Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400988/3/BP/Se

Linz, 23.02.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des B S, StA der Türkei, derzeit in Schubhaft angehalten im PAZ W, vertreten durch Dr. M F, Rechtsanwalt in W, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 5. Februar 2009 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 5. Februar 2009, GZ: Sich 40-1337-2009, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2 Z. 2 und § 80 Abs. 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG – iVm § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Wels am selben Tag vollzogen.

 

Die belangte Behörde geht dabei nach Darstellung der einschlägigen Rechts­grund­lagen im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ein türkischer Staatsangehöriger habe am 6. Oktober 2008 versucht am Luftweg über den Flughafen Wien-Schwechat in das Bundesgebiet der Republik Österreich einzureisen. Noch vor seiner Einreise habe der Bf gegenüber den Beamten der Grenzpolizeiinspektion Schwechat ein Asylbegehren geäußert. Er sei daraufhin vor das BAA EAST Flughafen überstellt worden, wo er schließlich unter den Personalia B S, geb.    in D, einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz eingebracht habe. Im Rahmen dieser Einbringung sei der Bf nicht im Stande gewesen ein Nationalreisedokument in Vorlage zu bringen.

 

In weiterer Folge sei dem Bf – nachdem er am 13. Oktober 2008 zu seinem Asylantrag einvernommen worden sei – am 14. Oktober 2008 die Einreise ins Bundesgebiet der Republik Österreich am Flughafen Wien-Schwechat gestattet worden. Es sei ihm mit sofortiger Wirkung im Rahmen des Asylzulassungsverfahrens in der EAST Ost eine Unterkunft in Bundesbetreuung gewährt worden. Nur wenige Tage später und zwar bereits am 18. Oktober 2008 habe der Bf die EAST Ost Traiskirchen ohne Abmeldung ungerechtfertigt und dauerhaft verlassen und sei in der Folge illegalen Aufenthaltes in die völlige Anonymität im Bundesgebiet untergetaucht.

 

Der Asylantrag vom 6. Oktober 2008 sei mit Bescheid des BAA EAST Ost, AZ:    , vom 18. November 2008 gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und gleichzeitig gemäß § 8 AsylG 2005 festgestellt worden, dass dem Bf der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt werde. Ferner sei der Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen worden.

 

Da der Bf zu diesem Zeitpunkt bereits jeglichen Kontakt zur österreichischen Asylbehörde abgebrochen habe und in die Anonymität untergetaucht sei, sei dieser Bescheid am 18. November 2008 durch Hinterlegung im Verfahrensakt der Asylbehörde rechtswirksam zugestellt worden und sei mit Wirkung vom 3. Dezember 2008 in erster Instanz in Rechtskraft getreten. Die dem Bf im Asylverfahren zuerkannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG sei – mit Rechtskraft des abgewiesenen Asylverfahrens – widerrufen worden.

 

Im Jänner 2009 sei schließlich die Bundesrepublik Deutschland mit dem Ersuchen an Österreich herangetreten, den Bf gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens zu übernehmen, nachdem dieser von Österreich kommend, illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Österreich habe daraufhin diesem Antrag mit Wirkung vom 20. Jänner 2009 zugestimmt, woraufhin der Bf am 5. Februar 2009 gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens von Deutschland am Landweg nach Österreich überstellt worden sei.

 

Unmittelbar nach seiner Rückübernahme sei der Bf von den Beamten der PI S am 5. Februar 2009 festgenommen worden, worauf er ein neuerliches nunmehr zweites Asylbegehren in Österreich geäußert habe. Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung zu seinem Asylantrag habe der Bf am 5. Februar 2009 gegenüber den Beamten der Polizeiinspektion S angegeben, dass er im Jahr 2008 seinen Herkunftsstaat Türkei verlassen habe und am Luftweg nach Österreich eingereist sei. Nachdem er am 6. Oktober 2008 in Österreich einen Asylantrag eingebracht habe, sei der Bf – so seine Ausführungen – am 1. Jänner 2008 illegal in die Bundesrepublik Deutschland gereist. Noch am Tag seiner Einreise sei der Bf in Deutschland in Haft genommen worden. Die im Rahmen dieser Befragung herangetragene Frage, wo sich der Reisepass des Bf befände, habe er mit dem wörtlichen Zitat beantwortet: "Meinen türkischen Reisepass zerriss ich im Flugzeug auf dem Flug von der Ukraine nach Österreich." Befragt zu Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen EU-Staat habe der Bf ins Treffen geführt, dass ein Bruder sowie eine Tante in Deutschland wohnhaft seien. Familiäre Bezugspunkte in Österreich habe er nicht ins Treffen geführt.

 

In weiterer Folge sei der Bf noch am 5. Februar 2009 von Beamten der PI S im Stande der Festnahme nach den Bestimmungen des AsylG in die EAST West überstellt worden, wo nach seiner Vorführung zur Asylbehörde die vorläufige Festnahme nach den Bestimmungen des AsylG am selben Tag um 16.15 Uhr aufgehoben worden sei. Mit Schriftsatz des BAA EAST West, AZ 09 01.499, vom 5. Februar 2009, sei dem Bf gleichgehend gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei seinen Antrag vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorläge. Gleichgehend sei der Bf mit dieser Verfahrensanordnung in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Ausweisungsverfahren in die Türkei gegen ihn eröffnet sei. Die belangte Behörde als örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde sei gleichgehend gemäß § 27 Abs.7 AsylG 2005 vom BAA EAST-West in Kenntnis gesetzt worden, dass gegen den Bf ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG eingeleitet worden sei.

 

Seitens der belangten Behörde werde weiters begründend festgehalten, dass sich der Bf – nachdem er nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich sei – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte. Darüber hinaus sei sein gegenwärtiger Aufenthalt mangels eines polizeilich gemeldeten Wohnsitzes nicht nur als unrechtmäßig, sondern auch als unstet zu bezeichnen. Weiters sei der Bf – abgesehen von gegenwärtigen Barmitteln in Höhe von 25,91 Euro – völlig mittellos. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und seines bisher gezeigten Gesamtverhaltens im Bundesgebiet sei zu befürchten, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde neuerlich entziehen werde. Seine Anhaltung in Schubhaft sei deshalb zur Sicherung des Seitens der Asylbehörde bereits eingeleiteten Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung nach § 10 AsylG sowie zur Sicherung seiner Abschiebung unbedingt erforderlich.

 

Der Bf habe durch sein bisheriges Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt sei die Rechtsordnung seines Gastlandes – insbesondere im Bereich des Fremdenrechtes – zu respektieren. Vor allem habe der Bf durch sein Untertauchen die drohende Abschiebung in sein Herkunftsland zu vereiteln versucht, in weiterer Folge sei er ebenfalls illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. In weiterer Folge habe er wiederum gleich unmittelbar bei seiner Überstellung nach Österreich ein Asylbegehren gestellt. Die Gesamtbeurteilung seiner Verhaltensweise zeige eindrucksvoll, dass der Bf nicht gewillt sei, sich während der Verfahrensdauer seines Asylbegehrens zur Verfügung der österreichischen Asyl- und Fremdenpolizeibehörden zu halten. Er bevorzuge hingegen ein Leben in der völligen Anonymität und überschreite je nach Belieben illegal Staatsgrenzen zwischen EU-Mitgliedsstaaten. Nachdem ihm die österreichische Asylbehörde auch nun im zweiten Asylverfahren keine entsprechende Hoffnung auf eine Legalisierung seines Aufenthaltes gemacht habe und gegen den Bf bereits ein Ausweisungsverfahren eröffnet worden sei, scheine die Annahme der belangten Behörde, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen, seiner Gewohnheit treu bleibend – den fremdenpolizeilichen Maßnahmen wiederum entziehen werde, verständlich und gerechtfertigt. Aufgrund des konkreten und vor allem sehr akuten Sicherungsbedarfes habe von der Anwendung eines gelinderen Mittels Abstand genommen werden müssen.

 

Familiäre Bezugspunkte in Österreich habe der Bf bislang nicht ins Treffen geführt. Er sei – wie er in den letzten Wochen unter Beweis gestellt habe, in denen er sich vor dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde in Österreich versteckt gehalten habe, ehe er illegal in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist sei – sehr flexibel in seiner Lebensgestaltung gewesen und habe keine familiäre und/oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen.

 

Die Anordnung der Schubhaft sei – nach genauester Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung – zu dem auch verhältnismäßig.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Telefax vom 19. Februar 2009 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 19. Februar 2009, Beschwerde gemäß § 82 FPG 2005.

 

Darin führt der Bf u.a. aus, dass es sich bei der Bestimmung des § 76 FPG um eine "Kann-Bestimmung" handle und daher der Behörde ein entsprechendes Ermessen eingeräumt werde.

 

Der Bf sieht einen Verstoß darin, dass obwohl bekannt gewesen sei, dass sich der Asylwerber aus der EAST Ost entfernt gehabt habe, in der Folge ein negativer Bescheid durch Hinterlegung im Verfahrensakt zugestellt worden sei. Die Behörde habe offenkundig jedoch weder eine Aufenthaltsermittlung durchgeführt, noch eine anderweitige Zustellmöglichkeit (zB durch öffentliche Bekanntmachung) geprüft oder durchgeführt. Auch sei in der Folge nicht geklärt worden, warum sich der Asylwerber aus der EAST Ost entfernt habe und ob dafür nachvollziehbare Gründe vorhanden gewesen seien. Jedenfalls habe der Bf erst am 5. Februar 2009 (bei der Befragung durch Beamte der PI S) davon Kenntnis erlangt, dass im gegenständlichen Asylverfahren ein Bescheid am 18. November 2008 zugestellt worden sei. Der Bf habe davor keine Kenntnis von der Zustellung eines Bescheides gehabt. Der Bf sei somit durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Erhebung eines Rechtsmittels gehindert worden, woran ihn kein oder nur ein minderer Grad des Verschuldens treffe. Es lägen daher die Voraussetzungen nach den §§ 71ff AVG vor. Ein entsprechender Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei am 18. Februar 2009 gestellt worden. Das BAA EAST West habe in der Folge offenkundig keine weitergehende Prüfung des Asylantrages vom 5. Februar 2009 vorgenommen. Es sei lediglich unter Verweis auf den negativen Bescheid vom 18. November 2008 von einer entschiedenen Sache im Sinne des § 68 AVG ausgegangen worden. Demgemäß sei auch nicht überprüft worden, ob in den tatsächlichen maßgeblichen Umständen oder in der Rechtslage eine Änderung eingetreten sei und ob demnach überhaupt von einer Identität der Rechtssache auszugehen sei. Aus Sicht des Bf liege eine derartige Identität der Rechtssache jedenfalls nicht vor. Die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens durch das BAA EAST West sei insofern in keinster Weise begründet, zumal bereits der Asylantrag vom 6. Oktober 2008 zugelassen und der Bf in die Bundesbetreuung übernommen worden sei.

 

Wenn zudem eine entschiedene Sache vorläge, so würde ohnehin auch bereits eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung bestehen und sich damit die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens erübrigen. Auch auf dieser Grundlage (§ 27 Abs.1 AsylG 2005 laut ggst. Bescheid) sei daher die vorliegende Maßnahme rechtlich nicht begründet. Die gesetzlich in diesem Fall eingeräumten Möglichkeiten nach § 27 Abs. 1 bzw. 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 AsylG 2005 würden in diesem Zusammenhang tatsächlich nicht greifen. Der Bf habe überdies keine Möglichkeit gehabt, vor der Einleitung des Ausweisungsverfahrens durch die Asylbehörde dazu eine Stellungnahme abzugeben. Aufgrund des zeitlichen Ablaufes wäre dies schon gar nicht möglich gewesen. Dies sei als wesentlicher und schwerwiegender Verfahrensmangel, als eine Verletzung der Wahrung des Parteiengehörs, zu rügen. Der Bf habe auch keine Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Gründe vor Verhängung der Schubhaft gehabt, was einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens darstelle. Nachdem das "Vorverfahren" schon mit einem schweren Verfahrensmangel behaftet sei, gelte dies auch für den Schubhaftbescheid. Darüber hinaus stellt der Bf einen Verstoß gegen Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention fest. Jedenfalls sei der Bf in seinen verfassungsmäßig gewährleisteten Grundrechten nach Art.1 BVG über die persönliche Freiheit und Art.5 EMRK verletzt.

 

Die belangte Behörde hätte von der Anordnung der Schubhaft unter Anwendung gelinderer Mittel Abstand nehmen müssen. Der Bf sei völlig unbescholten, und es gehe von ihm keinerlei Gefahr für die Ruhe und Ordnung aus. Eine Gefährdungslage sei ohne konkrete und nachvollziehbare Annahme von der Behörde angenommen worden. Der bloße Verweis darauf, dass sich der Asylwerber aus seiner Unterkunft in Bundesbetreuung entfernt habe, ohne abzuklären, aus welchen Gründen dies erfolgt sei, reiche für eine derartige Annahme jedenfalls nicht aus; dies zumal anzunehmen sei, dass wiederum die Übernahme in die Bundesbetreuung erfolgen werde und damit eine soziale Absicherung des Bf gegeben sei.

 

Abschließend stellt der Bf die Anträge:

 

1. Die Rechtsmittelbehörde möge eine mündliche Verhandlung durchführen und feststellen, dass die mit Bescheid der BH Vöcklabruck vom 5. Februar 2009, GZ: Sich40-1337-2009, angeordnete Schubhaft gegen den Bf, rechtswidrig erfolgt sei und möge die sofortige Enthaftung, allenfalls unter Anwendung gelinderer Mittel, verfügt werden;

 

in eventu:

 

2. möge der angeführte Bescheid der belangten Behörde behoben und der Erstbehörde eine Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidungsfindung aufgetragen werden.

 

3. Der Behörde möge weiters der Ersatz der Kosten dieses Verfahrens zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters auferlegt werden; dies binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.

 

 

2. Mit Schreiben vom 19. Februar 2009 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor, beantragte, die gegenständliche Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen und erstattete eine Gegenschrift.

 

2.1. Unter Hinweis auf die im Schubhaftbescheid getroffenen Feststellungen merkt die belangte Behörde darin an, dass alle in der vorliegenden Beschwerdeschrift geltend gemachten Vorhaltungen, wonach die Anordnung der Schubhaft rechtswidrig bzw. unverhältnismäßig sei, angesichts des in diesem Einzelfall vorliegenden Sachverhaltes nicht nachvollziehbar seien.

 

Zu der Behauptung in der Beschwerde, die Feststellung einer entschiedenen Sache im zweiten Asylverfahren wäre ohnehin mit einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung (aus dem ersten Asylverfahren) per se verbunden, weshalb sich damit die Erteilung (und daraus resultierend auch die Sicherung) eines Ausweisungsverfahrens erübrige, führt die belangte Behörde aus, dass der Bf die gegen ihn erlassene Ausweisung bereits konsumiert habe, indem er – wenn auch illegal – von Österreich kommend in das Bundesgebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Ohne neuerliche Ausweisungsentscheidung würde dem zufolge auch die Rechtmäßigkeit einer allfälligen Abschiebung des Bf in das Herkunftsland fehlen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Anordnung der Schubhaft nicht nur zur Sicherung der Abschiebung, sondern auch zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sehr wohl zulässig.

 

Die vom Bf erhobene Vorhaltung, er sei im Rahmen seines zweiten Asylverfahrens von Seiten des BAA EAST West bislang noch nicht einvernommen worden, entspreche nicht den Tatsachen. Richtig sei – wie dem beigeschlossenen Fremdenpolizeiakt zu entnehmen sei –, dass der Bf am 9. Februar 2009 im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Türkisch, von Beamten des BAA EAST West zu seinem zweiten in Österreich eingebrachten Asylantrag niederschriftlich einvernommen worden sei. Die Rechtsbestimmung des § 28 Abs. 2 AsylG 2005 normiere, dass ein Antrag zuzulassen sei, wenn das BAA nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz entscheide, dass der Antrag zurückzuweisen sei, es sei denn es würden Konsultationen gemäß der Dublin-Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder Antrages auf internationalen Schutz geführt.

 

Dazu sei festzuhalten, dass der Bf am 5. Februar 2009 seinen zweiten Asylantrag in Österreich eingebracht habe. Demzufolge bestehe für das BAA bis spätestens 25. Februar 2009 die rechtliche Möglichkeit im Zulassungsverfahren eine zurückweisende Entscheidung zu erlassen. Seitens der belangten Behörde werde an dieser Stelle vermerkt, dass sich beim BAA EAST West im zweiten Asylverfahren des Bf bereits die Erlassung eines zurückweisenden Bescheides wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Vorbereitung befinde. Die im Rahmen der Beschwerdeschrift ins Treffen geführte Behauptung an einem rechtsstaatlichen Ausgang eines Asylverfahrens in Österreich tatsächlich Interesse zu zeigen, sei im Hinblick auf die Gesamtheit der Verhaltensweise des Bf in seinem Gastland Österreich als reine Schutzbehauptung zu werten, welche jeglichen realen Hintergrund vermissen lasse.

 

Nachdem seitens des BAA im Rahmen des Asylzulassungsverfahrens das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung des Bf in seinem Herkunftsstaat eingeleitet worden sei und demzufolge mit einem entsprechend verkürzten Asyl- und Ausweisungsverfahren zu rechnen sei, so könne bei realistischer Betrachtung im Hinblick auf den in diesem Einzelfall vorliegenden Sachverhalt mit Recht angenommen werden, dass sich der Fremde dem behördlichen Zugriff wiederum entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren werde, um die Gefahr der Vollstreckung einer Ausweisung – in diesem Fall eine Abschiebung in die Türkei – hintan zu halten.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb – entgegen dem Beschwerdebegehren – von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus. Insbesondere ist festzuhalten, dass der Bf keinerlei Argumente vorbringt, die diesen Sachverhalt in Abrede stellen würden. Die von ihm begehrten allfälligen Sachverhaltsergänzungen weisen – aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates – nicht die entsprechende Entscheidungsrelevanz auf.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 4/2008, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechts­widrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. Februar 2009, Zl. Sich40-1337-2009, bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung und des ihr zu Grunde liegenden Bescheides vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.     gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.     gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.     gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.     aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn 1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird; 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Ein Ausweisungsverfahren nach diesem Bundesgesetz gilt gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als eingeleitet, wenn im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

Nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen hat die Behörde gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 je nach Stand des Ermittlungsverfahrens dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs. 2 AVG) mitzuteilen, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und § 68 Abs. 1 AVG).

 

3.4.1. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der erste Asylantrag des Bf vom 6. Oktober 2008 mit Bescheid des BAA EAST-Ost vom 18. November 2008 gemäß § 3 iVm § 8 AsylG als unbegründet abgewiesen wurde. Weiters ist unbestritten, dass der Bf am 18. Oktober 2008 die bundesbetreute Unterkunft ohne vorherige Abmeldung verließ und sich in der Folge zunächst illegal noch in Österreich, dann aber in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt. Seine diesbezüglichen Motive näher zu ergründen – wie in der Beschwerde gefordert – würde an diesen Tatsachen nichts ändern, zumal die Entscheidungsrelevanz für die hier zu klärende Frage nicht ersichtlich ist.

 

3.4.2. In der Beschwerde wird die Art der Zustellung des negativen Asyl-Bescheides vom 18. November 2008, AZ.: 08 09.644, in Form der Hinterlegung im Akt gerügt. Sollte man zu dem Schluss kommen, dass diese Zustellung nicht rechtswirksam bewirkt wurde, würde das erste Asylverfahren als nicht abgeschlossen anzusehen sein, weshalb auch die hier zu beurteilende Frage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft unter geänderten Gesichtspunkten vorgenommen werden müsste. Im Sinne der Beurteilung einer Vorfrage gemäß § 38 AVG hat sich das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates sohin mit diesem Aspekt des Asylverfahrens zu beschäftigen. Diesbezüglich ist auf § 8 ZustG zu verweisen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

 

Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß Abs. 2 leg. cit., soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Hinterlegung ohne vorhergegangenen Zustellversuch vorzunehmen, sofern eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

 

Klar ist, dass der Bf durch sein ungemeldetes, dauerhaftes  Verlassen der ihm zugewiesenen Unterkunft seine Abgabestelle, ohne dies der Behörde unverzüglich zu melden, geändert hat. Wie Ermittlungen des Oö. Verwaltungssenates ergaben, wurde von der Bescheid erlassenden Behörde vor Hinterlegung ein Auszug des Zentralen Melderegisters abgefragt. Fraglich ist nun, ob die Behörde zusätzlich noch weitere Nachforschungen anstellen hätte müssen. Dies muss im konkreten Fall aber verneint werden, da das Auffinden einer Abgabestelle einer Person, die offensichtlich in die Illegalität untergetaucht ist, sicher nicht ohne "Schwierigkeiten" im Sinne des Gesetzes durchgeführt werden kann. Es ist sohin hier vom geradezu klassischen Anwendungsfall des § 8 Abs. 2 ZustG auszugehen, weshalb die Vorgangsweise der Asylbehörde zurecht gewählt wurde.

 

Die vom Bf geforderte Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG scheidet im Grunde durch die dortige Gesetzesformulierung schon aus, die als Ausnahme für deren Anwendbarkeit einen Fall nach § 8 ZustG ausdrücklich normiert.

 

Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass aufgrund der rechtswirksamen Zustellung in Form der Hinterlegung und nach Ablauf der fruchtlos verstrichenen Rechtsmittelfrist der erste Asylantrag ab 3. Dezember 2008 als rechtskräftig abgewiesen gilt und dieses Verfahren beendet wurde.

 

3.4.3. Auch, wenn dies nicht unmittelbar von Entscheidungsrelevanz für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der verhängten Schubhaft ist, ist bezüglich des gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung in den Vorigen Stand anzumerken, dass diesem Antrag mangels Unvorhersehbarkeit und auch mangels Unabwendbarkeit des Ereignisses kein Erfolg beschieden sein wird, zumal es der Bf selbst in der Hand gehabt hätte, sich dem Asylverfahren nicht zu entziehen, und es ihm bewusst sein musste und somit vorhersehbar war, dass das Verfahren ohne seine Mitwirkung abgeschlossen werden würde. Tatsache bleibt, dass ein solcher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keinerlei aufschiebende Wirkung und somit bislang keine Auswirkung auf die Rechtskraft des am 18. November 2008 belassenen Asylbescheides hat.

 

3.4.4. Überdies wendet der Bf ein, dass die Voraussetzung des § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG, nämlich die Einleitung des nunmehr zweiten Ausweisungsverfahrens gegen den Bf in Form der Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG, nicht rechtmäßig als gegeben angenommen worden sei, da aufgrund von Verfahrensmängeln diese Mitteilung nicht ergehen hätte dürfen. Insbesondere führt der Bf an, dass er im Rahmen des zweiten Asylverfahrens vor der Mitteilung, dass beabsichtigt sei, den Asylantrag wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen, nicht dem Parteiengehör und verfassungsrechtlichen Bestimmungen gemäß entsprechend gehört worden sei.

 

Dazu ist zunächst festzustellen, dass zum Vorliegen der Voraussetzung des § 76 Abs. 2 Z. 2 lediglich die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens gefordert wird, was im vorliegenden Fall unbestrittener Maßen erfüllt ist.

 

Hinsichtlich einer Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG übersieht der Bf offensichtlich, dass es sich hierbei um eine bloße Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG handelt, der nicht die selbe Qualität wie einer bescheidmäßigen Erledigung und somit auch nicht die selben Anforderungen an das Ermittlungsverfahren gemäß den §§ 37 ff. AVG zukommt. Es handelt sich um keine normative Anordnung, da sie keinen Spruch im Sinne des § 59 AVG aufweist, sondern dient als Information des Betreffenden, die ihm im Rahmen des asylrechtlichen Ermittlungsverfahrens die Wahrung seiner Parteienrechte ermöglichen soll. Selbst, wenn man dieser Ansicht nicht folgen würde, wäre für den vorliegenden Fall jedoch nichts gewonnen, da der Bf – wie sich aus dem Akt ergibt – unmittelbar nach Einbringung seines zweiten Asylantrages am 5. Februar in Schärding von den dortigen Polizeibeamten einvernommen wurde und diese Informationen dem BAA EAST-West auch als Grundlage für die Ausfertigung der Information nach § 29 Abs. 3 Z. 4 dienten.

 

3.4.5. Hinsichtlich der Feststellung in der Beschwerde, eine Ausweisungsentscheidung habe ja bereits aufgrund des ersten auf die §§ 3, 8 und 10 AsylG gestützten negativen Asylbescheides bestanden, weshalb die Einleitung eines weiteren Ausweisungsverfahrens nach der zweiten Asylantragstellung nicht mehr zulässig gewesen sei, ist – unabhängig davon, ob man die erste Ausweisungsentscheidung durch die Ausreise des Bf in die Bundesrepublik Deutschland als konsumiert betrachtet, wie es die belangte Behörde tut, auf § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG zu verweisen, der konsekutiv zu einer zurückweisenden Entscheidung jeweils eine Ausweisungsentscheidung fordert. Ebenfalls konsekutiv bedarf es somit einer Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG, wie im ggst. Fall.

 

Daher war die Einleitung eines neuerlichen Ausweisungsverfahrens im Sinne der Asyl- und Fremdenrechtsbestimmungen sehr wohl erforderlich.

 

3.5. Wenn vom Bf gerügt wird, dass ihm unmittelbar vor Verhängung der Schubhaft keine Geltendmachung seiner dagegensprechenden Gründe von der belangten Behörde ermöglicht worden sei, übersieht er, dass Schubhaften gemäß § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich gemäß § 57 AVG, sohin mit Mandatsbescheiden, zu ergehen haben, Sofern die in § 76 Abs. 3 genannte, hier aber nicht einschlägige Voraussetzung der vorangegangenen längerfristigen Inhaftierung nicht vorliegt. Aufgrund der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar klargestellt, dass bei der Schubhaft­verhängung zwar der entscheidungsrelevante Sachverhalt – im Grunde einschränkend zu § 57 AVG – möglichst detailliert zu ermitteln ist, jedoch steht außer Zweifel, dass das ansonsten im Verwaltungsverfahren geltende Prinzip des Parteiengehörs im Sinne des § 57 AVG eingeschränkt zu verstehen ist.

 

3.6. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Im vorliegenden Fall steht zunächst außer Zweifel, dass der Bf beinahe völlig mittellos und in Österreich nicht sozial oder sonstig integriert ist. Nur 5 Tage nach seiner Unterbringung in Bundesbetreuung tauchte er in die Illegalität unter; dies offensichtlich mit dem Ziel Bundesrepublik Deutschland, wohin er sich ja auch tatsächlich begab. Daraus wird ersichtlich, dass es ihm vor allem darauf ankommt einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen und nicht um - wie zunächst vorgeblich angestrebt - politisches Asyl zu erhalten. Allein schon die Tatsache, dass er während des ersten Asylverfahrens nicht im mindesten gewillt war dessen Ausgang abzuwarten, wäre geeignet einen besonders hohen Sicherungsbedarf zu untermauern. Gerade die Rasanz seines Vorgehens weist auf ein gerüttelt Maß an Berechnung hin. Die Asylantragstellung war offenbar für den Bf nur ein gut kalkulierter Zwischenschritt, um ein Leben in einem für ihn wirtschaftlich attraktiven Land vorerst zu gewährleisten, wobei als Enddestination die Bundesrepublik Deutschland, wo u.a. schon ein Bruder des Bf lebt, angestrebt war. Der Bf selbst gibt zudem nunmehr an, sein Nationalreisedokument auf dem Flug von der Ukraine nach Österreich zerrissen zu haben; alleinige Motivation dürfte wohl eine explizite Rückkehrunwilligkeit, gepaart mit der Intention der Erschwerung einer solchen Rückkehr, gewesen sein. Die Tatsache, dass der Bf sofort nach der Überstellung von Deutschland nach Österreich wiederum Asyl beantragte, wobei ihm der Umstand der Abweisung seines ersten Antrages erst dort bekannt wurde, zeigt seine offenkundige Einstellung, nach Belieben und Bedarf Asylanträge zu stellen; dies als Mittel zum Zweck der Verlängerung seines – wenn auch nicht rechtmäßigen Aufenthaltes und zur Verhinderung der drohenden Rücküberstellung in sein Heimatland.

 

Aufgrund einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Bf muss somit von einem besonders akuten und hohen Sicherungsbedarf ausgegangen werden, da wohl mit Sicherheit angenommen werden kann, dass er auf freiem Fuß belassen sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren in Österreich erneut und wiederum ohne viel Zeit zu verlieren entzogen haben würde.

 

Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Der diesbezüglichen Einwendung in der Beschwerde war somit nicht zu folgen.

 

3.7. Die Verhängung der Schubhaft ist zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden.

 

3.8. § 80 Abs. 2 FPG normiert, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für ihre Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier eine zweimonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig erst seit rund zwei Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte zweimonatige Frist noch rund sechs Wochen nicht ausgeschöpft ist.

 

§ 80 Abs. 5 FPG bringt überdies eindeutig zum Ausdruck, dass die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, wenn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 leg.cit. verhängt wurde.

 

Diese Bestimmung ist auch im konkreten Fall anwendbar. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates liegt noch nicht einmal eine Entscheidung des BAA vor.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung, ist zum Entscheidungszeitpunkt durchaus erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung des Bf in seinen Herkunftsstaat sprächen.

 

3.9. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom 19. Februar 2009 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen ist, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

Rechtsatz

VwSen-400988/3/BP/Se vom 23. Februar 2009

 

§ 76 Abs. 2 Z. 2 FPG

§ 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG

 

Hinsichtlich einer Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG übersieht der Bf offensichtlich, dass es sich hierbei um eine bloße Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG handelt, der nicht die selbe Qualität wie einer bescheidmäßigen Erledigung und somit auch nicht die selben Anforderungen an das Ermittlungsverfahren gemäß den §§ 37 ff. AVG zukommt. Es handelt sich um keine normative Anordnung, da sie keinen Spruch im Sinne des § 59 AVG aufweist, sondern dient als Information des Betreffenden, die ihm im Rahmen des asylrechtlichen Ermittlungsverfahrens die Wahrung seiner Parteienrechte ermöglichen soll.

 

§ 10 AsylG iVm § 68 AVG

 

Hinsichtlich der Feststellung in der Beschwerde, eine Ausweisungsentscheidung habe ja bereits aufgrund des ersten auf die §§ 3, 8 und 10 AsylG gestützten negativen Asylbescheides bestanden, weshalb die Einleitung eines weiteren Ausweisungsverfahrens nach der zweiten Asylantragstellung nicht mehr zulässig gewesen sei, ist – unabhängig davon, ob man die erste Ausweisungsentscheidung durch die Ausreise des Bf in die Bundesrepublik Deutschland als konsumiert betrachtet, wie es die belangte Behörde tut, auf § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG zu verweisen, der konsekutiv zu einer zurückweisenden Entscheidung jeweils eine Ausweisungsentscheidung fordert. Ebenfalls konsekutiv bedarf es somit einer Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG, wie im ggst. Fall.

 

 

 

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