Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110871/37/Wim/Rd/Ps

Linz, 11.03.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn O O S, S, vertreten durch F GmbH, H, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10.5.2008, GZ: 0008657/2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.1.2009 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 63 Abs.5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10.5.2008, GZ: 0008657/2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 365  Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.3 GütbefG verhängt, weil er als selbständiger Gewerbetreibender und Geschäftsführer der Fa. B GmbH mit dem Sitz in S, K und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten hat, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes nicht eingehalten wurden. Am 21.3.2006 um 21.45 Uhr hat Herr K H, welcher Angehöriger eines Drittstaates (Türkei) ist, als Lenker des Lkw V mit dem deutschen Kennzeichen und dem Anhänger 04 K mit dem deutschen Kennzeichen, zugelassen auf die Fa. B GmbH, mit Sitz in S, einen grenzüberschreitenden (von Istanbul nach Dachau) gewerbs­mäßigen Gütertransport entgegen den Bestimmungen des Güterbeförderungs­gesetzes durchgeführt.

Der Berufungswerber habe als Unternehmer nicht dafür Sorge getragen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei der Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt wurden. Er habe zum oa Zeitpunkt, durch den aus einem Drittstaat (Türkei) stammenden oa Lenker einen grenzüberschreitenden gewerblichen Gütertransport durchführen lassen, ohne dass dieser eine Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 484/2002 mitgeführt hat.

Der Lenker hat die Nachweise über die in § 7 Abs.1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen. Diese Übertretung wurde vom Landespolizeikommando Oberösterreich, Landesverkehrsabteilung Autobahnpolizeiinspektion Haid, Gendarmerie­platz 1, 4053 Haid, im Zuge einer Kontrolle zum oa Zeitpunkt auf der A1 Fahrtrichtung Salzburg bei Km 166,3, festgestellt.    

 

2. Dagegen wurde mit 9.7.2008 – ergänzt mit Eingabe vom 11.7.2008 - Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der erlassene Bescheid nicht den verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen gerecht werde, zumal der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden sei. Im Übrigen werde die Verpflichtung des Mitführens einer Fahrerbescheinigung in Abrede gestellt. Diesbezüglich wurde auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen C-317/01 und C-369/01, auf das Assoziationsabkommen sowie auf Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls, verwiesen. Aufgrund der Weigerung der deutschen Behörden auf  Ausstellung von Fahrerbescheinigungen für Drittstaatsangehörige aus der Türkei könne der Berufungswerber in Österreich nicht strafsanktioniert werden. Überdies wurde auf die Bestellung des E U zum verantwortlichen Beauftragten hingewiesen, wonach die verwaltungsstraf­rechtliche Verantwortung auf diesen übergegangen sei und daher der Berufungswerber nicht zu bestrafen gewesen wäre.    

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.  

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und vorerst für den 19.11.2008 und in der Folge über Ersuchen des Rechtsvertreters für den 13.1.2009 eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers sowie der Vertreter der belangten Behörde haben an der Verhandlung teilgenommen. Der Berufungswerber ist zur Verhandlung nicht erschienen. Weiters wurde der Zeuge Insp. Mag. S, API Haid, geladen und zeugenschaftlich einvernommen. Die weiters vom Berufungswerber beantragten  Zeugen E U sowie H K konnten mangels ladungsfähiger Adresse nicht zur mündlichen Verhandlung geladen werden.  

 

4.1. In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers bezüglich der Rechtzeitigkeit der Berufung vorgebracht, dass ihm vom Berufungswerber mitgeteilt worden sei, dass er in der Zeit der Hinterlegung des Straferkenntnisses dauernd ortsabwesend gewesen sei. Der Vertreter der belangten Behörde führte hinsichtlich der Zustellung des Straferkenntnisses aus, dass der Berufungswerber aufgrund einer Mahnung zur Begleichung des aushaftenden Strafbetrages beim Bezirksverwaltungsamt angerufen habe und ihm daraufhin noch einmal informativ per E-Mail oder Fax das Straferkenntnis zugesandt worden sei. Aus dem Akt könne aber nicht ersehen werden, ob eine nochmalige Übersendung des Straferkenntnisses per E-Mail oder Fax stattgefunden habe. Es liege jedenfalls eine Bestätigung vom 9.7.2008 vom Berufungswerber vor, in welcher er den Erhalt des Straferkenntnisses am 7.7.2008 bestätigte.

In der Sache selbst wurde vom zeugenschaftlich einvernommenen Meldungsleger Insp. Mag. S ausgesagt, dass er keine detaillierten Erinnerungen mehr an die Kontrolle habe. Generell werden bei einer Kontrolle alle relevanten Unterlagen und Papiere, wie zB Schaublätter, Führerschein, Frachtbriefe, Gemeinschaftslizenzen, Fahrerbescheinigungen udgl. vom Lenker verlangt. Im konkreten Fall konnte der Fahrer keine Fahrerbescheinigung vorweisen. Der Lenker habe ihm zu verstehen gegeben, dass ihm bewusst sei, dass er eine Fahrerbescheinigung brauche und er in Kürze vielleicht auch eine bekommen werde. Dem Lenker sei auch bewusst gewesen, dass er ohne Fahrerbescheinigung nicht fahren dürfe. Verständigungsprobleme mit dem Lenker habe es nicht gegeben. Es wurden 920 Packstücke Textilien mit einem Gesamtgewicht von ca. 15 t transportiert. Der Lenker teilte ihm über Aufforderung auch mit, dass er bei der Firma B beschäftigt sei und in der Türkei (Istanbul) seinen Wohnsitz habe.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 11 Abs.1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Gemäß Art.3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr.526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art.10 des genannten Vertrages geregelt.

 

Gemäß dessen Art.10 Abs.1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art.1 Abs.1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

Gemäß § 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

 

5.2. Gegen den Berufungswerber wurde von der belangten Behörde ein Straferkenntnis, datiert mit 10.5.2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes, erlassen. Das Straferkenntnis wurde mittels internationalem Postrückschein und dem Vermerk "Eingeschrieben" am 16.5.2008 beim Aufgabepostamt L zur Post gegeben. Die ungeöffnete Briefsendung wurde von der Deutschen Post AG an die belangte Behörde offenkundig nach einer stattgefundenen Hinterlegung zurückgesandt. Auf dem dazugehörigen Briefumschlag ist als Grund der Retournierung "Nicht abgeholt" angekreuzt und als Datum der Retournierung der 2.6.2008 angeführt. Weiters befinden sich auf dem Briefumschlag Vermerke wie "21/5" und "28.5".

 

Mit Schreiben vom 2.7.2008 trat der Berufungswerber an die belangte Behörde aufgrund des Mahnschreibens der belangten Behörde vom 27.6.2008 heran, da ihm der "Vorgang" nicht bekannt gewesen sei. Der Berufungswerber ersuchte um Übermittlung des Vorgangs. Mit Eingabe vom 9.7.2008 bestätigte der Berufungswerber den nunmehrigen Erhalt des ihm am 7.7.2008 übermittelten Straferkenntnisses vom 10.5.2008 und legte gleichzeitig Berufung ein. Am 11.7.2009 erfolgte durch den nunmehrigen Rechtsvertreter des Berufungs­werbers eine Ergänzung der Berufung.

 

5.3. Die belangte Behörde ist vom Vorliegen einer rechtswirksamen Zustellung des Straferkenntnisses ausgegangen. Der Ansicht der belangten Behörde ist jedoch Nachstehendes entgegenzuhalten:

 

Die belangte Behörde hat sich offenkundig von dem Vermerk "21/5" am retournierten Briefumschlag dahingehend leiten lassen, diesen als Beginn der Hinterlegungsfrist anzusehen und ist daher von einer ­– nämlich durch Hinterlegung -  rechtswirksamen Zustellung des Straferkenntnisses ausgegangen und hat, nachdem kein Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist erhoben, aber auch die verhängte Geldstrafe nicht beglichen wurde, in der Folge das mit 27.6.2008 datierte Mahnschreiben dem Berufungswerber übermittelt.

 

Um die Rechtzeitigkeit der Einbringung eines Rechtsmittels überprüfen zu können, bedarf es naturgemäß eines Zustellnachweises. Gegenständlich war ein Straferkenntnis an einen in Deutschland ansässigen Berufungswerber durch die deutsche Post zuzustellen und war das Erfordernis eines Zustellnachweises gegeben. Die belangte Behörde hat bei der Zustellung des Schriftstückes – entgegen den Bestimmungen des Art.10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 – die formellen Erfordernisse wie "Eigenhändig" und "Rückschein" nicht eingehalten. Auf dem im Akt einliegenden Briefumschlag bzw internationalen Rückschein finden sich keine entsprechenden Zustellvermerke. Diesbezüglich wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 8.9.2004, Zl. 2002/03/0152 und vom 23.4.2008, 2006/03/0152, verwiesen. Die belangte Behörde wäre, nachdem die Briefsendung mit dem Vermerk "nicht behoben" retourniert worden ist, gehalten gewesen, das Straferkenntnis neuerlich zuzustellen, und zwar unter Einschaltung der zuständigen deutschen Behörde, bezugnehmend auf den oben angeführten Vertrag über Amts- und Rechtshilfe. Es hätte sohin die Zustellung des Straferkenntnisses durch die Regierung Oberpfalz veranlasst werden müssen. Erst durch die Zustellung der deutschen Behörde hätte eine rechtmäßige Niederlegung - diese ist vergleichbar mit der österreichischen Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz – stattfinden können. Diese Vorgehensweise wurde von der belangten Behörde jedoch erwiesenermaßen nicht veranlasst und war daher von keiner rechtswirksamen Zustellung des Straferkenntnisses mit 21.5.2008 auszugehen, sodass auch die mit 9.7.2009 vom Berufungswerber eingebrachte Berufung als unzulässig im Sinn des § 63 Abs.5 AVG (das Straferkenntnis war mangels rechtswirksamer Zustellung nicht "erlassen" iSd Bestimmung) anzusehen ist.

 

Durch die Übermittlung des Straferkenntnisses per E-Mail oder im Faxwege – ein Vermerk, dass eine solche erfolgte, ist dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen – im Anschluss an das vom Berufungswerber mit der für die Eintreibung von Geldstrafen zuständigen Sachbearbeiterin geführte Telefonat bewirkt noch keine Heilung des Zustellmangels nach § 7 Zustellgesetz. Dies deshalb, da – wie vom Vertreter der belangten Behörde anlässlich der Verhandlung ausgesagt wurde – die Übermittlung des Straferkenntnisses informativen Charakter besessen hat, da von einer längst erfolgten rechtswirksamen Zustellung des Straferkenntnisses ausgegangen wurde. Es ist daher die "zweite" Übermittlung des Straf­erkenntnisses aufgrund des informativen Charakters lediglich als "Bürgerservice" zu verstehen gewesen und wurde diese von keinem Zustellwillen der Behörde getragen (siehe dazu auch VwGH vom 15.12.1995, Zl. 95/11/0333, 29.8.1996, Zl. 95/06/0128).  

 

Es war die Berufung als unzulässig zurückzuweisen, zumal die Erhebung der Berufung – wie schon oben ausgeführt - noch vor Erlassung des Straf­erkenntnisses erfolgte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum