Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163930/6/Br

Linz, 24.03.2009

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb.    , O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach  vom 19.02.2009, Zl. VerkR96-3035-2008, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 24. März 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.                 Der Berufung wird in den Punkten 1.), 2.) und 4.) Folge gegeben;      das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und      das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

     Im Punkt 3.) wird der Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe     jedoch auf 36 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden       ermäßigt.

 

II.     In den Punkten 1.), 2.) und 4.) entfallen sämtliche Kostenbeiträge. Im Punkt 3.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Kosten auf 3,60 Euro.

         Für das Berufungsverfahren entfällt auch diesbezüglich ein Kostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008

Zu II. § 66 Abs.1 u. 65 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach  verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretungen 1.) nach 7 Abs.2 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO, 2.) § 7 Abs.2 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO 3.)  § 9 Abs.1 iVm 99 Abs. 3 lit. a StVO und  4.) § 7 Abs.2 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO, vier Geldstrafen [€ 36,00; € 36,00; € 90,00; € 36,00 und an Ersatzfreiheitsstrafen 15 Stunden, 15 Stunden, 39 Stunden und 15 Stunden] weil er als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen ,  Mercedes E200CDI, blau

1) in einer unübersichtlichen Kurve den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten, da Sie mit dem Fahrzeug die Fahrbahnmitte um ca. 50 cm überfahren habe.

Tatort: Gemeinde Haslach an der Mühl, Böhmerwald Straße B38 bei km 147,200, Ortsgebiet Haslach - Bahnstraße.

Tatzeit: 20.11.2008, 19:27 Uhr.

2) er in einer unübersichtlichen Kurve den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten, da Sie mit dem Fahrzeug die Fahrbahnmitte um ca. 50 cm überfahren habe.

Tatort: Gemeinde Haslach an der Mühl, Böhmerwald Straße B38 bei km 147,450, Ortsgebiet Haslach.

Tatzeit: 20.11.2008, 19:27 Uhr.

3) er die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren habe.

Tatort: Gemeinde Berg bei Rohrbach, Böhmerwald Straße B38, bei km 148,100, Linkskurve auf der Freilandstraße.

Tatzeit: 20.11.2008, 19:28 Uhr.

4) er in einer unübersichtlichen Kurve den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten, da er mit dem Fahrzeug die Fahrbahnmitte um ca. 50 cm überfahren habe.

Tatort: Gemeinde Berg bei Rohrbach, Böhmerwald Straße B38, bei km 148,330, Linkskurve -Freilandstraße.

Tatzeit: 20.11.2008, 19:28 Uhr.

 

 

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

"Auf Grund der Anzeige der Polizeiinspektion R vom 1.12.2008, A1/9585/2008, erging wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen an Sie eine Strafverfügung.

 

Sie erhoben dagegen Einspruch und führten aus, dass die Ihnen zur Last gelegten Übertretungen nicht den Tatsachen entsprechen und beantragten die Aufhebung des Bescheides.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach wurde der Meldungsleger einvernommen, welcher unter nochmaligen Hinweis auf seinen Diensteid folgendes aussagte:

 

Ich wurde von einem Beamten der Polizeiinspektion B am 20.11.2008 um ca. 19.15 Uhr über Funk verständigt, dass der Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen  auf der Böhmerwaldstraße B38 von Richtung Bad Leonfelden in Fahrtrichtung Rohrbach unterwegs ist und vermutlich alkoholisiert sein dürfte, da dieser PKW-Lenker dauernd die Fahrbahnmitte überfährt. Ich fuhr mit meinem Kollegen G Gr von Rohrbach Richtung Haslach. Auf Höhe des Feuerwehrhauses Haslach kam uns dann der Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen  entgegen. Wir wendeten das Dienstfahrzeug und fuhren hinter dem Lenker nach, wobei die angezeigten Verwaltungsübertretungen eindeutig festgestellt werden konnten. Die Anzeige wird vollinhaltlich aufrecht gehalten. Der Alkotest wurde auf Grund der Fahrweise und der geröteten Bindehäute durchgeführt. Der Lenker, Herr M K sagte, dass er diese Woche schon zum dritten Mal angehalten wird. Ich antwortete ihm darauf, dass es mich bei seiner Fahrweise nicht wundert. Der Alkotest ergab das Ergebnis von 0,00 mg/l. Wir haben ihm die Bezahlung im Organmandatsweg angeboten. Dies schlug Herr K aus.

 

Der zweite, die Amtshandlung sichernde Polizist gab folgendes an:

 

Am 20.11.2008 erfolgte von der Polizeiinspektion B ein Anruf auf die Polizeiinspektion R, dass ein vermutlich alkoholisierter Fahrzeuglenker auf der B38 in Fahrtrichtung Rohrbach unterwegs ist. Ich hatte mit Herrn S gemeinsam Streifendienst und fuhren dann in Fahrtrichtung Haslach a.d.M., wobei ich das Fahrzeug gelenkt habe. Wir fuhren mit dem Streifenwagen mit dem Kennzeichen. In Haslach a.d.M. kam uns im Bereich des dortigen Feuerwehrhauses der Lenker mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen  entgegen. Ich wendete sofort das Fahrzeug und fuhr diesem Lenker nach. Es wurde von Kollegen S und auch mir festgestellt, dass der Fahrzeuglenker bei Str. Km 147,200, 147,450 und 148,330 die Fahrbahnmitte trotz einer unübersichtlichen Kurve um mindestens 50 cm überfuhr. Auch hat er bei Str. Km 148,100 die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren. Ca. bei Str. Km 148,800 habe ich den Fahrzeuglenker überholt und bei Str. Km 149,330 hat mein Kollege S den Fahrzeuglenker nach rechts in eine Haltestellenbucht mittels Anhaltestab angehalten. Die vom Kollegen S angezeigten Verwaltungsübertretungen wurden auch von mir festgestellt und bestätigt. Die Leitung der Amtshandlung wurde von Kollegen S gemacht, ich war in weiterer Folge sichernder Beamter.

 

Auch wurden die Polizisten als Zeugen einvernommen, welche von Helfenberg bis Haslach hinter Ihnen nachgefahren sind. Zusammengefasst gaben diese an, dass Sie zwischen Helfenberg und Haslach fast immer in der Fahrbahnmitte gefahren sind. Wegen dieser Angaben wurden Sie jedoch nicht bestraft, sondern dienen diese Angaben nur zur Untermauerung der von den Polizisten der Polizeiinspektion R festgestellten Verwaltungsübertretungen.

 

Sie gaben auf Grund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 17.2.2009 folgendes an: "Ich bin nicht zu schnell gefahren und in 1 Minute nach den Aussagen der Polizei von Str. Km 147,200 bis 148,330 gefahren. Das ist technisch nicht möglich, wenn ich die vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen einhalte.

Zum ganzen Vorgang selbst: Ich fuhr von Helfenberg kommend Richtung Rohrbach. Ich bin nicht zu schnell gefahren. Vor mir fuhr auch ein PKW. Ich fuhr in der Spur des vor mir fahrenden PKW-Lenkers. Ich sah keine Notwendigkeit die Fahrbahnmitte zu überfahren. Dann ist man mir nachgefahren. Warum hat der Polizist mich nicht angehalten, als ich die Verwaltungsübertretungen begangen habe. Mir ist bis zur Magerlkurve nachgefahren worden. Zum Vorgang selbst: Warum ist es notwendig, dass ich auf der Sperrlinie überholt worden bin, ohne dass ein Blaulicht eingeschaltet worden ist. Man ist neben mir gefahren, und mir durch das Fenster gedeutet worden. Ich verstehe nicht, warum man das macht. Wo die Bushaltestelle war, war ein Absperrgitter. Ich glaube, dass ich durch die Dränglerei der Polizei das Absperrgitter gestreift habe. Am Kotflügel ist ein kleiner Kratzer. Ich möchte noch zur Amtshandlung am 20.11.2008 etwas sagen, aber der Leiter der heutigen Amtshandlung hat mir jetzt gesagt, dass der Vorgang der Amtshandlung vom 20.11.2008 nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist und hat mich an das Bezirkspolizeikommando Rohrbach verwiesen. Zu den einzelnen mir vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen bin ich mir keiner Schuld bewusst.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat erwogen:

§ 7 Abs.2 StVO 1960 lautet: "Wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr, hat der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hierbei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen."

 

§ 9 Abs. 1 StVO 1960 lautet: "Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) dürfen nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt."

 

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 lautet: "Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1,1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist."

 

Wie bereits dargelegt wurde, liegt dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren die Anzeige eines Polizeibeamten zugrunde, diese Anzeige wurde von dem Beamten im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens zeugenschaftlich bestätigt. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vertritt die Auffassung, dass die Angaben des Meldungslegers schlüssig sind und der Wahrheit entsprechen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge bei sonstiger strafrechtlicher und dienstrechtlicher Sanktion zur Wahrheit verpflichtet ist, es besteht auch kein Hinweis, dass der Zeuge einem Irrtum unterlegen wäre, wobei darauf hinzuweisen ist, dass von einem Polizeibeamten erwartet werden kann, dass er einen Sachverhalt entsprechend feststellt. Es bestehen sohin keine Bedenken, die Anzeige bzw. die zeugenschaftliche Aussage des Polizeibeamten der Entscheidung zugrunde zu legen. Noch dazu haben im gegenständlichen Fall insgesamt 6 Polizeibeamte die nicht gesetzeskonforme Fahrweise von Ihnen festgestellt.

 

Zur zeugenschaftlichen Aussage des Polizeibeamten ist folgendes festzustellen: Aus den Bestimmungen des § 50 AVG im Zusammenhalt mit § 289 StGB (strafbarer Tatbestand der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde) ergibt sich, dass jedermann, der Beweisaussagen vor einer Behörde, sohin auch vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, tätigt, zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet ist. Die Strafdrohung des § 289 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, ist so gravierend, dass es wohl gewichtiger Interessen an einem bestimmten Verfahrensausgang bedarf, um sich durch eine falsche Aussage der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung auszusetzen. Liegen keine Anhaltspunkte für derartige Interessen vor, so kann davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Anzeigers und Zeugen den Tatsachen entsprechen und - in Abwägung mit dem Vorbringen des Beschuldigten sowie mit allen übrigen Beweismitteln - im Rahmen der Rechtsfindung heranzuziehen sind. Eine allenfalls - wie im gegenständlichen Verfahren - gegebene Beamtenstellung desjenigen, der die Beweisaussage tätigt, bedeutet zwar keinesfalls von vornherein eine besondere Qualifikation seiner Beweisaussage, es besteht jedoch die Möglichkeit, dass ein Beamter in bestimmter Funktion aufgrund seiner Ausbildung und Diensterfahrung Geschehnisse und Sachverhaltsabläufe genauer wiedergeben kann, als eine andere Person. Auch diese Erwägungen wurden von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach bei ihrer Beweiswürdigung beachtet.

 

Sie konnten sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen Sie gewertet werden, im vorliegenden Falle wird jedoch Ihren Angaben kein Glauben geschenkt.

Wenn Sie angeben, dass Sie in 1 Minute nicht von Str. Km 147,200 nach 148,330 fahren konnten, werden Sie darauf hingewiesen, dass Sie z.B. um 19.27 Uhr und 1 Sekunde bei Str. Km 147,200 gewesen sein könnten und um 19.28 Uhr und 59 Sekunden bei Str. Km 148,330 gewesen sind. Diese Angaben sind nachvollziehbar.

 

Wie die von Ihnen bemängelte Amtshandlung abgelaufen ist, ist nicht Gegenstand dieses Strafverfahrens und wurde dies Ihnen daher bei der Aufnahme der Niederschrift mitgeteilt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gelangte daher zur Ansicht, dass die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen objektiv als erwiesen angesehen werden müssen und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche Sie in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten würden.

 

Sie haben daher die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.

 

Was die Strafbemessung betrifft, ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Berechnung der Geldstrafe zu berücksichtigen.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen zu gute.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ist der Ansicht, dass die verhängten Geldstrafen schuld- und tatangemessen sind. Auch die von Ihnen angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheinen diesbezüglich angepasst. Im Übrigen treten diese persönlichen Verhältnisse im Interesse der Verkehrssicherheit und zur Erzielung spezial- und generalpräventiver Effekte in den Hintergrund. Bei diesen persönlichen Verhältnissen und den bisher angeführten Strafbemessungsgründen ist die verhängte Strafe als schuldangemessen und gerechtfertigt anzusehen, da die Strafen einen immerhin spürbaren Vermögensnachteil darstellen müssen, um den Strafzweck zu erfüllen. Insofern war spruchgemäß zu entscheiden.

 Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet."

 

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung entgegen:

"Betr.: Straferkenntnis vom 19.2.2009, VerkR96-3035-2008

Berufung

 

Gegen o.a. Straferkenntnis wird Berufung eingebracht.

Die mir neuerlich im Straferkenntnis zur Last gelegten Übertretungen der STVO entsprechen nicht den Tatsachen und ich beantrage die Aufhebung der Strafverfügung. In den einzelnen Niederschriften und dem Bescheid erster Instanz und dem Straferkenntnis zweiter Instanz bestehen gravierende Widersprüche.

 

O, am 3. März 2009

Mit freundlichen Grüßen  M K" (e.h. Unterschrift des Berufungswerbers).

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des bestreitenden Berufungsvorbringens erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

Die Behörde erster Instanz entschuldigte ihre Nichtteilnahme durch eine schriftliche Mitteilung v. 12.3.2009.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Berufungswerber als Beschuldiger, und die Polizeibeamten als Zeugen einvernommen.  Von der Örtlichkeit wurde ein Luftbild beigeschafft.

An dieser Stelle wird festgestellt, dass der Berufungswerber wohl irrtümlich das am Schluss des ordentlichen Ermittlungsverfahrens nach Beeinspruchung der Strafverfügung, dass Straferkenntnis fälschlich als in zweiter Instanz erlassen bezeichnet.

Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Verfahrensaktes, die Anhörung des Berufungswerbers als Beschuldigten, die Beischaffung der Handaufzeichnungen und der Vernehmung der Zeugen RI G und RI S.

 

 

 

4.1. Der Verlauf der Amtshandlung lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Berufungswerber offenbar während der Fahrt vor der Anhaltung ein Jausenbrot verzehrte und dabei auffällig langsam unterwegs gewesen sein dürfte.  Zu diesem Zeitpunkt hatte er ab 04:30 Uhr beginnend mit der Stallarbeit bereits berufsbedingt einen langen Tag und eine Fahrt ins Waldviertel und zurück hinter sich gebracht.

Seine langsame und eher straßenmittig angelegte Fahrweise dürfte dabei einigen in einem Zivilfahrzeug im Gegenverkehr den Berufungswerber wahr nehmenden Polizeibeamten aufgefallen sein, welche schließlich diese Amtshandlung ob des Verdachtes eines Alkofahrers in Gang brachten.

Der Zeuge RI G und dessen Beifahrer RI S  befuhren darauf hin mit dem Dienstkraftwagen die Fahrtrichtung des Berufungswerbers. Sie holten diesen ein und  folgten ihm nicht einsatzmäßig etwa einen Kilometer weit, wobei sie dabei  im Ergebnis feststellten, dass der Berufungswerber einige Linkskurven mit einer Fahrgeschwindigkeit von vielleicht 60 km/h schnitt, wobei er insbesondere im Punkt 3.)  auch die Sperrlinie überfuhr.

Im Ergebnis lässt sich die Wahrnehmung der Polizeibeamten dahingehend zusammen fassen, dass einerseits die Gefahrensichtweiten auf der knapp sechs Meter breiten und mit zwei durch eine Leitlinie getrennte Fahrspuren aufweisende B38, an den laut Zeugenaussagen nur als Tatort in Betracht kommenden Kurvenscheitel nicht wirklich exakt festgestellt wurden. Letztlich wurde nach der ursprünglich wegen Vermutung einer Alkoholisierung initiierte – jedoch mit 0,0 mg/l verlaufene Amtshandlung – mit dem Anbot eines oder mehrerer OM zu erledigen versucht. Erst nach der fehlenden Zahlunsbereitschaft wurden die Örtlichkeiten für diese Anzeige mit nochmaligem Befahren rekonstruiert, wobei auf einem Handzettel die Örtlichkeiten, nicht jedoch das Fehlverhalten selbst, festgehalten wurde (Beil.1). Das Tatbild dürfte erst mit der Anzeigeerstellung am 1.12.2008 aus dem Gedächtnis zu Papier gebracht worden sein. Dabei dürfte offenbar auch die Fahrzeugfarbe fälschlich als "blau", anstatt wie laut Berufungswerber tatsächlich zutreffend "silber", aus der Zulassungsdatei übernommen worden sein. Dies belegt, dass die Anzeige in den wesentlichen Punkten offenbar erst zehn Tage später aus der Erinnerung generiert wurde.

Warum nun der Berufungswerber wirklich am äußerst rechten Fahrbahnrand zu fahren gehabt hätte konnte im Rahmen des Beweisverfahrens eben so wenig nachvollzogen werden, als auch zwei Tatörtlichkeiten nicht wirklich mit den Kurvenscheitel zu korrespondieren scheinen. Als schlüssig und nicht widerlegbar erweist sich letztlich nur das Überfahren der Sperrlinie, wobei dieses Fahrverhalten nur aus dem Bestreben möglichst flüssig und den Kurvenverlauf abflachend zu durchfahren resultieren dürfte.

Selbst die Meldungsleger räumten ein, dass mit diesem Fahrverhalten keine nachteiligen Folgen einher gegangen waren. So konnten die Zeugen auch die Gefahrensichtweiten nicht näher beschreiben. Geht man davon aus, dass diese laut dem beiliegenden Luftbildmaterial selbst an der engsten Kurve bei Strkm 148,1 zumindest 60 m betrug, entspricht dies bei 60 km/h einer Durchfahrtszeit von 3,6 Sekunden, was selbst im Falle eines auftretenden Gegenverkehrs zumindest eine Gefährdung nicht erkennen lässt, weil eine Korrektur der Fahrlinie in deutlich kürzerer Zeit möglich ist.

Jedenfalls vermag unter Bedachnahme auf die Aussage beider Polizeibeamten ein Verstoß gegen § 7 Abs.2 StVO  zumindest nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit und Schlüssigkeit nachvollzogen werden. Aus den Aussagen der Straßenaufsichtsorgane lassen sich die Tatvorwürfe jedenfalls nicht mit ausreichender Überzeugung stützen.

Dem Berufungswerber wurde im übrigen die Zahlung einer, laut Meldungsleger mehrerer, Organmandatsstrafe(n) angeboten, dessen Bezahlung jedoch vor dem Hintergrund der von ihm als schikanös empfundenen Amtshandlung abgelehnt wurde.

Dem Berufungswerber konnte im Ergebnis dahingehend gefolgt werden, dass er sich aus fahrpraktischer Sicht keines Fehlverhaltens bewusst ist.

Über seine Darstellungen zum Verhalten der einschreitenden Polizeibeamten an sich ist jedenfalls im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu befinden. Diesbezüglich ist der Berufungswerber laut seinen Angaben bereits anderen Orts vorstellig geworden.

Der Berufungswerber machte durchaus einen sachbezogenen und glaubwürdigen Eindruck. Ob er sich über den Verlauf der Amtshandlung zu Recht beschwert erachtet darf ist ebenfalls nicht im Rahmen dieses Verfahrens zu befinden.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der § 7 Abs. 2 StVO lautet:

Wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim überholt werden und bei Gegenverkehr, hat der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren; ……

Eine Bestrafung nach Abs.2 erfordert die Feststellung, dass die betreffende Kurve unübersichtlich ist (Pürstl/Sommereder, StVO-Kommentar11, S 184, E 68 mit Hinweis VwGH 23.2.1965, 1650/64, KJ 1965, 43. Es genügt demnach nicht die bloße Annahme einer teilweisen Unübersichtlichkeit. Da die Frage der (Un-)Übersichtlichkeit nur in Relation zur Fahrgeschwindigkeit mit Bezug zum Gegenverkehr beurteilbar ist und die Anzeige und auch die Inhalte des anlässlich der Berufungsverhandlung gewonnenen Beweisergebnisses  diesbezüglich keine tragfähigen Anhaltspunkte erbrachte, erweisen sich die Tatvorwürfe nach § 7 Abs.2 StVO als nicht haltbar (VwGH 30.4.1980, 429/78; 19.12.1990, ZfVB 1992/2/562).

Diese Bestimmung ist eine Schutznorm iSd § 1311 ABGB insb. zugunsten des Gegenverkehrs (OGH 29.3.1979, ZVR 1979/27).

Nicht zuletzt wäre das dem Berufungswerber zur Last gelegte und binnen einer Minute abgelaufene Fahrverhalten rechtlich als fortgesetztes Delikt – da auf einheitlichem Tatwillen basierend – zu qualifizieren, sodass sich der Strafanspruch hinsichtlich des nur auf eine Ordnungswidrigkeit reduzierenden Tatunwertes bereits mit der Bestrafung des § 9 Abs.1  StVO [Verbot des Überfahrens einer Sperrlinie -  Punkt 3.) des Straferkenntnisses] erschöpfend geahndet.

 

 

6. Strafbemessung:

 

Laut ständiger Judikatur handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens (bis 726 Euro) um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt etwa dann vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Hier ging die Behörde wohl in unzutreffender Weise von nachteiligen Auswirkungen für die Verkehrssicherheit und von spezifischen Präventionsgründen aus.

Da es beim Berufungswerber als Vielfahrer den Milderungsgrund der gänzlichen Unbescholtenheit ganz besonders hervorzuheben gilt, diesem eine hohe Aussagekraft über sein unauffälliges Verkehrsverhalten zukommt, vermögen weder spezial- noch generalpräventive Gründe herhalten um eine höhere Strafe zu rechtfertigen als offenbar von den Organen der Straßenaufsicht vom Berufungswerber einzufordern versucht wurden. Wenn er dieses OM aus zumindest subjektiv verständlichen Gründen nicht zu bezahlen bereit war, ist es nicht zuletzt mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot nicht zu vertreten gleich eine sechsmal so hohe Strafe zu verhängen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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