Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163632/7/Fra/RSt

Linz, 09.03.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau A C, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 15. Oktober 2008, VerkR96-4116-2007, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des FSG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. Februar 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der hinsichtlich des Faktums I (§ 20 Abs.2 StVO 1960) auf das Strafausmaß eingeschränkten Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 29 Euro herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden festgesetzt.

 

Der Berufung hinsichtlich des Faktums II (§ 14 Abs.1 Z1 FSG) wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Spruchpunkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Zum Verfahren hinsichtlich des Faktums I (§ 20 Abs.2 StVO 1960) hat die Berufungswerberin keine Kostenbeiträge zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu entrichten. Zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neubemessenen Strafe (2,90 Euro).

 

Zum Verfahren hinsichtlich des Faktums II (§ 14 Abs.1 Z1 FSG) hat die Berufungswerberin keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

Zu II.: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw)

1. wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und

2. wegen Übertretung des § 14 Abs.1 Z1 FSG gemäß § 37 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil sie

 

1. als Lenkerin des Fahrzeuges Kennzeichen    , Pkw, M1, am 20.5.2007 um 21.08 in der Gemeinde Moosdorf, Ortsgebiet, B 156, bei km 35.086 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz zu ihren Gunsten abgezogen wurde,

2. den Führerschein nicht mitgeführt, bzw. es unterlassen, trotz Verlangen eines Organes der Straßenaufsicht das Dokument zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis jeweils 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. Februar 2009 erwogen hat:

 

Zum Faktum 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960):

 

Da die Bw im Rechtsmittelverfahren ihre Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt hat, ist der Schuldspruch sohin in Rechtskraft erwachsen, weshalb diesbezüglich eine Berufungsentscheidung entfällt. Der Oö. Verwaltungssenat hat demnach zu überprüfen, ob die Strafe nach den Kriterien des § 19 VStG rechtmäßig bemessen wurde und ob allenfalls eine Herabsetzung dieser in Betracht kommt.

 

Bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde, gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen. Als Rechtsfrage stellt sich hiebei für die Behörde die Aufgabe, um Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Situation der Bw im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes die dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessene Strafe festzusetzen, also bei der Strafbemessung auf objektive und subjektive Kriterien der Tat Bedacht zu nehmen.

 

Folgende Vergründung veranlassen den Oö. Verwaltungssenat die Strafe neu zu bemessen:

 

Die Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dieser Umstand hat nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als besonders zu Gunsten eines Beschuldigten ins Gewicht zu fallen. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Die Bw bezieht laut ihren Angaben ein Kindergeld von 800 Euro, ist für ein Kind im Alter von rund 11 Monaten sorgepflichtig und hat Kreditrückzahlungsverpflichtungen.

 

Entsprechend den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG iVm § 34 Abs.2 StGB "ist es auch ein Milderungsgrund, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat" (zu § 34 Abs.2 StGB vgl. die EB zu RV zum Strafrechtänderungsgesetz 1996, 33BlG.Nr. 20.GP). Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 5.12.2001, Zl. B4/01, ausgesprochen, dass das Gesetz bei der Strafbemessung in einer dem Artikel 6 Abs.1 EMRK widersprechenden Weise angewendet wird, wenn eine (über)lange Verfahrensdauer nicht festgestellt und als strafmildernd gewertet wird. Im hier durchgeführten Verfahren ist festzustellen, dass die Bw aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Juli 2007 eine bei der Behörde am 17. August 2007 eingelangte Stellungnahme abgegeben hat. Bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses (Zustellung am 21. Oktober 2008) hat die belangte Behörde keine Aktivitäten gesetzt. Dieser Umstand ist bei der Strafbemessung im Sinne der oa. Judikatur zusätzlich als mildernd zu werten.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zum Faktum 2 (§ 14 Abs.1 Z1 FSG):

 

Die Tatumschreibung im Spruch des Strafbescheides enthält einen Alternativvorwurf (argumentum "bzw."). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.9.1992, 92/18/0180; in diesem Sinne auch VwGH vom 14.5.1997, 95/03/0083) liegt, wenn die Tatumschreibung im Spruch einen Alternativvorwurf enthält, ein Verstoß gegen § 44a Z1 VStG vor. Dieser Tatvorwurf ist daher mangels Bestimmtheit im Sinne des § 44a Z1 VStG unzulässig und war daher diesbezüglich das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 wegen Verfolgungsverjährung einzustellen.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

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