Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420573/5/Gf/Mu

Linz, 11.02.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Beschwerde des W B, H, vertreten durch RA Mag. T T, R, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangs­gewalt durch Organe des Polizeidirektors von Linz am 8. Dezember 2008 beschlossen:

I. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Behandlung dieser Beschwerde sachlich unzuständig.

II. Die Beschwerde wird an die Staatsanwaltschaft Linz weitergeleitet.

Rechtsgrundlagen:

§ 106 StPO; § 6 Abs. 1 AVG.

Begründung:

1. In seiner ausdrücklich als "Maßnahmenbeschwerde" bezeichneten und ho. am 19. Jänner 2009 eingelangten Eingabe wendet sich der Rechtsmittelwerber gegen die rechtswidrige Festnahme am 8. Dezember 2008 um ca. 10.51 Uhr in einem Linzer Lokal durch Exekutivbeamte der Bundespolizeidirektion Linz sowie gegen seine am selben Tag bis 20.43 Uhr erfolgte Anhaltung im Polizeianhaltezentrum Linz.

Darin bringt der Beschwerdeführer vor, dass er in verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten – nämlich im Recht auf persönliche Freiheit (Art. 5 MRK); im Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Art. 3 MRK); im Recht auf körperliche Unversehrtheit; sowie im Recht, nur bei Vorliegen der in § 35 VStG, § 81 Abs. 2 SPG bzw. § 170 Abs. 1 Z. 1 StPO genannten Voraussetzungen festgenommen werden zu dürfen – verletzt worden sei. Seine Festnahme sei aus eigenem Antrieb des Polizeibeamten erfolgt, weil weder eine entsprechende Anordnung des Staatsanwaltes noch ein richterlicher Befehl zur Festnahme vorgelegen sei. Zudem sei auch seitens der Staatsanwaltschaft weder die Verwahrungshaft noch die Untersuchungshaft beantragt bzw. angeordnet geworden. Für die Festnahme seien keine Gründe vorgelegen, weil er weder eine gefährliche Drohung ausgesprochen noch Widerstand gegen die Staatsgewalt ausgeübt habe. Darüber hinaus seien auch die Gründe des § 35 VStG und des § 81 Abs. 2 SPG nicht vorgelegen.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Festnahme und Anhaltung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. 0143; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 3 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 67a Abs. 1 Z. 2 haben die Unabhängigen Verwaltungssenate über Maßnahmenbeschwerden i.S. d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

2. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG i.V.m. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Nach der ständigen Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist das Rechtsschutzinstrumentarium der Maßnahmenbeschwerde jedoch als ein bloß subsidiärer Rechtsbehelf anzusehen, der stets erst dann zum Tragen kommt, wenn keine der sonst vorgesehenen ordentlichen Rechtsmittel zur Verfügung stehen (vgl. z.B. statt vieler VwGH v. 25.4.1991, 91/06/0052).

2.2. Aus dem von der BPD Linz vorgelegten Akt geht hervor, dass im gegenständlichen Fall der Rechtsmittelwerber explizit unter Berufung auf § 170 Abs. 1 Z. 1 und § 170 Abs. 1 Z. 2 bis 4 der Straf­prozeßordnung, BGBl.Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 93/2007 (im Folgenden: StPO), wegen des Verdachtes der Begehung des Deliktes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§ 269 StGB) festgenommen wurde.

§ 106 Abs. 1 Z. 2 StPO in der seit dem 1. Jänner 2008 maßgeblichen Fassung der umfangreichen StPO-Novelle 2007 legt in diesem Zusammenhang insbesondere fest, dass im Ermittlungsverfahren jeder Person, die behauptet, dadurch in einem subjektiven Recht verletzt worden zu sein, dass eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme seitens der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei unter Verletzung von Bestimmungen der StPO angeordnet oder durchgeführt wurde, die Möglichkeit eines Einspruches an das zuständige Gericht zusteht; ein derartiger Einspruch ist gemäß § 106 Abs. 3 StPO bei der Staatsanwaltschaft einzubringen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher seine nunmehrige (d.h. seit der StPO-Novelle 2007) funktionelle Unzuständigkeit festzustellen und die vorliegende Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die Staatsanwaltschaft Linz weiterzuleiten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

VwSen-420573/5/Gf/Mu vom 11. Februar 2009

Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG; § 106 Abs. 1 Z. 2 StPO: Keine Zuständigkeit des UVS für Beschwerden gegen auf Grund der StPO ergangen Maßnahmen der Staatsanwaltschaft bzw. der Kriminalpolizei.

Beachte:


Die Beschwerde wurde, soweit sie sich gegen Punkt II des angefochtenen Bescheides richtete, zurückgewiesen und zu Recht erkannt: Punkt I des angefochtenen Bescheides wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 28.02.2011, Zl.: 2010/17/0279-10

 

 

 

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