Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163449/6/Bi/Se

Linz, 02.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A P, F, vertreten durch RA Dr. K W, S, vom 14. August 2008 gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Schärding vom 30. Juli 2008, VerkR96-941-2007, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 30. Oktober 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhand­lung zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straf­erkenntnis im Schuldspruch bestätigt wird, die Geldstrafe jedoch auf 40 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt werden. 

 

II.         Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigen sich auf 4 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 8 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 50 Euro (16 Stunden EFS) verhängt, weil er am 9. Dezember 2006 von 10.44 bis 10.55 Uhr in der Gemeinde Schärding auf dem Oberen Stadtplatz auf Höhe des Hauses Nr. .. mit dem Pkw     einen Geh­steig benutzt habe, obwohl die Benutzung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutz­inseln mit Fahrzeugen aller Art verboten sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 5 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. Oktober 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, des Behördenver­treters E I und des Meldungslegers KI W S (Ml) am in Rede stehenden Abstellort des Pkw     auf dem Oberen Stadtplatz in Schärding durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Beru­fungs­ent­­scheidung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw macht unter Beantragung eines Ortsaugenscheins im Wesentlichen geltend, die Fahrbahn der ehemaligen B137b verlaufe nicht parallel zu der mit Beton­pflastersteinen ausgeführten Fläche, sondern schneide diese in einem Win­kel von 90 Grad. Da ein Gehsteig unmittelbar mit einer Fahrbahn zusam­menhän­gen müsse, weil sonst ein Gehweg vorliegen würde – der hier mangels Ver­ordnung sicher nicht gegeben sei – ermögliche die Fahrbahn der ehemaligen B137­b nicht jene Verbindung zur Fahrbahn, die nach der Legaldefinition des § 2 Abs.1 Z10 StVO unter "von der Fahrbahn durch Randsteine ... abgegrenzter Teil der Straße" zu verstehen sei. Da es sich bei diesem Teil des Oberen Stadtplatzes um eine Fußgängerzone handle, könne diese Fläche auch nicht primär als dem Fahrzeugverkehr dienend angesehen werden. Bei der neben der mit Pflasterstei­nen ausgeführten Fläche handle es sich um keine Fahrbahn.  

Da sich ein Gehsteig um unmittelbaren Nahbereich einer Fahrbahn befinden müsse, da er der Überwindung derselben Wegstrecke wie die Fahrbahn diene, aber keine Fahrbahn vorhanden sei, sei das auch kein Gehsteig und seine Bestra­fung sei zu Unrecht erfolgt.

Es reiche auch nicht aus, dass diese Fläche, abgegrenzt mit gelben Markier­ungen, in die Fahrbahn der B137b münde. Bei den auf der Fahrbahn befindlichen Boden­markierungen handle es sich lediglich um einen Schutzweg, der aber als eigen­ständiger Begriff iSd § 2Abs.1 Z12 StVO existiere und nicht im Zusammen­hang mit einem Gehsteig stehe.

Dass der angebliche Gehsteig zwischen Parkflächen verlaufe, sei für die Quali­fikation als Gehsteig auch nicht zweckdienlich, weil diese Parkflächen nicht als Fahrbahn, sondern dem Abstellen von Fahrzeug dienten. Diese Fußgängerzone verlaufe nicht entlang einer Fahrbahn und sei mit einer solchen auch nicht in Zusammenhang zu bringen.

Ihm sei jedenfalls kein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten anzulasten, wenn er das – ohnehin bestrittene – Vorhandensein eines "Gehsteiges" nicht erkannt habe und nicht von einem solchen ausgehen habe müssen. Das gegen ihn anhängig gewesene Verfahren VerkR96-4428-2005 sei auch von der Erst­instanz eingestellt worden. Er habe sich darauf verlassen können, dass weder ein Gehsteig noch ein Gehweg vorgelegen habe. Beantragt wird Verfahrensein­stellung, in eventu Strafherabsetzung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Einsichtnahme in den von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere in das vom Ml aufgenommene Foto vom Pkw des Bw am 9.12.2006, sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins auf dem Oberen Stadtplatz in Schärding im Rahmen der mündlichen Berufungsver­hand­lung.

Festzuhalten ist, dass der Ml vom am 9. Dezember 2006 vom laut Lenkeraus­kunft vom Bw auf Höhe des Hauses Nr. .. abgestellten Pkw ein Foto aufge­nom­men hat, das den Pkw in der vom Bw auch in der Berufungsverhandlung nicht bestrittenen Parkposition zeigt.

 

Wie in der Verhandlung festgestellt wurde, ist der als Stadtzentrum anzusehende Obere Stadtplatz in Schärding bereits vor einigen Jahren baulich umgestaltet und mit einer fußgängerfreund­lichen Pflasterung versehen worden. Dazu wurden alle Randsteine entfernt und der gesamt Platz auf ein einheitliches Niveau gebracht, dh sowohl die den Platz von oben nach unten (vom Linzer Tor in Richtung Inn) durchschneidende Fahrbahn der B137b wie auch die angren­zenden Park- und (tageweise auch als Markt verwendeten) Fußgänger­zonen­flächen unterscheiden sich nicht mehr im Niveau, sondern nur mehr in der unterschiedlich gestalteten Pflasterung. Entlang der B137b sind Parkplätze in rechtem Winkel zur Fahrbahn situiert, dahinter liegen die für den Fußgänger­verkehr bestimmten Flächen, die der Kubatur des Platzes angepasst naturgemäß nicht nur parallel zur B137b und auch nicht nur parallel zu den Hausfluchtlinien bestehen, sondern den gesamten restlichen Platz bestimmen. Um eine gefahrlose Über­querung des aufgrund der dort bestehenden Geschäfte, Gaststätten und auch der Linienbushaltestellen stark befahrenen Platzes zu ermöglichen, wurden in der Pflasterung erkennbare ca einer Pkw-Breite (ca 1,5 m) entsprechende streifenförmige Flächen quer über den Platz dem Fußgänger­verkehr vorbehalten, die aber auf der Fahrbahn der B137b nicht als Schutzwege (im Sinne von "Zebra­streifen" gemäß § 2 Abs.1 Z12 StVO 1960) gestaltet sind.

Um den Fußgängern einen Zugang zur Fahrbahn der B137b zwischen den Park­plätzen zu ermöglichen, wurden diese Pflaster-Streifen im Bereich der Kurzpark­zonen-Parkplätze mit Bodenmar­kierungen in Form von "weißen Männchen" versehen und zusätzlich gelbe Randlinien auf dem Streifen unmittelbar vor der Fahrbahn der B137b angebracht; keinen dieser Bodenmarkierungen liegt eine Verordnung zugrunde.

Eine dieser für den Fußgängerverkehr gedachten Pflaster-Streifen verbindet das Haus Nr. .. mit dem schräg gegenüber auf der anderen Seite des Oberen Stadt­platzes gelegenen Haus Nr.... Auf diesem Streifen auf der Seite des Hauses Nr... direkt an der Fahrbahn der B137b hatte der Bw seinen Pkw zum Vorfalls­zeitpunkt für den im Straferkenntnis vorgeworfene Zeitraum in rechtem Winkel zur B137b abge­stellt, wobei laut Anzeige Fußgänger zum Ausweichen zwischen die ord­nungs­gemäß geparkten Fahrzeuge veranlasst wurden. Den Sachverhalt an sich hat der Bw nie bestritten, sondern lediglich die rechtliche Qualifikation seines Verhaltens in Zweifel gezogen.        

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 ist ua die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten.

Da der Definition des § 2 Abs.1 StVO 1960 gilt als

"Straße" iSd Z1: eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen;

"Fahrbahn" iSd Z2: der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße;

"Gehsteig" iSd Z10: ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl abgegrenzter Teil der Straße.

 

Die Erstinstanz vertritt die Rechtsauffassung, dass diese in einer anderen Art der Pflasterung gegenüber der Fahrbahn, den Parkplätzen und den anderen Berei­chen der Fußgängerzone erkenn­baren und für den Fußgängerverkehr bestimmten ca 1,5 m breiten Streifen als Gehsteig im Sinne des § 2 Abs.1 Z10 StVO anzu­sehen sind.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist es für die Qualifikation eines Teils der Straße als Gehsteig nicht wesentlich, dass die Begrenzungssteine und die Pflas­ter­steine nicht über das Fahrbahnniveau hinausragen, da ein Gehsteig entsprech­end der Legaldefinition auch durch bloße Bodenmarkierungen als solcher von der Fahrbahn abgegrenzt werden kann, die sich ihrer Natur nach ebenfalls nicht vom Fahrbahnniveau abheben (E 18.6.1982, 82/02/0023).

Ein Gehsteig kann sowohl durch bauliche Maßnahmen oder auch durch das Anbringen von Bodenmarkierungen gekennzeichnet werden. Bei entsprechender baulicher Gestaltung bedarf es für die Abgrenzung eines Straßenteils als Gehsteig keiner Verordnung (E 20.12.1985, 95/18/0144). 

Eine Abgrenzung der Verkehrsfläche zwischen der Fahrbahn und einer am Stra­ßen­rand befindlichen Mauer durch ein Pflasterband lässt auch dann einen Geh­steig erkennen, wenn dieses Pflasterband nicht über das Fahrbahnniveau hinausragt (E 17.6.1992, 92/02/0142).

 

Nach dem durchgeführten Ortsaugenschein ergibt sich zum einen, dass für die als Abgrenzung der Gehsteiges zum Bereich des Fließverkehrs (Fahrbahn der B137b) gedachte gelbe Linie und die "weißen Männchen" keine Verordnung erfor­der­lich ist, weil die­se Boden­mar­kier­ungen nur den Zweck der Fläche verdeut­lichen sollen. Ander­er­seits entspricht der allein aus der Pflasterung erkennbare Streifen quer über die B137b keinem Schutz­weg im Sinne der Definition des § 2 Abs.1 Z12 StVO 1960.

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass, wenn die Legaldefinition eine Abgrenzung zwischen Gehsteig und Fahrbahn in irgend­einer als solchen erkennbaren Form fordert, diese Forderung nur sinnvoll ist, wenn der Gehsteig Berührungspunkte mit der Fahr­bahn hat. Dass der Gehsteig im ggst Fall in einem 90 Grad-Winkel quer zur Fahrbahn der B137b verläuft, ändert nichts an der recht­­lichen Qualifikation als Geh­steig im Sinne des § 2 Abs.1 Z10 StVO 1960 (E 19.12.2003, 2003/02/0090), nämlich als ein für den Fußgängerverkehr bestimm­ter, von der Fahrbahn durch Bodenmarkierungen oder dergleichen abge­grenzter Teil der Straße. Als Abgrenzung von der Fahrbahn der B137b kann auch eine andere Art von Pflasterung dienen, sofern ausreichend deut­lich gemacht wird, dass diese Fläche im Anschluss an die Fahrbahn für den Fußgängerverkehr bestimmt ist; hier durch die Bodenmarkierungen in Form von weißen Männchen, die den Zweck zusätzlich verdeutlichen, auch wenn dafür in der StVO keine Verordnung vorgesehen ist.

Dass die als Gehsteig qualifizierte Fläche laut Verordnungen des Gemeinde­rates der Stadtgemeinde Schärding vom 7.3.2006, Verk-5-343-06-Si und Verk-5-342-06-Si (Gebührenpflicht), nicht von der Kurzparkzone ausgenommen wurden – der Abstellplatz des unbestritten vom Bw gelenkten Pkw am 9.12.2006 liegt auf Parzelle 88/1, KG Schärding-Stadt – und keine Vor­schrifts­zei­chen gemäß § 52 lit.a Z13d und 13e StVO 1960 im Anschluss an die genannten Flächen ange­bracht waren, ist irrelevant, weil die Zweck­widmung für den Fußgängerverkehr durch die genannten Bodenmarkierungen deutlich wird und für Gehsteige das gesetzliche Benützungsverbot gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 gilt, von dem der Bw als Lenker des geparkten Pkw nicht ausgenommen war.   

 

Damit gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantwor­ten hat, zumal ihm auch die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist. Insbesondere kann er sich nicht auf einen gleichlautenden Tatvorwurf im (seitens der Erstinstanz wegen Verjährung einge­stellten) Verfahren VerkR96-4428-2005 berufen.

   

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw hat aus dem Jahr 2006 eine einschlägige Vormerkung wegen § 8 Abs.4 StVO, zwei Vormerkungen wegen § 24 Abs.1 lit.a StVO und eine nach § 24 Abs.1 lit.c StVO, die straferschwerend zu werten waren, und aus dem Jahr 2007, also nach dem ggst Vorfall, weitere rechtskräftige Vormerkungen nach §§ 24 Abs.3 lit.d und 8 Abs.4 StVO, die zeigen, dass er bei der Wahl seiner Park­plätze eher großzügig ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat kann daher nicht finden, dass die Erst­instanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspiel­raum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Herabsetzung der Strafe ist lediglich in der Dauer des ggst Verfahrens begründet.

Die nunmehr festgesetzte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimm­ungen des § 19 VStG in untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, wobei die finanziellen Verhältnisse des Bw (von diesem unwidersprochen) geschätzt wurden, und entspricht general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegun­gen.

Geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 VStG vermag der UVS angesichts der Vormerkungen des Bw nicht zu erkennen, die Voraussetzungen des § 20 VStG liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Oberer Stadtplatz in Schärding – erkennbar für den Fußgänger vorher besehbar, durch Pflasterung abgegrenzte Streifenführung, Fläche quer zur Fahrbahn als Gehsteig iSd § 8 Abs.4 StVO zu qualifizieren -> Bestätigung

 

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