Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560106/2/Fi/Se

Linz, 24.02.2009

 

 

 

B e s c h l u s s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung von Frau I P, geb. am , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H & Partner, M, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 2. Dezember 2008, GZ SH10-25930-101-Fe, betreffend Kostenersatz nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid vom 2. Dezember 2008, SH10-25930-101-Fe, wurde über den Antrag des Sozialhilfeverbandes Wels-Land vom 2. Dezember 2008 betreffend den Kostenersatz in Höhe von € 21.878,50 folgendermaßen abgesprochen:

"Dem Antrag wird Folge gegeben.

Frau I P sen., geb.    , dzt. Wohnhaft M, – als Mutter – wird verpflichtet, an den Sozialhilfeverband Wels-Land, solange nicht ein anderer Sozialhilfeträger als endgültig kostentragungspflichtig feststeht, für die auf Grund des Sozialhilfegesetzes geleistete Hilfe in sozialer Notlage an Frau I P jun. folgenden Kostenersatz zu leisten:

Monatlich € 50,00 bzw. die 1. Rate in Höhe von € 48,50 – beginnend mit 10. Dezember 2008.

Die bis zum Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides eventuell fällig gewordenen Ersätze – abzüglich der für diese Zeit bereits geleisteten Beträge – sind binnen zwei Wochen, die weiteren Ersätze bis 10. eines jeden Monats zu entrichten. Wird der Termin nicht eingehalten, tritt Terminverlust ein und die gesamte Forderung ist in einer Summe fällig."

Die belangte Behörde stützte sich dabei auf § 47 Abs.1 und § 52 Abs.5 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 in Verbindung mit den Bestimmungen der Oö. Sozilahilfeverordnung 1998 "i.d.g.F." und § 140 des Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuchen (ABGB).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass Frau I P jun., geb. am , in den Jahren 2005 bis 2007 Sozialhilfegeldleistungen (inkl. Krankenhilfe) in der Höhe von insgesamt 21.878,50 Euro bezogen habe, zu deren Rückzahlung Frau I P sen., geb. am , – als Mutter – gemäß § 47 Abs.1 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 bzw. § 140 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet sei. Ein Vergleich über die Rückzahlung sei nicht zustande gekommen und Frau I P sen. habe zur Verständigung der belangten Behörde vom 6. November 2008 keine Stellungnahme abgegeben.

Als Grundlage für die Berechnung des monatlichen Kostenersatzes diene das Nettoeinkommen von Frau I P sen. in den Monaten September und Oktober 2008 von je € 1.211,86 (ohne Sonderzahlung).

Dieser Bescheid wurde der Zustellverfügung zufolge Frau I P in M, zugestellt.

1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die Berufung von Frau I P sen., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H & Partner, in der sie sowohl formelle wie materielle Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheids geltend macht und die ersatzlose Aufhebung, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz beantragt.

Die Bwin begründet ihre Annahme einer formellen wie materiellen Rechtswidrigkeit folgendermaßen:

"1. Eingangs ist die Mangelhaftigkeit schon darin gelegen, als es nicht nachvollziehbar ist, warum der gegenständliche Bescheid meiner anwaltlichen Vertretung nicht zugestellt worden ist. Es ist zumindest seit dem Schreiben vom 11.03.2008 der BH Wels-Land bekannt, dass ich in dieser Angelegenheit durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M vertreten werde.

Nichtsdestotrotz wird dieses Vollmachtsverhältnis völlig ignoriert; es wurde ja auch die Mitteilung vom 06.11.2008 meinem rechtsfreundlichen Vertreter ebenso wenig zugestellt. Welche Motivation dahinter steckt hier offensichtlich meine anwaltliche Vertretung zu umgehen, insbesondere diverse Anfragen, Aufforderungen und Bescheide demselben nicht zu gestellt werden, kann nur gemutmaßt werden, rechtens ist es jedenfalls nicht.

2. Selbst wenn man vermeinen würde ich bin eine gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige der Empfängerin sozialer Hilfe, so besteht eine Ersatzpflicht schon deswegen nicht, weil der Ersatz die Folge hätte, dass meiner eigener Lebensunterhalt erheblich gefährdet wird. Bei mir wird die wirtschaftliche Existenz gefährdet, es liegt schlicht weg ein Härtefall vor, der es nicht rechtfertigt, dass ich mit einer derartigen hohen Geldsumme belastet werde.

Selbst wenn man hier monatliche Teilzahlungen von € 50,00 zu Grunde legt, so würde mich es wohl bis zu meinem Lebensende betreffen. Dies kann nicht Sinn des Gesetzes sein.

a.) Es ist eine Mangelhaftigkeit darin zu erblicken, hat sich die erkennende Behörde mit den ohnehin schon mehrfach auch eingewandten Umstände nicht auseinander gesetzt, hat diesbezüglich auch kein Beweisverfahren geführt und liegen auch keine Feststellungen hier im Bescheid vor, was dafür spricht, dass es eben keine Prüfung über die gesetzlichen Grundlagen gegeben hat.

Hätte sich nämlich die erste Instanz damit auseinander gesetzt, dann wäre es zu diesem Bescheid nicht gekommen. Ich habe des öfteren vorgesprochen bei der Behörde, wollte dort auch dokumentieren, dass meine Fixkosten des täglichen Lebens und meine Einkommens- und Vermögenssituation gerade mal hinreicht um mich selber über die „Runden zu bringen". Das hat aber die Behörde in Wahrheit nie interessiert.

Ich bin alleinstehend und wohne in einer Mietwohnung in der K in 4 M....   Dieser  Mietwohnung   sind   natürlich  entsprechende  Mietaufwendungen verbunden. Gehe ich davon aus, dass ich zuletzt ein Einkommen von € 1.211,86 inkl. einer Provision von € 200,00 verdiene, (an sich verdiene ich gerade mal € 1.000,00/Monat), so belaufen sich meine Fixaufwendungen schon auf  € 873,59 resultierend aus Gas, Strom, Telefon, Versicherung, Miete usw. Der Restbetrag muss dann dafür dienen, dass ich Lebensmittel einkaufe, zuweilen braucht man auch Kleidungsstücke, Benzin, muss angeschafft werden für das Auto usw. Eine genaue Auflistung habe ich der Behörde übergeben wollen, dass hat aber keine Beachtung gefunden. Damit komme ich gerade selbst über die Runden, da darf aber ohnehin nichts passieren, etwa wenn ein Elektrogerät in der Küche kaputt geht, usw. stellt dies wie ich schon vor fest unlösbare Probleme.

Derartige Feststellungen hat das Gericht nicht getroffen.

b.) Erschwert wird die Situation insoweit noch, dass ich alleinstehend bin, dass ich zuletzt gerade auf Grund meiner angeschlagenen Gesundheit den Job verloren habe und wird die Kündigung des Dienstgebers vom 27.11.2008 zur Vorlage gebracht. Das Arbeitslosengeld ist natürlich niedriger als das bisherige Einkommen.

c.) Nicht auseinander gesetzt hat sich die Behörde 1. Instanz damit, dass ich ja gerade was den geltend gemachten Zeitraum (seit März 2005) anlangt immer wieder finanziell meiner Tochter unter die Arme gegriffen habe, so weit das für mich möglich war. Das ist natürlich auch zur berücksichtigen, wenn mir schon eine Ersatzpflicht aufgebürdet wird. Derartige Unterlagen, die ich auch bei der Behörde mitgehabt habe, haben aber die Selbe niemals interessiert. Diese Anschaffungen und Aufwendungen können auch zu einem Großteil mit Rechnungen belegt werden.

Die erste Instanz hat dies aber immer als irrelevant abgetan, hat sich im wesentlich nur immer darauf gestützt, dass ich ein Einfamilienhaus hätte und vermögend wäre, was völlig absurd ist.

Das Einfamilienhaus in der M musste ich verkaufen, weil ich nicht mehr in der Lage war den Kreditverbindlichkeiten nach zu kommen. Den diesbezüglichen Vertrag mit dem Verkauf der Liegenschaft wurde am 09.10.2008 unterfertigt, eine Kopie des Vertrages wird unter einem beigelegt.

Vom Erlös bleibt nichts, weil die Verbindlichkeiten, gerade im Hinblick auf eine enorme Teuerung des auf der Verbindlichkeit lastenden Fremdwährungskredites höher wurden als der Kauferlös. Es sind Kreditverbindlichkeiten bei der Oberbank von € 166.000,00 abzudecken

Die Lebensgemeinschaft mit meinem früheren Lebensgefährten …, und dies wird nur der ergänzungshalber mitgeteilt, ist seit dem Frühjahr 2008 aufgelöst. Im übrigen wäre es auch völlig irrelevant wie dessen Einkommenssituation bestellt ist."

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei gemäß § 52 Abs.2 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998 von der Inanspruchnahme nach § 47 leg.cit. abzusehen.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung mit Schreiben vom 21. Jänner 2009 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich – wo sie am 26. Jänner 2009 einlangte – vorgelegt. Im Vorlageschreiben wird der bisherige Verfahrensgang darstellt, darauf hingewiesen, dass Frau P sen. seit 1. September 2008 wieder Einkommen erziele, am 6. November 2008 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme erfolgt sei und in weiterer Folge der Bescheid gemäß § 47 Oö. SHG 1998 über den Kostenersatz erging. Inhaltlich wird die Abweisung der Berufung beantragt und dabei insbesondere betont, dass Frau P alleinige Eigentümerin eines Hauses (gewesen) sei, welches zwischenzeitig – mit einem Verkaufserlös von € 159.000 – veräußert worden sei.

Betreffend Unterlagen, welche der Berufung zufolge nicht beachtet worden seien, verweist die belangte Behörde darauf, dass es sich bei dieser "Unterlage" um ein "Büchlein, in dem Beträge über Ausgaben angeführten waren" handle – Rechnungen wären jedoch nicht vorgelegt worden.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) hat Beweis erhoben durch Würdigung der Parteienvorbringen und Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu SH10-25930-101-Fe.

2.3. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Mit dem unter Punkt 1.1. näher bezeichneten und dargestellten Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Wels-Land vom 2. Dezember 2008 wurde die Bwin zum Kostenersatz in Form einer Ratenzahlung, beginnend mit 10. Dezember 2008, verpflichtet.

Diesem Bescheid gingen folgende für dieses Verfahren relevante Verfahrensschritte voraus:

2.3.1. Am 5. März 2008 wurde von der Bwin "m. V." ein von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vorgelegter "Vergleich", welcher die Verpflichtung zum Ersatz von Sozialhilfeleistungen für ihre Tochter I P, geb. am , für die Jahre 2005 bis 2007 in der Höhe von insgesamt 21.878,50 Euro beinhaltet, unterfertigt.

Eine Beurkundung dieses Vergleichs durch die Bezirksverwaltungsbehörde erfolgte nicht.

2.3.2. Mit Schreiben vom 11. März 2008 wurde der von der Bwin unterfertigte Vergleich von ihrer Rechtsvertretung "widerrufen".

2.3.3. Mit Schreiben vom 22. April 2008, SH10-25930-101/La, wurde durch die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land – wobei diesem Schreiben nicht zu entnehmen ist, ob dieses Schreiben für den Bezirkshauptmann als Behörde (gemäß § 66 Oö. SHG 1998) oder für den Sozialhilfeverband (in der Funktion als Geschäftsstelle des Sozialhilfeverbandes nach § 38 Oö. SHG) erging – der Bwin (in ihrer Vertretung den Rechtsanwälten Dr. H & P) auf ihren Widerruf vom 11. März 2008 hin mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für einen Ersatz der Sozialhilfeleistungen, welche ihre Tochter vom 18. April 2005 bis 27. Juli 2007 laufend bezogen habe, vorliegen und es wurde ersucht, einen aktuellen Einkommensnachweis vorzulegen, um überprüfen zu können, ob ein Härtefall (nach § 52 Abs.2 Oö. SHG 1998) gegeben sei.

Dieses Schreiben wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Bwin zugestellt.

2.3.4. Diesem Schreiben antwortete die Bwin bzw. ihre rechtsfreundliche Vertretung mit Schreiben vom 6. Mai 2008, in dem sie zusammenfassend festhielt, dass sie über keinerlei freie Vermögenswerte verfüge, die auch nur ansatzweise Anlass dafür geben würden, eine Rückzahlung in welchem Ausmaß auch immer zu tätigen.

2.3.5. Diesem Schreiben folgte am 16. Mai 2005 ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, SH10-25930-101/La – diesmal "für den Bezirkshauptmann" – in welchem der Bwin (in ihrer Vertretung den Rechtsanwälten Dr. H & P) zusammenfassend mitgeteilt wurde, dass "derzeit von der Rückforderung der Sozialhilfe Abstand genommen" wird. Dies wurde mit der Arbeitslosigkeit von Frau I P und ihrem geringen Einkommen von täglich 15,25 Euro begründet. Dieses Schreiben wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Bwin zugestellt.

2.3.6. Mit Schreiben vom 6. November 2008, SH10-25930-101-Fe, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land – "für den Bezirkshauptmann" – unter der Gegenstandsbezeichnung "Ersatzanspruch des Sozialhilfeverbandes Wels-Land – Einleitung eines Verfahrens zur Bemessung des Kostenersatzes – Verständigung" der Bwin mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, sie zu einem Kostenersatz in der Höhe von insgesamt 21.878,50 Euro zu verpflichten. Dies wurde damit begründet, dass seit 1. September 2008 die Bwin wieder in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe und in den Monaten September und Oktober 2008 ein Nettoeinkommen in der Höhe von je 1.211,86 Euro (ohne Sonderzahlung) erzielt habe. Dieses Schreiben wurde der Bwin (eigenhändig) zugestellt.

2.3.7. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2008, SHV10-25930-101-Fe, wurde – "für den Bezirkshauptmann" an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land der "Antrag auf Entscheidung nach § 52 Abs.5 des Oö. Sozialhilfegesetz 1998" gerichtet, in welchem begründet wird, warum ein Ersatzanspruch seitens des Sozialhilfeverbandes besteht.

2.3.8. Mit 2. Dezember 2008 erging der nunmehr bekämpfte Bescheid, welcher der Bwin (eigenhändig) zugestellt wurde und nach Verständigung über die Hinterlegung beim Zustellpostamt – Beginn der Abholfrist 9. Dezember 2008 – hinterlegt wurde.

2.3.9. Gegen diesen Bescheid – welcher den die Bwin vertretenden Rechtsanwälten frühestens ab 9. Dezember 2008 (Datum der Behebung durch die Bwin) tatsächlich zugekommen ist – richtet sich die nunmehr vorliegende – am 15. Dezember 2008 zur Post gegebene – Berufung der Bwin (vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H & P). In dieser Berufung wird wie unter Punkt 1.2. näher dargestellt die ersatzlose Behebung bzw. allenfalls Behebung und Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz beantragt. Begründend führt die Bwin ins Treffen, dass sie ihren Arbeitsplatz aufgrund einer Kündigung des Dienstgebers vom 27. November 2008 verloren habe und legt der Berufung eine Kopie der Kündigung bei.

3. In der Sache selbst hat der UVS erwogen:

3.1. Gemäß § 66 Abs.3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 41/2008, entscheidet über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65 der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) in zweiter Instanz. Da mit der gegenständlichen Berufung ein Bescheid bekämpft wird, der über die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 52 (Abs.5) Oö. SHG 1998 abspricht (konkret geht es um die Ersatzpflicht durch unterhaltspflichtige Angehörige nach § 47 Oö. SHG 1998, über welche – sollte ein Vergleich nicht zustande kommen – auf Antrag des Trägers der sozialen Hilfe die Bezirksverwaltungsbehörde mit schriftlichem Bescheid nach § 52 Oö. SHG 1998 zu entscheiden hat) ist der UVS zur Entscheidung berufen.

3.2. Der UVS ist gemäß § 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG zur Entscheidung durch das – nach der Geschäftsverteilung zuständige – Einzelmitglied berufen.

3.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.1 Z1 AVG).

3.4. Die Berufung gegen den vorliegenden Bescheid ist zulässig und rechtzeitig. Zwar wurde der bekämpfte Bescheid – obwohl der belangten Behörde die rechtsfreundliche Vertretung der Bwin bekannt war – nicht dieser, sondern der Bwin selbst (eigenhändig) zugestellt, doch ist der Bescheid in weiterer Folge – wie die Berufungserhebung durch die rechtsfreundliche Vertretung der Bwin zeigt – der rechtsfreundlichen Vertretung tatsächlich zugekommen.

Nach § 9 Zustellgesetz – ZustG können Parteien andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht). Eine allgemeine Vertretungsvollmacht umfasst grundsätzlich auch die Bestellung zum Zustellbevollmächtigten (VwGH 12.3.1998, 95/20/0317). Wie dem gegenständlichen Verfahrensakt zu entnehmen ist, haben sich die die Bwin vertretenden Rechtsanwälte auf die erteilte Vollmacht jedenfalls schon im Schreiben vom 11. März 2008 berufen. Nach § 9 Abs.3 ZustG besteht die Verpflichtung seitens der Behörde, für den Fall, dass ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Dies wurde im konkreten Fall von der belangten Behörde aber verabsäumt. In der Zustellverfügung scheinen lediglich die Bwin sowie der Sozialhilfeverband Wels-Land auf. Seit der Zustellgesetznovelle BGBl. I Nr. 5/2008  tritt jedoch – wie nunmehr § 9 Abs.3 letzter Satz ZustG (wieder) normiert – eine Heilung dieses Zustellmangels ein. Nach § 9 Abs.3 letzter Satz ZustG gilt nämlich die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Wie die durch die rechtsfreundliche Vertretung der Bwin erhobene Berufung zeigt, ist der bekämpfte Bescheid dieser tatsächlich zugekommen und zwar frühestens mit 9. Dezember 2008. Die Berufung ist daher an sich zulässig, da ein rechtswirksam erlassener Bescheid vorliegt. Sie ist auch rechtzeitig, da die am 15. Dezember 2008 – also 6 Tage nach der frühestmöglichen Heilung nach § 9 Abs.3 letzter Satz ZustG – zur Post gegebene Berufung jedenfalls innerhalb der Berufungsfrist erfolgte.

3.5. Gemäß § 66 Abs.2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung bzw. unvermeidlich scheint. Wie der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen angenommen hat, ist es für die Anwendbarkeit des § 66 Abs.2 AVG unerheblich, ob die Feststellung des Sachverhalts eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erfordert (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht³ [2005] Rz. 523 und die dort verwiesene Judikatur).

Abgesehen davon, dass der die Zuständigkeit der belangten Behörde nach § 52 Abs.5 Oö. SHG 1998 begründende Antrag des Trägers der sozialen Hilfe erst am 2. Dezember 2008 gestellt wurde – also am selben Tag, an dem der bekämpfte Bescheid erging – und ab diesem Zeitpunkt von der belangten und ab dann erst zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde keine Ermittlungsschritte und auch kein Parteiengehör gesetzt bzw. gewährt wurden, ist auch das mit Schreiben vom 6. November 2008, SH10-25930-101-Fe, erfolgte "Verständigungsschreiben" aufgrund der oben unter Punkt 3.4. beschriebenen Zustellproblematik unwirksam. Dieses Schreiben wurde – ebenso wie der bekämpfte Bescheid – nicht dem Zustellungsbevollmächtigten, sondern der Bwin selbst zugestellt, ist aber im Unterschied zum bekämpften Bescheid – wie auch die Berufungsbegründung erkennen lässt – dem Zustellungsbevollmächtigten nie tatsächlich zugegangen.

Da somit der Bwin nicht einmal das Parteiengehör eingeräumt wurde besteht insofern unzweifelhaft ein Nachholbedarf. Hätte die belangte Behörde dies ordnungsgemäß durchgeführt, hätte sie vor Bescheidkonzipierung am 2. Dezember 2008 über die aktuelle Beschäftigungslage erfahren, was für sie bereits einmal (wie das Schreiben vom 16. Mai 2008, SH10-25930-101/La, zeigt) relevant war, um von der Rückforderung der Sozialhilfe Abstand zu nehmen.

3.6. Die Durchführung zusätzlicher Ermittlungsschritte bzw. die Wahrung des Parteiengehörs scheinen sohin für die Klärung der maßgeblichen Sachlage unerlässlich. Insbesondere auch deshalb, da sich die belangte Behörde in der Begründung des bekämpften Bescheids ja gerade darauf stützte, dass die Bwin von der Möglichkeit der ihr eingeräumten Stellungnahme zum Schreiben vom 6. November 2008 keinen Gebraucht machte bzw. dazu keine Stellungnahme abgab. Wie nämlich oben unter Punkt 3.5. gezeigt, ist dieses Schreiben gegenüber der Bwin nie rechtswirksam ergangen.

Letztendlich ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist – angesichts des mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens – der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unabhängigen Verwaltungssenat selbst keine Ersparnis von Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs.3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebietet es die Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und die Kostenersparnis (vgl. § 39 Abs.2 letzter Satz AVG) die notwendigen ergänzenden Beweise durch die – mit dem vorliegenden Fall vertraute – belangte Behörde vornehmen zu lassen.

Es war daher der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens und Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Im Rahmen dieses ergänzenden Ermittlungsverfahrens wird von der belangten Behörde insbesondere zu prüfen sein, ob der Geltendmachung von Ansprüchen § 52 Abs.2 bzw. allenfalls Abs.3 Oö. SHG 1998 entgegen stehen. Dabei sei noch erwähnt, dass nach § 52 Abs.5 leg.cit. eine behördliche Zuständigkeit seitens der Bezirksverwaltungsbehörde nur dann gegeben ist, wenn über Ansprüche nach § 47 leg.cit. ein Vergleich nicht zustande kam. Die belangte Behörde hätte in einem Ersatzbescheid auch darzustellen, warum sie im konkreten Fall von einem unwirksamen Vergleich ausgeht bzw. was "m.V." bei der Unterschrift von Frau I P unter das mit Vergleich titulierte Schreiben vom 5. März 2008 bedeutet.

Allgemein sei an dieser Stelle angemerkt, dass – wie auch die Sachverhaltsdarstellung unter Punkt 2.3. zeigt – die nicht exakte Trennung zwischen der Tätigkeit für den Träger der sozialen Hilfe (den Sozialhilfeverband) einerseits und jener für die Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Behörde nach § 66 Oö. SHG 1998 anderseits eine ordnungsgemäße Verfahrensführung nicht gerade erleichtert (vgl. dazu bereits VwSen-560077/2/Ste vom 21.12.2004).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

Rechtssatz:

 

VwSen-560106/2/Fi/Se vom 24. Februar 2009

 

Vgl. VwSen-590195/2/Ste vom 3. September 2008, § 66 Abs.2 AVG, § 9 Abs.3 ZustG,

Zurückverweisung zur Durchführung ergänzender Ermittlungen, da das Ermittlungsverfahren aufgrund eines nicht nach § 9 Abs.3 geheilten Zustellmangels (Parteiengehöraufforderung erfolgte nicht an den Zustellbevollmächtigten und kam diesem in weiterer Folge auch nicht tatsächlich zu) nicht ordnungsgemäß erfolgte und sich die belangte Behörde somit mit entscheidungsrelevanten Sachverhaltsfragen, die § 52 Abs.2 Oö. SHG 1998 aufwirft, nicht ausreichend auseinander setzte.

 

 

 

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