Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522206/2/Ki/Jo

Linz, 26.02.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Frau E M S, W, W, vom 5. Februar 2009 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. Jänner 2009, VerkR21-85-2009 Ga, VerkR21-86-2009 Ga, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weitere Anordnungen zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG iVm § 24 FSG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben angeführten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Frau E M S die Lenkberechtigung für die Klasse "B" ab Zustellung des Bescheides gemäß § 24 Abs.4 FSG bis zur Befolgung der Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, entzogen, ihr das Lenken eines Motorfahrrades und von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für den oben angeführten Zeitraum gemäß § 24 Abs.4 FSG verboten und ihr das Recht von einer allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, für den Zeitraum, in dem ihr auch keine österreichische Lenkberechtigung erteilt werden darf, aberkannt. Weiters wurde angeordnet, sie habe den Führerschein gemäß § 29 Abs.3 FSG unverzüglich bei der Polizeiinspektion  M abzuliefern und es wurde einer etwaigen gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Begründet wurde diese Maßnahme damit, dass die Berufungswerberin mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.9.2008, persönlich übernommen am 5.10.2008, aufgefordert wurde, sich binnen sechs Wochen amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen. Sie habe sich zwar der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen und eine psychiatrische Stellungnahme vorgelegt, jedoch sei aber die Vorlage einer Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie (gemeint wohl einer verkehrspsychologischen Stellungnahme)  sowie  eines Facharztes für Augnheilkunde verlangt worden, welche bis dato nicht beigebracht worden sei.

 

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 5. Februar 2009, es wird die "Rückgabe des Führerscheines für die Lenkberechtigung der Klasse 'B' angestrebt".

 

2.1. Die Bezirkhauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 19. Februar 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Frau S wurde mit Mandatsbescheid der zunächst örtlich zuständigen Bundespolizeidirektion Linz vom 25. September 2008, AZ: FE 1147/2008, gemäß § 24 Abs. 4 FSG in Verbindung mit § 57 AVG aufgefordert, binnen 6 Wochen ab Zustellung des Bescheides zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Am 30. Oktober 2008 unterzog sich die Berufungswerberin bei der Bundespolizeidirektion Linz der amtsärztlichen Untersuchung, bei dieser Untersuchung erachtete der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz, dass zur Erstellung eines Gutachtens bezüglich gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen die Beibringung eines verkehrspsychologischen Untersuchungsbefundes sowie eines Augenfacharztbefundes erforderlich ist. Eine ausdrückliche bescheidmäßige Vorschreibung zur Beibringung dieser Befunde wurde jedoch nicht vorgenommen.

 

Nachdem Frau S seit ca. Oktober 2008 nicht mehr in Linz sondern in Marchtrenk (Bezirk Wels-Land) aufhältig war, wurde der Akt an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land weitergeleitet, diese Behörde hat den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 Abs.4 letzter Satz FSG ist, leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

  1. ausdrücklich zu verbieten,
  2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden, oder
  3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

3.2. Mit dem oben angeführten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. September 2008 wurde die Berufungswerberin aufgefordert, sich binnen 6 Wochen ab Zustellung des Bescheides zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.

 

3.3. Die Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, erfolgte formell in korrekter Weise und es ist Frau S dieser Aufforderung auch zunächst nachgekommen.

 

3.4. Betreffend die Aufforderung "die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen" ist jedoch festzustellen, dass gemäß § 59 Abs.1 AVG ein Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, entsprechend bestimmt zu sein hat. Gefordert ist "Bestimmtheit" und nicht bloß "Bestimmbarkeit"; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage E61ff zu § 59 AVG (Seite 984f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

In einem Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG sind die zu erbringenden erforderlichen Befunde konkret zu bestimmen (Befunde eines Facharztes für…../verkehrspschologische Stellungnahme u.dgl.).

 

Der im Aufforderungsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vorgenommenen Formulierung ermangelte es daher an der gebotenen Bestimmtheit.

 

3.5. In der ständigen Judikatur des VwGH kommt zum Ausdruck, dass Voraussetzung für eine "Formalentziehung" nach § 24 Abs.4 FSG eine formell korrekte Aufforderung ist. Die im vorliegenden Falle nicht entsprechend bestimmte Aufforderung "die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen" bildet – ungeachtet ihrer Rechtskraft – in diesem Sinne keine taugliche Grundlage für eine Formalentziehung (siehe VwGH 2005/11/0158 vom 20. Oktober 2005 u.a.).

 

3.6. Aus den dargelegten Erwägungen konnte der Berufung Folge gegeben werden und es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

Beschlagwortung:

Eine Formalentziehung der Lenkberechtigung zu § 24 Abs.4 FSG ist im Falle einer nicht gesetzeskonformen Aufforderung trotz Rechtskraft nicht zulässig.

 

 

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