Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150731/2/Lg/Hu

Linz, 24.03.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn B D, vertreten durch Rechtsanwalt P O. C, B,  M, D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 15. Januar 2009, Gz. BauR96-461-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
2 Tagen verhängt, weil er am 14.7.2008, 12.13 Uhr, als Lenker eines mehrspurigen Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem Kennzeichen  die mautpflichtige A8 bei km 70.050 in der Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, Fahrtrichtung Staatsgrenze Suben, benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung brachte der Vertreter des Bw vor, dass der Bw über keinerlei berufliche Erfahrung im Fernverkehr mit Österreich oder anderen ausländischen Staaten verfüge. Als Aushilfsfahrer sei ihm kein bestimmter Lkw zugeordnet worden und fuhr er am Tattag erstmals mit dem beanstandeten Lkw. Der Bw sei von seinem Vorgesetzten nicht in die Einstellung der GO-Box eingewiesen worden und es sei ihm mitgeteilt worden, dass die Einstellung vorgenommen worden sei und er nichts zu veranlassen habe.

 

Seit 1.12.2008 sei der Bw arbeitslos, sei unterhaltspflichtig für die Ehefrau und zwei minderjährige Kinder. Das Arbeitslosengeld belaufe sich auf 1.326 Euro monatlich, eine Kopie des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit liegt in Kopie der Berufung bei.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe.  

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 3.10.2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 5.8.2008 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden. 

 

Mit Schreiben vom 29.10.2008 benannte der Zulassungsbesitzer den Bw als Lenker des Kfz zum Tatzeitpunkt.

 

Nach Strafverfügung vom 5.11.2008 erhob der Bw Einspruch und bat um Akteneinsicht.

 

Der Zulassungsbesitzer brachte in seinem als Einspruch benannten Schreiben vom 13.11.2008 vor, dass der Bw in der Zeit, als er in seiner Firma (Firma K) beschäftigt gewesen sei, ein einziges Mal in Österreich gewesen sei, und zwar am 14.7.2008. Leider sei der Bw nicht mit dem Maut-Gerät so vertraut gewesen, dass er eine genaue Einstellung des Gerätes kannte. Vielleicht sei es möglich, die Strafverfügung auf eine für den Bw erschwingliche Summe zu reduzieren.

 

Dem Akt beigelegt sind das Beweisfoto und die Einzelleistungsinformation der A.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker war und er die korrekte Achsenzahl bei der GO-Box nicht eingestellt hat, weshalb die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG dem Zulassungsbesitzer die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden ist.

 

Dem Bw ist somit vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht korrekt umgestellt hat bzw. er seiner Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist, weshalb es zu mehreren Verwaltungsübertretungen gekommen ist.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Auch die geltend gemachte Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirkt nicht entschuldigend, da der Lenker – unabhängig von etwaigen Unterweisungen durch seinen Arbeitgeber – verpflichtet ist, sich selbständig auch mit den faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Es ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er sich über die Gebrauchsvorschriften der GO-Box nicht kundig gemacht und deshalb die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke nicht überprüft bzw. umgestellt hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe unterschritten wurde. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Tat als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt, erscheint es vertretbar, unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf 150 Euro herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch und der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der GO-Box als nicht geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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