Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590198/3/SR/Sta

Linz, 05.03.2009

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Alfred Grof, Beisitzerin Mag. Gerda Bergmayr-Mann, Berichter Mag. Christian Stierschneider) über die Berufung des H S, L,  R, Betreiber der Wasserversorgungsanlage M A J, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 2008, SanRB-121551/2-2008-Hai, wegen der Anordnung von Maßnahmen und Vorkehrungen nach dem Bundesgesetz über Sicherheitsanforderungen und weitere Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG), BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 121/2008, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG; § 39 LMSVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Bescheid vom 31. Oktober 2008, GZ.: SanRB-121551/2-2008-Hai, H S, dem Betreiber der Wasserversorgungsanlage "M A J " gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG wie folgt aufgetragen:

 

"Für das Inverkehrbringen von Trinkwasser aus der Wasserversorgungsanlage M A J, H S in  R, L, werden  folgende Maßnahmen und Vorkehrungen angeordnet:

 

a) Bis zur Sicherstellung der einwandfreien Trinkwasserqualität durch eine der unten angeführten Maßnahmen

*       darf das Wasser nur in abgekochtem Zustand verwendet werden (kochen bei Siedetemperatur, die zumindest drei Minuten gehalten werden muss.

*       ist an sämtlichen Stellen, wo Gäste oder Personal eventuell Wasser konsumieren oder benutzen können, bei jedem Wasserhahn gut sichtbar und fest haftend der Hinweis `kein Trinkwasser´ anzubringen

 

Sämtliche Abnehmer sind nachweislich über diese Vorsichtsmaßnahmen und Nutzungseinschränkungen zu informieren.

 

b) Innerhalb einer Frist von 6 Monaten ist eine der folgenden Maßnahmen zur dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität zu treffen:

 

*       Errichtung eines neuen Wasserspenders, welcher einwandfreies Trinkwasser liefert (ein entsprechendes Schutzgebiet ist zu erwirken)

*       Anschluss an einen anderen Wasserspender (Ersatzwasserversorgung)

*       Einbau einer geeigneten Desinfektionsanlage in die bestehende Anlage (entsprechend dem Österreichischen Lebensmittelbuch, IV Auflage, Kapitel B1 `Trinkwasser´ sowie den diesbezüglichen ÖNORMEN), wobei hier die Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik einschließlich Schutzgebiet zu entsprechen hat.

 

 Die Errichtung eines neuen Wasserspenders bzw. der Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung ist durch Fachpersonal, wie einschlägig konzessionierte Betriebe vorzunehmen.

 

c) Die nächste gemäß Trinkwasserverordnung vorgeschriebene Trinkwasseruntersuchung ist nach der erfolgten Errichtung eines neuen Wasserspenders bzw. nach dem Einbau der Aufbereitungsanlage zur Trinkwasserdesinfektion durchführen zu lassen und es ist das Untersuchungsergebnis unverzüglich dem Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, vorzulegen.

Ebenso ist ein Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung der genannten Dienststelle zu melden."   

 

Einleitend gibt die belangte Behörde § 39 Abs. 1 LMSVG wieder und führt aus, dass in den Ziffern 1 bis 14 beispielhaft "solche" Maßnahmen und Vorkehrungen aufgelistet seien. Anschließend weist sie auf Trinkwasseruntersuchungen hin, bei denen seit dem Jahr 2003 wiederkehrend mikrobiologische Verunreinigungen festgestellt worden seien.

 

Aus dem zuletzt vorgelegten Trinkwasserbericht vom 3. Juli 2008 ergebe sich, dass der Gutachter beim Lokalaugenschein keine hygienisch-technischen Mängel an der Wasserversorgungsanlage aufgezeigt habe. Da die Ursache der mikrobiologischen Verunreinigung nicht festgestellt und somit auch nicht beseitigt werden konnte, sei nicht davon auszugehen, dass die einwandfreie Trinkwasserqualität ohne laufende Desinfektionsmaßnahme oder ohne den Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung dauerhaft sichergestellt werden könne.

 

Trinkwasseruntersuchungen würden eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt der Probenentnahme darstellen. Auch wenn nun wieder ein Untersuchungsergebnis vorliegen sollte, welches die Trinkwassereignung bestätige, biete das keine Gewähr für eine dauerhafte hygienisch einwandfreie Wasserqualität.  

 

Mit Schreiben vom 16. September 2008 sei der Berufungswerber von der beabsichtigten Vorgangsweise der belangten Behörde in Kenntnis gesetzt und ihm die Möglichkeit zur Erstattung einer Stellungnahme eingeräumt worden. Eine Stellungnahme des Berufungswerbers sei bis zur Abfertigung des angefochtenen Bescheides nicht eingelangt. Die angeführten Maßnahmen seien verhältnismäßig und es sei ihm zumutbar, die im Spruch angeführten Maßnahmen bis zu der im Spruch angeführten Frist umzusetzen. 

 

2. Der vorliegende Bescheid wurde dem Berufungswerber am 4. November 2008 zu eigenen Handen zugestellt; dieser hat innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und erschließbar die ersatzlose Bescheidaufhebung beantragt.  

 

Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, dass Anfang September 2008 bereits entsprechende Maßnahmen getroffen worden seien. So habe er die neue Abdichtung des Auffangbeckens veranlasst und im September 2008 die Wasserqualität neuerlich überprüfen lassen. Das positive Wassergutachten habe er am 26. September 2008 an das Land Oö. geschickt. Eine Kopie davon liege der Berufung bei. 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Landeshauptmannes von Oberösterreich zu Zl. SanRB-121551/2-2008-Hai; da sich bereits daraus der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ und im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

3.1.1. H S ist Betreiber der Wasserversorgungsanlage "M A J".

 

3.1.2. Mit Schreiben vom 8. September 2008, GZ ESVLA-301703/28-2008-Ks, teilte das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, der Abteilung Gesundheit mit, dass die Trinkwasseruntersuchungen der Wasserversorgungsanlage M A J, Anlagen ID 0705/0051, seit 2003 wiederkehrend mikrobiologische Verunreinigungen ergeben hätten.

 

Der Lokalaugenschein am 16. Juni 2008 habe keine hygienisch-technischen Mängel an der Wasserversorgungsanlage aufgezeigt und der Gutachter habe die Anlage als in "ordnungsgemäßen Zustand befindlich" beurteilt. Da die Ursache der mikrobiologischen Verunreinigung nicht festgestellt und somit auch nicht beseitigt werden könne, sei davon auszugehen, dass die einwandfreie Trinkwasserqualität ohne laufende Desinfektionsmaßnahme oder ohne den Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung nicht dauerhaft sichergestellt werden könne.

 

Folgende "notwendige Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der einwandfreien Trinkwasserversorgung" wurden abschließend vorgeschlagen:

        Es ist für den Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung oder die Errichtung      eines neuen Wasserspenders, welcher einwandfrei Trinkwasserqualität liefert, zu sorgen.

       Die Errichtung eines neuen Wasserspenders hat dem Stand der Technik entsprechend zu erfolgen. Zum Schutz vor Verunreinigungen sind entsprechende Schutzgebiete festlegen zu lassen.

       Alternativ dazu ist zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität aus der bestehenden Anlage der Einbau einer Aufbereitungsanlage zur Trinkwasserdesinfektion möglich.

Die Aufbereitungsanlage hat dem Österreichischem Lebensmittelbuch,
III. Auflage, Kapitel B1 "Trinkwasser" sowie den diesbezüglichen ÖNORMEN zu entsprechen. Voraussetzung für den Einbau einer Desinfektionsanlage ist, dass die Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik einschließlich Schutzgebiet entspricht.

       Die Errichtung eines neuen Wasserspenders bzw. der Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung oder der Einbau einer Aufbereitungsanlage ist durch Fachpersonal, wie einschlägig konzessionierte Betriebe vorzunehmen.

       Bis zur Sicherstellung der einwandfreien Trinkwasserqualität

 

-          darf das Wasser nur in abgekochtem Zustand verwendet werden (kochen bei Siedetemperatur, die zumindest drei Minuten gehalten werden muss).

-          ist an sämtlichen Stellen, wo Gäste oder Personal eventuell dieses Wasser konsumieren oder benutzen, bei jedem Wasserhahn gut sichtbar und fest haftend der Hinweis „kein Trinkwasser" anzubringen.

Sämtliche Abnehmer sind nachweislich über diese Vorsichtsmaßnahmen und Nutzungseinschränkungen zu informieren.

   Der Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung ist durch Vorlage einer entsprechenden Anschlussbestätigung nachzuweisen.

     Sollte eine Desinfektionsanlage installiert bzw. ein neuer Wasserspender errichtet werden, sind Untersuchungen des Trinkwassers gemäß Trinkwasserverordnung durchführen zu lassen, um die Wiederherstellung der Trinkwasserqualität nachzuweisen. Die Befunde und Gutachten über diese Untersuchungen sind unverzüglich der zuständigen Behörde vorzulegen.

   Der Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung oder die Errichtung eines neuen Wasserspenders bzw. die Inbetriebnahme einer Desinfektionsanlage ist binnen 6 Monaten durchzuführen.

 

3.1.3. Ohne weitergehende Ermittlungen (z.B. Anforderung der einzelnen Trinkwasseruntersuchungen) übermittelte die belangte Behörde dem Berufungswerber das Schreiben der Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen vom 8. September 2008, GZ ESVLA-301703/28-2008-Ks, und teilte ihm mit, dass beabsichtigt sei, die angeführten Maßnahmen vorzuschreiben. Des Weiteren wurde dem Berufungswerber die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Nach ungenütztem Fristablauf würde ohne weitere Anhörung entschieden. Sollte der Berufungswerber in der Zwischenzeit geeignete Maßnahmen gesetzt haben, würde um Mitteilung ersucht. Für den Fall, dass die gesetzten Maßnahmen ausreichen, entfalle die Erlassung des Bescheides.

 

3.1.4. Am 31. Oktober 2008 erließ die belangte Behörde den unter Punkt 1 angeführten Bescheid.

 

3.1.5. Laut Aktenvermerk vom 4. November 2008 gab die Gattin des Berufungswerbers telefonisch bekannt, dass das Wasser jetzt in Ordnung sei und sie den Befund vom September an die Lebensmittelaufsicht geschickt habe. Die Probleme im Auffangbecken seien bereinigt worden und der Befund passe nunmehr.

Anschließend wurde die Anruferin von der Behördenvertreterin in Kenntnis gesetzt, dass der Bescheid nach dem Verstreichen der Frist erlassen worden  und das Vorbringen in der Berufung zu erstatten sei.

 

3.1.6. Aufgrund der am 19. November 2008 eingelangten Berufung ersuchte die belangte Behörde die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/ Lebensmittelaufsicht u.a. um Mitteilung, ob der Berufungswerber am
26. September 2008 ein "neues positives Wassergutachten an das Land Oö" geschickt habe.

 

3.1.7. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 teilte die Abteilung Ernährungs­sicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht mit, dass die Auflagen des angefochtenen Bescheides bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht umgesetzt worden seien. Die Notwendigkeit der Maßnahmenumsetzung sei trotz Vorlage des letzten Prüfungsberichts, der keine mikrobiologische Kontamination zeige, gegeben. Die fachliche Begründung sei in der Stellungnahme ESVLA-01703/28Ks ausgeführt. Dem Schreiben wurden die Trinkwassergutachten vom 5. September 2008,
3. Juli 2008, 24. Juli 2007, 5. Juni 2007, 20. Juni 2006 und Wasserunter­suchungsergebnisse vom 8. Juli und 1. August 2003 beigelegt.   

 

* Die Trinkwasserüberprüfungen am 8. Juli und 1. August 2003 durch das UMWELT-ANALYTISCHE INSTITUT Dr. H ZT-GmbH (Prüfbericht, Analysen­nummer UAI 2003/042399/Wa-7013 und UAI 2003/042485/Wa-8007) ergaben aufgrund des Gehaltes an Bacterium coli, coliformen Keimen und Enterokokken Grenzwertüberschreitungen und das Trinkwasser wurde daher als "nicht genusstauglich" beurteilt.

 

* Trinkwasser-Gutachten vom 20. Juni 2006, Gutachtennummer 947121, erstellt durch das Umweltlabor A B GmbH:

Überschreitung von Indikatorwerten; Coliforme Keime, E. coli und Enterokokken wurden nicht nachgewiesen.

Trotz der Überschreitung einzelner Indikatorwerte wurde das "Wasser gemäß österreichischem Lebensmittelgesetz als VERKEHRSFÄHIG beurteilt" und festgestellt, dass das Wasser der Trinkwasserverordnung entspricht.

 

* Trinkwasser-Gutachten vom 5. Juni 2007, Gutachtennummer 982675, erstellt durch das Umweltlabor A B GmbH:

Überschreitung von Indikatorwerten; Coliforme Keime, E. coli und Enterokokken wurden nicht nachgewiesen.

Trotz der Überschreitung einzelner Indikatorwerte wurde das "Wasser gemäß österreichischem Lebensmittelgesetz als VERKEHRSFÄHIG beurteilt" und festgestellt, dass das Wasser der Trinkwasserverordnung entspricht.

 

* Trinkwasser-Gutachten vom 24. Juli 2007, Gutachtennummer 989136, erstellt durch das Umweltlabor A B GmbH:

Überschreitung von Indikatorwerten; Coliforme Keime wurden festgestellt, E. coli und Enterokokken wurden nicht nachgewiesen.

Trotz der Überschreitung einzelner Indikatorwerte wurde das "Wasser gemäß österreichischem Lebensmittelgesetz als VERKEHRSFÄHIG beurteilt" und festgestellt, dass das Wasser der Trinkwasserverordnung entspricht.

 

* Trinkwasser-Gutachten vom 3. Juli 2008, Gutachtennummer 5318, erstellt durch das Umweltlabor A B GmbH:

Überschreitung von Indikatorwerten; Coliforme Keime und E. coli wurden festgestellt, Enterokokken wurden nicht nachgewiesen.

Aufgrund der Überschreitung einzelner Indikatorwerte und des Nachweises von Coliformen Keimen und E. coli wurde das Wasser für den menschlichen Verzehr als ungeeignet im Sinne des § 5 Abs. 5 Z. 2 LMSVG beurteilt. 

 

* Trinkwasser-Gutachten vom 5. September 2008, Gutachtennummer 7310, erstellt durch das Umweltlabor A B GmbH:

Bei der untersuchten Probe wurden alle Indikator- und Parameterwerte der Trinkwasserverordnung eingehalten. Coliforme Keime, E. coli und Enterokokken wurden nicht nachgewiesen.

Aufgrund des Lokalaugenscheins wurden folgende Feststellungen getroffen:

"Keine Mängel. Der Zustand des Einzugsgebietes lässt einen ausreichenden Schutz für das Wasservorkommen erwarten. Der bauliche und technische Zustand der Wassergewinnungsanlage verhindert jede Verunreinigung des Wassers in ihrem Bereich. Die Einrichtungen für Transport und Speicherung sind in einem solchen Zustand, dass jede Beeinträchtigung der Wassergüte vermieden wird. Die Einrichtung wurde dem Stand der Technik gemäß errichtet. Es werden Aufzeichnungen über die Eigenkontrolle geführt. Beim Deckel ist eine Dichtung anzubringen. Die Anlage befindet sich in ordnungsgemäßen Zustand."

Beurteilung:

"Das Wasser entspricht im Rahmen des durchgeführten Untersuchungsumfanges den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Das Wasser ist zur Verwendung als Trinkwasser geeignet."

 

3.2. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG hat der Landeshauptmann bei Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften mit Bescheid, gegebenenfalls unter einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist und unter Ausspruch der notwendigen Bedingungen oder Auflagen, die nach Art des Verstoßes und unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung anzuordnen.

 

Insbesondere sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

1. die Einschränkung oder das Verbot des In-Verkehrbringens oder der Verwendung;

2. die teilweise oder gänzliche Schließung von Betrieben;

3. die Untersagung oder Einschränkung der Benützung von Räumen und Betriebsmitteln;

4. den Entzug oder die Aussetzung der Zulassung von Betrieben;

5. eine geeignete Behandlung, wobei eine Vermischung bei Überschreitung der Grenzwerte von Kontaminanten und Rückständen, ausgenommen bei Wasser für den menschlichen Gebrauch, jedenfalls unzulässig ist;

6. die Verwendung zu anderen als den ursprünglich vorgesehenen Zwecken;

7. die unschädliche Beseitigung;

8. die Rücksendung an den Ursprungsort im Falle des grenzüberschreitenden Verbringens;

9.  die Rücknahme vom Markt oder den Rückruf vom Verbraucher;

10. die Information der Abnehmer und Verbraucher;

11. die Anpassung der Kennzeichnung;

12. die Durchführung betrieblicher Verbesserungen, insbesondere bei der Her­stellung, Lagerung, Verwendung, Dokumentation und Eigenkontrolle, einschließlich der Vorlage von Untersuchungszeugnissen in begründeten Fällen;

13. die Durchführung baulicher, anlagentechnischer und ausstattungsmäßiger Verbesserungen;

14. die unverzügliche Berichtspflicht über die Durchführung der angeordneten Maßnahmen.

 

§ 5 der Trinkwasserverordnung weist die Überschrift "Eigenkontrolle" auf und lautet:

"Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage hat

         1.      die Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik entsprechend zu errichten, in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und vorzusorgen, dass eine negative Beeinflussung des Wassers hintan gehalten wird;

         a)      zu diesem Zweck ist die Anlage fachgerecht von geschulten

                   Personen zu errichten, zu warten und instand zu halten;

         b)      über Maßnahmen gemäß lit. a sind Aufzeichnungen zu führen,

                   insbesondere über

         -        Baupläne und Planungsunterlagen,

         -        Wartungsarbeiten und

         -        Schulungen der für die Instandhaltung und Wartung eingesetzten

                   Personen oder

         -        gegebenenfalls Nachweise über die durchgeführten Tätigkeiten

                   einschlägiger Betriebe.

Diese Aufzeichnungen sind solange aufzubewahren, dass der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage jederzeit die Erfüllung der Aufgaben nach lit. a nachweisen kann. Sie sind jedenfalls fünf Jahre aufzubewahren und jederzeit auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzuweisen. Baupläne und Planungsunterlagen sind unbegrenzt aufzubewahren;

         2.      Untersuchungen des Wassers gemäß dem Untersuchungsumfang und den Untersuchungshäufigkeiten nach Anhang II sind von der Agentur gemäß § 65 LMSVG, den Untersuchungsanstalten der Länder gemäß § 72 LMSVG oder von einer gemäß § 73 LMSVG hiezu berechtigten Person durchführen zu lassen;

diese haben

         -        bei der Probenahme auch die Überprüfung der Wasserversorgungsanlage (Lokalaugenschein; einschließlich der Wasserspende mit Fassungszone) vorzunehmen,

         -        Proben zu entnehmen und

         -        die in Anhang III aufgeführten Spezifikationen für die Analysen anzuwenden.

Andere als die in Anhang III Z 1 genannten Verfahren dürfen angewendet werden, wenn die erzielten Ergebnisse nachweislich mindestens genauso zuverlässig sind, wie die mit den vorgegebenen Verfahren ermittelten Ergebnisse;

         3.      die Proben

         -        im Falle einer Wasserversorgungsanlage, die ≤ 10 m3 Wasser pro Tag (siehe Anhang II Teil B Anmerkung 1) liefert, an der Stelle oder an den Stellen entnehmen zu lassen, die eine Beurteilung der Qualität des Wassers an den in § 4 genannten Stellen ermöglichen. Werden Desinfektionsverfahren angewandt, sind zur Überprüfung der Wirksamkeit einer Desinfektionsmaßnahme über die in Anhang II Teil B festgelegte Mindestprobenzahl hinaus, weitere Proben entnehmen zu lassen.

         -        im Falle einer Wasserversorgungsanlage, die >10 m3 Wasser pro Tag (siehe Anhang II Teil B Anmerkung 2) liefert, für die Untersuchungen gemäß Z 2 zumindest an den von der zuständigen Behörde gemäß § 7 Z 1 festgelegten Probenahmestellen entnehmen zu lassen;

Sind aus Gründen der Sicherung der einwandfreien Beschaffenheit des Wassers an weiteren Stellen oder zusätzliche Probenahmen erforderlich, oder besteht Grund zur Annahme, dass Stoffe oder Mikroorganismen, für die keine Parameterwerte festgesetzt wurden, in einer Menge oder Anzahl vorhanden sind, die eine potentielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen, sind entsprechende zusätzliche Proben entnehmen zu lassen oder zusätzliche Untersuchungen durchführen zu lassen;

         4.      Befunde und Gutachten über die gemäß Anhang II durchgeführten Untersuchungen

         -        unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten und

         -        fünf Jahre lang zur Kontrolle aufzubewahren, ausgenommen die Befunde und Gutachten der Vollanalyse, die zehn Jahre aufzubewahren sind;

         5.      soweit bei Untersuchungen gemäß den Z 2 und 3 die Nichteinhaltung der mikrobiologischen oder chemischen Anforderungen gemäß Anhang I Teil A und B festgestellt wurde, unverzüglich

Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität

des abgegebenen Wassers zu ergreifen, um spätestens innerhalb von
30 Tagen den Parameterwerten zu entsprechen;

– die Abnehmer über den (die) betreffenden Parameter sowie den

dazugehörigen Parameterwert gemäß Anhang I Teil A und B zu informieren und auf etwaige Vorsichtsmaßnahmen (zB Nutzungsbeschränkungen für das Wasser oder bestimmte Behandlungsverfahren wie zB bei Nichteinhaltung der mikrobiologischen Anforderungen das Kochen bei Siedetemperatur, die zumindest drei Minuten gehalten werden muss) hinzuweisen. Weiters sind die Abnehmer darauf hinzuweisen, dass diese Informationen allen Verbrauchern (zB durch Aushang im Gebäude) in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen sind.

– die zuständige Behörde zu informieren und ihr alle

erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen."

 

4.2.1. Die Handlungspflicht des Landeshauptmannes setzt voraus, dass ein Verstoß gegen eine lebensmittelrechtliche Vorschrift wahrgenommen worden ist. Eine Präzisierung der Wortgruppe "Wahrnehmung eines Verstoßes" lässt sich der Regierungsvorlage und dem darin enthaltenen Verweis auf Art. 54 EG-KontrollVO entnehmen. Danach sind die erforderlichen Maßnahmen zu setzten, wenn "die Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt".

 

Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es nicht darauf an, dass ein Verstoß rechtskräftig durch ein gerichtliches Urteil oder ein behördliches Straferkenntnis festgestellt wird. Jedenfalls ist unter "Wahrnehmung eines Verstoßes" ein begründeter Verdacht zu verstehen, der auf Grund einer Beobachtung eines Aufsichtsorgans oder auf Grund einer substantiierten Information von nach dem LMSVG zur Untersuchung berufenen Stellen (z.B. AGES) hervorgekommen ist. Dieser Sachverhalt muss zumindest in objektiver Hinsicht einen gerichtlichen Straftatbestand oder eine Verwaltungsübertretung verwirklichen. Diesfalls ist ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Strafverfahren, in dessen Rahmen das Vorliegen aller (objektiven und subjektiven) Tatbestandsvoraussetzungen geprüft werden, durchzuführen. Im Zuge des Verfahrens werden getroffene Maßnahmen und das Verhalten des Unternehmers zu berücksichtigen sein (siehe Blass ua, LMR3 § 39 LMSVG Rz 3). 

 

4.2.2. Dem Vorlageakt lässt sich kein aktueller Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften entnehmen.

 

4.2.2.1. In der Begründung des angefochtenen Bescheides bezieht sich die belangte Behörde allgemein gehalten auf "seit 2003 wiederkehrend festgestellte mikrobiologische Verunreinigungen". Ohne zu prüfen, ob diese Verunreinigungen einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften darstellen und ohne  Einsichtnahme in die zitierten Gutachten (diese wurden erst nach der Berufungseinbringung beigeschafft) kommt die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Ursache für die mikrobiologische Verunreinigung nicht festgestellt und daher auch nicht beseitigt werden könne. Damit eine einwandfreie Trinkwasserqualität dauerhaft gewährleistet sei,  müsse der Berufungswerber eine Desinfektionsanlage einbauen oder den Anschluss an eine Ersatzwasser­versorgung vorsehen. 

 

4.2.2.2. Unstrittig ist, dass die Wasserversorgungsanlage derzeit Wasser in Trinkwasserqualität liefert, die Anlage nach wie vor bewilligt und überprüft ist und in diesem Zustand betrieben wird. Nicht unwesentlich ist, dass die Wasserversorgungsanlage auch zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Wasser in Trinkwasserqualität geliefert hat.

 

Die nähere Auseinandersetzung mit den angesprochenen Gutachten ergibt, dass lediglich die beiden Untersuchungen im Jahr 2003 und jene am 18. Juni 2008 (Gutachten vom 3. Juli 2008) zu der Beurteilung geführt haben, dass das untersuchte Wasser zur Verwendung als Trinkwasser nicht geeignet ist. Bei den insgesamt drei Untersuchungen in den Jahren 2006 und 2007 wurde zwar die Überschreitung einzelner Indikatorwerte festgestellt, aber das untersuchte Wasser dennoch als verkehrsfähig und der Trinkwasserverordnung entsprechend beurteilt. 

 

§ 5 der Trinkwasserverordnung schreibt dem Betreiber unter der Z. 1 vor, dass er "die Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik entsprechend zu errichten, in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und vorzusorgen hat, dass eine negative Beeinflussung des Wassers hintan gehalten wird". Unter Z. 5 wird dem Betreiber u.a. vorgeschrieben, dass er unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wassers zu ergreifen habe, um spätestens innerhalb von 30 Tagen den Parameterwerten zu entsprechen, soweit bei Untersuchungen gemäß den Z. 2 und 3. die Nichteinhaltung der mikrobiologischen oder chemischen Anforderungen gemäß Anhang I Teil A und B festgestellt wurde.  

 

Ein Blick in die herangezogene Norm zeigt, dass der Verordnungsgeber damit ausschließlich eine "fachgerechte Errichtung, Wartung und Instandhaltung" bezweckt hat (siehe § 5 Z. 1 lit. a Trinkwasserverordnung: "zu diesem Zweck ist die Anlage fachgerecht von geschulten Personen zu errichten, zu warten und instand zu halten;"). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird dem Betreiber durch diese Norm aber nicht aufgetragen, eigenständige Änderungen vorzunehmen, die über den bewilligten Umfang der Wasserversorgungsanlage hinausgehen. Konsequenz der behördlichen Meinung wäre, dass jedes einwandfreie Trinkwasser sicherheitshalber eine Desinfektionsanlage zu durchlaufen hätte, um damit jede, in ungewisser Zukunft liegende, nur denkmögliche Verunreinigung ausschließen zu können.

 

Aufgrund des negativen Gutachtens vom 3. Juli 2008 hat der Berufungswerber das Auffangbecken neu abgedichtet und am 1. September 2008 eine neuerliche Trinkwasserüberprüfung vornehmen lassen. Wie aus dem unter Punkt 3.1.7. wiedergegebenen Gutachten vom 5. September 2008 ersichtlich ist, entsprach das untersuchte Wasser den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften und war zur Verwendung als Trinkwasser geeignet. Mit der "Neuabdichtung" des Auffangbeckens dürfte dem Berufungswerber somit eine umfassende Sanierung gelungen sein, da erstmals sämtliche Indikator- und Parameterwerte der Trinkwasserverordnung bzw. des Lebensmittelbuches (Kapitel B1, Anh. 3 "Zusätzliche Kriterien") eingehalten worden sind.

 

Der Berufungswerber hat das Trinkwasser - Gutachten vom 5. September 2008 der belangten Behörde übermittelt. Laut Eingangsstempel langte das Gutachten beim Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht am 29. September 2008, somit vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides, ein. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde das Gutachten jedoch nicht unverzüglich an die unmittelbar zuständige Abteilung weitergeleitet, obwohl die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht Kenntnis vom anhängigen Verfahren der belangten Behörde hatte.

 

Dies ändert jedoch nichts daran, dass – objektiv gesehen – unabhängig davon, dass die belangte Behörde – bedingt durch innerorganisatorisches Verschulden – keine Kenntnis vom Gutachten vom 5. September 2008 hatte, das Wasser aus der Wasserversorgungsanlage M A J bereits vor der Bescheiderlassung zur Verwendung als Trinkwasser geeignet war und der Trinkwasserverordnung entsprochen hat. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht auch noch nach Kenntnisnahme des vorgelegten Gutachtens die "Umsetzung der Bescheidauflagen" eingefordert und sich dabei in nicht nachvollziehbarer Weise auf eine "Fachliche Begründung" in der "Stellungnahme" vom 8. September 2008  bezogen hat.   

 

Sowohl die einzelnen Verfahrensergebnisse als auch die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigen im Ergebnis auf, dass ein aktueller Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften weder vorliegt noch ein solcher wahrgenommen worden ist.

Anzumerken ist, dass Überschreitungen von einzelnen Indikatorwerten nicht automatisch einen Verstoß gegen die Trinkwasserverordnung bedeuten (siehe die vorliegenden Trinkwasser–Gutachten aus den Jahren 2006 und 2007).

 

Bei dem vorliegenden Sachverhalt war daher der belangten Behörde die "Anordnung von Maßnahmen und Vorkehrungen" verwehrt.

 

Aus den angeführten Gründen war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

4.3. Zu den angeordneten "Maßnahmen und Vorkehrungen", die unzulässigerweise alternativ "angeordnet" wurden, ist anzumerken:

 

4.3.1. Im Spruchteil lit. b) hat die belangte Behörde einleitend ausgeführt, dass "Innerhalb einer Frist von 6 Monaten eine der folgenden Maßnahmen zur dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität zu treffen" ist.  

 

Die Anordnungen "Anschluss an einen anderen Wasserspender" und "Errichtung eines neuen Wasserspenders" können - bezogen auf die Trinkwasserversorgungsanlage M A J nicht zu einer dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität der in Rede stehenden Wasserversorgungsanlage führen. Für den Fall, dass die Voraussetzungen zur Anordnung von Maßnahmen gemäß § 39 LMSVG gegeben wären, wäre der beispielsweise Anschluss an einen anderen Wasserspender nur Folge einer zulässigen Maßnahme (z.B. bei der Anordnung des "Verbotes des In-Verkehrsbringens") und nicht Gegenstand der Maßnahme selbst.

 

4.3.2. Im zu beurteilenden Fall hätte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 LMSVG von den "alternativ vorgeschlagenen Maßnahmen"  lediglich der "Einbau einer geeigneten Desinfektionsanlage in die bestehende Anlage" angeordnet werden können.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von 24  Euro
angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. Grof

 

 

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