Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251768/13/Lg/Ba

Linz, 11.02.2009

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 29. Jänner 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der S A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K T, H, E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. März 2008, Zl. 0003956/2008 BzVA, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG)  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil sie es als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma A B KEG, L, S, zu verantworten habe, dass von dieser Firma auf der Baustelle D, H, der rumänische Staatsbürger T V als Bodenleger von 7.1.2008 bis 8.1.2008 beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Finanzamtes L vom 18.1.2008 sowie auf die Rechtfertigung der Berufungswerberin vom 22.2.2008.

 

Da der Ausländer ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt worden sei, sei der Tatbestand der der Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsüber­tretung in objektiver Hinsicht erfüllt. Zur behaupteten verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Gatten der Berufungswerberin als gewerberechtlicher Geschäftsführer wird auf die Regelung des § 9 VStG hingewiesen.

 

Anlässlich der Bemessung der Strafhöhe wird festgestellt, dass weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände hervorgekommen seien. Ausgegangen wird von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.891 und dem Vorliegen von Sorgepflichten für drei Kinder.

 

2. In der rechtzeitig und auch sonst zulässigen Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Gegen den Bescheid des Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt vom 7. 3. 2008, GZ: 0003956/2008, zugestellt am 2.4.2008 erhebe ich in offener Frist

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes OÖ. und begründe diese wie folgt:

 

1. Sachverhalt:

a) Ich bin unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma A B KEG mit nunmehrigen Sitz in E, L und bin in meiner Eigenschaft als Komplementärin das nach außen vertretungsbefugte Organ der genannten KEG. Allerdings ist mein Ehemann I A, der im Betrieb der KEG als Dienstnehmer angestellt ist, seit ca. 7 Jahren als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt worden. I A verfügte und verfügt über das entsprechende Fachwissen für diese Funktion und war von Anbeginn seiner Bestellung für die Einhaltung aller die KEG betreffenden Verwaltungsvorschriften verantwortlich. Eine solche Bestellung war schon deshalb erforderlich, da ich auf Grund meiner mangelnden Ausbildung und vor allem auch wegen meiner mangelnden Deutschkenntnisse nicht in der Lage war und bin, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen. Da, abgesehen vom gegenständlichen Vorfall, der gewerberechtliche Geschäftsführer klaglos seinen Verpflichtungen nachgekommen ist, kann mir also kein Vorwurf bei der Auswahl des genannten gewerberechtlichen Geschäftsführers und seiner Überwachung vorgeworfen werden. Der mir nunmehr unter Berufung auf § 9 VStG gemachte Schuldvor­wurf, wie dieser ja im Pkt. I. (Tatbeschreibung) des angefochtenen Strafer­kenntnisses umschrieben ist, fällt daher, wie ich bereits in meiner Rechtfertigung angeführt habe, nicht in meinen Verantwortungsbereich, sondern in den des gewerberechtlichen Geschäftsführers. Mit dieser Argumentation habe ich daher auch im 1.instanzlichen Verfahren mangels jedweden Verschuldens meinerseits die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

b) Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 7. 3. 2008 wurde über mich eine Geldstrafe von € 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt, weil ich als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma A B KEG, nunmehr E, L zu verantworten habe, dass von dieser Firma auf der Baustelle D, H der rumänische Staatsbürger Herr T V, geboren, als Bodenleger von 7.1.2008 bis 8.1.2008 beschäftigt wurde, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbe­willigung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung er­teilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besaß. Dadurch hätte ich die Bestimmung des   § 3 Abs. 1 iVm § 28/1/1 lit. a Ausländer­be­schäf­tigungsgesetz 1975 verletzt, weshalb gemäß § 28/1 AuslBG 1975 zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses Straferkenntnis wurde meinem ausgewiesenen Rechtsvertreter am 2.4.2008 zugestellt.

 

2. Berufunqsqründe:

Ich fechte dieses Straferkenntnis sowohl wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wie auch wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit an.

 

a) In der Begründung zur Schuldfrage verweist die Behörde 1. Instanz richtigerweise darauf, dass mangels einer eigenen Regelung hinsichtlich des Verschuldens im AuslBG 1975 daher die Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen komme. Unter richtiger Zitierung des Gesetzestextes wird dann angeführt, dass ich im vorliegenden Falle ein Unterlassungsdelikt begangen habe und ich die Schuldent­lastungsbeweise im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG mit meinen Rechtfertigungs­angaben nicht erbringen konnte bzw. diese Angaben ins Leere gingen. Damit verkennt aber die Behörde 1. Instanz die Rechtslage. Ihre diesbezüglichen Aus­führungen belasten den angekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. In meiner Rechtfertigungsschrift habe ich ausführlich dargetan, dass der vor ca. 7 Jahren zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellte I A, abge­sehen vom gegenständlichen Vorfall seine Funktion ordnungsgemäß erfüllt hat und immer dafür gesorgt hat, dass alle verwaltungsrechtlichen Vorschriften ein­gehalten wurden. Nun handelt es sich beim Verschuldensbegriff des § 5 Abs. 1 VStG keineswegs um eine Erfolgshaftung schlechthin, sondern beinhaltet lediglich eine Vermutung der Fahrlässigkeit, die der Beschuldigte dadurch ent­kräften kann, dass er sein mangelndes subjektives Verschulden glaubhaft macht (Rebhahn 'Der gewerberechtliche Geschäftsführer', Seite 35). Im Übrigen ist, ent­gegen der Ansicht im angekämpften Bescheid, keineswegs ein Beweis der Schuldlosigkeit erforderlich, sondern genügt die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens (VfGH 20.6.1994, B 1908/93). Da sohin kein objektiver Sorgfalts­verstoß meinerseits vorgelegen ist, zumal ich ja nicht die geringsten Anhalts­punkte hatte oder haben konnte, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer in diesem Einzelfall eine verwaltungsrechtliche Vorschrift nicht einhält, also ein ein­maliger Verstoß dagegen vorliegt, kann nicht von einem Verschulden meiner­seits gesprochen werden. Entgegen der Ansicht im angekämpften Bescheid ist das mir angelastete Tatbild in subjektiver Hinsicht nicht verwirklicht, da eben zur Verwirklichung der verletzten Norm der Nachweis eines zumindest fahrlässigen Verhaltens des Beschuldigten erforderlich ist. Im Übrigen ist auch die generelle Aussage im angekämpften Bescheid, dass verwaltungsstrafrechtlich grund­sätzlich nur die gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufenen Personen einer Firma, das sind entweder ein handelsrechtlicher Geschäftsführer oder ein unbeschränkt haftender Gesellschafter, verantwortlich sind, in dieser Allge­meinheit rechtsirrig. Hier wird insbesondere auf die Bestimmungen des § 9 Abs. 3, 4 und 6 VStG verwiesen. Entgegen der Ansicht im Bescheid kommen nach den verschiedenen zitierten Bestimmungen des § 9 VStG sowohl zur Ver­tretung nach außen Berufene (Abs. 1) oder verantwortlich Beauftragte (Abs. 3 und 4) in Frage. Auch diese gegenteilige Aussage im angekämpften Bescheid ist behaftet mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

 

b) Darüber hinaus erweist sich das im gegenständlichen Fall durchgeführte Ver­waltungsverfahren auch in mehrfacher Hinsicht als mangelhaft. Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahren den für die Verletzung einer Verwaltungs­sache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Er­gebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Gegen diese Be­stimmungen - die zu Folge § 40 VStG auch im Strafverfahren gelten - hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall, ausgenommen die Verpflichtung des Parteiengehörs, mehrfach verstoßen.

 

Wie sich aus meinen Rechtfertigungsangaben ergibt, habe ich mich dahin ver­antwortet, dass ich im konkreten Falle nicht verantwortlich sei, sondern vielmehr der schon vor 7 Jahren bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer. Nach § 39 Abs. 1 GewO kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Verwaltungsbehörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Für diesen Zweck, vor allem zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vor­schriften, wurde daher bereits bei der Anmeldung des Gewerbes I A zum Geschäftsführer bestellt. Ich war seit der Bestellung dieses Geschäftsführers bis zur Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens daher der Ansicht, dass eben auch zum Pflichtenkreis eines Geschäftsführers nicht nur die Einhaltung der Vorschriften der Gewerbeordnung zählen, sondern darunter schlechthin alle wirtschaftsrechtlichen Normen fallen. Tatsächlich beschränkt sich ja die Ver­antwortlichkeit des Geschäftsführers nicht bloß auf die Vorschriften der Gewerbe­ordnung, sondern auch auf die typischen gewerberechtlichen Nebengesetze. Ich war daher bis zu diesem Verfahren der Ansicht, dass auch die Normen des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes in die Verantwortlichkeit des Geschäfts­führers fallen. Erst aus Anlass dieses Strafverfahrens habe ich davon Kenntnis erlangt, dass für die Einhaltung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes nur der Arbeit­geber und nicht der Geschäftsführer haftet. Bei diesem Wissen handelt es sich allerdings um die Kenntnis einer selbst für die Judikatur des VwGH geschaffenen Ausnahmebestimmung (VwGH 22. 2. 1990, 89/09/0140; 17.1.1991, 90/09/0135), sodass die Unkenntnis über diese Ausnahme­bestimmung mir, als juristisch völlig unbelastete Person, nicht zum Vorwurf gemacht werden kann und keine Schuldfiktion im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG verwirklicht. Die Unkenntnis dieser Bestimmung entschuldigt daher, da sie erwiesenermaßen unverschuldet ist, und ich das unerlaubte Verhalten ohne Kenntnis der diesbezüglichen Judikatur nicht einsehen konnte.

 

Bei der Bestimmung des § 5 VStG. besteht bekanntlich auch bei Ungehorsams­delikten keine Erfolgshaftung und enthebt die Behörde nicht der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung jenes Verhaltens eines Beschuldigten, welches die Grundlage des Schuldspruches bildet. Die Behörde 1. Instanz hat sohin gegen die sie treffende Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung meines Verhaltens, insbesondere die Klärung der Frage, ob mich ein vorwerfbares Verschulden treffe, verstoßen. Die Behörde 1. Instanz hätte nämlich unter Heranziehung meiner Rechtfertigungsangaben von amtswegen prüfen und feststellen müssen, ob nicht im konkreten Falle Schuldausschließungsgründe vorliegen, die bewirken, dass eine tatbildmäßige und rechtswidrige Handlung nicht vorwerfbar ist. Zu den Schuldausschließungsgründen zählt jedoch auch das mangelnde Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, demnach der Rechtsirrtum. Ein solcher beachtlicher Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG. liegt im konkreten Falle vor. Wie angeführt, war ich all die Jahre der Ansicht, dass der Geschäftsführer für die Einhaltung aller wirtschaftsrechtlicher Normen verantwortlich ist. Ich habe nicht gewusst, dass einige wenige wirtschaftsrechtliche Normen, darunter eben auch die Bestimmung des AuslBG nicht darunter fallen. Die Unkenntnis dieser Spezialbestimmung begründet aber kein Verschulden, wobei hier insbesondere auch der Ausbildungsstand der betreffenden Person, ihrer Schulbildung und ihre Sprachkenntnisse mit zu berücksichtigen sind. Auf jeden Fall ist die Unkenntnis dieser Verwaltungsvorschrift gegen die ich objektiv verstoßen habe, unver­schuldet und habe ich vielmehr mit Recht annehmen können, dass auch die Einhaltung dieser Norm in den Verantwortungsbereich des Geschäftsführers fällt. Es wäre Sache der Behörde gewesen, den von ihr festgestellten Sachverhalt auch unter diesem Gesichtspunkt rechtlich zu prüfen, wobei nochmals darauf hingewiesen wird, dass die Behörde 1. Instanz bei Einhaltung dieser sie treffenden Verpflichtung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid ist daher auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet.

 

3. Anträge:

Aus all diesen Gründen beantrage ich daher

a)     die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in deren Zuge ich als Beschuldigte sowie Herr I A, E, L als Zeuge einzuvernehmen sind. Zu dieser Verhandlung wolle ein Dolmetsch für die türkische Sprache beigezogen werden, da ich nur über sehr mangelhafte Deutschkenntnisse verfüge;

b)     die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und die Einstellung des Strafverfahrens."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält den Strafantrag des Finanzamtes L vom 18.1.2008. Darin ist als Sachverhalt festgehalten:

 

"Am 8.1.2008 um 10:45 Uhr erfolgte auf der Baustelle 'D', H eine Kontrolle nach dem AuslBG durch Organe des Finanzamtes L. Dabei wurde der rumänische Staatsangehörige Hr. V T, geb. bei Bodenlegerarbeiten ohne die erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung betreten."

 

Dem Strafantrag beigelegt sind u.a. ein Personenblatt und eine mit I A, dem Gatten der Berufungswerberin, aufgenommene Niederschrift.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.1.2008 nahm der Berufungswerber wie folgt Stellung:

"Innerhalb offener Frist erstatte ich zu den gegen mich erhobenen Schuldvorwürfen nachstehende

 

RECHTFERTIGUNG

 

1. Richtig ist, dass ich unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der Firma A B KEG, nunmehriger Sitz E, L bin.

 

Allerdings werde ich zu Unrecht in meiner Eigenschaft als Komplementärin für die im Betreff angeführten Verwaltungsübertretungen herangezogen. Für die Einhaltung dieser Vorschriften bin nämlich nicht als unbeschränkt haftende Ge­sellschafterin verantwortlich, sondern mein im Betrieb als Dienstnehmer ange­stellter Ehemann I A, der seit ca. 7 Jahren als gewerberechtlicher Ge­sellschafter bestellt ist. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer ist dieser für die Einhaltung aller verwaltungserheblicher Vorschriften verantwortlich. Daneben ist er dazu berufen, den Betrieb auch tatsächlich zu leiten. Daraus folgt, dass I A als gewerberechtlicher Geschäftsführer sowohl gegenüber den Behörden wie aber auch dem Unternehmen selbst für die Einhaltung aller arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften verantwortlich ist. Ich selbst als bloße Komplementärin habe weder mit der Leitung des Betriebes noch mit der ge­werberechtlichen Geschäftsführung das Geringste zu tun. Die Anzeige der Be­stellung des I A als gewerberechtlicher Geschäftsführer erfolgte bereits vor Jahren gegenüber der Behörde und ist seither aufrecht. Damit ist aber die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Einhaltung der gewerbe­rechtlichen, arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Vorschriften an die Stelle der Verantwortlichkeit des Gewerbetreibenden selbst, also im konkreten Fall der KEG bzw. der in § 9 Abs. 1 VStG bezeichneten Personen getreten. Ich bin also zu Unrecht in dieses Strafverfahren involviert worden und beantrage daher das gegen mich eingeleitete Strafverfahren aus den dargelegten Gründen gem. § 45 Abs. 1 VStG einzustellen, da ich die mir zur Last gelegten Verwaltungsüber­tretungen nicht begangen habe.

 

2. Nur der guten Ordnung halber gebe ich an, dass ich laut dem zuletzt vor­liegenden EST-Bescheid 2005 über ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.891,-- verfüge und mich Sorgepflichten, gemeinsam mit meinem Ehemann, mit dem ich in aufrechter Ehe lebe, für drei minderjährige Kinder im Alter von 15, 13 und 5 Jahren treffen.

 

3. Zur Sache selbst kann ich aus eigenen Wahrnehmungen keine näheren Angaben zu den Schuldvorwürfen machen. Aus den Erzählungen des gewerberechtlichen Geschäftsführers weiß ich allerdings, dass sich der Sachverhalt tatsächlich so er­eignet hat, wie dies in Seite 1 der Aufforderung umschrieben ist.

Das Unternehmen hatte damals dringende Arbeiten an einer Baustelle in Hörsching vorzunehmen. Trotz wiederholter Urgenzen und Vorsprachen wurde uns seitens des AMS keine angeforderten Hilfskräfte (Bodenleger) vermittelt. Es handelte sich laut Mitteilung des Geschäftsführers um das erste diesbezügliche solche Verhalten. Im Übrigen hat sich schon nach kurzer Zeit heraus­gestellt, dass es sich bei Herrn T V gar nicht um einen Bodenleger gehandelt hat und das Beschäftigungsverhältnis schon in Kürze beendet hätte werden müssen.

 

Verwiesen wird noch darauf, dass das Unternehmen schon seit September 2007 beim AMS T, Zweigstelle E (Auftrags-Nr.:) Bodenleger suchten und bisher keine einzige diesbezügliche Person vermittelt worden ist. Diese Umstände wollen bei der Beurteilung des anfälligen strafrechtlichen Verhaltens des gewerberechtlichen Geschäftsführers I A berücksichtigt werden."

 

3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung führte der Gatte der Berufungswerberin I A, laut Firmenbuch Kommanditist, aus, er sei der gewerberechtliche Geschäftsführer, die Berufungswerberin sei Inhaberin bzw. Besitzerin des Unternehmens. Sie habe 95 % Anteil, er habe 5 %.

 

Der Betrieb werde durch den Zeugen geführt. Seine Gattin schließe keine Verträge ab. Den gegenständlichen Ausländer habe der Zeuge aufgenommen. Der Zeuge sei verantwortlich für die Aufnahme des Rumänen. Die Berufungswerberin habe gar nicht gewusst, dass er den Ausländer aufgenommen habe.

 

Die Berufungswerberin habe die Geschäftsführertätigkeit des Zeugen nicht kontrolliert. Sie hätte dies auch fachlich gar nicht vermocht.

 

Das Unternehmen habe damals über das AMS Leute gesucht, aber keine bekommen. Der Zeuge sei vom gegenständlichen Ausländer an einer Tankstelle um Arbeit gefragt worden. Daraufhin habe ihn der Zeuge zur Baustelle mitgenommen. Der Ausländer habe dem Zeugen gesagt, er sei ungarischer Staatsbürger, weshalb der Zeuge geglaubt habe, dass der Ausländer als Ungar innerhalb der EU arbeiten dürfe.

 

Der Ausländer sei insgesamt nur 8 Stunden für das Unternehmen tätig gewesen. Bereits am Folgetag in der Früh sei die Kontrolle gewesen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts ist den Darstellungen der Berufungswerberin bzw. ihres Gatten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu folgen. Die Beschäftigung des gegenständlichen Ausländers entgegen den Bestimmungen des AuslBG ist unstrittig. Strittig ist vielmehr nur das Verschulden der Berufungswerberin in rechtlicher Hinsicht.

 

Das im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vorgetragene Argument der Berufungswerberin, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich für das gegen­ständliche Delikt sei der gewerberechtliche Geschäftsführer, ist rechtsirrig (vgl. statt vieler die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.5.1988, Zl. 87/09/0293, vom 22.2.1990, Zl. 89/09/0140, vom 17.1.1991, Zl. 90/09/0135 und vom 25.9.1992, Zl. 92/09/0161). Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwort­lichkeit richtet sich vielmehr, wie in der Berufung richtig erkannt wird, nach § 9 VStG. Somit trifft die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit die Berufungswerberin als (laut Firmenbuch) unbeschränkt haftende Gesellschafterin.

 

Wenn in der Berufung das Verschulden der Berufungswerberin mit dem Argument in Abrede gestellt wird, dieser Verantwortungszusammenhang sei der Berufungswerberin zur Tatzeit unbekannt gewesen, so ist dem entgegenzuhalten, dass Gegenstand dieser Rechtsunkenntnis nicht die Strafbarkeit der pönalisierten Tat ist, sondern der in Rede stehende Verantwortungszusammenhang, über den sich die Berufungswerberin mit Übernahme gesellschaftsrechtlichen Position (selbstverständlich) zu informieren gehabt hätte, sodass ein Verschulden spätestens auf dieser Ebene anzunehmen ist. Davon, dass es sich dabei um eine so entlegene Spezialnorm (bzw. um eine erst durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geschaffene Ausnahme für den Bereich eines "gewerberechtlichen Nebengesetzes") handelt, deren Kenntnis der Berufungswerberin aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse und ihres subjektiven Ausbildungsstandes nicht zumutbar gewesen wäre, kann keine Rede sein, zumal, wie die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt, zum Zeitpunkt der Übernahme der gegenständlichen Funktion durch die Berufungswerberin (laut Firmenbuch seit 7.7.2001) längst geklärt war.

 

Der Irrtum der Berufungswerberin über ihre Verantwortung erklärt auch sachlogisch, dass sie es versäumte, ein wirksames Kontrollsystem (betreffend das Verhalten ihres Gatten – Unterlassen der Überprüfung der arbeitsmarktrechtlichen Papiere des Ausländers vor dessen Arbeitsaufnahme) einzurichten (zur sogenannten Kontrollsystemjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.10.2004, Zl. 2003/09/0086). Das Vorliegen eines (bei interner Aufgabenteilung unerlässlichen – vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.0.2001, Zl. 99/09/0258) Kontrollsystems wurde nicht einmal behauptet. Nur das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems könnte die Berufungswerberin aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der verwaltungsstraf­rechtlichen Zurechnung fremden Verschuldens (hier: desjenigen ihres Gatten) entlasten.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde. Dies erscheint im Hinblick auf die Kürze der Beschäftigungsdauer und die Form des Verschuldens (Fahrlässigkeit) angemessen. Überwiegende Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre. Insbesondere ist das in der mangelhaften Einholung rechtlicher Informationen und dem Fehlen eines Kontrollsystems liegende Verschulden der Berufungswerberin nicht als geringfügig einzustufen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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