Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281085/13/Kl/RSt

Linz, 12.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn L A, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. April 2008, Ge96-50-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 2. Oktober 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG mit "BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007" zu zitieren ist.

 

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden herabgesetzt wird. Die Verwaltungsstrafnorm gemäß § 44a Z3 VStG hat zu lauten: "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. April 2008, Ge96-50-2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV iVm § 118 Abs.3 und § 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der A L Gesellschaft m.b.H., die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der A L Gesellschaft m.b.H. & Co.KG. ist, und damit gemäß § 9 VStG 1991 als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der A L Gesellschaft m.b.H. & Co.KG (Dachdecker- und Spenglergewerbe im Standort  P, T) am 26. Juli 2007 bei der Baustelle in F, J, von 1 Arbeiter des Betriebes Dacharbeiten auf der ca. 30° geneigten Dachfläche bei einer Absturzhöhe von ca. 6,0 m durchführen lassen hat, wobei keine Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen (Dachschutzblenden, Dachfanggerüste) vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der verunfallte Lehrling G die Anweisung gehabt hätte, die Dachrinne auf der Seite des Hauses F, J, zu reinigen, welche nicht höher als drei Meter war. Zu diesem Zwecke hätte der Lehrling eine Leiter angelegt und die dortigen Reinigungsarbeiten durchgeführt. Keineswegs sei er beauftragt gewesen, auf der anderen Seite des Hauses, welche eine Höhe von mehr als drei Meter aufwies, die Leiter anzulehnen und auf das Dach hinaufzuklettern um die Dachrinne zu säubern. Der Lehrling hätte eigenmächtig gehandelt und treffe daher den Arbeitgeber kein Verschulden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2008, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Bw und sein Rechtsvertreter haben an der Verhandlung teilgenommen. Die belangte Behörde ist nicht erschienen. Weiters hat ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen. Schließlich wurden die Zeugen M G und C O zur Verhandlung geladen und wurden diese einvernommen. Laut Mitteilung des Bezirksgerichtes Freistadt vom 25.2.2008 wurde gegen den Bw kein Strafverfahren eingeleitet.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Bw zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der A L GesmbH war, welche persönlich haftende Gesellschafterin der A L GesmbH und CoKG mit Sitz in P, T ist. Von dort aus übt der Bw das Dachdecker- und Spenglergewerbe aus. Am 26. Juli 2007 führte der Lehrling M G auf dem Dach auf der Baustelle Freistadt, J, Dacharbeiten aus, wobei die Dachneigung ca. 30° betrug und die Absturzhöhe bei den Dacharbeiten ca. 6,0 m betrug. Es waren keine Schutzeinrichtungen wie Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste vorhanden und es waren die Arbeitnehmer, also auch der Lehrling, nicht durch Sicherheitsseile gesichert. Der Arbeitnehmer führte zum Tatzeitpunkt Dacheindeckarbeiten auf der hangabgewandten Seite des Hauses durch, wo eine Absturzhöhe von ca. 6 m vorlag. Der Lehrling hatte den Auftrag von seinen Kollegen das Dach einzudecken, jedoch hatte er keinen Auftrag die Dachrinne zu reinigen. Das Dach wurde auf der Hangseite durch eine Leiter bestiegen und auf dieser Leiter auch das Material auf das Dach transportiert. Auf der hangabgewandten (größere Absturzhöhe) Seite war keine Leiter vorhanden. Ein Fassadengerüst war am Tattag, wie auch die Tage zuvor, nicht auf der Baustelle vorhanden. Der Arbeitnehmer war am 26.7.2007 den ersten Tag auf der Baustelle tätig. Für diese Baustelle wurde er nicht eingeschult. Auch gab es für die übrigen Arbeitnehmer keine ausdrückliche Weisung hinsichtlich der Sicherheit auf dieser Baustelle. Es waren auch die anderen Arbeitnehmer nicht angeseilt. Die Arbeitnehmer sind selbständig und entscheiden wann sie sich anseilen. Die Seile werden immer dann verwendet, wenn sich der Arbeitnehmer nicht sicher ist. Eine ausdrückliche Anweisung für diese Baustelle gab es vom Bw nicht. Schutzausrüstung ist im Auto vorhanden und bestimmt jeder selber für sich, ob er sich sichert. In der Firma gibt es einmal eine Schulung hinsichtlich der Absturzsicherungen, weitere Schulungen gab es nicht. Auch der Vorarbeiter war auf der Baustelle zum Unfallszeitpunkt und führte ebenfalls Dacheindeckungsarbeiten durch. Eine Kontrolle durch ihn fand nicht statt. Der Bw war am Tattag nicht auf der Baustelle. Es gab keine Sicherheitsanweisungen für die Baustelle. Der Bw kommt in unregelmäßigen Abständen auf die Baustelle. Vor dem Unfallszeitpunkt war die Baustelle schon ca. 1,5 Wochen in Betrieb. Die Verantwortlichkeit auf der Baustelle hat gewechselt und war am Vorfallstag kein bestimmter Verantwortlicher für die Baustelle bestimmt. Die Arbeitnehmer sind selbständig und für sich verantwortlich.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aufgrund der im erstbehördlichen Akt aufliegenden Fotos sowie auch aufgrund der Aussagen der einvernommenen Zeugen erwiesen. Die Verantwortlichkeit auf der Baustelle wurde auch vom Bw so angegeben. Die Zeugen gaben übereinstimmend an, dass keine Sicherungsvorkehrungen zum Tatzeitpunkt vorhanden waren und auch die Arbeitnehmer nicht angeseilt waren. Auch gaben sie übereinstimmend an, dass keine konkreten Anweisungen des Bw für die konkrete Baustelle hinsichtlich Absicherung gegeben wurden. Der Auftrag an die Arbeitnehmer sowie auch an den verunfallten Arbeitnehmer war, an diesem Tage das Dach fertig einzudecken und Abschlussarbeiten durchzuführen. Einen Auftrag des Bws, die Dachrinne zu reinigen, gab es nicht. Die Zeugen erschienen glaubwürdig und besteht kein Zweifel an der Richtigkeit ihrer Angaben. Es gab bei ihren Aussagen keine Widersprüche. Hingegen verwickelte sich der Bw bei seinen Ausführungen anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung in Widersprüche im Hinblick auf den Arbeitsauftrag für den Tattag sowie auch im Hinblick auf Sicherheitsvorkehrungen. Seine Angaben, dass ein Gerüst abgebaut worden sei, dass die Leiter an der Hausseite des Absturzes gestanden sei, dass der Arbeitsauftrag war, die Dachrinne zu reinigen und dass die Dacheindeckungsarbeiten an dieser Hausseite bereits abgeschlossen seien, konnten im Beweisverfahren nicht nachgewiesen werden. Vielmehr sind die Aussagen der Zeugen glaubwürdig.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 87 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (§ 88).

 

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007, gilt die Bauarbeiterschutzverordnung als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem neunten Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

5.2. Im Grunde des erwiesenen und festgestellten Sachverhaltes ist der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung hinsichtlich des Arbeitnehmers M G erfüllt. Der Arbeitnehmer wurde zu Dacharbeiten (Dacheindeckungsarbeiten) herangezogen und es waren keine Sicherheitsvorkehrungen gegen Absturz vorhanden und war der Arbeitnehmer – wie auch seine Kollegen – nicht angeseilt.

 

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und nach außen hin vertretungsbefugtes Organ hat daher der Bw die Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten (§ 9 Abs.1 VStG).

 

5.3. Die Tat wurde aber auch schuldhaft vom Bw begangen. Der Einwand des mangelnden Verschuldens ist nicht begründet.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstraf­rechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmer­schutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur ist daher das Vorbringen des Bw, dass der Lehrling eigenmächtig gehandelt hätte, verfehlt und kann den Bw nicht von seinem Verschulden befreien. Insbesondere reichen allgemeine Unterweisungen nicht aus, wenn nicht auch hinsichtlich der konkreten Baustelle vor Beginn der Baustelle Unterweisungen stattfinden. Auch ist die Einhaltung dieser Anweisungen zu kontrollieren. Vom Bw werden aber konkrete Anweisungen nicht behauptet und hat das Beweisverfahren gezeigt, dass auch keine Anweisungen hinsichtlich der Baustelle gegeben wurden. Auch hat der Bw nur in unregelmäßigen Abständen die Baustelle besucht. Festgestellt wurde, dass die Arbeitnehmer selbständig auf der Baustelle tätig waren und auch hinsichtlich ihrer Absicherung selbständig für Sicherheitsmaßnahmen zu sorgen hatten. Auch der auf der Baustelle vorhandene Vorarbeiter führte keine Kontrollen durch und war selber nicht gesichert. Technische Schutzmaßnahmen waren nicht vorhanden und waren vom Bw auch nicht vorgesehen. Auch führte der Bw selbst an, dass die Verantwortlichkeit auf der Baustelle wechselte. Da Sicherungsmaßnahmen nicht vorgesehen waren, kann daher auch kein Kontrollsystem über die Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen greifen. Hingegen hat der Bw nicht dargelegt und nicht unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen er konkret getroffen hat, dass die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften mit gutem Grund erwartet werden kann. Eine allgemeine Schulung sowie allgemeine Weisungen reichen nicht aus. Auch reicht es nicht aus, dass auf den einzelnen Baustellen Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind. Allerdings ist dem Bw entgegenzuhalten, dass er selbst angibt, dass die Verantwortlichkeit auf der Baustelle gewechselt hat und konkret an diesem Tag es keinen Verantwortlichen gab. Es ist ihm als Sorglosigkeit entgegenzuhalten, dass nach den Angaben der Arbeitnehmer diese für sich selbst verantwortlich waren und keine Anweisungen hatten und keiner Kontrolle unterworfen waren. Es war daher auch vom Verschulden des Bws auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

 

Laut ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat als erschwerend eine Vorstrafe gewertet und strafmildernd keine Umstände berücksichtigt. Die persönlichen Verhältnisse wurden nach den Angaben des Bws mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinen Sorgepflichten und Besitz des Dachdecker- und Spenglereibetriebes zugrunde gelegt. Diesen Ausführungen hat der Bw auch im Berufungsverfahren nichts entgegengesetzt. Die belangte Behörde hat zurecht auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, nämlich insbesondere, dass der Schutzzweck der Norm, nämlich die Hintanhaltung der Gefährdung von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer, in erheblichem Maß verletzt wurde. Auch sind nachteilige Folgen durch den Arbeitsunfall eingetreten. Dies war bei den objektiven Strafbemessungsgründen zu berücksichtigen. Bei den subjektiven Strafbemessungsgründen sind zurecht zwei rechtskräftige einschlägige Vorstrafen als straferschwerend zu werten. Auch war im Rahmen des Verschuldens bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass sich der Bw grob sorgfaltswidrig verhalten hat, indem er für Sicherheitsvorkehrungen keine Vorsorge getroffen hat und sich auch nicht um die Einhaltung der Vorschriften durch die Arbeitnehmer gekümmert hat. Hingegen mussten die persönlichen Verhältnisse des Bws bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, insbesondere dass der Bw über bescheidene Einkommensverhältnisse verfügt und – wie aus einem parallel laufenden Strafverfahren gegen den Bw dem Oö. Verwaltungssenat bekannt ist – der Bw insolvent ist. Diese persönlichen Verhältnisse wirken sich auf die Höhe der Geldstrafe aus. Auch war aus diesem Grunde eine spezialpräventive Wirkung der Strafe nicht mehr erforderlich, weil keine Wiederholungsgefahr mehr besteht. Es konnte daher in Anbetracht der persönlichen Verhältnisse die Geldstrafe in dem im Spruch festgesetzten Ausmaß herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung war aber im Grunde des erheblichen Unrechtsgehaltes der Tat nicht mehr zu verantworten. Entsprechend musste auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt werden. Weil Milderungsgründe nicht gegeben waren und daher ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht festzustellen war, war § 20 VStG mit einer außerordentlichen Milderung nicht anzuwenden. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Auch waren die Folgen der Tat nicht unbedeutend. Es lagen daher die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht vor.

 

6. Weil die Geldstrafe herabgesetzt wurde, war gemäß § 64 VStG der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz zu ermäßigen. Im Grunde der Strafherabsetzung hatte die Berufung teilweise erfolg und entfällt daher die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, Beweiswürdigung

 

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