Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251956/14/BMa/RSt

Linz, 24.02.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der W P, vertreten durch G, K, P, L Rechtsanwälte OG, M, 40 L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9. Oktober 2008, 0017264/2006, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass als Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden festgesetzt werden.

 

II.   Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2008

 

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) schuldig gesprochen und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Gewerbeinhaberin der Firma P W, 4... L, Z, zu verantworten, dass von dieser im E, Z, 40 L, die ungarische Staatsbürgerin P H N T B, als Erotik-Tantra-Masseurin von 05.06.2006 bis zumindest 05.07.2006 beschäftigt wurde, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

 

§ 3 (1) iVm § 28/1/1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975

 

III. Strafausspruch:

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von        Falls diese uneinbringlich ist,                       Gemäß

                               Ersatzfreiheitsstrafe von

 

€ 1000,00         67 Stunden                                     § 28/1 AuslBG 1975

 

IV. Kostenentscheidung:

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10% der verhängten Strafe zu leisten:

 

€ 100,00

 

Rechtsgrundlage in der jeweils gültigen Fassung:

 

§ 64 (1) und (2) Verwaltungsstrafgesetz

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

 

€ 1100,00

 

 

 

V. Zahlungsfrist:

 

Wird keine Berufung erhoben, ist der Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) in der Höhe von € 1100,00 zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides mittels beiliegenden Erlagscheins einzuzahlen. Sonst müsste die zwangsweise Einbringung veranlasst werden."

 

1.2. In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der Rechtslage aus, dass aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt sei. Hinsichtlich der Schuldfrage habe die Bw zumindest fahrlässig gehandelt; so habe sie keinerlei Erkundigungen bei einer zuständigen Behörde hinsichtlich der rechtmäßigen Beschäftigung der Ausländerin eingeholt. Der Strafbemessung wurden die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse gemäß den Angaben der Bw zugrunde gelegt. Als strafmildernd wurde ihre Unbescholtenheit und straferschwerend kein Umstand gewertet.

 

1.3. Dagegen wurde rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben. Unter Hinweis auf den Dienstnehmerbegriff gemäß § 4 Abs.2 ASVG und auf die Definition des Begriffs "Dienstgeber" gemäß § 35 Abs.1 ASVG wurde ausgeführt, es fehle im gegenständlichen Fall sowohl an der Arbeitgeber- als auch an der Arbeitnehmereigenschaft, die jeweils ein essentieller Bestandteil eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei.

 

Der bekämpfte Bescheid sei mangelhaft, fehle es doch an den erforderlichen Feststellungen zu den Fragen der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit, ebenso zu der Art und dem Ausmaß der Beschäftigung, insbesondere der Höhe des Entgelts. Zudem würden nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gefälligkeitsdienste, also kurzfristige und weitestgehend unentgeltliche Dienste, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht worden seien, nicht unter den von der Erstbehörde vorgeworfenen Tatbestand fallen.

 

Zum Beweis dafür, dass die Beschuldigte keinen Lohn an die Ausländerin gezahlt habe, diese nicht der Beschuldigten gegenüber weisungsgebunden gewesen sei, die Ausländerin selbständige Masseurin gewesen sei und auch als solche zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei, werde die ergänzende Einvernahme der P H N T B, Masseurin, 44 E, E, beantragt.

 

Die Erstbehörde habe ihr bei der Bemessung der Strafe eingeräumtes Ermessen rechtswidrig ausgeübt, so sei die Unbescholtenheit der Bw nicht mildernd gewertet worden. Selbst wenn man ein tatbildmäßges Verhalten zugrunde legen würde, wäre vom Vorliegen eines Bagatelldeliktes auszugehen. Es seien nur objektive Kriterien der Strafbemessung angegeben worden, nicht jedoch die maßgeblichen Umstände und Erwägungen, die letztlich dazu geführt hätten, dass die Erstbehörde eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro verhängt habe.

 

Es seien Umstände vorgelegen, die einem Verbotsirrtum (schuldausschließenden Rechtsirrtum) nahekommen würden. Dieser beruhe in der Annahme, dass Frau P als Selbständige und nicht als Arbeitnehmerin einzustufen sei. Zur Strafbemessung wurde noch angeführt, dass § 20 VStG, die Unterschreitung der Mindeststrafe bis zur Hälfte, und § 21 VStG, die Erteilung einer Ermahnung, zu Unrecht nicht angewandt worden seien. Es wurde auch auf das Doppelverwertungsverbot hingewiesen und die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses, in eventu die Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Erledigung, in eventu die Herabsetzung der verhängten Strafe, und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

2. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der Unabhängige Verwaltungssenat durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Einsicht genommen in den vorgelegten Verwaltungsakt des Magistrats der Landeshauptstadt Linz und am 6. Februar 2009 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Bw in Begleitung ihrer rechtsfreundlichen Vertretung und der Vertreter der Legalpartei gekommen sind.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

 

3.1.1. Frau W P ist Betreiberin des Massagestudios "E" in der Z, 4... L.

Die Räumlichkeiten dieses Massagestudios wurden von ihr angemietet. In den Massageräumen werden Handtücher und Badetücher sowie das Massageöl und sonstige Einrichtungen wie zum Beispiel ein Radio mit CD-Player den Masseurinnen zur Betreuung ihrer Kunden zur Verfügung gestellt. Sollten die Masseurinnen darüber hinausgehende weitere Utensilien benötigen, so werden diese von der Bw gegen Zahlung von Entgelt besorgt.

Die bei den Massagen anfallende Wäsche wird gesammelt und jene Masseurin, die zuletzt massiert hat, hat die Wäsche in einer Waschmaschine im Keller zu waschen.

Die im Studio E tätigen Masseurinnen haben eine Hausordnung zu unterzeichnen; diese wird auch von Frau W P unterschrieben. Darin ist u.a. geregelt, dass in den Räumlichkeiten des Massagestudios nicht geraucht oder geschlafen werden darf; auch die Modalitäten des Waschens der Wäsche sind dort geregelt. Wird die Hausordnung nicht befolgt, so wird die Wäsche über "anweisendes Ersuchen" der Bw von den Masseurinnen gewaschen.

Im Studio E liegt eine Liste für die einzelnen Dienstleistungen auf, mit von der Bw vorgegebenen Preisen (Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 6. Februar 2009). Die Masseurinnen haben ihre Entlohnung mit den Kunden nach dieser Liste zu vereinbaren. Dort ist geregelt, welchen Betrag die Masseurinnen für welche Leistung von den Kunden einzuheben haben.

 

Die Ausländerin P H N hat sich beim Studio E aufgrund eines von der Bw in der Korrekt unter "diverses Personal" geschalteten Inserats gemeldet.

Von der Bw werden den Masseurinnen Sim-Karten für Handys zur Verfügung gestellt, deren Nummern in den Inseraten der "E-Massage" bzw. im Internet bei der Werbung für das Studio aufscheinen. Die Sim-Karte ist von der jeweiligen Masseurin an die Bw zurückzustellen, wenn diese nicht mehr im Studio arbeitet.

In den Inseraten wird auch eine "zentrale" Telefonnummer angeführt, unter der das Massagestudio erreichbar ist. Kunden können unter der Zentralnummer allfällige Terminwünsche bzw. Personalwünsche (z.B. schlanke Dame) deponieren. Diese Wünsche werden dann von der Bw an die jeweiligen Masseurinnen weitergeleitet.

Nur die Bw hatte die gewerberechtliche Berechtigung zum Betreiben des Studios E. Die Inserate zur Bewerbung der Dienstleistungen des Studios E (der Erotik- Tantra- Massagen) wurden aus diesem Grund von ihr selbst geschalten (Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 6. Februar 2009).

 

Frau P H N war in der Zeit vom 5. Juni 2006 bis 5. Juli 2006 ca. zwei- bis dreimal pro Woche zwischen 10.00 bzw. 11.00 bis 13.00 bzw. 14.00 Uhr im E tätig bzw. erreichbar. Sie hat die Zeit, die sie außerhalb der Betreuung ihres Kindes zur Verfügung hatte, ausschließlich im Studio E gearbeitet.

 

Nach jeder Massage hatte Frau P H N einen fixen Betrag an die Bw abzuführen.

 

Die Termine für die Massagen wurden sowohl von Frau P H N selbständig über das Handy mit der "Dienstnummer" als auch über die zentrale Telefonnummer, die von der Bw verwaltet wird, mit den Kunden vereinbart.

Die Bw war zur Zeit, wenn Massagen stattfinden, im Studio anwesend und hat diese beaufsichtigt (Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 6. Februar 2009).

 

Frau P H N konnte sich nach Absolvierung einer Massage, also auch außerhalb ihres aktiven Dienstes in den Räumlichkeiten des Es aufhalten und warten, ob sich ein Kunde für eine Massage bei ihr melden würde.

 

In dem Zeitraum, in dem P H bei der Bw gearbeitet hat, war sie bei der GSVG krankenversichert.

 

3.1.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der glaubwürdigen Aussage der Bw in der mündlichen Verhandlung, die im Wesentlichen auch nicht im Widerspruch zur Anzeige und dem von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen Sachverhalt steht.

Die beantragte Einvernahme der Zeugin P H konnte unterbleiben, hatte doch der unabhängige Verwaltungssenat keinen Grund die Aussage der Bw, auch hinsichtlich der Tätigkeit der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Vielmehr wurde die Aussage der Bw dem festgestellten Sachverhalt zugrunde gelegt.

Es wird auch nicht in Zweifel gezogen, dass die Zeugin während der Zeit ihrer Beschäftigung im Massagestudio E in der Krankenversicherung nach dem GSVG pflichtversichert war und von der Bw für ihre Massagetätigkeit keine Geldleistung erhalten hat.

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.2.1. Gemäß § 28 Abs.1 Z 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, mit der die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (AuslBG) BGBl. 218/1975 idF BGBl I Nr. 157/2005, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländer für jeden unberechtigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer

entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis

(§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt  - EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FRG 1997) ausgestellt wurde.

 

Nach § 28 Abs.7 AuslBG ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

 

Gemäß § 3 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Als Ausländer gilt gemäß § 2 Abs.1 AuslBG im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

 

Die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5,

d) nach den Bestimmungen des § 18 oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 169/1988

gilt als Beschäftigung nach § 2 Abs.2 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend.

 

3.2.2. Die Bw ist die Betreiberin des "Studio-E" in der Z, 4... L. P H N ist nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft und damit Ausländerin im Sinne des AuslBG.

Die ungarische Staatsangehörige P H N war im Massagestudio E als Erotikmasseurin in dem im Straferkenntnis angeführten Zeitraum tätig und es lag für diese Tätigkeit keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung nach dem AuslBG vor.

 

Die Bw bestreitet die Anwendbarkeit des AuslBG mit der Begründung, die Ausländerin sei einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage, ob es sich um selbständig oder unselbständig beschäftigte Personen nach Maßgabe des Ausländerbeschäftigungsgesetzes handelt, zu prüfen, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist oder ob darüber hinaus eine persönliche Abhängigkeit vorliegt. Die Kriterien, die zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant sind, müssen nicht lückenlos vorliegen. Die Gewichtung der vorhandenen Merkmale im Gesamtbild entscheidet darüber, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das Fehlen sowie auch eine schwache Ausprägung des einen Merkmals kann durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen werden (vgl. VwGH vom 14.11.2002, Zl. 1999/09/0167).

 

Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer arbeitnehmerähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht notwendigerweise persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig. Seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muss eher darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist (vgl. VwGH vom 24.4.2006, Zl. 2005/09/0021).

 

Beispielsweise wird eine (der Tätigkeit einer Erotikmasseurin in Hinblick auf die organisatorische Eingliederung vergleichbare) Tätigkeit als Tänzerin in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht, wie in einem Arbeitsverhältnis (vgl. VwGH vom 21.9.2005, Zl. 2004/09/0114). In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis oder von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, somit von einer Beschäftigung iSd § 2 Abs.2 AuslBG auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf das oa. Erkenntnis des VwGH vom 14.11. 2002, 99/09/0167 hinzuweisen, wonach von einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis der Ausländerin iSd § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG auszugehen ist, wenn die ausländische Arbeitnehmerin bei der Ausübung ihrer Tätigkeit als Prostituierte an die Weisungen ihres Arbeitgebers hinsichtlich der Festsetzung der Preise und der verpflichtenden Benützung von Kondomen bei Ausführung des Geschlechtsverkehrs gebunden ist und sie an den Arbeitgeber bestimmte Beträge für die Bereitstellung der Räumlichkeiten abzuliefern hat. Die Tätigkeit der Erotik-Masseurinnen im Studio E weist hinsichtlich der Festsetzung der Preise und der Ablieferung bestimmter Beträge an die Bw augenfällige Parallelen auf.

 

Die als Erotikmasseurin tätige P H konnte die Zimmer im Massagestudio E nur nach Rücksprache mit der Bw benutzen. Die Werbung der Kunden wurde durch die Bw selbst unter dem Namen "Studio E" veranlasst.

Die im Studio E arbeitenden Masseurinnen haben bei Beginn des Antritts ihrer Arbeit in diesem Studio eine Telefonsimkarte zur Verfügung gestellt bekommen, mit dem sie für die Kunden telefonisch erreichbar sind. Diese Simkarte war bei Beendigung der Arbeit im Studio E zurückzustellen und wurde an die nächste, dann neu aufzunehmende Masseurin weitergegeben. Anfragen von Kunden wurden auch unter einer zentralen Telefonnummer entgegengenommen und an die jeweiligen Masseurinnen weitervermittelt.

 

Es wurden die Räumlichkeiten inkl. Inventar und den für die Abwicklung einer Massage nötigen Hilfsmittel wie Handtücher, Massageöl und Entspannungs-CD von der Bw zur Verfügung gestellt.

 

Damit wurde der Ausländerin die gesamte Infrastruktur zur Ausübung der Massage (in Form von Naturalleistungen) zur Verfügung gestellt.

 

Die Masseurinnen haben nach fix vorgegebenen Tarifen im Studio gearbeitet. Die Bw hat diese Tätigkeit auch kontrolliert. Überdies hat Frau P auch die Hausordnung unterschrieben, worin Verhaltensweisen für den Aufenthalt im Studio E festgelegt waren. Bei Nichteinhaltung der darin festgelegten Punkte, zB der Verpflichtung des Waschens der benutzten Handtücher, wurden die Mädchen von der Bw dazu angehalten, diese Tätigkeiten auszuführen.

 

Frau P H hat 10 bis 15 Stunden pro Woche im Studio E gearbeitet. Dies war die einzige Verdienstmöglichkeit, die sie neben ihren Kinderbetreuungspflichten hatte.

 

Damit hat die Ausländerin ihre Tätigkeit im Massagestudio in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit durchgeführt.

 

Im gegenständlichen Fall ist überdies davon auszugehen, dass das Massagestudio der Bw ohne die von verschiedenen Masseurinnen durchgeführten Erotikmassagen nicht von Kunden besucht werden würde und aus diesem Grund die Terminvereinbarungen der Masseurinnen mit den Kunden für die Existenz eines derartigen Massagestudios unumgänglich sind. Das Funktionieren des Betriebs setzt daher – unabhängig von einer gewissen Selbstorganisation der jeweiligen Masseurin – ihre Eingliederung in den Betriebsablauf voraus und ist zumindest im Hinblick auf die Beistellung der Betriebsmittel wie Simkarte für das Telefon, Massageöl usw. anzunehmen, dass gerade von jenen Damen, die diese von der Bw verwalteten Strukturen in Anspruch nahmen, jedenfalls mit gewisser Regelmäßigkeit eine Anwesenheit im Lokal der Bw verlangt wurde.

 

Die Tätigkeit der Ausländerin in ihrer Gesamtheit stellt daher auch im gegenständlichen Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb der Bw, wie sie im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung aufgezeigt wurde, bis hin zur Notwendigkeit des Betriebs des Massagestudios eine Beschäftigung iSd § 2 Abs.2 AuslBG dar. Insbesondere traten im gegenständlichen Verfahren keine atypischen Umstände zu Tage, die auf ein Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit der Ausländerin schließen lassen, sondern deren Tätigkeit ist im Hinblick auf die festgestellte planmäßige Eingliederung in die Betriebsorganisation der Bw jedenfalls dieser zuzurechnen.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

3.2.3. Das AuslBG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs.1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bw initiativ alles darzutun, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich die Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung ist bekannt, dass die Beschäftigung einer Ausländerin grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf (vgl. VwGH vom 20.5.1998, Zl. 97/09/0241). Es wäre daher jedenfalls Aufgabe der Bw gewesen, sich vor Aufnahme der Tätigkeit durch die Ausländerin bei der zuständigen Behörde über die entsprechende Rechtslage und die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung der Ausländerin unter den konkreten Umständen zu erkundigen. Das Vorliegen eines subjektiven Verschuldens an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung konnte von der Bw im Zuge des Verfahrens daher nicht entkräftet werden.

 

Soweit die Bw angegeben hat, die Ausländerin sei selbständig Gewerbetreibende, sei sie doch selbst zur Sozialversicherung gemeldet, es liege bezüglich der Beschäftigung der Ausländerin ein schuldbefreiender Rechtsirrtum vor, ist dem entgegenzuhalten, dass die Bw in der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2009 angegeben hatte, sie alleine würde den Gewerbeschein zum Betrieb des Massagestudios besitzen, daher müssten auch alle Inserate von ihr geschalten werden, womit sie zu erkennen gegeben hatte, dass sie sehr wohl wusste, dass die bei ihr arbeitenden Masseurinnen nur aufgrund ihres Gewerbescheins inserieren und im Studio E arbeiten konnten. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist daher lediglich als Schutzbehauptung zu werten. Sollte sie dennoch in einem Rechtsirrtum befangen gewesen sein, so ist ihr dieser jedenfalls vorwerfbar.

 

3.2.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass die Erstbehörde (lediglich) die Mindeststrafe verhängt hat und die Unbescholtenheit der Bw als strafmildernd gewertet hat. Gegenüber den von der belangten Behörde angenommenen Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnissen hat sich insofern eine Verbesserung für die Bw ergeben, als sie nunmehr nur für zwei Kinder sorgepflichtig ist.

 

Die außerordentliche Strafmilderung des § 20 VStG konnte nicht zur Anwendung kommen, weil die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen und die Beschuldigte auch keine Jugendliche ist. Beim bloßen Vorliegen der absoluten Unbescholtenheit kann nicht von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe ausgegangen werden. Es konnte auch nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden und lediglich eine Ermahnung ausgesprochen werden, weil die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind. Welche Gründe vorliegen sollten, warum der gegenständliche Fall von "klassischen" Fällen derartiger Delikte abweicht (Berufungsschrift Seite 8), wurde von der Bw nicht näher dargelegt.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates geht auch davon aus, dass mit der Verhängung der Mindeststrafe sowohl aus generalpräventiven aber auch aus spezialpräventiven Gründen das Auslangen gefunden werden konnte, hat doch die Bw in der mündlichen Verhandlung stets zu erkennen gegeben, sich rechtskonform verhalten zu wollen und in glaubwürdiger Weise den betrieblichen Ablauf in ihrem Massagestudio geschildert.

 

Eine Reduzierung der Ersatzfreiheitsstrafe hatte zu erfolgen, weil die von der belangten Behörde verhängte Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt worden war.

 

Da die Berufung teilweise Erfolg hatte – nämlich hinsichtlich der Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe – waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß

§ 65 VStG der Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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