Auflagen bildet. Grundsätzlich muss dazu festgestellt werden, dass die Bestimmung wohl so zu verstehen ist, dass nicht nur eine Befristung sondern jede Einschränkung der Lenkberechtigung entsprechend zu beurteilen ist.

 

Allgemein muss festgestellt werden, dass nicht schon eine vorübergehende, sondern eine dauerhafte Stabilisierung einer ihrer Art nach als fortschreitende Erkrankung anzusehende Krankheit gemeint ist. Diese muss also derart zum Stillstand gekommen sein, dass nach dem medizinischen Wissensstand keine weitere Verschlechterung zu befürchten ist. Nur dann kann von einer Befristung Abstand genommen werden, ohne eine vorhersehbare Gefährdung der Verkehrssicherheit in Kauf zu nehmen. Bei Eintritt einer Stabilisierung im besagten Sinne liegt keine fortschreitende Erkrankung mehr vor (siehe VwGH 2003/11/0315 vom 20.4.2004).

 

Der amtsärztliche Sachverständige hat grundsätzlich darzulegen, ob und warum im konkreten Fall mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden (bzw. einschränkenden) Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Betroffenen zu rechnen ist, wobei dies grundsätzlich auch auf jene Fälle zutrifft, wo es bereits zu Sekundärschäden gekommen ist.

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG 1997 ist dann gegeben, wenn eine Krankheit festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (VwGH 23. Mai 2000, 99/11/0368 u.a.).

 

Im vorliegenden Falle hat die Amtsärztin in der dem Gutachten vorangegangenen Anamnese unter anderem festgestellt, dass der Berufungswerber an einer chronischen Niereninsuffizienz leide bzw. am 18. März 2008 eine Nierentransplantation durchgeführt wurde. Der Vorschlag zur Vorschreibung der Auflage hinsichtlich Vorlage internistischer Befunde wird im Wesentlichen damit begründet, dass noch langfristig eine Abstoßung möglich sei. Ungeachtet der Tatsache, dass derzeit Herr S nicht an einer chronischen Niereninsuffizienz leidet, konnte von ihr jedoch nicht konkret dargelegt werden, warum es sich im vorliegenden Falle um eine fortschreitende Erkrankung iSd § 3 Abs.5 FSG-GV handeln könnte.

 

Dass nach allgemeiner Lebenserfahrung eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bzw. eine Abstoßung nicht ausgeschlossen werden kann, mag zutreffen, daraus ergibt sich jedoch kein konkreter Hinweis auf das Vorhandensein einer fortschreitenden Erkrankung im gegenständlichen Falle. Es finden sich auch keinerlei Hinweise dahingehend, wann allenfalls eine Verschlechterung der Krankheit eintreten könnte und es sind auch konkrete Anzeichen für die Änderung des derzeitigen Zustandes nicht hervorgekommen. Dazu kommt, dass Herrn S fachärztlicherseits attestiert wird, dass aus interner Sicht die Führerscheintauglichkeit gegeben ist bzw. keinerlei Einschränkungen vorliegen. Es konnte daher diesbezüglich der Berufung Folge gegeben werden.

 

3.2. Betreffend Auflage Code 01.01 wurden keine ausdrücklichen Einwendungen erhoben, die Notwendigkeit der Vorschreibung dieser Auflage ist aus dem amtsärztlichen Gutachten (Visus ohne Korrektur R 0,5/L 0,2) abzuleiten (siehe § 8 Abs. 1 FSG-GV).

 

3.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Alfred Kisch

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

Beschlagwortung:

Eine erfolgreich durchgeführte Nierentransplantation rechtfertigt per se nicht die Einschränkung der Lenkberechtigung.

 

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