Linz, 27.02.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 12. Februar 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Finanzamtes K P S gegen die Einstellung des Verfahrens mittels Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 23. Oktober 2008, Zl. Sich96-161-2006-Kg/Nö, gegen M D, L, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, M, P, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben (§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG). Der Beschuldigten wird zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben: Sie haben die ungarischen Staatsbürgerinnen B J, C R B, M L und S H am 16. Mai 2006 im von Ihnen gemieteten Haus T, I, L, beschäftigt, obwohl für diese Ausländerinnen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Anzeigeerlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt war.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975, BGBl.Nr. 218/1975 (AuslBG) i.d.F. BGBl.I Nr. 157/2005.
Wegen diesen Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt: 4 Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro und 4 Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 34 Stunden (§ 28 Abs.1 Z 1 3. Strafsatz AuslBG iVm §§ 16 Abs.2, 19 VStG).
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen M D, L, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, M, P, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) durch unberechtigte Beschäftigung der ungarischen Staatsbürgerinnen B J, geb., C R B, geb., M L, geb., und S H, geb., am 16. Mai 2006 um 23.10 Uhr im "H T" in L, I, als Prostituierte (lt. Aufforderung zur Rechtfertigung des Bezirkshauptmannes von Perg vom 29. Mai 2006) gem. § 45 Abs.1 Z1 und Abs. 2 VStG eingestellt.
In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Zollamtes L vom 18.5.2006, die Rechtfertigung der Beschuldigten vom 28.6.2006, die Niederschrift der zeugenschaftlichen Einvernahme von H S vom 23.10.2006, die Stellungnahme des Finanzamtes K P S vom 25.3.2008 und die Niederschrift der zeugenschaftlichen Einvernahme des Kontrollorgans M G vom 25.8.2008.
Beweiswürdigend führt das angefochtene Straferkenntnis aus, dass der Anzeigeleger im Wesentlichen in der Frage der Beschäftigungsart die arbeitnehmerähnliche Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 lit.b AuslBG gegeben sehe, da den Damen ein Monatslohn ausbezahlt und der "Liebeslohn" vorerst der Beschuldigten bezahlt werde, welche diesen dann vermindert um die Zimmermiete an die Ausländerinnen weitergeleitet habe. Darüber hinaus hätten die Damen die Unterkunft unentgeltlich zur Verfügung gestellt bekommen. Ein weiteres Faktum sehe der Anzeigeleger darin gegeben, dass die Damen jeweils von 9.00 bis 24.00 Uhr im "L T" arbeiten würden. Demnach seien sie persönlich von Frau D abhängig, zumal sie nicht mehr in der Lage seien, ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen.
Diese Darstellungen seien jedoch durch die Stellungnahme der Beschuldigten und die zeugenschaftlichen Ausführungen einer Ausländerin widerlegt. Auch für die Behörde stelle sich die Darstellung im Personalblatt, wonach einerseits die Damen einen fixen Monatslohn bekommen sollten, sie andererseits aber pro geleisteter halber bzw. ganzer Stunde bezahlt worden sein sollen, als Widerspruch dar. Es entspreche den Erfahrungen, dass in Fällen dieser selbstständigen Prostitution eher, wie zeugenschaftlich geschildert, für die geleisteten Dienste von der Prostituierten ein Betrag kassiert werde und von diesem dann eine Mietleistung für das Zimmer zu erbringen sei. Dass die Ausländerinnen diese Tätigkeit im Zeitraum von 9.00 bis 24.00 Uhr anbieten, zeige an sich noch keine Abhängigkeit von der Beschuldigten.
Die derzeitige Aktenlage und die Zeugenaussage würden nicht ausreichen, um den Vorwurf der illegalen Beschäftigung tatsächlich zu beweisen, weshalb das Verfahren einzustellen sei.
2. In der Berufung des Finanzamtes K P S vom 10. November 2008 wird dagegen vorgebracht:
Die Behörde stützt sich bei ihrer Begründung auf die Stellungnahme der Beschuldigten, eine zeugenschaftliche Einvernahme einer Prostituierten und die Einvernahme der Beamtin M G.
In der abschließenden Stellungnahme des Finanzamtes K P S vom 25. März 2008 wurden einige Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung zur Klärung des wesentlichen Sachverhaltes beitragen sollten. Dabei wurde die Einvernahme der Beschuldigten, Fr. M D, beantragt. Die belangte Behörde hat es aber verabsäumt, diesem Beweisantrag Folge zu leisten. Sie begründet dies damit, dass sie zwar 'den Ausführungen des Anzeigelegers folgen kann, wonach noch einige Fragen zu klären seien um tatsächlich den Strafantrag beurteilen zu können. Die Behörde sieht aber in der Vernehmung der Beschuldigten zur Abklärung dieser Fragen kein geeignetes Mittel um damit den Vorwurf tatsächlich begründen zu können, zumal es der Beschuldigten völlig frei steht in welcher Richtung sie die offenen Fragen beantwortet. Es werden demnach die Aussagen der Beschuldigten selbst keinerlei ausreichende Klärung und Beweiskraft erlangen.'
Laut Strafantrag des Zollamtes L vom 18. Mai 2006 sei am 16. Mai 2006 um 23.10 Uhr bei der Fa. "H T", L, I (Inhaberin: M D, L, H), eine Kontrolle durch Organe des Zollamtes L in Zusammenarbeit mit Organen des Landeskriminalamtes Abt. EB-10 erfolgt. Dabei sei festgestellt worden, dass die ungarischen Staatsangehörigen
H S, geb.,
J B, geb.,
B C R, geb., und
L M, geb.,
bei der oa. Firma als Prostituierte ohne arbeitsmarktrechtliche Genehmigung beschäftigt wurden. Es komme § 2 Abs. 2 AuslBG zum Tragen, da lt. Auskunft der Damen am jeweiligen Personenblatt ein Monatslohn zur Auszahlung gelange. Weiters würden die Gäste der Damen lt. niederschriftlicher Auskunft auf den jeweiligen Personenblättern zuerst an die Chefin M D bezahlen, welche den Lohn, vermindert um die Zimmermiete, an die Damen weitergebe. Die Unterkunft würde den Ausländerinnen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Da die Damen 6 Tage/Woche von 9.00 bis 24.00 Uhr im oa. Lokal arbeiten würden, seien diese aus persönlicher Abhängigkeit zur Beschuldigten nicht mehr in der Lage, ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen, weshalb ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis gem. § 2 Abs.2 lit.b AuslBG vorliege.
Auf den Personenblättern, die neben amtshandelnden Organen auch von den Ausländerinnen unterschrieben wurden, finden sich im Wesentlichen folgende Einträge:
B R: Beschäftigt als Prostituierte seit 26. April. Lohn: 800 Euro/Monat. Arbeitszeit: Mo – So, 9.00 bis 24.00 Uhr. Das Feld "Wohnung" ist angekreuzt.
J B: Beschäftigt als Prostituierte vom 23. März – 16. Mai 2006. Lohn: 1.200 Euro/Monat. Tägliche Arbeitszeit: 6 Tage/Woche von 9.00 bis 24.00 Uhr. Mein Chef heißt D. Das Feld "Wohnung" ist angekreuzt.
Weiters finden sich folgende amtliche Einträge: 1/2 Stunde kostet für Gast 90 Euro, 1 Stunde 150 Euro. Ich bekomme 50 bzw. 80 Euro von Chefin. Unter "Beobachtete Tätigkeit" ist eingetragen: 1 Gast war hier und hat eine Stunde bekommen.
L M: Beschäftigt als Prostituierte seit 22. März 2006. Lohn: 800 Euro/Monat. Tägliche Arbeitszeit: Mo – So, 9.00 bis 24.00 Uhr. Das Feld "Wohnung" ist angekreuzt.
H S: Beschäftigt als Prostituierte vom 2. Mai 2006 – 16. Mai 2006. Lohn: 1.000 Euro. Tägliche Arbeitszeit: 6 Tage/Woche von 9.00 bis 24.00 Uhr. Mein Chef heißt D. Das Feld "Wohnung" ist angekreuzt.
Weiters finden sich folgende amtlichen Einträge: 90 bzw. 150 Euro wird vom Gast an Chefin bezahlt, ich bekomme 50 bzw. 80 Euro. Unter "Beobachtete Tätigkeit" ist eingetragen: 1 Gast bereits eine halbe Stunde.
Lt. Niederschrift vom 16. Mai 2006 äußerte sich die Beschuldigte wie folgt:
"F: Welche Funktion üben Sie hier aus?
A: Ich bin Vermieterin des Hauses.
F: Wie oft sind Sie hier im Haus/Woche?
A: Jeden Tag 1 – 2 Stunden. Ich komme immer und schaue ob alles in Ordnung ist.
F: Wie funktioniert die Mietverrechnung mit den Damen?
A: Die Damen kassieren vom Gast selbst; ich kassiere dann 40 Euro für die halbe Stunde und 70 Euro/Stunde.
F: Gibt es für die Mieteinkünfte Aufzeichnungen hier im Haus?
A: Es gibt einen Block hier im Haus. Ich lege diese Aufzeichnungen am Do um 9.00 – 10.00 Uhr dem Zollamt L vor.
Ab 23.30 Uhr wird jegliche Aussage seitens Fr. M D verweigert."
Nach Aufforderung zur Rechtfertigung brachte der Rechtsvertreter der Beschuldigten mit Schreiben vom 28.6.2006 vor:
"Zu der mir in der Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 29.5.2006 zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach §§ 28 Abs.1 lit. a und 3 Abs. 1 AuslBG bekenne ich mich nicht schuldig.
Es ist völlig unrichtig, dass die fünf selbständigen Prostituierten Frau B J, Frau C R B, Frau M L und Frau S H in irgendeiner Form von mir beschäftigt werden oder in irgendeiner Form von mir wirtschaftlich oder persönlich abhängig sind, wie dies typischerweise bei einem Arbeitnehmer der Fall ist.
Richtig ist hingegen, dass ich Mieterin des Hauses I in L, wo die Ausübung der Prostitution gestattet ist, bin.
Richtig ist weiters, dass ich den Prostituierten Frau B J, Frau C R B, Frau M L und Frau S H über ihren ausdrücklichen Wunsch entgeltlich Zimmer im Haus I in L zur Verfügung stelle und von ihnen persönlich hierfür bei einer Mietdauer von einer halben Stunde einen Betrag von € 40,-- und bei einer Mietdauer von einer Stunde einen Betrag von € 70,- erhalte.
Von mir wird in keiner Weise darauf Einfluss genommen, ob, wann und unter welchen Umständen von Frau B J, Frau C R B, Frau M L und Frau S H die Prostitution ausgeübt wird.
Die im Strafantrag des Zollamtes L vom 18.5.2006 aufgestellten Behauptungen, dass für die Damen ein Monatslohn zur Auszahlung gelangt und die Gäste der Damen zuerst an mich bezahlen und ich dann den Lohn nach Abzug der Zimmermiete an die Damen bezahle, sind nicht nur unrichtig, sondern bereits in sich widersprüchlich.
Weiters wird im Strafantrag des Zollamtes L vom 18.5.2006 behauptet, dass die Damen sechs Tage in der Woche von 9.00 Uhr bis 24.00 Uhr in dem von mir gemieteten Haus arbeiten und sich daraus für das Zollamt L ergibt, dass sie aus persönlicher Abhängigkeit zu mir nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen.
Diese Vermutung des Zollamtes L widerspricht eindeutig der Lebenserfahrung, weil auch eine selbständige Prostituierte ihre Dienste grundsätzlich dort anbietet, wo sie die beste Gewinnmöglichkeit vermutet.
Darüberhinaus ist natürlich selbstverständlich zu berücksichtigen, dass es nur wenige Häuser gibt, in denen wie im Haus I in L die Ausübung der Prostitution gestattet ist.
Zu den mit Frau B J, Frau C R B, Frau M L und Frau S H ausgefüllten Personenblättern ist auszuführen, dass bereits das unausgefüllte Formular des Personenblattes so gestaltet ist, dass von vorne herein davon ausgegangen wird, dass es sich bei der im Personenblatt beschriebenen Person um einen Arbeitnehmer handelt.
Die Verwendung eines derartigen Personenblattes verstößt eindeutig gegen die wesentlichen Verfahrensgrundsätze eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens, und zwar insbesonders gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung.
Die im Personenblatt hinsichtlich Frau B J und hinsichtlich Frau S H festgehaltenen amtlichen Vermerke sind hinsichtlich ihres Ursprunges nicht nachvollziehbar.
Darüberhinaus haben mir Frau B J, Frau C R B, Frau M L und Frau S H erklärt, dass sie gegenüber den die Ermittlungen durchführenden Personen nicht angegeben haben, dass sie für mich als Prostituierte beschäftigt sind, von mir einen Monatslohn erhalten und ich von ihren Gästen den Lohn abkassiere und diesen nach Abzug der Zimmermiete an sie weiterleite und sie sechs Tage in der Woche von 9.00 Uhr bis 24.00 Uhr für mich arbeiten müssen.
Zum Beweis der Richtigkeit meiner Rechtfertigung stelle ich den
Antrag
auf die Einvernahme
der B J, geb. am, I, L,
der C R B, geb. am, H, L,
der M L, geb. am, I, L,
der S H, geb. am, H, L,
als Zeugen und zwar unter Beiziehung eines Dolmetsch für die ungarische Sprache.
Im Hinblick darauf, dass diese von mir namhaft gemachten Zeuginnen nicht für mich beschäftigt sind und nicht in einer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit von mir sind, besteht die Gefahr, dass sie nur noch kurzfristig zur Einvernahme als Zeugen erreichbar sind.
Ich ersuche daher die Bezirkshauptmannschaft Perg, die von mir namhaft gemachten Zeuginnen Frau B J, Frau C R B, Frau M L und Frau S H, so rasch wie möglich zu vernehmen."
Anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme am 23. Oktober 2006 sagte H S in Anwesenheit eines Dolmetschers Folgendes aus:
"An die Zollkontrolle kann ich mich erinnern.
Das Personenblatt habe ich selbst ausgefüllt. Die amtlichen Vermerke wurden von der Zollbehörde eingefügt.
Der Gast zahlt direkt an mich und ich bezahle für das Zimmer an Frau D (€ 90,00 für eine halbe Stunde, davon € 40,00 für das Zimmer; € 150,00 für eine Stunde davon € 70,00 für das Zimmer).
Getränkeumsatz gibt es keinen, da keine Getränke verkauft werden.
Am Personenblatt ist die grundsätzliche Öffnungszeit des Hauses angegeben, doch arbeite ich dort wie ich selber will. Ich komme und gehe wann ich will.
Die Abzugssteuer wurde während meines Aufenthaltes im H T von Frau D entrichtet. Das dafür erforderliche Geld wurde von mir an Frau D extra bezahlt.
Ich war insgesamt etwa 3 Wochen im H T tätig.
Während dieser drei Wochen habe ich in keinem anderen Lokal gearbeitet. Das H T war das einzige Lokal in dem ich zu dieser Zeit tätig war. Mehr kann ich dazu nicht angeben."
Die Vernehmung der drei weiteren Ausländerinnen als Zeuginnen war nicht möglich, da diese unbekannt verzogen sind.
Einer zusätzlichen Stellungnahme des Finanzamtes K P S vom 25. März 2008 ist Folgendes zu entnehmen:
Die Miete habe für eine Stunde 70 Euro und für eine halbe Stunde 40 Euro betragen. Wenn eine Dame an einem Abend keine Kundschaft gehabt habe, sei auch keine Miete angefallen. Für die Benützung der strengen Kammer habe die Beschuldigte 1.000 Euro, und zwar unabhängig von der Benützungsdauer verlangt. Die Benützungsdauer der Zimmer zu Prostitutionszwecken bzw. der strengen Kammer sei von der Berufungswerberin stichprobenartig durch stundenweise Anwesenheit (zwei bis drei Stunden pro Tag) sowie im Wege von Telefonaten kontrolliert worden. Die Damen hätten zu diesem Zweck Aufzeichnungen auf einem Block geführt, welcher dem Finanzamt (nachweisbar durch Befragung des Steuerberaters G P) zur Verfügung gestellt worden sei. Das Geld für die Zimmervermietung hätten die Damen der Berufungswerberin persönlich übergeben.
Jede Dame habe ein bestimmtes Zimmer gemietet und daher stets dasselbe Zimmer benützt. Daher hätten im Lokal nicht mehr Damen arbeiten können als Zimmer vorhanden gewesen seien. Die Zimmer seien den Damen auch für die Benützung als Wohnung zur Verfügung gestanden. Dafür sei keine (gesonderte) Miete zu entrichten gewesen.
Den Zimmern sei jeweils ein Raum angeschlossen gewesen, in welchem sich ein Kasten zum Zweck der Kleideraufbewahrung befunden habe. Für die insgesamt fünf Zimmer seien drei Bäder zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung gestanden. Die Raumpflege hätten die Mieterinnen selbst besorgt. Auch die Bettwäsche hätten die Damen selbst besorgt, die Reinigung der Bettwäsche habe die Beschuldigte übernommen. Das "Rasenmähen und dergleichen" habe die Beschuldigte gemacht.
Die Damen hätten den Liebeslohn selbst kassiert. Die Höhe des Preises für verschiedene Dienste hätten die Damen selbst bestimmt; die Beschuldigte wisse daher darüber nicht Bescheid. Vorschriften über eine Anwesenheitspflicht, die Kondombenutzung oder die Bekleidung habe es nicht gegeben. Die Damen hätten natürlich Interesse an ihrer Anwesenheit gehabt; wenn sie kein Geschäft gemacht hätten, hätten sie das Lokal verlassen. Auch Öffnungszeiten habe es nicht gegeben. Die Damen hätten ihren Arbeitsrhythmus selbst bestimmt. In diesem Sinne sei vermutlich auch die Eintragung einer täglichen Arbeitszeit im Personenblatt zu verstehen. Auch die Gesundenuntersuchungen habe die Berufungswerberin nicht kontrolliert; dies sei regelmäßig durch die Polizei erfolgt.
Im Lokal habe es weder einen Barbetrieb noch Tanzdarbietungen in einem Klubraum oder dergleichen gegeben.
Den Damen sei eine Küche mit Kühlschrank und ein Gemeinschaftsraum mit Fernsehapparat zur Verfügung gestanden. Die Lebensmittel hätten sich die Damen selbst besorgt. Ob die Damen Kunden im Zimmer Getränke servierten, wisse die Beschuldigte nicht. Wenn ja, wäre dies jedenfalls nicht durch die Beschuldigte organisiert gewesen.
Die Homepage sei von der Beschuldigten installiert worden. Die Homepage habe sich sowohl an künftige Mieterinnen (vgl. z.B. die Ankündigung einer Wohnmöglichkeit) als auch an die Kunden ("hübsche Mädchen warten auf dich") gerichtet. Aus der Homepage wie auch aus einem Anschlag (dazu legte die Berufungswerberin ein Foto vor) sei ersichtlich, dass die Modelle als Selbstständige auf eigene Rechnung und Verantwortung arbeiten und dass die Preise für diverse Leistungen individuell zu vereinbaren seien.
Die Damen hätten selbst die Annoncen in Zeitungen in Auftrag gegeben und diese auch selbst bezahlt. In den Annoncen sei die Handynummer angegeben gewesen. Die Damen hätten jeweils mindestens zwei Handys in ihrem Eigentum gehabt, eines für private Zwecke, eines für die Kundschaft. Wenn ein Kunde am Eingangstor geläutet habe, habe es sich in der Regel um einen Kunden gehandelt, mit welchem bereits auf telefonischem Wege Kontakt aufgenommen worden sei.
Das Kontrollorgan G sagte aus, sie könne sich an die gegenständliche Kontrolle nur noch wenig erinnern. Sie erklärte, warum im Personenblatt im Feld "amtlicher Vermerk" die "Ich-Formulierung" gewählt wurde und sich der Vermerk "ein Gast war hier und hat eine Stunde bekommen" fälschlich im Feld "beobachtete Tätigkeit" befindet. Die Zeugin bestätigte, dass es im Lokal keinen Barbetrieb gegeben habe. In der Küche sei die Überwachungsanlage für den Eingang installiert gewesen. Ferner hätten sich in der Küche mehrere Handys befunden.
Der Versuch der Ladung der gegenständlichen Ausländerinnen scheiterte mangels Bekanntheit des tatsächlichen Aufenthalts.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwoben:
Im Hinblick auf den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist im Zweifel von der Darstellung der Beschuldigten auszugehen. Soweit Widersprüche zu anderweitigen Behauptungen auftreten, ist festzuhalten: Die Ausländerinnen kassierten den Liebenslohn selbst und lieferten davon den Betrag von 40 Euro bzw. 70 Euro an die Beschuldigte unter dem Titel einer Zimmermiete ab. Diese Vorgangsweise ist – entgegen einer Interpretationsmöglichkeit des Personenblatts und mit der zeugenschaftlichen Aussage von S und der Darstellung der Beschuldigten anlässlich der Kontrolle und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung – im Zweifel anzunehmen. Die Behauptung, dass die Prostituierten ihre Preise selbst mit den Kunden aushandelten (autonom bestimmten) konnte nicht widerlegt werden. Analoges gilt für die Benützung der strengen Kammer. Einen fixen Monatslohn erhielten die Prostituierten nicht. Auch diesbezüglich ist im Zweifel der – ohnehin lebensnäheren – Darstellung der Beschuldigten und Ss zu folgen. Hingegen stand den Ausländerinnen das (von ihnen zur Prostitution genützte Zimmer) ohne zusätzliches Entgelt als Wohnmöglichkeit zur Verfügung. Vorgeschriebene Arbeitszeiten gab es nicht. Auch diesbezüglich bestätigte S die Darstellung der Beschuldigten und ist auch in diesem Punkt der mündlichen Darstellung im Beisein eines Dolmetschers der Vorzug vor Eintragungen in ein – wenn auch sprachlich geeignetes – Formular zu geben. Im Zweifel ist ferner davon auszugehen, dass es keine von der Beschuldigten angeordneten Öffnungszeiten des Hauses gab, geschweige denn fremdbestimmte Arbeitszeiten für die Prostituierten. Auch sonstige Anweisungen (etwa hinsichtlich der Kleidung, der Kondombenutzung usw.) konnten nicht nachgewiesen werden.
In rechtlicher Hinsicht ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "Rotlichtmilieu" (für Prostitution, Animation und Table-Dance hat der Verwaltungsgerichtshof einheitliche Grundsätze entwickelt) hinzuweisen; vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.11.2006, Zl. 2005/09/0128, wo es heißt: "Wenn aber ein ausländischer Staatsangehöriger bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Tätigkeit unter anderem auch einer sog. 'Table-Tänzerin' in einem Barbetrieb der Fall ist), dann ist die Behörde – unabhängig von der weiteren Feststellung einer Beteiligung am Umsatz – berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde daher von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch – sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist – im Zweifel aus § 1152 ABGB... Gegen das Bestehen eines Entgeltanspruchs gegenüber (der) ... Dienstgeberin kann weder ins Treffen geführt werden, dass die betreffenden Damen für die Animation keine Provisionen erhalten, noch, dass sie von dem von ihnen kassierten Honorar Anteile abzuführen haben: Durch diese faktisch geübten Praktiken wird auf der einen Seite die Zurechnung der Tätigkeiten zum Betrieb der Beschwerdeführerin geradezu unterstrichen, im Übrigen aber weder ein bestehender Entgeltanspruch in Frage gestellt (vgl. z.B. das Erkenntnis von 29. Mai 2006, Zl. 2004/09/0043), noch vermöchte es etwas am Charakter von Zahlungen als Entgelt zu ändern, wenn dieses – oder wesentliche Teile desselben – faktisch unmittelbar durch Dritte (z.B. unmittelbar durch die konsumierenden Gäste) geleistet würde (zur Dienstgebereigenschaft trotz Verweisung auf eine Entgeltleistung Dritter vgl. z.B. § 35 Abs.1 ASVG; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0086 mwN)."
Insbesondere kann gegen die Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht die Entgeltleistung durch Dritte, das Fehlen eines Provisionsanspruchs für Animation, die Abführung eines Teils des Liebenslohns für die Zimmermiete und die allfällige Tätigkeit der Ausländerin in weiteren Lokalen eingewendet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.10.2006, Zl. 2005/09/0086). Eine Zimmermiete "abhängig vom Geschäftsgang ... deutet ... klar auf eine anteilige Provision am Umsatz" hin (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8.8.2008, Zl. 2008/09/0002); die Provisionsbeteiligung an den Einkünften, die die Mädchen aus der Prostitution erzielen, ist sittenwidrig (§ 879 ABGB) – so das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.5.2006, Zl. 2004/09/0043.
Im Lichte dieser Rechtsprechung ist die Tätigkeit der gegenständlichen Ausländerinnen als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren: Die Lokalität fungierte als Bordell, sodass die (widerlegliche) Vermutung für die Arbeitnehmerähnlichkeit der Prostituierten im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eingreift. Besondere Umstände, die dieser Vermutung entgegenstehen, wurden nicht geltend gemacht. Die Weisungsunabhängigkeit der Prostituierten stünde der Annahme eines Arbeitsverhältnisses, nicht jedoch der Feststellung eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses entgegen. Großes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass die Zimmermiete nicht von der Dauer des Mietverhältnisses sondern vom Geschäftsgang der Prostituierten abhängig war: Dies kommt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 2 Abs.4 AuslBG) der Beteiligung der Beschuldigten am Liebeslohn gleich. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit ist (ebenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise) als Naturalentlohnung zu werten. Selbst wenn man davon ausginge, dass die geschäftsgangsabhängige Miete eine Gegenleistung nicht nur für die Nutzung des Zimmers zu Prostitutionszwecken darstellt sondern auch für die Nutzung des Zimmers als Wohnung, wäre durch diese (für eine Zimmervermietung atypische) Konstruktion eine Bindung im Sinne einer wirtschaftlichen Abhängigkeit gegeben. Gleichgültig, wie man diese Konstruktion auffasst, ist festzuhalten, dass die Zurverfügungstellung des Zimmers für Prostitutions- und Wohnzwecke infolge der Geschäftsgangsabhängigkeit der wirtschaftlichen Interessenlage nach die Dauer der Geschäftsbeziehung zwischen der Vermieterin und der Prostituierten mit der Arbeitsintensität der Prostituierten junktimiert (einfach ausgedrückt: eine untätige Prostituierte wird sich nicht lange ihrer Position als Mieterin erfreuen) – auch dies ist als Moment wirtschaftlicher Abhängigkeit zu werten. Darüber hinaus ist festzustellen, dass diese Konstruktion, ebenfalls typisch für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, auf Regelmäßigkeit des Tätigwerdens der Prostituierten angelegt ist und der wirtschaftliche Erfolg der Prostituierten (auch) der Beschuldigten zugute kommt. Selbstverständlich war die Leistung der Prostituierten persönlich zu erbringen und war eine Art Berichterstattungspflicht (Bekanntgabe der Nutzungsdauer der Zimmer für Prostitutionszwecke) gegeben.
Dazu kommt, dass die Beschuldigte, bei allem Bemühen um Reduktion des Betriebscharakters, Leistungen erbrachte, die eher für einen Bordellbetrieb als für eine Zimmermiete typisch sind. In diesem Zusammenhang ist auf die Reinigung der Bettwäsche und die Einrichtung einer Homepage mit dem Zweck der Anwerbung von Kunden und die entgeltliche Benützungsmöglichkeit der "strengen Kammer" unabhängig von der Zimmermiete zu verweisen.
Im Ergebnis ist daher von einer Beschäftigung der Ausländerinnen in Form eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses auszugehen. Dagegen kann die Deklaration der Selbstständigkeit der Ausländerinnen in der Homepage und in Anschlägen im Lokal nicht mit Erfolg ins Treffen geführt werden, da der wahre wirtschaftliche Gehalt (die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit) nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgeblich ist (§ 2 Abs.4 AuslBG). Dasselbe gilt für allfällige Einwände aus fremdenpolizeilicher, sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht.
Die Taten sind daher der Berufungswerberin in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Insbesondere wirkt der Rechtsirrtum der Beschuldigten (mangels Erkundigung bei der zuständigen Behörde) nicht entschuldigend.
Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzuführen, dass ohnehin je illegal beschäftigter Ausländerin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe und eine denselben Kriterien entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wird. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Taten bleiben auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre. Die Verhängung eines Verfahrenskostenbeitrages entfällt im Hinblick darauf, dass die Berufung nicht seitens der Beschuldigten erhoben wurde (vgl. Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 16. Auflage, Anmerkung 5 zu § 64 VStG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder
Beachte:
vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;
VwGH vom 10.12.2009, Zl.: 2009/09/0102-8