Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163628/17/Br

Linz, 11.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, geb.    , K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A/Dr. T, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Zl. VerkR96-3500-2008, vom 3. Oktober 2008, wegen Übertretungen  der StVO 1960, nach der am 3. Dezember 2008 und am 11.2.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I.   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24,  § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991- VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - VStG.

 

 

II. Dem Berufungswerber werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen  als Kosten für das Berufungsverfahren 70 Euro auferlegt (20 % der verhängten Geldstrafen) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 350 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von fünf Tagen  verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt er habe am 08.02.2008, 19:44 Uhr im Gemeindegebiet Sipbachzell, A 1 Westautobahn, Fahrtrichtung Salzburg, bei Strkm. 187,500.als Lenker des Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen    , Marke: Lexus LS600HL, Farbe: schwarz, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 56 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

Dadurch habe er gegen § 20 Abs. 2 StVO 1960 verstoßen und er wurde nach § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 bestraft.

 

 

2. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

"Durch die Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 01.04.2008, GZ:

A1/7163/01/2008 erlangte die erkennende Behörde vom verfahrensgegenständlichen Sachverhalt Kenntnis.

 

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 08.08.2008, Zahl VerkR96-3500-2008 Be, haben Sie in offener Frist Einspruch erhoben.

 

Mit Schreiben der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 28.05.2008 wurde das Lichtbild des gegenständlichen Vorfalles übermittelt. Weiters wurde angeführt, dass die Geschwindigkeitsübertretung im Nachfahren festgestellt und auf Video aufgezeichnet wurde. Die Auswertung wurde mittels VKS 3.0, A6A unter Beachtung der Bedienungsanleitung durchgeführt, wobei die Durchschnittsgeschwindigkeit auf eine Länge von 974m ermittelt wurde. Dem Lichtbild ist darüber hinaus eine gemessene Geschwindigkeit von 196 km/h sowie eine berechnete Geschwindigkeit von 186 km/h zu entnehmen.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29.05.2009 wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben, sich hinsichtlich der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Weiters wurde Ihnen mitgeteilt, dass die Behörde bei der Strafbemessung davon ausgehe, dass Sie kein relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein monatliches Einkommen von 1.200 Euro beziehen.

 

Mit Schreiben vom 01.07.2008 führten Sie aus, dass es nicht nachvollziehbar sei, aufweiche Weise die Geschwindigkeitsübertretung festgestellt worden sei, führe die Behörde doch aus, dass die gefahrene Geschwindigkeit von 186 km/h mittels Radargerät gemessen worden sei und andererseits dem Schreiben der Verkehrsabteilung des Polizeikommandos Oberösterreich zu entnehmen sei, dass die Geschwindigkeitsübertretung beim Nachfahren durch eine Videoaufzeichnung festgestellt worden sei. Sie gaben zwar an, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten zu haben, bestreiten jedoch die von der Behörde angenommene Höhe der Überschreitung.

Aus der Anzeige vom 03.04.2008 ergäbe sich ohne Abzug einer Messtoleranz eine Geschwindigkeit von 190 km/h. In der Aufforderung zur Rechtfertigung sei jedoch eine gefahrene Geschwindigkeit von 186 km/h angeführt, woraus folge, dass lediglich eine Messtoleranz von 2% berücksichtigt worden sei.

Im Ergebnis bestreiten Sie die Richtigkeit der gegenständlichen Messung sowie die Annahme einer Messtoleranz von 2%.

 

Im Rahmen der zeugenschaftlichen Einvernahme von Bezlnsp. M S vom 25.08.2008 gab dieser an, dass Sie mit Ihrem Fahrzeug das Dienstfahrzeug mit hoher Geschwindigkeit überholt haben, woraufhin mit der Nachfahrt begonnen wurde. Die Nachfahrt sei mit einem Videoband aufgezeichnet worden, wobei die gefahrene Geschwindigkeit mittels VKS 3.0 A6A unter Beachtung der Bedienungsanleitung auf einer Länge von 974 m ermittelt wurde. Rechenfehler seien auszuschließen. Die vorgeworfene Geschwindigkeit sei so zu erklären, dass eine gefahrene Geschwindigkeit von 196 km/h gemessen wurde. Davon wurden 5% (10 km/h) abgezogen, weshalb eine gefahrene Geschwindigkeit von 186 km/h vorzuwerfen war.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 11.09.2008 äußerten Sie sich dahingehend, dass die Berechnung der gefahrenen Geschwindigkeit unter Berücksichtigung der Messtoleranz nicht nachvollziehbar sei, da in der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 03.04.2008 eine gemessene Geschwindigkeit ohne Abzug der Messtoleranz von 190 km/h festgehalten ist und nicht die vom Zeugen angegebene Geschwindigkeit von 196 km/h. Die Diskrepanz zwischen der Anzeige und der Erinnerung des Zeugen sei im Zuge der Einvernahme des Zeugen auch nicht erörtert worden. Ziehe man die in der Anzeige angeführte gemessene Geschwindigkeit vom 190 km/h zur Berechnung der gefahrenen Geschwindigkeit heran, folge daraus, dass bei Annahme einer gefahrenen Geschwindigkeit von 186 km/h seitens der Behörde eine viel zu geringe Messtoleranz berücksichtigt worden sei.

 

Weiters sei der Hinweis des Zeugen nicht verständlich, wonach ein Rechenfehler deshalb auszuschließen sei, weil das Gerät geeicht sei, werde doch die Berechnung der gefahrenen Geschwindigkeit unter Berücksichtigung der gebotenen Messtoleranz von der anzeigenerstattenden Behörde und nicht vom Radarmessgerät vorgenommen.

 

Folgender Sachverhalt wird von der Behörde als erwiesen angenommen: Sie haben am 08.02.2008 um 19:44 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen    gelenkt. Dabei haben Sie in der Gemeinde Sipbachzell auf der A 1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg bei Strkm. 187,500 die die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 56 km/h überschritten.

 

Folgende Rechtsvorschriften sind für den gegenständlichen Sachverhalt von Bedeutung:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

Nach § 99 Abs. 2c Z.9 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Die Behörde hat darüber Folgendes erwogen:

 

Bezüglich der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8. April 2008 ist festzuhalten, dass darin unrichtigerweise festgehalten wurde, dass die Ihnen zur Last gelegte Geschwindigkeitsübertretung mittels Radargerät gemessen wurde. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen, da die gegenständliche Geschwindigkeitsübertretung - wie sowohl aus der Anzeige der Landesverkehrsabteilung als auch aus der Niederschrift des Zeugen Bezlnsp. S zu entnehmen ist - mittels Videoaufzeichnung bei der Nachfahrt eindeutig festgestellt wurde.

 

Betreffend die Ihnen vorgeworfene Geschwindigkeit ist anzuführen, dass auch die Angabe der Anzeige der Landesverkehrsabteilung diesbezüglich nicht korrekt ist, da darin nachzulesen ist, dass eine Geschwindigkeit von190 km/h gemessen worden sei. Tatsächlich geht die Behörde jedoch sowohl unter Berücksichtigung des gegenständlichen Lichtbildes als auch aufgrund der Aussage von Bezlnsp. S davon aus, dass eine Geschwindigkeit von 196 km/h gemessen wurde.

 

Ausgehend von einer gemessenen Geschwindigkeit von 196 km/h wurden unter Berücksichtigung der Messtoleranz 10 km/h abgezogen (5%), weshalb Ihnen nun eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 186 km/h vorzuwerfen ist. Im Laufe des Verfahrens gelang es Ihnen nicht, die Behörde davon zu überzeugen, diese Geschwindigkeit zum Ihnen vorgeworfenen Zeitpunkt nicht gefahren zu sein. Die Tatsache, dass in der Strafverfügung festgehalten wurde, dass diese Geschwindigkeit mittels Radargerät gemessen wurde bzw. dass in der gegenständlichen Anzeige zu lesen war, dass eine Geschwindigkeit von lediglich 190 km/h gemessen wurde, ändert nichts daran, dass Sie sich für die Ihnen zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung zu verantworten haben. So hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben, dass Ihnen unter Abzug der Messtoleranz eine gefahrene Geschwindigkeit von 186 km/h vorzuwerfen ist. Dazu hatten Sie auch die Gelegenheit, sich dementsprechend zu äußern, weshalb keine Verletzung der Verfahrensvorschriften vorliegt und Sie sich auch für die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit grundsätzlich fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefährdung nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren "§§ 40 bis 46" sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- ­und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.

 

Die Tat schädigte in erheblichem Maß das Interesse der Verkehrssicherheit und anderer Verkehrsteilnehmer, da sich durch die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h die Unfallgefahr um ein Vielfaches erhöhte, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gering war.

 

Mangels konkreter Angaben über die Höhe des Einkommens wurde dieses auf 1.200 Euro monatlich geschätzt und der Strafbemessung zugrunde gelegt. Weiters geht die Behörde davon aus, dass Sie über kein relevantes Vermögen verfügen und frei von Sorgepflichten sind.

 

Die Behörde erkennt, dass Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen haben. Erschwerungs- und Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

 

Die Strafe liegt im unteren Bereich des bis zu 2.180 Euro reichenden gesetzlichen Strafrahmens und ist nach Abwägung der erschwerenden und mildernden Umstände sowie unter Berücksichtung der angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse angemessen und ausreichend, um Sie in Hinkunft von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe bildet einen gleichwertigen Ersatz und genügt nach Ansicht der Behörde - im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe - Sie von künftigen Übertretungen ebenso wirksam abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

 

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

3. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:

"In umseits bezeichneter Strafsache erhebe ich durch meine ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen das Straferkenntnis vom 03.10,2008, meinen rechtfreundlichen Vertretern zugestellt am 08.10.2008, sohin binnen offener Frist

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat und führe aus wie folgt:

 

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten, wobei als Berufungsgründe insbesondere Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige und unvollständige Sachverhaltsermittlung zufolge unrichtiger Beweiswürdigung geltend gemacht werden.

 

Von der Behörde wird mir zur Last gelegt, ich hätte am 08.02.2008 im Gemeindegebiet Sippbachzell, A1 Westautobahn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 56 km/h überschritten. In ihrer Begründung führt die Behörde aus, dass zwar in der Strafverfügung der BH Wels-Land unrichtigerweise festgehalten wurde, dass die Messung der Geschwindigkeitsübertretung mittels Radargerät durchgeführt wurde, was jedoch nicht den Tatsachen entspreche (!), ebenso wenig sei die Anzeige der LVKA korrekt, da hier eine gemessene Geschwindigkeit von 190 km/h angeführt sei.

 

Trotz dieser jedenfalls der Behörde zuzurechnenden Unklarheiten geht die Behörde in dem bekämpften Straferkenntnis davon aus, dass ich tatsächlich eine Geschwindigkeit von 196 km/h gefahren sei.

 

Die Behörde stützt sich in ihrer Argumentation auf das von der Polizei angefertigte Lichtbild sowie auf die Angaben des Zeugen S, der am 25.08.2008, also immerhin mehr als 6 Monate nach dem Vorfall, einvernommen wurde. Es erscheint dabei mehr als zweifelhaft, dass sich der Zeuge S, der sicherlich eine Vielzahl derartiger Fälle bearbeitet, an die genaue Höhe der gemessenen Geschwindigkeitsübertretung erinnert und diese angeben kann.

 

Auch kann das Lichtbild alleine nicht als Begründunge für eine angenommene Geschwindigkeitsübertretung herangezogen werden, geht aus diesem doch nicht klar hervor, wo die Messung gestartet und wo beendet wurde.

 

Gemäß § 45 AVG ist zwar die Behörde in der Beweiswürdigung frei, dies geht jedoch nicht so weit, dass die Behörde willkürlich vorgehen kann (E 52 zu § 45 AVG, Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2), was in diesem Fall zweifelsohne geschehen ist, da die Behörde nicht weniger als 3 (!) verschiedene Varianten des gegen mich erhobenen Vorwurfs ausgeführt hat und sich schlussendlich offensichtlich für die für mich am belastendste Version "entschieden" hat, ohne jedoch den auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben ist.

Bei der von der Behörde angenommenen Geschwindigkeit von beinahe 200 km/h ist zudem jedenfalls der Abzug einer Messtoleranz von lediglich 5% zu wenig, da bei einer derart hohen Geschwindigkeiten der Abzug einer Messtoleranz von 10 % angemessen ist.

 

Aus all den angeführten Gründen stelle ich den

 

ANTRAG

 

der UVS Oberösterreich als Berufungsbehörde wolle meiner Berufung, allenfalls nach Durchführung einer Berufungsverhandlung, Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis aufheben, in eventu meiner Berufung Folge geben, in der Sache selbst entscheiden und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass mir abzüglich der 10 % igen Messtoleranz eine Geschwindigkeitsübertretung von 46 km/h zur Last gelegt wird.

 

Jürgen KEUSCH"

 

 

4. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier ungeachtet der unter 500 Euro festgesetzten Geldstrafen in Wahrung der nach Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vorgelegten Verwaltungsstrafaktes. Beweis geführt wurde ferner durch Sichtung des mittels ProViDa u. Multavision aufgezeichneten Fahrverlaufes in Verbindung mit dem von der Abteilung Verkehrstechnik erstatteten Gutachten v. 25.11.2008, Verk-210.000/585-2008-Kj, sowie v. 6.2.2009, Verk‑21000/585-2008‑2009‑Hag, TAR Dipl.-HTL.-Ing. R H).

Der Berufungswerber nahm am 3.12.2008, nicht mehr jedoch am 11.2.2009 an der Berufungsverhandlung persönlich teil. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz war an keinem der Verhandlungstermine vertreten.

 

 

6. Sachverhalt.

6.1. Der Tatvorwurf basiert auf der unmittelbaren dienstlichen Wahrnehmung im Rahmen einer mit Video dokumentierten Nachfahrt mittels einer hierfür geeichten und zugelassenen Multavisionsanlage Nr. 204240.

Aus dem Video ergibt sich optisch gut nachvollziehbar, dass der Berufungswerber auf der A1 in Fahrtrichtung Salzburg im Bereich des Strkm. 187,500 unterwegs war, wobei er vor der Messung das Polizeifahrzeug überholte. Er selbst räumt eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ein, bestreitet aber dessen Ausmaß.

Die hier angelastete Fahrgeschwindigkeit wurde rechnerisch ermittelt, wobei dem Auswertungsergebnis eine Fehlerquote von 10 km/h = 5% (Eichfehler) abgezogen wurden (s. auch das beigeschaffte und gesichtete Video, sowie die dazu eingeholten Stellungnahme des ASV K u. ergänzend TAR Dipl.-HTL.-Ing. R H).

In diesem Zusammenhang kann auch auf die Zeugenaussage des Meldungslegers vor der Behörde erster Instanz am 25.8.2008, AS 12, verwiesen werden. Das es sich bei diesem Messsystem um ein Taugliches handelt ergibt sich nicht zuletzt auch aus der diesbezüglichen gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.06.2003, 2001/03/0063, sowie h. Erk. v. 4.9.2006, VwSen-161505/5/Zo/Da, sowie v. 15.11.2005, VwSen-160713/15/Fra/He).

Inhaltlich  bestätigt dies hier insbesondere auch der Sachverständige in seinem Kurzgutachten, wobei sich eine eklatant hohe Fahrgeschwindigkeit auch aus dem anlässlich der Berufungsverhandlung gesichteten Video, sowohl visuell als auch rechnerisch nachvollziehen lässt. Dieses Gutachten wurde nochmals einer Revision mit dem Gutachten vom 6.2.2009, VerkR-21000/585-2008-Hag unterzogen, wobei die zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit unter Berücksichtigung aller relevanten Toleranzen abermals bestätigt wurde.

 

6.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist festzuhalten, dass schon aus der  Sichtung des Videos im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3.12.2008 eine offenkundig krass überhöhte Fahrgeschwindigkeit augenfällig evident wurde. Die hier zur Last gelegte und in einem fachlich anerkannten Verfahren errechnete Fahrgeschwindigkeit ist demnach aus dem gesichteten Videomaterial erweist sich somit selbst aus der Betrachtungsebene eines Fahrzeuglenkers als gut nachvollziehbar. Die Umstände der divergierenden Angaben der "gemessenen Geschwindigkeit" in der Anzeige mit 190 km/h anstatt 196 km/h beruht wohl auf einen Schreibfehler, sodass letztlich die hier zu Last gelegte Geschwindigkeit mit 186 km/h als beweissicher gelten kann. Dies wurde bereits im Rahmen der anlässlich der Berufungsverhandlung beantragten Gutachtensergänzung durch die Stellungnahme vom 12.12.2008 abermals klargestellt. Die zu diesem Punkt vom Amtssachverständigen J. K erstattete Stellungnahme wurde dem Rechtsvertreter mit der Einladung sich dazu noch zu äußern übermittelt. Dieser etwas knapp gehaltenen Stellungnahme des Sachverständigen erwiesen sich für eine Nachvollziehbarkeit als nicht ausreichend.

 

 

6.3. Dem Berufungswerber wurde folglich die Videoaufzeichnung zwecks allfälliger Eigenauswertung übermittelt und gleichzeitig eine nochmalige Auswertung durch den Amtssachverständigen TAR Dipl.-HTL.-Ing. R H in Auftrag gegeben.

Das Ergebnis dieser neuerlichen Überprüfung lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass gemäß der fotogrammetrischen Auswertung das Polizeiauto schneller als der PKW des Berufungswerber gefahren ist. Der Tiefenabstand des Polizei -PKW zum PKW des Berufungswerbers verkürzte sich im Meßzeitraum ( 444 Bilder = 17,76 s )  um 5,6 m. Daraus ergibt sich laut Sachverständigen eine Differenzgeschwindigkeit von 2,27 Km/h.  Berücksicht man daher den Aufholweg, so ergibt sich für das Polizeifahrzeug eine korregierte Geschwindigkeit von 204 – 2,27 = 201,73 Km/h.

Von diesem Wert sind 3 % für die Berücksichtigung der Meßungenauigkeit bei der fotogrammetrischen Auswertung abzuziehen so das sich ein Wert von 195,67 Km/h ( ~ 196 Km/h ) ergibt.

Von diesem um die Wegdifferenz korregierten Wert, ist die Eichtoleranz für einen geichten Tacho von 5 % ( Meßgenauigkeit des geeichten Tachos ) abzuziehen, so das sich eine vorwerbare Geschwindigkeit von rechnerisch 195,67 – 5 % = 185, 89 Km/h ( ~ 186 Km/h ) ergibt.

Bei diesem Endwert, rechnerisch 185,89 Km/h, rechnerische Rundung 186 Km/h, wurden alle Toleranzen im Sinne des Berufungswerber  berücksichtigt.

Zusammenfassend hält der SV aus technsicher Sicht fest, das die Rahmenbedingungen für eine gültige Messung eingehalten worden sind, und alle ins treffen zu führenden Toleranzen, im Sinne des Berufungswerber berücksichtigt wurden.

Die vorwerfbare Geschwindigkeit von 185,89 ( ~ 186 ) Km/h wurde im Sinne des Berufungswerber ermittelt.

Der Abzug weiterer Toleranzen, so im Gutachten abschließend, seien aus technischer Sicht nicht begründbar.

 

 

6.3.1. Der Berufungswerber vermeinte vorerst in seiner Replik vom 18.12.2008, der Amtssachverständige würde darin die festgestellte Fahrgeschwindigkeit abermals nicht schlüssig darstellen. Ganz allgemein ausgeführt werden Ungereimtheiten in den Weg-Zeit-Abläufen, insbesondere der Abstandsdifferenz und die Nachfahrstrecke bemängelt. Der weitwendig ausgeführte Hinweis auf die Schreibweise "139.297", wonach die Nachfahrstrecke 139 km betragen haben soll, entbehrt eines jeglichen Sachbezuges.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung am 11.2.2009 wurde schließlich nochmals sinngemäß eingewendet, dass sich aus der Zeit der gutachterlich festgehaltenen Nachfahrstrecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit im Bereich von 197 km/h ergeben würde, was wiederum mit dem sich aus dem Gutachten ergebenden Durchschnittsgeschwindigkeit nicht korrespondiert und dieses sohin als unschlüssig darstelle.

 

 

6.3.2. Vor dem Hintergrund der nun insgesamt dreimal nachvollzogenen Berechnung der Videodaten können an den auf einem anerkannten System beruhenden EDV-gestützten rechnerischen Auswertungen sämtliche Zweifel ausgeräumt gelten. Die messtechnische Unschärfen wurden durch einen Abzug von 5 % zu Gunsten des Beschuldigten (das sind hier 10 km/h) vom zur Last gelegten Wert abgezogen. In diesem Umfang gilt das Ergebnis sohin als beweissicher. Jedenfalls ergeben sich die im Rahmen  des hier umfassend geführten Beweisverfahrens keine objektiven Anhaltspunkte mehr an diesem Ergebnis Zweifel zu hegen. Der offenkundige Fehler in der divergenten Darstellung der "gemessenen Geschwindigkeit" schmälert die Nachvollziehbarkeit nach h. Überzeugung ebenso wenig als den nun abermals eingewendeten Eigenberechnung von 197 km Relevanz zuerkannt werden könnte.

Der Berufungswerber vermochte mit seiner Verantwortung diesem Ergebnis objektiv besehen nicht sachlich entgegen treten. Er reklamiert letztlich nur das Ausmaß der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeit ohne jedoch dies in der Substanz darlegen zu können. Dass dies vor dem Hintergrund eines drohenden Kurzzeitentzuges der Lenkberechtigung legitim ist, sei nur am Rande erwähnt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieses Beweisergebnis auf die eichamtlich anerkannte Aufzeichnungsmethode mittels ProViDa und der Berechnung mittels Mulatvision beruht.

 

 

6.4. Der Berufungswerber konnte letztlich diesem Beweisergebnis auch im Rahmen der am 11.2.2009 fortgesetzten Berufungsverhandlung auf der Sachebene nichts entgegen halten.  Seine persönlichen Angaben anlässlich der Berufungsverhandlung am 3.12.2008 beschränkten sich im Ergebnis an sich nur auf eine Kritik des Verhaltens des Polizeibeamten nach der Anhaltung. Mit dem inhaltlich Hinweis, "zu glauben nicht so schnell gefahren zu sein" tritt er dem Messergebnis auf sachlicher Ebene jedenfalls nicht entgegen.

Die Berufungsbehörde folgt daher den mehrfach gutachterlich abgesicherten Berechnung und gelangt zur Überzeugung, dass der Berufungswerber zumindest mit 186 km/h unterwegs war. Selbst aus dem optischen Eindruck des aufgezeichneten Videos war augenfällig die eklatant überhöhte Fahrgeschwindigkeit erkennbar. Letztlich vermochte weder der Berufungswerber einen sachlichen Anhaltspunkt für einen verbleibenden Zweifel an der Richtigkeit der sachverständigen Feststellungen aufzuzeigen. Mit seiner bloß den Umfang der Überschreitung bestreitenden Verantwortung vermochte er dies jedenfalls nicht zu tun. Obwohl ihm das Video zwecks eigener Auswertung im Wege seines Rechtsvertreters zur Verfügung gestellt wurde legte er kein eigenes Gutachten vor.

 

 

7. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Um Wiederholungen zu vermeiden kann auf die zutreffend angewendeten Rechtsvorschriften des § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 seitens der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Der Strafrahmen beläuft sich für diese Übertretungshandlung auf 72 bis 2.180 Euro.

 

 

8. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die  nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

8.1. Konkret ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass diese angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials durchaus maßvoll geübt wurde. Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für diese erwiesenermaßen unfallträchtige Fahrweise ist auch aus präventiven Überlegungen indiziert.

In einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h erblickte der Verwaltungsgerichtshof einen gravierenden Unrechtsgehalt, wobei dieser bereits vor nunmehr sechzehn Jahren eine Geldstrafe von (damals) ATS 4.000 selbst bei einem Geständnis und der Unbescholtenheit des Beschuldigten (auch) aus Gründen der Spezialprävention nicht überhöht erachtete (VwGH 15.11.1989, 89/03/0278).

Trotz des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers und einer im Rahmen der Berufungsverhandlung gezeigten grundsätzlichen Einsichtigkeit ist dennoch unter Bedachtnahme auf den hohen Tatunwert einer als exzessiv zu bezeichnenden Fahrweise eine empfindliche Geldstrafe zu verhängen gewesen um die Schutzziele straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften entsprechend zu unterstreichen und damit beim Berufungswerber ein nachhaltiges Umdenken anzuregen.

Mit Blick darauf scheinen unter Bedachtnahme auf das beim Berufungswerber anlässlich der Berufungsverhandlung mit 2.500 Euro angenommenen  und von ihm nicht in Abrede gestellten Einkommens – von der Behörde erster Instanz auf 1.500 Euro geschätzt – die hier festgesetzten Geldstrafen durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes gelegen.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

 

Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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