Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522203/3/Fra/RSt VwSen-522204/3/Fra/RSt

Linz, 09.03.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufungen des Herrn J A und der Frau M A, beide wohnhaft in E, beide vertreten durch die Rechtsanwältin Frau Mag. D H, W, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2. Dezember 2008, GZ: 431428/2008 u. 431419/2008, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigungen durch Befristung und Nachuntersuchung, und gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Februar 2009, GZ: 43419/2008, und vom 16. Februar 2008, GZ: 43428/2008, betreffend Entziehung der Lenkberechtigungen, zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 8 Abs.3 Z1 und 2 FSG; § 24 Abs.1 Z2 FSG.

§ 10 und § 14 Abs.5 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit den Bescheiden vom 2. Dezember 2008, GZ: 43419/2008 und 43428/2008 den Berufungswerbern (Bw) die Lenkberechtigung wie folgt eingeschränkt:

 

·         Herrn J A wurde die Lenkberechtigung für die Klassen A und B ab 1.12.2008 durch Nachuntersuchung beim Amtsarzt bis 1.12.2009 sowie durch Befristung bis 1.12.2009 eingeschränkt.

 

·         Frau M A wurde die Lenkberechtigung für die Klasse B ab 1.12.2008 durch Nachuntersuchung beim Amtsarzt bis 1.12.2009 sowie durch Befristung bis 1.12.2009 eingeschränkt.

 

Dagegen haben die Bw Berufungen erhoben. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat über diese Berufungen mit Bescheiden vom 23. Jänner 2009, GZ: 431428/2008 und 431419/2008, mittels Berufungsvorentscheidungen dahingehend entschieden, dass nunmehr beiden Bw die Lenkberechtigungen für die oa. Klassen mangels gesundheitlicher Eignung entzogen wurde. Zudem wurden weitere Verbote ausgesprochen! Die Bw haben nunmehr durch ihre ausgewiesene Vertreterin nach Zustellung der Berufungsvorentscheidungen rechtzeitig bei der Behörde die Anträge gestellt, die Berufungen der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageanträge). Mit Einlangen dieser Vorlageanträge sind die Berufungsvorentscheidungen außer Kraft getreten (§ 64a Abs.3 AVG).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Bescheid vom 10.2.2009, GZ: 431419/2008, Frau M A die Lenkberechtigung für die Klasse "B" mangels gesundheitlicher Eignung ab 29.1.2009 entzogen und weitere Rechte aberkannt. Weiters hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Bescheid vom 16.2.2009, GZ: 431428/2008, Herrn J A die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ab 29.1.2009 entzogen, weitere Verbote verhängt und Rechte aberkannt. Dagegen richten sich die durch die angewiesene Vertreterin eingebrachten Berufungen.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über diese Berufungen durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) wie folgt erwogen:

 

Einer gemäß § 24 Abs.1 Z2 iVm § 8 Abs.3 Z2 FSG verfügten Befristung der Lenkberechtigung liegt die Annahme zugrunde, dass der Besitzer der Lenkberechtigung zwar zum Lenken von Kraftfahrzeugen der betreffenden Klasse(n) geeignet ist, diese Eignung jedoch nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Dazu bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung zu rechnen ist (VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0254 mit Vorjudikatur).

 

Die angefochtenen Bescheide enthalten keine Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass bei den Bw eine derartige "Krankheit" vorliegt, geschweige denn, dass damit zu rechnen ist, dass sich diese derartig verschlechtert, dass die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen verloren geht oder eingeschränkt wird. Sie verweisen lediglich auf die "schlüssigen" Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 1. Dezember 2008. Diese Gutachten enthalten für beide Bw folgende lapidare Begründungen: "Aggressivität unter Alkoholeinfluss, Alkoholüberkonsum situationsbedingt, Problemeinsicht teilweise vorhanden (bei Frau A M  zusätzlich Kreislaufschwäche)". Was der Amtsarzt mit dieser Begründung genau meint, bleibt im Dunkeln. Aus den von der belangten Behörde unwidersprochen gebliebenen Feststellungen in den Vorlageanträgen und Berufungen kann erschlossen werden, dass Anlass für die gegenständlichen amtsärztlichen Untersuchungen der Bw eine private Feier der Bw am 24. Oktober 2008 war, bei der offensichtlich wegen vermeintlicher Lärmerregung Polizeiorgane eingeschritten sind. Diese Feier stand offensichtlich in keinem Zusammenhang mit dem Lenken oder in Betrieb nehmen eines Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand.

 

Personen, welche alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV nach eine befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen.

 

Diese Verordnungsstelle behandelt Personen, welche mit Alkohol gehäuften Missbrauch begangen haben, in gleicher Weise wie jene Personen, welche alkoholabhängig waren. Sie erfasst somit solche Personen, bei denen zwar nicht der Nachweis einer Abhängigkeit in der Vergangenheit möglich ist, wohl aber der Nachweis des gehäuften Missbrauches.

 

Um von einem gehäuften Missbrauch im Sinne der Verordnungsstelle entsprechen zu können, genügt nicht ein gelegentlicher wiederholter Missbrauch, sondern es muss sich um häufigen Missbrauch innerhalb relativ kurzer Zeit handeln, ohne dass allerdings der Nachweis einer damals bestehenden Alkoholabhängigkeit erforderlich wäre (VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0209; vom 25.5.2004, 2003/11/0310).

 

Dem Verfahrensakt ist nicht zu entnehmen, dass die Bw alkoholabhängig waren oder gehäuften (Alkohol-)Missbrauch begangen haben.

 

Aus den genannten Gründen ist die Vorschreibung sowohl der Befristung als auch der "Nachuntersuchung durch den Amtsarzt in einem Jahr" rechtlich nicht möglich und war somit aufzuheben.

 

Was die festgestellten Blutdruck- und Blutwerte anlangt, wird insbesondere auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.9.2005, GZ: 2005/11/0120, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof führte unter Hinweis auf die Entscheidung vom 14. März 2000, 99/11/0254 aus, dass im Hinblick darauf, dass der Blutdruck in weiten Grenzen schwankt, eine krankhafte Hypertonie in der Regel erst dann diagnostiziert werden kann, wenn wiederholte Messungen pathologische Werte ergeben. Die einmalige Messung bei der amtsärztlichen Untersuchung am 1. Dezember 2008 bei Herrn J A (bei Frau M A wurde lediglich ein erhöhter Puls, jedoch ein normaler Blutdruck festgestellt) ist sohin nicht ausreichend, die Lenkberechtigung im Sinne der angefochtenen Bescheide einzuschränken.

 

Ungeachtet dieser Sach- und Rechtslage hat die belangte Behörde mittels oa. Berufungsvorentscheidungen die Rechtsphäre der Berufungswerber insofern weiter eingeschränkt, als sie aufgrund der Berufungen gegen die oa. Bescheide betreffend Einschränkung der Lenkberechtigungen diese zur Gänze entzogen hat. Aufgrund der Vorlageanträge sind die Berufungsvorentscheidungen außer Kraft getreten. In der Folge hat die belangte Behörde nochmals mit den Bescheiden vom 10. Februar 2009 und 16. Februar 2009 die Lenkberechtigungen der Bw entzogen. Die Entziehungsbescheide stehen krass im Widerspruch zu den Bescheiden vom 2. Dezember 2008, mit denen die Lenkberechtigungen eingeschränkt wurden, zumal ja die belangte Behörde in diesen Bescheiden davon ausgeht, dass beide Bw bis zum Dezember 2009 gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sind. Entsprechende Ermittlungsergebnisse, dass bei beiden Bw vom Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide betreffend Einschränkung der Lenkberechtigungen bis zur Erlassung der Bescheide betreffend die Entziehung der Lenkberechtigungen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zur Gänze abhanden gekommen ist, sind nicht evident. In den Verwaltungsakten finden sich lediglich die Stellungnahmen des Amtsarztes.

 

Würde es zutreffen, dass bei einem einmalig festgestellten Bluthochdruck – dies trifft im Übrigen nur bei Herrn J A zu – die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr gegeben ist, wären die Lenkberechtigungen sofort zu entziehen gewesen (auf die o.a. Judikatur des VwGH wird verwiesen).

 

Die angefochtenen Bescheide wurden offensichtlich von der Bürgerservicestelle ausgestellt. Der Begriff "Service" leitet sich aus der lateinischen Sprache ab und bedeutet "dienen", "nützlich sein". Inwiefern die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden den Bw einen Dienst erwiesen hat, ist für den UVS nicht nachvollziehbar.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

 

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