Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522179/3/Fra/Bb/RSt

Linz, 09.03.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn P B, geb.   , vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. C A, M, vom 20. Jänner 2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 8. Jänner 2009,  GZ VerkR21-245-2008/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

 

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und

-         das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen

 

auf acht Monate, gerechnet ab 11. Juli 2008 bis einschließlich 11. März 2009, herab- bzw. festgesetzt wird.

        

 

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a iVm § 64 Abs.2 AVG Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z2, 7 Abs.4, 8, 24 Abs.1 Z1, 24 Abs.3, 25 Abs.3, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1.1. Der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat in Bestätigung ihres Mandatsbescheides vom 21. Mai 2008, VerkR21-245-2008/BR, mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Jänner 2009, GZ VerkR21-245-2008/BR, dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab 11. Juli 2008 bis einschließlich 11. Juli 2009 entzogen, für den gleichen Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten und für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt. Gleichzeitig wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet, der Bw verpflichtet, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und aufgefordert den Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde bzw. der zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern.   Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 14. Jänner 2009, richtet sich die durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erhobene Berufung vom 20. Jänner 2009.

 

Darin vertritt der Bw im Grunde die Auffassung, dass das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung dem Verwertungsverbot unterläge. Die Darstellungen im angefochtenen und nicht rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Linz würden nicht mit den faktischen Gegebenheiten korrespondieren. Dem Verfahren lägen keine verwertbaren Beweisergebnisse für das Vorliegen einer Alkoholisierung zugrunde noch ließen sämtliche Beweisergebnisse das Vorliegen von besonders gefährlichen Verhältnissen – wie im erstinstanzlichen Bescheid festgestellt – annehmen.

 

Er beantragt den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche Verfahren einzustellen. Unabhängig von diesem Rechtsstandpunkt sei auch bei Annahme der von der Behörde festgestellten Alkoholisierung die Entzugsdauer von zwölf Monaten nicht tat- und schuldangemessen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 22. Jänner 2009, GZ VerkR21-245-2008/BR, dem Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des UVS des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist - am 21. Jänner 2009 – bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn per Telefax eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der UVS Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, GZ VerkR21-245-2008.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich, da der durch einen Rechtsanwalt vertretene Bw diese nicht beantragt hat (§ 67d Abs.3 AVG), im Übrigen sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und im Wesentlichen nur eine Rechtsfrage zu beurteilen ist.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze des Bw) ergibt sich für den UVS folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Der Bw lenkte am 21. März 2008 um ca. 01.00 Uhr den auf ihn zugelassenen Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen     auf der Ortsdurchfahrtsstraße von 5132 Geretsberg, Höhe Haus Geretsberg Nr., in Richtung Ortsmitte. Am Beifahrersitz saß Herr H S S. An der beschriebenen Straßenstelle – nach einer Fahrbahnkuppe mit unübersichtlicher Rechtskurve - geriet der Bw mit seinem Fahrzeug ins Schleudern und kam links von der Fahrbahn ab. Dabei überfuhr er ein Verkehrszeichen und einen auf einer Stützmauer befestigten Schranken und prallte hinterher mit der rechten Fahrzeugseite gegen das Haus G Nr..

 

Bei diesem Verkehrsunfall zog sich der Beifahrer im Personenkraftwagen des Bw, H S S, so schwere Verletzungen zu, dass er noch im Landeskrankenhaus Salzburg verstarb. Der Bw wurde ebenfalls schwer verletzt – er war beim Eintreffen der erhebenden Exekutivbeamten nicht ansprechbar und wurde in das Krankenhaus Burghausen eingeliefert. Nach seiner Einlieferung in das Krankenhaus wurde der Bw intensivmedizinisch betreut. Nach Aussagen der behandelnden Ärzte erlitt unter anderem ein Schädelhirntrauma mit Prellungsblutungen und ein psychoorganisches Syndrom.

 

Über Verständigung - durch die Polizeiinspektion E - ordnete die zuständige Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis Dr. E H am 21. März 2008 um 02.20 Uhr die Sicherstellung einer Blutprobe des Unfalllenkers über die Polizeiinspektion B an. Der Antrag der Staatsanwaltschaft Ried zur Blutabnahme beim Bw wurde in der Folge um 02.22 Uhr von der Polizeiinspektion E an die Polizeiinspektion B weitergeleitet. Um 2.30 Uhr erteilte der zuständige Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft T M die Anordnung der Blutabnahme beim Unfalllenker P B. Um 03.09 Uhr wurde beim Bw durch Dr. W des Krankenhauses Burghausen eine Blutabnahme durchgeführt. Die Untersuchung dieses Blutes durch das Bayrische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ergab – siehe das im Verfahrensakt enthaltene Gutachten vom 27. März 2008 - einen Blutalkoholgehalt von 1,26 %o. Rückgerechnet auf den Unfallszeitpunkt (01.00 Uhr) ergibt dies einen Alkoholgehalt des Blutes beim Bw von 1,475 %o.

 

Wegen dieses Vorfalles vom 21. März 2008 ist gegen den Bw ein gerichtliches Strafverfahren anhängig.

 

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat mit nicht rechtskräftigem - Urteil vom 15. Oktober 2008, 20 Hv 44/08s, über den Bw unter Anwendung des § 36 StGB nach § 81 Abs.1 StGB eine Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt und ihn gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. 

Er hat demnach am 21. März 2008 in Geretsberg fahrlässig den Tod des H S S dadurch herbeigeführt, dass er unter Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Aufmerksamkeit und Sicherheit auf der Geretsberger Gemeindestraße im Ortsgebiet von Geretsberg die Herrschaft über den von ihm gelenkten Pkw,     verlor, ins Schleudern geriet, von der Straße abkam und in weiterer Folge gegen das Haus Geretsberg Nr.  geprallt ist, wobei er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuss von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat (zumindest 1,5 Promille Blutalkoholgehalt), wobei er vorausgesehen hat oder hätte vorsehen können, dass ihm eine Tätigkeit, nämlich das Lenken seines Pkw bevorsteht, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet ist.

Hiedurch habe er das Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 80 (§ 81 Abs.1 Z2) StGB begangen.

Gegen dieses Urteil des Landesgerichtes Ried hat der Bw - gemäß seinen Angaben – Berufung erhoben. Eine Entscheidung darüber durch das  Oberlandesgericht Linz steht noch aus.

 

Der Bw war bislang gänzlich unbescholten. Gegenständlich handelt es sich um sein erstes Alkoholdelikt im Straßenverkehr bzw. um die erstmalige Entziehung seiner Lenkberechtigung.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, im Besonderen aus der Unfallsanzeige der Polizeiinspektion E vom 9. April 2008, GZ C1/5692/2008-Be samt Verletzungsanzeige und Lichtbildbeilage, dem Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung vom 27. März 2008, dem nicht rechtskräftigen Urteil des Landesgericht Ried im Innkreis vom 15. Oktober 2008, 20 Hv 44/08s und den Darlegungen des Bw durch seinen Rechtsvertreter in seinen Schriftsätzen.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten wie folgt:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Es stellt ferner eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z2 FSG dar, wenn jemand beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist.

 

Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen:

1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2. wegen einer zweiten in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960.

Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei  Monaten festzusetzen.

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

3.2. In Anbetracht des - unter 2.5. geschilderten – Ereignisses vom 21. März 2008 ist gegen den Bw ein gerichtliches Strafverfahren anhängig, jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die entscheidungswesentliche Frage, die es im Verfahren zu klären gilt, ist, ob das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung als Beweismittel verwendet werden durfte oder dem Verwertungsverbot unterliegt. Diese Frage stellt im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung eine sogenannte Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Es wird in diesem Zusammenhang allerdings nicht die Rechtskraft des gerichtlichen Strafverfahrens abgewartet, sondern vom UVS die Vorfrage nach § 38 erster Satz AVG  beurteilt.

 

Nach der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 6. Dezember 1988, B1092/87; VwGH verstärkter Senat 27. November 1979, 0855/79) widerspricht eine von Exekutivbeamten an einer bewusstlosen Person veranlasste zwangsweise Blutabnahme zwecks Blutalkoholuntersuchung dem österreichischen Verfassungsrecht (§ 5 Abs.6 StVO iVm Art. 90 Abs.2 B-VG sowie Art. 8 MRK) und besteht diesbezüglich ein Beweisverwertungsverbot. Die am Bw vorgenommene Blutabnahme erfolgte aber nicht aufgrund der Anorderung durch Exekutivorgane und somit nicht aufgrund des § 5 Abs.4a iVm § 5 Abs.6 StVO. Diese Blutabnahme erfolgte vielmehr aufgrund der Anordnung des Staatsanwaltes M der Staatsanwaltschaft T – offenkundig als Beweismittel für ein allfälliges Strafverfahren nach dem StGB.

 

Im gerichtlichen Strafverfahren kommen Beweisverwertungsverbote nur dort zum Tragen, wo das Gesetz ein derartiges Verbot ausdrücklich vorsieht (OGH 7. April 1994, 12 Os 187/93). Weder dem StGB noch der StPO ist eine Bestimmung zu entnehmen, dass die an einem Bewusstlosen vorgenommene Blutabnahme im gerichtlichen Strafverfahren nicht verwertet werden dürfte. Der Oberste Gerichtshof hat bislang – soweit ersichtlich – kein derartiges Beweisverwertungsverbot ausgesprochen, sondern hat dieser im zivilgerichtlichen Verfahren sogar ausdrücklich judiziert, dass eine an einem Bewusstlosen vorgenommene Blutabnahme als Beweismittel verwertet werden darf (OGH 3. Oktober 2000, 10 ObS 271/00a; 27. Juni 1991,  7 Ob 12/91).

 

Es handelt sich somit im zugrundeliegenden Fall nicht um eine verbotenerweise erlangte Blutprobe, sondern um einen rechtmäßig erlangten Beweis und besteht daher kein Beweisverwertungsverbot.

 

Das Ergebnis der Blutalkoholbestimmung (Blutalkoholgehalt von 1,475 %o) wurde vom Bw nicht bezweifelt bzw. bestritten. Das Verhalten des Bw ist damit als bestimmte Tatsache im Sinne § 7 Abs.3 Z2 FSG zu qualifizieren und schließt jedenfalls die Verkehrszuverlässigkeit des Bw aus.

 

Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit (VwGH 27. Februar 2004, 2002/11/0036; 20. April 2004, 2003/11/0143). Diese sind als besonders verwerflich anzusehen, zumal durch Alkohol beeinträchtigte Lenker eine hohe potenziale Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil diese Lenker infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs-, Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben und diese stark herabgesetzt werden.

 

Das Verhalten des Bw vom 21. März 2008 war verwerflich und gefährlich. Es ist sogar zu einem Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden gekommen, sodass die Gefährlichkeit des Alkoholdeliktes nachdrücklich dokumentiert wurde.

 

Bei der in § 25 Abs.3 FSG genannten Entziehungszeit von drei Monaten handelt es sich um eine Mindestentziehungszeit für deren Dauer die Lenkberechtigung jedenfalls wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) zu entziehen ist. Die Bestimmung steht somit der Festsetzung einer längeren Entzugsdauer - im Rahmen der nach § 7 Abs.4 FSG erforderlichen Wertung - nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen. Hat der Betreffende auch einen Verkehrsunfall verursacht, ist dies nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls (zusätzlich) zu berücksichtigen und eine entsprechend längere Entziehungsdauer festzusetzen.

 

Im Hinblick auf das zusätzliche Verschulden eines Verkehrsunfalles durch den Bw kann daher mit der gesetzlich vorgesehenen Mindestentzugsdauer von drei Monaten nicht das Auslangen gefunden werden. Allerdings kann zu Lasten des Bw bei der Wertung der vorliegenden bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 4 FSG nicht der Umstand gelten, dass er bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall den Tod eines Menschen verschuldet hat, weil die Unfallfolgen im gegebenen Zusammenhang bei der Wertung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. etwa VwGH 22. Oktober 1991, 91/11/0033; 20. Jänner 1998, 97/11/0217, uva.).

 

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Bw - nach der Aktenlage - weder vor der gegenständlichen Straftat noch danach nachteilig in Erscheinung getreten ist. Insbesondere dem Umstand, dass die Tatbegehung erstmalig erfolgte, der Bw bislang unbescholten war und es sich gegenständlich um die erstmalige Entziehung seiner Lenkberechtigung und sein erstes Alkoholdelikt überhaupt handelt, ist zu seinen Gunsten maßgebliche Bedeutung beizumessen. Positiv wirkt sich auch aus, dass jenes Verhalten, welches zum Unfall geführt hat offensichtlich im Gegensatz zu seinem sonstigen Verhalten steht. Seit dem Vorfall im März 2008 hat er offenbar keinerlei weitere Verkehrsübertretungen und auch keine gerichtlich strafbaren Handlungen begangen. Wenngleich diesem Wohlverhalten im Hinblick auf die gegen ihn anhängigen Straf- und Entziehungsverfahren nur minderes Gewicht zukommt, ist dennoch sein Wohlverhalten seit dem Vorfall, der mittlerweile ein Jahr zurückliegt, im Gesamten zu berücksichtigen.

 

Ungeachtet der Verwerflichkeit des Verhaltens des Bw gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat insbesondere unter Bedachtnahme auf die erstmalige Begehung eines derartigen Deliktes und das offenbare sonstige Wohlverhalten des Bw (Gegenteiliges hat die Behörde nicht festgestellt) zur Auffassung, dass mit einer Entzugs- bzw. Verbotsdauer von acht Monaten das Auslangen gefunden werden kann und nach dieser nunmehr festgelegten Entziehungs- bzw. Verbotsdauer erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Bw wieder hergestellt ist und er die die Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Gesinnung überwunden hat. Der Berufung konnte somit in diesem Sinne Erfolg beschieden werden. Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren auf Behebung des angefochtenen Bescheides war jedoch abzuweisen.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer bzw. sonstigen Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern. Berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung bzw. dem Lenkverbot verbunden sind, dürfen daher im Interesse der Verkehrssicherheit nicht berücksichtigt werden (VwGH 30. Mai 2001, 2001/11/0081). Der Bw hat sich als verkehrsunzuverlässig erwiesen, weshalb er im Interesse der Verkehrssicherheit sofort vom weiteren Lenken von Kraftfahrzeugen abgehalten werden muss. Auch dass die Entziehung der Lenkberechtigung bzw. das angeordnete Lenkverbot - als "Nebenwirkung" - mittelbar die Erwerbstätigkeit erschweren könnte, ist bei Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit sowie Festsetzung der Entziehungs- und Verbotsdauer bedeutungslos (vgl. auch VfGH 26.2.1999, B544/97).

 

Das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges ist in § 32 Abs.1 FSG begründet und ist zu Recht erfolgt. Die Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen stützt sich auf die Gesetzesbestimmung des § 30 Abs.1 FSG. Die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und die Vorschreibung einer Nachschulung ergeben sich aus § 24 Abs.3 FSG, wobei die Anordnung der Nachschulung zwingend vorgesehen ist. Die Beibringung eines Amtsarztgutachtens scheint aufgrund des doch erheblichen Ausmaßes der Alkoholisierung beim Bw im Lenkzeitpunkt und der erlittenen schweren Verletzungen jedenfalls geboten. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ist in § 29 Abs.3 FSG fundiert. Ergänzend sei bemerkt, dass diese Anordnungen auch in den Anwendungsfällen des § 99 Abs.6 lit.c StVO gelten, wenn, so wie hier der Fall einer Alkoholbeeinträchtigung in Verbindung mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in die Zuständigkeit des Strafgerichtes fällt.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Fall der Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit immer geboten ist (vgl. z.B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

 

 

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