Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522232/6/Br/RSt

Linz, 24.03.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E K geb.    , G, vertreten durch die J M, Rechtsanwälte GesbR, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 17.02.2009, Zl. VerkR21-330-2008-Gg, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer mit einem Monat festgesetzt wird. Im gleichem Umfang wird das ausgesprochene Lenkverbot für nicht lenkberechtigungspflichtige Kraftfahrzeuge, sowie die Aberkennung des Rechtes von allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigungen Gebrauch zu machen reduziert.

Die übrigen Aussprüche werden ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 24 Abs.3 u. § 26 Abs.1 u. 5 Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 6/2008 - FSG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid hat die Behörde erster Instanz als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid keine Folge gegeben und diesen in allen Punkten bestätigt.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gestützt auf § 64 Abs.2 AVG 1991 die aufschiebende Wirkung aber­kannt.

"Mit Mandatsbescheid vom 20.11.2008 (gleicher GZ) hat die Behörde erster Instanz dem Berufungswerber

•   die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B für einen Zeitraum von

8 Monaten gerechnet ab 26.10.2008. Diese Entziehung erstreckt sich auch auf eine allfällig von einer Behörde eines EWR-Staates erteilte oder innerhalb der Entziehungsdauer zukünf­tig erteilte ausländische Lenkberechtigung;

•   das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen          Lenkberechtigung auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

in Österreich Gebrauch zu machen;

•   wurde er aufgefordert, einen allfällig vorhandenen ausländischen Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern;

• wurde ihm ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahr­zeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges gerechnet ab Zustellung des Bescheides bis ein­schließlich 26.06.2008 verboten;

•   wurde die Absolvierung nachfolgender begleitender Maßnahmen angeordnet: (Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker innerhalb der Entziehungsdauer/Verbotsdauer);

•   wurde die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens innerhalb der Ent­ziehungsdauer/Verbotsdauer und

•   die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme innerhalb der Entzie­hungsdauer/Verbotsdauer angeordnet.

Rechtsgrundlagen: §§ 7; 24 Abs. 1 Z. 1 u. Abs. 3; 24; 26 Abs. 2 u. 5; 29; 30; 32 Führerscheingesetz (FSG) 1997 und  § 14 Abs.2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV).

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung mit dem Ergebnis der Anzeige der Landesverkehrsabteilung vom 27.10.2008, GZ: AI/0000051343/01/2008, wonach der Berufungswerber  am 26.10.2008 um 8.28 Uhr nach dem Besuch einer privaten Feier im Gemeindegebiet Unterweitersdorf auf der A 7 bei Straßenkilometer 27,000 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen   mit einem Atemluftgehalt von 0,50 mg/l lenkte.  

In der breit ausgeführten Begründung in teils wörtlicher Wiedergabe der o.a. Rechtsvorschriften legt die Behörde erster Instanz dar, es werde vom Berufungswerber außer Streit gestellt, dass er das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen    am 26.10.2008 um 8.28 Uhr im Gemeindegebiet Unterweitersdorf auf der A 7 auf Höhe Straßenkilometer 27,000 mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,50 mg/l gelenkt habe. Außer Streit stehe zudem, dass ihm bereits mit Bescheiden des Bezirkshauptmannes von Freistadt GZ: VerkR12/3/61/1993 von 14.2.1993 bis 14.6.1993, sowie mit Bescheid derselben Behörde GZ VekrR21-252-2003 von 4.9.2003 bis 4.1.2004, die Lenkberechtigung wegen alkoholisierter Teilnahme am Straßenverkehr entzogen worden sei. Im Zusammenhang mit der letztgenannten Tat sei auch eine Nachschulung angeordnet und absolviert worden, sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen.

Aufgrund des von ihm in diesem Fall  unbestrittenen Tatvorwurfs und des rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens geht die Behörde davon aus, dass eine bestimmte Tatsache im Sinne von § 7 Abs. 3 Z1 FSG vorliege.

Für die Wertung dieser bestimmten Tatsache sind gemäß § 7 Abs.4 FSG insbesondere die Verwerflichkeit derselben, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden und die seither verstrichene Zeit sowie das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Zur Verwerflichkeit der von ihm begangenen Verwaltungsübertretung vermeint die Behörde erster Instanz, dass Alkoholdelikte - alle derartigen Delikte sind ohne weiter Unterscheidung gleich zu beurteilen {Grundtner/Pürstl, Führerscheingesetz3 [2006] FSG § 7 Anm 10) - zu den schwersten Verstößen gegen die Verwaltungsvorschriften zählten. Eine Person, die alkoholisiert ein Kraftfahrzeug lenke, stelle infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit eine überaus große Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr, und somit für das Leben und die Gesundheit von Menschen dar. Eine solche Person handele in äußerstem Ausmaß sorgfaltswidrig und verantwortungslos, und lege eine gefährliche Einstellung zu rechtlich geschützten Werten an den Tag, nehme sie doch das von der alkoholisierungsbedingten Fahruntüchtigkeit ausgehende Verletzungs- und Tötungsrisiko im Straßenverkehr mehr oder weniger bedenkenlos in Kauf. Derartige Delikte seien daher als besonders verwerfliche Handlungen zu qualifizieren (VwGH 27.2.2004, 2002/11/0036; 6.4.2006, 2005/11/0214). Das konkrete Verhalten erscheine insofern noch verwerflicher, als er bereits zum dritten Mal alkoholisiert ein Fährzeug lenkend betreten worden sei. Im Rahmen der Wertung seien nämlich nunmehr bereits ex lege auch länger zurückliegende Taten von der Behörde zu berücksichtigen (VwGH 16.12.2004, 2004/11/0139).

 

            Die weitere Begründung zur ausgesprochen Entzugsdauer, der Anordnung einer VPU und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und die von der Behörde erster Instanz zitierte und als kasuistisch bezeichnete Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes über die Prognosen des Wiedererlangens einer Verkehrszuverlässigkeit nach Alkoholdelikten kann hier auf sich bewenden.

 

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich in der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"Der Berufungswerber erhebt gegen den Bescheid der BH Freistadt vom 17.2.2009, VerkR21-330-2008, der Vertreterin des Berufungswerbers zugestellt am 23.2.2009, somit binnen offener Frist, das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

 

und führt dieses aus wie folgt:

 

Geltend gemacht wird der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

 

Die Berufung richtet sich gegen die Entziehungsdauer sowie gegen die Anordnung der Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker sowie gegen die Anordnungen, ein amtsärztliches Gutachten sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.

 

Die von der Erstbehörde angeordnete Entziehungsdauer von 8 Monaten ist zu hoch. Auszugehen ist von der Bestimmung des § 25 Abs. 3 FSG, wonach bei Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen ist.

 

Es trifft zu, dass es sich bei der Festsetzung der Entziehungsdauer um eine Prognoseentscheidung handelt.

 

Die Erstbehörde führt unter Hinweis auf VwGH 24.9.2003, 2003/11/0172 aus, dass die Frage, ob die Verkehrszuverlässigkeit gegeben ist oder nicht, im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigengutachten zu beurteilen ist.

 

Dies trifft zu; dennoch hat die Erstbehörde ein Gutachten anlässlich der zweiten Entziehung aus dem Jahr 2003 zitiert und offensichtlich auch zur Beurteilung herangezogen. Wenn die Erstbehörde nämlich ausführt, dass der Berufungswerber einen Hang zum Konsum alkoholischer Getränke hat, so bezieht sich die Erstbehörde auf das soeben zitierte Gutachten.

 

Der VwGH hat ausgeführt, dass die Verkehrszuverlässigkeit ohne Heranziehung von Sachverständigengutachten zu beurteilen ist. Die Erstbehörde hat dennoch ein Gutachten herangezogen, das überdies ca. fünfeinhalb Jahre alt ist und daher schon auf Grund dieser Tatsache keinesfalls für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers heranzuziehen ist.

 

Die Behörde hat grundsätzlich die bisherigen Handlungen dahingehend zu überprüfen, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass es nicht zulässig ist, dem Berufungswerber einen Hang zum Alkohol zu unterstellen, dies auf Grund eines über 5 Jahre alten Gutachtens. Feststeht, dass der Berufungswerber keinen Hang zum Alkohol hat, außerdem steht fest, dass der Berufungswerber am Nationalfeiertag von einer privaten Feier "kommend von der Behörde angehalten worden ist und die Alkoholisierung festgestellt wurde.

 

Ohne den Vorfall bagatellisieren zu wollen, kann auf Grund dieses Sachverhaltes keinesfalls ein Hang des Berufungswerbers zum Alkohol festgestellt werden.

 

Von besonderer Bedeutung ist jedoch die Tatsache, dass bei der die nunmehrige Anhaltung und die zwei vorherigen Entziehungen der Lenkberechtigung des Berufungswerbers betreffenden Vorfälle niemals andere Personen oder auch Sachen zu Schaden gekommen sind.

 

Hervorzuheben ist auch die Tatsache, dass die beiden Entziehungen in den Jahren 1993 und 2003 stattfanden, dies bedeutet, dass die erste^ Entziehung bereits vor 15 Jahren stattgefunden hat, die zweite Entziehung hat vor 5 Jahren stattgefunden. Daraus den Schluss zu ziehen, dass der Berufungswerber einen Hang zum Alkohol habe und dass mit weiteren derartigen Handlungen zu rechnen ist, ist nicht zulässig.

 

Ausgehend von der Wertung des § 25 Abs.3 FSG ist daher mit einer wesentlich geringeren Entziehungsdauer das Auslangen zu finden. Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass die beiden vorherigen Entziehungen vor 15 und vor 5 Jahren stattgefunden haben, dass bei den Vorfällen niemals andere Personen oder auch Sachen" zu Schaden gekommen sind und dass der Berufungswerber keine anderen Verwaltungsübertretungen nach der StVO begangen hat (siehe Bericht des Bezirkspolizeikommandos Freistadt vom 15.12.2008).

 

Die Erstbehörde verweist auf die äußerst kasuistische Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und zitiert zunächst die Entscheidung des VwGH vom 24.8.1999, 99/11/0216. Es ist nicht zulässig, die verhältnismäßige Erhöhung der Entziehungsdauer auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Maßgeblich sind die Zukunftsprognose sowie die Handlungen an sich.

 

Wenn die Erstbehörde die Entscheidung des VwGH vom 14.9.2004, 2003/11/0037 zitiert, so ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung der belangten Behörde aufgehoben worden ist. Außerdem betrifft diese Entscheidung einen Fall, wonach dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung entzogen worden ist und eineinhalb Stunden nach dieser Entziehung wieder alkoholisiert beim Lenken eines Kraftfahrzeuges angetroffen worden ist.

 

Insgesamt ergibt sich daher, dass die Entziehungsdauer von 8 Monaten zu hoch ist und diese entsprechend herabzusetzen ist.

 

Die der gegenständlichen Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers zugrunde liegenden Handlungen stellen keine Grundlage dar, eine Nachschulung im Sinne des § 24 Abs 3 FSG anzuordnen. Bei den zu beurteilenden Handlungen des Berufungswerbers handelt es sich zwar um Handlungen des Berufungswerbers unter Alkoholeinfluss, diese stellen jedoch hinsichtlich des Grades der Alkoholisierung sowie hinsichtlich der Schäden (in sämtlichen vorliegenden Fällen entstanden keine Schäden) nicht derartig gravierende Delikte dar, dass die Anordnung einer Nachschulung gerechtfertigt wäre.

 

Zur Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens und von einer verkehrspsychologischen Stellungnahme:

 

Die Erstbehörde geht davon aus, dass beim Berufungswerber eine starke Gefährdung, alkoholabhängig zu werden, vorliege. Außerdem seien Kontrollverluste nach Beginn eines Alkoholkonsums problematisch.

Die Erstbehörde hat ausgeführt, dass diese Annahme auf das Gutachten aus dem Jahr 2003 gestützt wird. Es ist wiederum darauf zu verweisen, dass es sich um ein überholtes Gutachten hinsichtlich des Berufungswerbers handelt und sich keinesfalls für die Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme eignet.

 

Hier ist auf die obigen Ausführungen hinsichtlich der Schwere der Delikte und die Tatsache, dass keine Schäden verursacht worden sind, zu verweisen (vergleiche dazu VwGH 30.9.2002, 2002/11/0151). Es ist außerdem auch darauf zu verweisen, dass der Grad der Alkoholisierung des Berufungswerbers im vorliegenden Fall nicht dermaßen gravierend war, die begleitenden Maßnahmen im Sinne des § 24 Abs 3 FSG zu rechtfertigen. Außerdem wird nochmals auf die Tatsache verwiesen, dass die erste Entziehung aus dem Jahr 1993 und die zweite Entziehung aus dem Jahr 2003 stammt, sodass drei Fahrten unter Alkoholeinfluss während eines Zeitraumes von 16 Jahren stattgefunden haben.

 

Es ist nicht zulässig, hier von einer starken Gefährdung, alkoholabhäng zu werden, auszugehen. Aus diesen Gründen ist die Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme nicht notwendig.

 

Es wird daher gestellt der

 

ANTRAG,

 

der Berufung Folge zu geben und die Entziehungsdauer für die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B von 8 Monaten herabzusetzen sowie die Anordnung einer Nachschulung, die Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufzuheben.

 

E K"

 

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 17.3.2009 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf das sich im Ergebnis bloß auf die Rechtsfrage beschränkende Berufungsbegehren unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensaktes. Beigeschafft wurden die Bescheide über die Verfahren aus dem Jahr 2003, wobei das betreffende Straferkenntnis bereits skartiert war; ebenfalls wurde eine Anfrage im Vormerk- u. Führerscheinregister abgerufen und der Ausdruck zum Akt genommen.

 

 

 

 

4. Die Faktenlage:

Unbestritten ist die Alkofahrt des Berufungswerbers am 26.10.2008 mit einem Atemalkoholgehalt von 0,50 mg/l. Zu den vorher liegenden und hier in das behördliche Wertungskalkül aufgenommene Alkofahrten ist zu sagen, dass diese zum Zeitpunkt der Begehung dieser hier den Gegenstand des Entzugsverfahrens bildenden Tatsache bereits getilgt waren.

Der diesbezügliche Strafakt (das Straferkenntnis) betreffend den Vorfall vom 4.9.2003 ist laut Mitteilung der Behörde erster Instanz bereits skartiert. Mit gutem Grund kann aber davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt des 26.10.2003 – also fünf Jahre vor diesem Vorfall – das Straferkenntnis bereits erlassen war und demnach iSd § 55 VStG diese Vormerkung zum Zeitpunkt der nunmehrigen Alkofahrt bereits getilgt war. Der Berufungswerber gilt vor diesem Hintergrund wieder als Ersttäter anzusehen.

Aus dem Führerscheinregister ergibt sich die auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegte Vorgeschichte betreffend zweier Vorentzüge (Februar 1993 und September 2003).

Im Übrigen ist vom Wohlverhalten des Berufungswerbers auszugehen, weil sich die letzten fünf Jahre keinerlei Vormerkungen verzeichnet finden.

Auf sich bewenden kann auch, dass hier die Alkofahrt zur verkehrsarmen Zeit und vermutlich als Folge eines Restalkohols anlässlich einer Feier vom Vortag zurückzuführen gewesen sein dürfte.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

§ 26 Abs.1 FSG lautet: Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs.3 Z1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen.

 

Wenn jedoch

     1. auch eine der in § 7 Abs.3 Z3 bis 7 genannten Übertretungen vorliegt, oder

     2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, oder

     3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l, beträgt, so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen. (2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen;

….

(4) Eine Entziehung gemäß Abs.3 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei erstmaligen Entziehungen gemäß Abs.3 darf die Behörde keine begleitenden Maßnahmen anordnen, es sei denn, die Übertretung erfolgte durch einen Probeführerscheinbesitzer.

(5) Eine Übertretung gemäß Abs.1 gilt als erstmalig, wenn eine vorher begangene Übertretung der gleichen Art zum Zeitpunkt der Begehung der neuerlichen Übertretung getilgt ist."

   

Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

     1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

     ...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

     1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

     ...

(4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

(5) Strafbare Handlungen gelten jedoch dann nicht als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs.1, wenn die Strafe zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens getilgt ist. Für die Frage der Wertung nicht getilgter bestimmter Tatsachen gemäß Abs. 3 sind jedoch derartige strafbare Handlungen auch dann heranzuziehen, wenn sie bereits getilgt sind.

    

 

 

5.1. Eine Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG erfolgt hier offenkundig in Verkennung der Rechtslage. Mit Blick auf den Inhalt des § 26 Abs.1 u. Abs.5 FSG wurde diese Alkofahrt mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,50 mg/l [gemäß § 99 Abs.1b StVO]    "erstmalig" begangen, weil vorher begangene Übertretungen der gleichen Art (15 Jahre u. 5 Jahre zurück liegende Alkofahrten) zum Zeitpunkt der Begehung der verfahrensgegenständlichen Übertretung getilgt waren.

 

Die erstmaliger Begehung hat dem Wortlaut des § 26 FSG [Sonderfälle der Entziehung] folgend in diesem Fall nur eine Entzugsdauer (Verkehrsunzuverlässigkeit) von einen Monat zur Konsequenz, wobei dieser vom Gesetzgeber normierte Entzugstatbestand einer behördlichen Wertung entzogen zu bleiben hat (s. auch VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214 u. VwGH 24.6.2003, 2003/11/0132). Dies gelangt durch das Wort "ist .. für die Dauer von einem Monat …. zu entziehen" zum Ausdruck. Dies nur nicht für Fälle wenn nicht ein Lenken eines Fahrzeuges der Klasse C oder D oder kein Fall des § 7 Abs.3 Z1 u. 2 FSG vorliegt.

Keine dieser Ausnahmen trifft hier zu!

Unzutreffend ist daher insbesondere auch die Auffassung der Behörde erster Instanz, wonach offenbar jedes Alkodelikt der StVO immer dann auch zu einer Wertung als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG  führen müsse, wenn nur ein -  wie lang auch immer zurückliegendes – Alkoholdelikt lt. § 99 Abs.1 StVO vorgemerkt ist bzw. sich, so wie hier, aus dem Führerscheinregister ergibt.

Dem Führerscheingesetzgeber kann wohl kaum zugesonnen werden, dass auch bei lang zurückliegenden Alkodelikten für alle Zeit der 'einmonatige Entzug' ausgeschlossen werden sollte.  Auch die fünf früheren Fassungen des § 26 Abs.1 des FSG stellen darauf ab, dass -  falls zuvor keine andere der in § 7 Abs.3 Z1 und 2  genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung (nur) für die Dauer von einem Monat zu entziehenist (!).

So hat dies offenbar der VwGH auch zur früheren Rechtslage des § 66 Abs.2 lit.e KFG betreffend fünf Jahre zurückliegende Delikte als getilgt und es nach § 73 Abs 3 zweiter Satz KFG für die Beantwortung der Frage, ob ein späteres Alkoholdelikt für einen 1 Monat auszusprechenden Entzug, als erstmaliges Delikt qualifiziert (VwGH 30.5.2001, 2001/11/0113).

Selbst für die Anordnung von Maßnahmen findet sich ob des langen Zurückliegens im Sinne des § 24 Abs.3 FSG keine sachliche Grundlage.

 

5.3. Anzumerken ist an dieser Stelle abschließend, dass gemäß § 55 Abs.2 VStG getilgte Verwaltungsstrafen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden dürfen (s. Bescheid der DSK v. 20.5.2005, Zl. K120.956/0003-DSK/2005). Auch dies spricht neben dem Sachlichkeitsgebot,  welches in verfassungskonformer Gesetzesvollziehung immer mit zu bedenken ist, dafür, dass frühere Fehlverhalten einem Menschen nicht gleichsam für alle Zeit mit schwerwiegenden Nachteilen in der Vollziehung einer bestimmten Gesetzesmaterie gereichen dürfen.

Die Behörde erster Instanz greift auch hier in signifikanter Diktion einen bereits fünfzehn Jahre zurückliegenden Vorfall auf, wobei diesen dem Wertungskalkül und einer Prognosebeurteilung einbezogen wurde. So wird im Gegensatz dazu etwa das über Jahre unbeanstandet bleibende Verhalten nicht erwähnt, während aber das Wohlverhalten zwischen Mandatsbescheid und Erlassung des hier angefochtenen Bescheides als zu kurz bezeichnet wird um daraus ein Wohlverhalten ableiten zu können. Daraus leuchtet doch ein verfehltes, da den Betroffenen stigmatisierendes Wertungskalkül hervor.

 

5.3.2. Die ehest mögliche Erledigung des Verfahrens schien hier angesichts der zwischenzeitig bereits verstrichenen Zeit in Vermeidung eines fortgesetzten sogenannten "kalten Entzuges"  geboten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

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