Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400990/4/Gf/Mu

Linz, 13.03.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der mj. M D (Staatsangehörigkeit: Russland), derzeit Polizeianhaltezentrum Salzburg, vertreten durch die V O, L, gegen ihre Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck seit dem 14. Jänner 2009 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

II. Die Beschwerdeführerin ist verpflichtet, dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 83 FPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die am     1991 geborene Rechtsmittelwerberin, eine Staatsangehörige von Russland, hat bereits am 17. Mai 2008 in Polen einen Asylantrag gestellt. In der Folge ist sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Österreich weitergereist und hat hier am 21. Mai 2008 einen weiteren Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. Juli 2008 und schließlich auch mit Urteil des Asylgerichtshofes vom 30. Juli 2008 abgewiesen wurde. Am 2. September 2008 wurde die Beschwerdeführerin daher nach Polen abgeschoben.

1.2. In der Folge ist die Rechtsmittelwerberin wiederum – illegal – nach Österreich eingereist und hat am 25. Dezember 2008 neuerlich einen Asylantrag gestellt, weil sie in Polen ständig bedroht worden sei.

Am 9. Jänner 2009 wurde ihr gemäß § 29 Abs. 3 des Asylgesetzes mitgeteilt, dass gegen sie ein Ausweisungsverfahren nach Polen eingeleitet wurde; gleichzeitig wurde bescheidmäßig angeordnet, dass sie sich in einem Gasthof in T aufzuhalten und täglich bei der Polizeiinspektion T zu melden habe.

Dieser Verpflichtung ist sie jedoch bis zum 14. Jänner 2009 nicht nachgekommen; vielmehr ist sie nach ihren eigenen Angaben nach Wien gefahren und hat dort am 11. Jänner 2009 einen russischen Staatsangehörigen geheiratet.

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. Jänner 2009, Zl. Sich40-3699-2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Salzburg am selben Tag vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es, wie aus dem von ihr praktizierten „Asyltourismus“ hervorgehe, offenbar von Anfang an ihr Bestreben gewesen sei, sich – wenn auch illegal – in Österreich niederzulassen, zumal sie selbst angegeben habe, hier studieren zu wollen. Dadurch, dass sie ihre bescheidmäßig erteilten Auflagen, insbesondere jene zur wiederkehrenden Meldung bei einer Polizeidienststelle, nicht eingehalten habe, habe sie sowohl ihre Weigerung, sich nach Polen abschieben zu lassen, als auch ihre Fluchtgefahr nachdrücklich dokumentiert.  Zudem verfüge sie – da sie völlig mittellos sei und keiner geregelten Arbeit nachgehe(n könne) – weder über die zur Bestreitung ihres Aufenthaltes nötigen finanziellen Mindesterfordernisse noch über familiäre oder soziale Bindungen in Österreich, sodass sie in Bezug auf ihre Lebensgestaltung völlig flexibel sei. Daher sei über sie die Schubhaft zu verhängen gewesen.

1.4. Gegen ihre seit dem 14. Jänner 2009 andauernde Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 12. März 2009 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass sie nach ihrer Abschiebung nach Polen ausschließlich auf Grund der dort vorherrschenden Umstände wieder nach Österreich zurückgekehrt sei. Außerdem gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass sie sich illegal in Österreich niederlassen wolle, weil sie nur wegen ihrer Heirat für einige Tage nach Wien gefahren und danach aus eigenem wieder bei der belangten Behörde vorstellig geworden sei. Daher könne auch nicht angenommen werden, dass sie in die Illegalität abtauchen wollte, um sich den zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen. Außerdem habe ihre Mutter bislang sämtliche bescheidmäßigen Auflagen eingehalten und sie habe keinesfalls vor, sich künftig noch einmal von dieser zu trennen.

Aus diesen Gründen wird daher die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft beantragt.

2.2. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt zu Zl. Sich-40-3699-2008 vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

In dieser wird ergänzend darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin ausdrücklich auf die Konsequenzen der Nichteinhalten der bescheidmäßig angeordneten Auflagen hingewiesen worden sei. Außerdem habe auch ihre Mutter nicht den bescheidmäßigen Auflagen entsprochen, indem sich diese von dem ihr zugewiesenen Aufenthaltsort entfernt habe, sodass auch über diese die Schubhaft habe verhängt werden müssen.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 4/2008 (im Folgenden: FPG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FPG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Nach § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG kann auch ein Asylwerber zum Zweck der Sicherung seiner Ausweisung oder Abschiebung in Schubhaft genommen werden, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

Gemäß § 77 Abs. 1 und 3 FPG ist jedoch von der Schubhaftverhängung dann Abstand zu nehmen, wenn deren Zweck in gleicher Weise durch die Anwendung gelinderer Mittel – insbesondere durch die Vorschreibung zur Unterkunftnahme in bestimmten Räumen oder durch die Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer bestimmten Polizeidienststelle – erreicht werden kann.

3.2.1. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass gegen die Beschwerdeführerin – eine Asylwerberin – vor der Schubhaftverhängung bereits ein Ausweisungsverfahren eingeleitet war, sodass die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich in zulässiger Weise auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt werden konnte.

Außerdem wurde nicht vorgebracht, dass die Anhaltung der – bereits über 16 Jahre alten – Beschwerdeführerin nicht den in § 79 Abs. 3 FPG normierten Anforderungen entspricht.

3.2.2. Strittig ist hier vielmehr allein die Frage, ob der mit der Schubhaftverhängung verfolgte Zweck nicht in gleicher Weise auch dadurch hätte erreicht werden können, dass seitens der belangten Behörde anstelle der Schubhaft i.S.d. § 77 Abs. 1 und 3 FPG gelindere Mittel angeordnet werden.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde über die Beschwerdeführerin (und deren Mutter) zunächst ohnehin das gelindere Mittel der Verpflichtung zum Aufenthalt an einem bestimmten Ort – nämlich in einem Gasthof in T – i.V.m. der Verpflichtung zur täglichen Meldung bei der do. Polizeiinspektion angeordnet hat.

Dem hat die Rechtsmittelwerberin jedoch – was auch von ihr selbst gar nicht bestritten wird – insoweit nicht entsprochen, als sie sich zu einem Bekannten nach Wien begeben hat, um dort (angeblich) mit ihm die Ehe zu schließen, ohne hievon zuvor die belangte Behörde zu informieren. Damit hat sie in zweifacher Weise gegen die bescheidmäßigen Auflagen verstoßen, nämlich einerseits durch die Entfernung vom vorgeschriebenen Aufenthaltsort und andererseits dadurch, dass sie sich bis zum Zeitpunkt ihrer Inschubhaftnahme – also während eines Zeitraumes von 5 Tagen – nie bei der PI T gemeldet hat.

Dazu kommt, dass sie selbst angegeben hat, in Österreich bleiben und hier studieren zu wollen.

Im Zusammenhang mit dem Umstand, dass sie trotz erfolgter Abschiebung nach Polen wieder illegal nach Österreich zurückgekehrt ist und sie hier über keinerlei nachgewiesene familiäre Bindungen verfügt (abgesehen von ihrer Mutter, die offenbar sämtliche ihrer Reisebewegungen begeleitet, wenn nicht sogar geleitet hat), kann daher der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden , wenn diese im Zuge der von ihr zu treffenden Prognoseentscheidung davon ausgegangen ist, dass die Beschwerdeführerin dann, wenn sie in Freiheit belassen würde, die gegen sie geplanten fremdenpolizeilichen Maßnahmen dadurch vereiteln oder zumindest versuchen würde, diese zu erschweren, dass sie in der Anonymität untertaucht und sich so dem polizeilichen Zugriff entzieht.

Im Ergebnis erweist sich daher die sich an die Verhängung gelinderer Mittel anschließende Anordnung der Schubhaft als rechtmäßig.

3.3. Die gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen; gleichzeitig war i.S.d. § 83 Abs. 4 AVG festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen – mangels zwischenzeitlicher Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts – zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) gemäß § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung BGBl.Nr. II 456/2008 antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro; Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.             Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.             Für das gegenständliche Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 24,00 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-400990/4/Gf/Mu vom 13.3.2009

 

§ 77 FPG:

Keine Bedenken gegen die Verhängung der Schubhaft, wenn die Beschwerdeführerin in zweifacher Weise – nämlich durch ihre Entfernung vom vorgeschriebenen Aufenthaltsort und ihre Nichtmeldung bei der Polizeiinspektion – gegen zuvor ergangene fremdenpolizeiliche Anordnungen verstoßen und sie zudem selbst angegeben hat, in Österreich bleiben und hier studieren zu wollen, sowie trotz erfolgter vorangegangener Abschiebung nach Polen wieder illegal nach Österreich zurückgekehrt ist.

 

 

 

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