Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110907/2/Kl/RSt

Linz, 12.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau D M-M, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 31. Oktober 2008, GZ 9626/2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird zu Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 27, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 31.10.2008, GZ 9626/2008, wurde über die Berufungswerberin (Bw) zu Spruchpunkt 1 eine Geldstrafe von 190 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe neun Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs.2 iVm § 23 Abs.1 Z2 Güterbeförderungsgesetz verhängt, weil sie als Gewerbetreibende und Inhaberin der Firma D mit dem Sitz in L verwaltungsstrafrechtlich nachstehende Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes zu verantworten hat:

 

Sie hat am 12.2.2008 um 8.15 Uhr mit dem Kraftfahrzeug LKW, Iveco-Magirus 35C15, weiß, polizeiliches Kennzeichen    , durch den Lenker D G einen gewerblichen Gütertransport durchgeführt, ohne dass im Fahrzeug eine von der Behörde ausgestellte und beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt wurde.

 

In Spruchpunkt 2 wurde das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs.2 und Abs.4 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z2 GütbefG gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

2. Gegen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses wurde Berufung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhoben und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. Begründend wurde dargelegt, dass keine Verpflichtung zum Mitführen einer beglaubigten Abschrift der Konzessionsurkunde bestehe, weil es sich beim Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht 3.500 kg nicht übersteigt, um ein freies Gewerbe handle und im Gewerbeschein auch keine Beschränkung der Anzahl der Fahrzeuge angeführt sei. Es könne daher in § 1 Abs.2 GütbefG nur ein Redaktionsversehen gesehen werden, da es bei der Ausübung eines freien Gewerbes, bei dem keine Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der Fahrzeuge bestehe, keinen Sinn mache, eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder einen beglaubigten Auszug aus dem Gewerberegister mitzuführen. Darüber hinaus sei die verhängte Geldstrafe bei weitem zu hoch bemessen und hätte die Behörde die Sorgepflicht für drei Kinder und Schulden und kein Vermögen bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. In Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Bw zum Vorwurf gemacht, sie habe zu einem näher angeführten Zeitpunkt einen näher angeführten "gewerblichen Gütertransport durchgeführt, ohne dass im Fahrzeug … mitgeführt wurde."

 

Der Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses blieb unangefochten und erwuchs daher in Rechtskraft.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, also der Ort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen.

 

Danach ist in Begehungsdelikte und Unterlassungsdelikte zu unterscheiden, wobei das Verhalten bei Unterlassungsdelikten im Unterlassen der vom Gesetz erforderlichen Vorsorgehandlungen liegt und unter Strafe gestellt ist. Bei Begehungsdelikten hingegen ist Tatort jener Ort, wo das unter Strafe gestellte Verhalten gesetzt wurde.

 

Wenn daher der Bw die Durchführung eines Gütertransportes, also ein aktives Tun vorgeworfen wird, so ist Tatort jener Ort, wo dieses Verhalten gesetzt wird, also wo der Gütertransport durchgeführt wurde. Dies ist im anhängigen Strafverfahren in Wels auf der Wiesenstraße unmittelbar nach der Kreuzung mit der Knorrstraße. Da dieser Tatort nicht im Sprengel der das Straferkenntnis erlassenden Behörde liegt, war die belangte Behröde hinsichtlich dieser Tat unzuständige Behörde. Es war daher das Straferkenntnis mangels Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde aufzuheben.

 

4.2. Das angefochtene Straferkenntnis war aber auch mangels ausreichender Tatkonkretisierung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z2 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl Nr. 593/1995 idF BGBl I Nr. 153/2006, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer § 6 Abs.2 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 6 Abs.2 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug während der gesamten Fahrt eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister sowie die allenfalls nach Abs.4 erforderlichen Dokumente mitgeführt werden.

 

Sowohl im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie auch in der Strafverfügung vom 16.7.2008, die als erste und einzige Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist, wird aber der Bw nicht vorgeworfen, dass sie nicht für das Mitführen der beglaubigten Abschrift der Konzessionsurkunde Sorge getragen hätte. Das Durchführen des Gütertransportes ist hingegen nicht nach dem Güterbeförderungsgesetz unter Strafe gestellt. Da innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ein dem Straftatbestand gemäß § 6 Abs.2 iVm § 23 Abs.1 Z2 GütbefG entsprechender Tatvorwurf nicht gemacht wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten und war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

4.3. Zum Tatvorwurf des Nichtsorgetragens gemäß § 6 Abs.2 iVm § 23 Abs.1 Z2 GütbefG ist hingegen auszuführen, dass das Nichtsorgetragen ein Unterlassungsdelikt ist, indem das gesetzlich gebotene Verhalten von der Bw als Unternehmerin nicht gesetzt wurde, und daher in diesem Fall nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Unternehmungen im Zweifel Tatort der Ort des Sitzes der Unternehmensleitung ist. Im Fall der Bw ist daher Tatort für ein Unterlassungsdelikt der Sitz des Unternehmens in L, S. Es hat daher die belangte Behörde im Hinblick auf das Unterlassen der Sorgetragung durch die Bw zu Recht ihre Zuständigkeit gemäß § 27 VStG in Anspruch genommen, allerdings ein dem Straftatbestand des GütbefG entsprechendes Tatverhalten durch Unterlassung nicht rechtzeitig vorgeworfen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatort, Unterlassungsdelikt, Tatkonkretisierung

 

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