Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281124/19/Wim/Ps

Linz, 28.02.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn O L jun., A, M, vertreten durch F Rechtsanwälte GmbH, H, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. September 2008, Zl. Ge96-2464-2008, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes (ASchG) und der Arbeitsstättenverordnung (AStV), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14. Jänner 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung gegen das Faktum 1) des angefochtenen Straferkenntnisses wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben.

 

Der Berufung gegen das Faktum 2) wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass das Wort "dürfen" im Spruch nach ".... erforderliche nutzbare Mindestbreite eingeengt werden" entfällt.

 

II.        Der Ausspruch des Verfahrenskostenbeitrages zum Faktum 1) entfällt.

 

Hinsichtlich Faktum 2) hat der Berufungswerber zusätzlich als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 72 Euro zu leisten. Der Verfahrenskostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren beträgt 36 Euro.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber zu Faktum 1) wegen Übertretung des § 14 Abs.1 iVm § 130 Abs.1 Z11 ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, sowie zu Faktum 2) wegen Übertretung des § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 20 Abs.1 Z2 AStV eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Euro sowie in beiden Fällen ein jeweils 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG.1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der G Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in  M, W, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bzw. der Arbeitsstättenverordnung eingehalten wurden.

 

Bei der Erhebung zweier Arbeitsunfälle am 17.03.2008 in der Arbeitsstätte  M, W, Gde. Tiefgraben, wurde festgestellt, dass

 

1)    für den am 31.01.2008 verunfallten Arbeitnehmer S R und die am 12.03.2008 verunfallten Arbeitnehmer R F und A P kein Nachweis über eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz erbracht werden konnte, obwohl Arbeitgeber verpflichtet sind, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherung und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit erfolgen. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen. Für die Unterweisung sind erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen.

 

2)    Anlässlich der durchgeführten Erhebung wurde festgestellt, dass der Notausgang im Falttor der Anlieferung durch beladene Glastransportwagen so verstellt war, dass die gem. § 18 Abs. 2 Z 1 Arbeitsstättenverordnung (AStV) erforderliche nutzbare Mindestbreite von 0,8 m nicht gegeben war, obwohl zum Zeitpunkt der Besichtigung Arbeitnehmer im Raum beschäftigt waren, die auf diesen Notausgang hätten angewiesen sein können. ArbeitgeberInnen haben dafür zu sorgen, dass Notausgänge nicht verstellt oder unter die nach § 18 Abs. 2 Z 1 erforderliche nutzbare Mindestbreite eingeengt werden dürfen."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (dabei handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) erhoben, das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten und eine Abänderung dahingehend beantragt, dass das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde.

 

Zusammengefasst wurde dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass die Behörde erster Instanz lediglich im Spruch Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe, die allerdings unvollständig seien. Insbesondere sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, ob und inwieweit die verunfallten Arbeitnehmer über Sicherheits- und Gesundheitsschutz unterwiesen worden seien. Weiters fehle die Feststellung, dass der Zugang zum Notausgang im vorderen Bereich zwar kurzfristig aufgrund von Umbauarbeiten eingeschränkt war, eine Benutzung desselben aber trotzdem weiterhin möglich gewesen sei. Weiters fehle die Feststellung, dass die Erreichbarkeit des Notausganges von der anderen Seite uneingeschränkt gegeben war. Hätte die Behörde erster Instanz Feststellungen zu diesen Fragen getroffen und ihre diesbezügliche Beweiswürdigung ausreichend begründet, so hätte sie zweifelsfrei auch erkennen müssen, dass von Verwaltungsüber­tretungen des Beschuldigten nicht die Rede sein könne.

 

Die Erstbehörde habe überdies den Berufungswerber nicht davon informiert, dass sie die beantragten Zeugen nicht einvernehme und auch keinen Lokalaugenschein durchführe. Damit seien aber wesentliche Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens nicht erfüllt. Der angefochtene Bescheid gebe schließlich überhaupt keinen Aufschluss darüber, welche spezial- oder generalpräventiven Überlegungen die Behörde angestellt habe. Die Erstbehörde habe nicht einmal begründet, warum der Beschuldigte ein Verschulden an den vermeintlichen Verwaltungsübertretungen zu vertreten habe. Es seien sehr wohl die verunfallten Arbeitnehmer ausreichend über Sicherheits- und Gesundheits­schutz unterwiesen worden. § 14 Abs.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sehe lediglich vor, dass die Unterweisung nachweislich zu erfolgen habe. Wie der Nachweis zu erbringen sei, bleibe offen. Als Nachweis beantrage der Beschuldigte die Einvernahme der betroffenen Arbeitnehmer sowie des Beschuldigten selbst.

 

Soweit dem Beschuldigten zur Last gelegt werde, dass der Notausgang verstellt gewesen sei, sei auszuführen, dass es zwar zutreffend sei, dass der Zugang zum Notausgang im vorderen Bereich aufgrund von Umbauarbeiten kurzfristig eingeschränkt gewesen sei. Eine Benutzung desselben sei aber trotzdem jederzeit möglich gewesen. Die Erreichbarkeit des Notausganges von der anderen Seite sei überdies uneingeschränkt gegeben gewesen.

 

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt. Zusätzlich wurde auch der Betriebsanlagenakt für die G GmbH der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit der Aktenzahl Ge20-42-44-02-2008 angefordert und in diesen Einsicht eingenommen. Überdies wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung an Ort und Stelle mit Durchführung eines Lokalaugenscheines am 14. Jänner 2009 durchgeführt. Dabei wurden neben dem Berufungswerber als Zeugen auch sämtliche im Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer sowie die die Anzeige erhebenden Arbeitsinspektorinnen einvernommen.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die betreffenden verunfallten Arbeitnehmer S R, R F und A P wurden ausreichend vor den Arbeitsunfällen über Sicherheits- und Gesundheitsschutz unterwiesen. Diese Unterweisungen erfolgten vorwiegend durch den Berufungswerber, der ausgebildeter Glasermeister ist.

 

Am 17. März 2008 war der Notausgang im Falttor der Anlieferung durch beladene Glastransportwagen so verstellt, dass die erforderliche nutzbare Mindestbreite von 0,8 m nicht gegeben war. Der Zugang zum Notausgang war dadurch zumindest in der Hauptfluchtrichtung ein­geschränkt.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen. So haben bezüglich der Sicherheitsunterweisungen sämtliche befragte Arbeitnehmer praktisch übereinstimmend angegeben, dass sie des Öfteren auch vor den Arbeitsunfällen vom Berufungswerber, aber auch von dessen Vater und dessen Mutter belehrt worden sind. Alle Arbeitnehmer haben überdies geschildert, dass die letzte Belehrung so in etwa zwischen zwei Wochen und einem Monat vor den Arbeitsunfällen erfolgt ist. Es sind darin auch sicherheitsrelevante Umstände, die die Arbeitsunfälle betroffen haben, zur Sprache gekommen. Diesbezüglich kann auf das angeschlossene Tonbandprotokoll näher verwiesen werden. Auch die einvernommenen Arbeits­inspektorinnen haben angegeben, dass zwar keine schriftlichen Nachweise über die Belehrungen im Zuge der Betriebskontrolle vorgewiesen werden konnten, es wurden jedoch keine weiteren Erhebungen hinsichtlich anderer Beweismittel, insbesondere auch keine Befragungen von betroffenen Arbeitnehmern diesbezüglich durchgeführt. Es wurde aber eingeräumt, dass der Berufungs­werber schon damals angegeben hat, dass er Belehrungen vorgenommen hat.

 

Die Einengung des Notausganges wurde auch durch den Berufungswerber im Grunde immer zugestanden. Sie ergibt sich auch aus den angefertigten Lichtbildern zweifelsfrei und ebenso auch aus den Aussagen der einvernommenen Arbeitsinspektorinnen. Ob der Notausgang noch von einer anderen Seite hätte erreicht werden können, lässt sich im Ermittlungsverfahren nicht mehr eindeutig feststellen.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   Zu den rechtlichen Grundlagen kann grundsätzlich auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Strafverfahren verwiesen werden.

 

4.2.   Aus § 14 Abs.1 ASchG ergibt sich nur der Umstand, dass die Unterweisung nachweislich erfolgen muss. Es ist hier aber nicht ausdrücklich Schriftlichkeit verlangt, wenngleich dies jedem Arbeitgeber schon alleine aus Beweiszwecken anzuraten ist. Im konkreten Ermittlungsverfahren konnte das Fehlen von solchen Sicherheitsunterweisungen nicht festgestellt werden, sodass hier zumindest im Zweifel diesbezüglich zu Gunsten des Berufungswerbers zu entscheiden war.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht nachvollziehbar, warum im konkreten Fall nicht Anzeigen aufgrund von Sicherheitsmängeln wegen der Arbeitsunfälle an und für sich erstattet wurden und ein fehlendes Kontrollsystem des Berufungswerbers vorgebracht worden ist.

 

4.3.   Dass die erforderliche Mindestbreite für die Notausgänge nicht eingehalten wurde, ergibt sich ebenfalls zweifelsfrei aus dem Ermittlungsverfahren. Somit hat der Berufungswerber diesbezüglich den objektiven Tatbestand dieser Über­tretung erfüllt.

Die vorgenommene Spruchänderung betrifft nur rein sprachliche Aspekte.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist zunächst auszuführen, dass es sich bei den angeführten Übertretungen um sogenannte Ungehorsamsdelikte gemäß § 5 Abs.1 VStG handelt, bei denen Fahrlässigkeit dann ohne Weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Um ein Verschulden auszu­schließen, muss der Berufungswerber ein entsprechend wirksames Kontroll­system eingerichtet haben. Dazu hat er initiativ von sich aus darzulegen, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, sondern entscheidend ist deren wirksame Kontrolle.

 

Im gesamten Berufungsverfahren hat der Berufungswerber kein Vorbringen hinsichtlich einer diesbezüglichen Entlastung vorgebracht. Er hat somit die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Allfällige Verfahrensmängel der Erstinstanz sind durch das nunmehrige umfassende Ermittlungsverfahren in jedem Falle saniert.

 

4.4.   Zur Strafbemessung hinsichtlich des Faktum 2) ist auszuführen, dass dabei keine Mängel festgestellt werden können. Die Erstbehörde hat die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit richtigerweise als mildernd gewertet. Ebenso wurden die geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse für die Strafbemessung herangezogen. Bei einem Gesamtstrafrahmen von bis zu 7.260 Euro liegt die verhängte Strafe mit ca. 5 % davon im unteren Bereich. Sie erscheint aber sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen als tat- und schuldangemessen. Die Behörde hat daher ihr Ermessen im Sinne des § 19 VStG bei der Strafbemessung richtig ausgeübt.

 

 

5.      Der Ausspruch über die Verfahrenskostenbeiträge stützt sich auf die angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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