Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300865/3/SR/Sta

Linz, 26.02.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des F L, vertreten durch Dr. A T, Rechtsanwältin in W, W, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 12. November 2008, Zl. II/S-4.618/08-2, wegen Übertretung des Glückspielgesetzes (GSpG, BGBl Nr. 620/1989, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 145/2006) zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 45 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­ver­fahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 12. November 2008, Zl. II/S-4.618/08-2, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben, wie durch Kriminalbeamte des Stadtpolizeikommandos Linz anlässlich einer Kontrolle am 25.02.2008, zwischen 19.30 und 20.30 Uhr in L, R, im dortigen `C C C´ festgestellt wurde, als verantwortlicher Geschäftsführer nicht für die Einhaltung der Bestimmungen des GSpG gesorgt, da an 7 Spieltischen das Pokerspiel `No Limit Texas Hold´Em´ veranstaltet wurde und somit Glücksspiele, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, in verbotener Weise durchgeführt wurden, da es sich bei diesem Casino um keine Spielbank handelt."

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG wurde über den Bw eine Geldstrafe von 500 Euro verhängt.   

 

1.2. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsstraftatbestand durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Kriminalbeamten des Stadtpolizeikommandos Linz, der vorgelegten Anzeige des Bundesministeriums für Finanzen vom 22. Jänner 2008 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen sei.

 

Der Glücksspielbegriff des § 1 Abs. 1 GSpG entspreche jenem des § 168 StGB. Aus diesem Grund habe bereits der Verfassungsgerichtshof eine stillschweigende Subsidiarität des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber dem § 168 StGB ausgesprochen. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung habe die belangte Behörde ein Strafverfahren nach dem GSpG erst eingeleitet, nachdem die Staatsanwaltschaft Linz am 18. Juni 2008 mitgeteilt habe, dass das gerichtliche Strafverfahren gegen den Bw gemäß § 190 Z. 2 StPO eingestellt worden sei.

 

Sowohl das Bundesministerium für Finanzen als auch das Gutachten der Universitätsprofessorin Dr. U L-W gingen davon aus, dass das Kartenspiel "Texas Hold´Em" ausschließlich vom Zufall abhängig und aus diesem Grund als Glückspiel zu betrachten ist. Es sei auch davon auszugehen, dass der Verwaltungsgerichtshof dieser Ansicht sei, da er die Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien mit Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201, als unbegründet abgewiesen habe. Die belangte Behörde folge daher dieser Rechtsansicht. Da der Bw die Veranstaltung des Pokerspiels zugegeben habe, stehe der Verstoß gegen die angeführten Bestimmungen des GSpG fest. Bei der Strafbemessung habe die belangte Behörde auf § 19 VStG Bedacht genommen. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. Mangels Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse seien diese geschätzt worden. 

 

2.1. Gegen dieses der Rechtsvertreterin des Bw am 21. November 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig bei der Behörde eingebrachte Berufung.

 

2.2. Darin führte der Bw aus, dass er zwar  im Firmenbuch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CBA S und R GmbH eingetragen sei, aber P Z als verantwortlicher Beauftragter für den Bereich des Spielbetriebes bestellt worden sei. Diesem obliege daher auch die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften im Rahmen des Kartencasinobetriebes.

 

In der Folge wirft der Bw der belangten Behörde vor, dass sie sich lediglich auf die dienstlichen Wahrnehmungen der Kriminalbeamten und die Anzeige des Bundesministeriums für Finanzen gestützt habe. Trotz der Hinweise auf einschlägige Rechtslehrmeinungen, eingeholter Rechtsgutachten renommierter Rechtsexperten und Richtersprüche habe sich die belangte Behörde ohne weitergehendes Ermittlungsverfahren an die Rechtsansicht des Bundesministeriums angelehnt.

 

Nach Ausführungen zum Geschicklichkeitscharakter des Pokerspiels kommt der Bw zum Ergebnis, dass auch bei Annahme eines Glückspiels sich nichts an der Erlaubtheit des Pokerspiels ändern würde. Aufgrund der Anzeige des Bundesministeriums für Finanzen sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Dieses habe die Staatsanwaltschaft Wien mit Beschluss vom 18. Juni 2008, GZ 128 BAZ 652/08a, gemäß § 190 Z. 2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe.

 

Komme die belangte Behörde aber zum Schluss, dass kein Verstoß gegen § 168 StGB vorliege, bleibe damit zwingend auch kein Raum für einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz, da nur jene Glücksspiele, die nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlaubt durchgeführt werden dürfen, auch von der Strafbarkeit des § 168 StGB nicht erfasst seien, weil im Bereich des Glücksspielgesetzes (lex specialis) die generelle Verbotsnorm des § 168 StGB materiell derogiert sei.

 

Der OGH habe klargestellt, dass es sich bei § 168 Abs. 1 StGB und § 1 Abs. 1 GSpG unterliegenden Spielen dann nicht um verbotene Spiele handle, wenn die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 1 GSpG zutreffe.

 

Die von ihm veranstalteten Pokerspiele seien keine verbotenen Glücksspiele, weil sie unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 1 GSpG fallen würden und nach der Rechtsprechung des OGH straffrei seien. Dementsprechend sei auch das Strafverfahren zu 18 U 194/01b des BG Innere Stadt Wien mit einem Freispruch beendet worden. In angeführten Gerichtsakt würden sich sämtliche zitierten Gutachten der Professoren H und W befinden. Das BG Innere Stadt Wien habe festgestellt, dass das Pokerspiel Texas Hold´em unter § 4 Abs. 1 GSpG falle und daher von der Strafnorm des § 168 StGB nicht umfasst wäre. Weiters habe das BG Innere Stadt Wien die Tatbestandselemente "Ausspielung" und "Bankhalter" einer umfassenden Definitionsanalyse unterzogen. Zur Verdeutlichung würden diese auszugsweise wiedergegeben. In allen Kartencasinos würden die Spiele mit unveränderten Spielbedingungen durchgeführt, die Rechtslage und der Sachverhalt hätten sich nicht verändert und daher bleibe kein Raum für eine neuerliche Bestrafung. Obwohl immer wieder neue Strafanzeigen eingebracht würden, seien die Verfahren laufend eingestellt worden. Zuletzt beispielsweise von der Staatsanwaltschaft Wien gemäß § 190 Z. 1 StPO deshalb, weil "die dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig sei". Für die Anzeigen sei regelmäßig Herr Dr. F P vom Finanzministerium verantwortlich, obwohl diesem nicht nur die aktuelle Judikatur des EuGH, sondern auch jene der nationalen Gerichte bekannt sei.

 

Entsprechend der Ansicht des HG Wien und des OLG Wien sei der Bw zum Anbieten von Pokerspielen berechtigt.

   

Da die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz nicht vorliegen würden, hat der Bw den Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen. 

 

Der Berufungsschrift wurde in Kopie die Benachrichtigungen der Staatsanwaltschaft Wien vom 18. Juni 2008, GZ 128 BAZ 652/08a-3, über die Einstellung des Verfahrens beigelegt. 

  

3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 5. Jänner 2009 den Verwaltungsstrafakt samt Berufungsschrift vor und teilte ergänzend mit, dass die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung nicht beabsichtigt sei.  

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Vorlageakt. Abgesehen von der Frage der Glücksspieleigenschaft der im C C C L in  L, R, durchgeführten Pokerspiele "No Limit Texas Hold´em" wurde der von der belangten Behörde im Straferkenntnis dargestellte Sachverhalt ansonsten nicht bestritten.  

3.2. Aufgrund des Vorlageaktes und der Berufungsschrift steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

3.2.1. Mit Schreiben vom 22. Jänner 2008 hat das Bundesministerium für Finanzen, GZ BMF-180200/0002-VI/1/2008, der belangten Behörde angezeigt, dass im C C C in L, R, illegal Glücksspiele veranstaltet bzw. zur Abhaltung illegaler Glücksspiele veranstaltete Zusammenkünfte gefördert würden. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei Poker in seinen international gebräuchlichen Spielvarianten um ein Glücksspiel handle, das nur in konzessionierten Spielbanken gewerblich angeboten werden dürfe. Dem angezeigten Casino sei keine entsprechende Konzession erteilt worden. Die Poker-Varianten würden gewerblich und damit als Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 und 4 GSpG angeboten. Folgende glücksspielrechtlichen Voraussetzungen für eine Ausspielung lägen vor:

1) das CCC L sei im Zusammenhang mit den angebotenen Glücksspielen unternehmerisch tätig und erziele Einnahmen von den Spielteilnehmern,

2) von den Spielteilnehmern werde eine Vermögensleistung an das CCC L im Zusammenhang mit den angebotenen Glücksspielen durch Kartengeld im cash game bzw. Startgeld bei Turnierveranstaltungen erbracht,

3) dem Spielteilnehmer werde eine vermögensrechtliche Gegenleistung iS § 2 Abs. 4 GSpG durch andere Spielteilnehmer erbracht, die nur durch das Organisieren/Veranstalten/Anbieten des CCC L möglich werde, und

4) es handle sich bei den im CCC L angebotenen Spielen um Glücksspiele iS   § 1 Abs. 1 GSpG.

 

Der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 GSpG sei auf die im CCC L angebotenen Glücksspiele nicht anwendbar, weil dieser nur Glücksspiele betreffe, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt würden. Es bestehe daher der Verdacht des Tatbestandes einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG.

 

Abschließend wies der Anzeiger darauf hin, dass gleichlautende Anzeigen auch an die Staatsanwaltschaft Linz und das FA für Gebühren/Verkehrssteuern ergangen seien.

 

3.2.2. Über Ersuchen der belangten Behörde teilte ein Beamter des Kriminalreferates des Stadtpolizeikommandos Linz mit Schreiben vom 2. April 2008, GZ E1/16792/2008, mit, dass neben dem polizeilichen Erhebungsauftrag auch ein Ermittlungsauftrag der Bezirksanwältin (BG Linz, GZ 46 BAZ 75/08g) ergangen sei und der Schlussbericht beiliegend übermittelt werde.

 

Im "Abschluss-Bericht" vom 2. April 2008, GZ E1/5529/2008 führten die erhebenden Kriminalbeamten aus, dass sie am 25. Februar 2008, zwischen 19.30 und 20.30 Uhr eine Kontrolle im C C C in L, R, vorgenommen hätten. Als Auskunftsperson sei der "Spielinspektor" zur Verfügung gestanden. Im Spiellokal hätten sich an 7 Pokertischen ca. 70 Personen befunden, die "No Limit Texas Hold´em" gespielt hätten. Jeder am Spieltisch Platz nehmende Spieler habe 20 Euro für das "Buy In" und 4 Euro als "Entry Fee" entrichten müssen. Für das "Buy In" habe jeder Spieler Turnierchips erhalten. Die bezahlten 4 Euro habe der Veranstalter als Entgelt für die Teilnahme am Spiel einbehalten.

 

Über Befragen habe der Spielinspektor mitgeteilt, dass nach dem ca. 5 Stunden dauernden Spiel am Tisch ein Gewinner übrigbleibe. Diesem Spieler und einigen Nachgereihten werde in einem vorher festgelegten Aufteilungsschlüssel das "Buy In" ausbezahlt.

 

Laut Auskunft des Gebietsleiters handle es sich bei der vorliegenden Spielstätte um eine Filiale der CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH mit Sitz in Wien. 

 

3.2.3. Mit Schreiben vom 18. Juni 2008, GZ 128 BAZ 652/08a-3, benachrichtigte die Staatsanwaltschaft Wien das Stadtpolizeikommando Linz von der Einstellung des Verfahrens gegen den Bw gemäß § 190 Z. 2 StPO. Begründend führte sie aus, dass kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe.

 

3.2.4. Aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung übermittelte der Bw vorerst einen Auszug aus dem Gewerberegister. Dem Auszug ist zu entnehmen, dass die CBA S- und R GmbH zur "Durchführung erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter" berechtigt ist, in L, R, über eine weitere Betriebsstätte verfügt und der Bw als Geschäftsführer bestellt ist.

 

In der Stellungnahme vom 25. Juli 2008 machte der Bw Ausführungen zum Umfang der Gewerbeberechtigung, setzte sich mit der kompetenzrechtlichen Lage auseinander und sah die Zulässigkeit des Kartenkasinobetriebes von namhaften Rechtsexperten und Urteilen bestätigt.

 

Zusammenfassend brachte er vor, dass er seit beinahe fünfzehn Jahren das größte private Kartenkasino in Österreich betreibe und zu keinem Zeitpunkt eine behördlich angeordnete Betriebsschließung erfolgt sei. Zahlreiche Rechtsgutachten, eine aufrechte Gewerbeberechtigung, ein beinahe 10 Jahre dauerndes Verfahren, dass mit einem rechtskräftigen Freispruch geendet habe und Verfahrenseinstellungen durch die Staatsanwaltschaften Wien und Feldkirch würden die Rechtmäßigkeit und Gesetzeskonformität des Betriebes des Kartenkasinos bestätigen. Ausdrücklich werde festgehalten, dass die Spielregeln seit Beginn des Kartenkasinos im Jahr 1993 nach wie vor mit den jetzigen Regeln ident seien.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat aufgrund der Aktenlage und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, dass das bekämpfte Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet, diese bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht.  

 

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 GSpG sind Glücksspiele im Sinn des Glücksspielgesetzes Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.

 

Ausspielungen sind nach § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.

Darüber hinaus bestimmt § 2 Abs. 4 GSpG, dass eine Ausspielung auch dann vorliege, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (Abs. 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird.

 

Gemäß § 3 GSpG ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

 

Nach § 4 Abs. 1 GSpG unterliegen Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz 0,50 Euro nicht übersteigt.  

 

4.2.1. Zur Frage der Glücksspieleigenschaft des vorliegenden Pokerspiels "No Limit Texas Hold´Em":

 

Im Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201, ging der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage des im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens davon aus, dass die Kartenspiele "7 Card Stud Poker, "Texas Hold'Em" und "5 Card Draw" als Glücksspiele im Sinne des   § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen seien, weil die Wahrscheinlichkeiten, eine gewünschte oder erhoffte Kartenkombination zu erhalten, enorm klein seien. Der Umstand, dass allenfalls ein Spieler beim Bluffen selbst bei schlechten Karten ein günstiges Spielergebnis erreichen könne und dass er seine Entscheidungen nicht allein von mathematischen Wahrscheinlichkeiten, welches Blatt Mitspieler angesichts der bekannten (offen zugeteilten) Karten haben könnten, sondern auch von deren Verhalten während des Spiels abhängig machen könne, nehme diesen Kartenspielen nicht den Charakter als Glücksspiel. Denn bei den von der Sachverständigen dargestellten kleinen Wahrscheinlichkeiten hinsichtlich bestimmter Kartenkombinationen, entscheide letztlich vorwiegend der Zufall über den Ausgang des Spieles. Dies werde auch durch das Fehlen von anerkannten Verhaltensanordnungen bei diesen Spielen im Gegensatz zu den Spielen "Tarock", "Schnapsen" und "Bridge" bestätigt.

 

Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes folgend, ist auch das Pokerspiel "No Limit Texas Hold´Em" als Glücksspiel zu betrachten (so auch: Strojcek/Wojnar, Poker unterliegt dem Glücksspielmonopol, RdW 2006, 203; Bresich/Klingenburnner, Kompetenzrechtliche Abgrenzungsfragen bei Spielen, Österreichisches Anwaltsblatt 2008, 59 ff).

 

4.2.2. Unbestritten steht fest, dass zur Tatzeit im "C C C" in L, R, das Pokerspiel "No Limit Texas Hold´Em" von ca. 70 Personen an insgesamt 7 Tischen gespielt wurde, jeder Spieler der "Veranstalterin" (CBA S- und R GmbH) ein Entgelt von 4 Euro zu entrichten hatte, jedem Spieler für die Bezahlung von 20 Euro Turnierchips ausgefolgt worden sind und die "CBA S- und R GmbH" nicht über die erforderliche Konzession (Spielbank) verfügt hat. Dass nicht bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wurde, bedarf angesichts der unwidersprochen gebliebenen Feststellungen der einschreitenden Organe keiner weiteren Erörterung.

 

Nach Leukauf/Steininger, StGB3, § 168 Rz 9, veranstaltet ein Glückspiel, wer einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten die Gelegenheit zur Beteiligung am Spiel gibt; erforderlich ist aber hiezu, dass eine Beteiligung an einem solchen Spiel tatsächlich stattgefunden hat, nicht jedoch auch, dass mehrere Personen an diesem Spiel beteiligt waren. Entscheidend ist auch das Verschaffen der Spielgelegenheit für das Publikum. Eine zur Abhaltung eines Glückspiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, wer das Verschaffen der Spielgelegenheit aktiv unterstützt, wie zB durch Zurverfügungstellen einer Wohnung oder eines Lokals zur Abhaltung des Spiels, durch Werbung für das Spiel, aber auch durch das Bereitstellen von Spieleinrichtungen wie Würfel, Karten, Spieltisch udgl.

 

Im Hinblick auf die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde und die Berufungsausführungen ist die Veranstaltung der vorliegenden Pokerspiele unbestritten.    

 

4.3. Obwohl auch der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall - trotz der Verweise des Bw auf Expertengutachten und Gerichtsurteile - den dringenden Verdacht der Veranstaltung von Glücksspielen im C C C in L für begründet hält, konnte nicht allein deshalb ein Strafverfahren wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG durchgeführt werden. Die belangte Behörde hat nämlich nicht beachtet, dass beim gegebenen Anzeigesachverhalt in erster Linie an eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB und damit an ein gerichtliches Strafverfahren zu denken war.

 

§ 52 GSpG erklärt Verhaltensweisen zu Verwaltungsübertretungen, die auch unter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB fallen, wobei die Verwaltungsstrafbestimmung materiell subsidiär ist (vgl Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar2 Rz 21 zu § 168 StGB).

 

Im § 168 Abs. 1 StGB werden das Veranstalten eines Glücksspiels oder die Förderung einer Zusammenkunft zur Abhaltung eines Glücksspiels als strafbare Begehungsweisen geregelt, wobei der Täter daraus die Zuwendung eines Vermögensvorteils für sich oder einen anderen beabsichtigen muss (dazu näher Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar2 Rz 14 ff zu § 168 StGB).

 

Es kann wohl kaum bezweifelt werden, dass die dem Bw angelastete Tathandlung unter diese Begehungsweisen des § 168 Abs. 1 StGB fallen. Wer in seinem nicht konzessionierten Spielcasino das Pokerspiel "No Limit Texas Hold´Em" um nicht unbeträchtliche Einsätze professionell anbietet, der steht in Verdacht dies vorsätzlich mit zumindest Eventualvorsatz und zwecks Erzielung von Vermögensvorteilen zu tun. Straffreie Spiele bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge können bei der Höhe der möglichen Einsätze von bis zu 20 Euro nicht angenommen werden. Ein Spiel um geringe Beträge - im Einzelnen ist diese Frage teilweise strittig - wird in der strafrechtlichen Literatur etwa noch bei einem Einsatz von 10 Euro angenommen (vgl mwN Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar2 Rz 12 zu § 168 StGB).

Nach Leukauf/Steininger, StGB3, § 168 Rz 19, ist die Frage, ob nur um geringe Beträge gespielt wird, grundsätzlich so lange am Einzelspiel orientiert zu beantworten, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet. Allerdings wird keine einheitliche Grenze angegeben, bis zu der noch von geringen Beträgen gesprochen werden kann (vgl. mwN Leukauf/Steininger, StGB3, § 168 Rz 20: Neben allgemeinen Formulierungen wie "wenige Schilling" oder "wesentlich unter der Grenze des     § 141" wird in der Literatur eine Richtgrenze von S 100,-- genannt).

In seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, schloss sich der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich dem Erkenntnis des Verfassungsgerichts­hofes vom 19. Juni 1998, G 275/96, zum Verhältnis von § 52 Abs. 1 Z. 5 GSpG und § 168 Abs. 1 StGB an. Der Verfassungsgerichtshof führte darin mit näherer Begründung aus, dass durchaus Fallkonstellationen denkbar seien, die nur unter die Strafdrohung der erstgenannten, nicht aber auch unter die der zweitgenannten Bestimmung fallen. Dies folge schon aus der Ausnahme von der Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 StGB, wenn bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt werde.  

 

In der Regel wird jedoch eine (an sich) unter die Strafdrohung des § 52 Abs.1 Z.1 GSpG fallende Handlung in Tateinheit mit einer unter die Strafdrohung des   § 168 Abs. 1 erster oder zweiter Fall StGB fallenden Handlung begangen. In diesen Fällen wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 (erster oder zweiter Fall) StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG vollständig erschöpft.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits im Erkenntnis vom 28. Dezember 2006, VwSen-300727/2/Wei und VwSen-300730/2/Wei in einer vergleichbaren Fallkonstellation wie folgt ausgeführt:

 

"Im Fall der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung werde in der Regel davon auszugehen sein, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG vollständig erschöpfe. Eine das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK berücksichtigende, verfassungskonforme Interpretation sei möglich und ergebe, dass die Bestrafung eines Verhaltens nach § 168 Abs 1 StGB eine solche nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließe. Das Urteil des EGMR vom 30. Juli 1998 im Fall O gegen die Schweiz (abgedruckt in JBl 1999, 102 f) scheine - so der Verwaltungsgerichtshof - dem nicht zwingend entgegenzustehen. Auch vor dem Hintergrund dieses Urteiles des EGMR könnte die Vermeidung einer kumulativen Bestrafung und der unterschiedlichen Beurteilung einer einzigen Tat durch verschiedene Behörden für die vom Verfassungsgerichtshof gewählte Interpretation sprechen.

 

Gebietet aber eine den Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK berücksichtigende, verfassungskonforme Auslegung die Annahme einer unechten Idealkonkurrenz in der Erscheinungsform der stillschweigenden Subsidiarität, so folge daraus, dass eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG zu unterbleiben habe, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Selbst der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Tatbestand durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung könne die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes nicht neu begründen, handle es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden.

 

Im oben zitierten Erkenntnis gab der Verwaltungsgerichtshof ferner die im Urteil vom 28. Juni 1983, Zl. 11 Os 109/83, vertretene Rechtsansicht des OGH wieder, wonach die Beantwortung der Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, grundsätzlich am Einzelspiel  bzw am einzelnen, jeweils über Gewinn und Verlust entscheidenden Spielgang zu orientieren sei. Das Korrektiv bilde die negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Der Unterhaltungscharakter eines Spieles gehe erst verloren, wenn das Gewinnstreben so weit in den Vordergrund tritt (zB bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) spielt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellte in seinem oben zitierten Erkenntnis unter Hinweis auf das Urteil des OGH vom 14. Dezember 1982, Zl. 9 Os 137/82, darauf ab, ob für einen Spieler die Möglichkeit bestand, in einem einzigen Spielgang mehr als S 200,-- einzusetzen. In so einem Fall wäre die Annahme, dass bloß um geringe Beträge gespielt wurde, ausgeschlossen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, ist selbst bei Wegfall der Strafbarkeit nach § 168 StGB infolge des Strafaufhebungsgrundes der Verjährung eine Bestrafung nach dem subsidiären Verwaltungsstraftatbestand unzulässig."

 

4.4. Die Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, sind auch im vorliegenden Fall sinngemäß anzuwenden. Da das Verhalten des Bw nach richtiger Ansicht unter § 168 Abs. 1 StGB zu subsumieren ist, kann bei verfassungskonformer Interpretation nicht gleichzeitig auch die Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG vorliegen, weil dieses Ergebnis mit dem Verbot der Doppelverfolgung des Art. 4 Abs. 1 7. ZP zur EMRK nicht vereinbar wäre.

 

Im Hinblick auf die gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhaltes wegen des Vergehens nach dem § 168 StGB liegt infolge stillschweigender Subsidiarität keine strafbare Verwaltungsübertretung vor.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde konnte aber nicht schon deshalb ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes durchgeführt werden, weil die Staatsanwaltschaft Wien das Verfahren gemäß     § 190 Z. 2StPO eingestellt hatte. Die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft konnte nämlich zum Unterschied von einem Strafurteil keine Bindungswirkung entfalten. Die belangte Behörde wäre vielmehr verpflichtet gewesen, die Frage der gerichtlichen Strafbarkeit gemäß § 168 StGB selbst zu untersuchen.

 

Kann aber wegen materieller Subsidiarität bei verfassungskonformer Interpretation keine Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs. 1 GSpG angenommen werden, war die belangte Behörde trotz der Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft Wien nicht berechtigt, ein Verwaltungsstrafverfahren zu führen. Das Verwaltungsstraf­verfahren war somit gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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