Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100200/8/Fra/Ka

Linz, 11.12.1991

VwSen - 100200/8/Fra/Ka Linz, am 11.Dezember 1991 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des O H, L; gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. August 1991, AZ.St.-3.901/91-G, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 6. Dezember 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung vom 7. September 1991 wird teilweise Folge gegeben. Das Faktum 2 (§ 9 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) wird behoben und das Verfahren wird eingestellt. Hinsichtlich des Faktums 1 ( § 17 Abs.3 i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Diesbezüglich wird sowohl der Schuldspruch als auch die Höhe der verhängten Strafe bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24, 51, 51e Abs.1 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren 1. Instanz ermäßigt sich auf 100 S. Die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 27. August 1991, A.Z. St 3901/91-G, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach 1. § 17 Abs.3 StVO 1960 und 2. § 9 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1. 1.000 S und 2. 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafen je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil er am 27. Februar 1991 um 10.45 Uhr in P, vor dem Haus, in Fahrtrichtung M, das Kraftfahrzeug gelenkt hat und 1. an einem Fahrzeug vorbeigefahren ist, welches vor einem Schutzweg angehalten hat, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen sowie 2. es unterlassen hat, als Lenker eines Fahrzeuges, Fußgängern, die sich auf einem Schutzweg befinden, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 200 S, d.s. 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.2. In der fristgerecht gegen das o.a. Straferkenntnis eingebrachten Berufung beantragt der Beschuldigte, das Strafverfahren gegen ihn einzustellen oder zumindest § 21 VStG anzuwenden, wobei er im wesentlichen folgende Argumente vorbringt:

Es sei richtig, daß er zur Tatzeit am angeführten Tatort das Moped gelenkt habe. Beim Schutzweg nächst dem Hause X habe ein vor ihm fahrender PKW-Lenker plötzlich sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht, obwohl, wie er feststellen konnte, sich zu diesem Zeitpunkt kein Fußgänger auf dem Schutzweg befand bzw. die Fahrbahn überqueren wollte. Da ein gefahrloses Vorbeifahren am PKW möglich gewesen sei, sei er links vorbeigefahren und habe seine Fahrt in Richtung L fortgesetzt. Sollte seinem Einspruch nicht stattgegeben werden, ersucht er um Einvernahme des PKW-Lenkers, welcher vor dem Schutzweg angehalten hat und der Fußgänger, die den Schutzweg überqueren wollten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 6. Dezember 1991 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser Verhandlung wurden neben den Parteien des Verfahrens auch der Lenker des PKW's, welcher den gegenständlichen Vorfall angezeigt hat, als Zeuge geladen.

I.3. Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Verhandlung nimmt der unabhängige Verwaltungssenat folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen an:

Herr M H, wohnhaft in M, lenkte am 27. Februar 1991 gegen 10.45 Uhr in P auf der D-Bundesstraße 3, Fahrtrichtung M, den PKW. Auf Höhe des Hauses X in P hielt er den PKW vor einem dort befindlichen Schutzweg an, um zwei Personen (offenbar Mutter mit Kleinkind), ein Handzeichen zu geben, damit diese den Schutzweg überqueren können. Als sich diese beiden Personen auf der Höhe des linken Scheinwerfers seines PKW's befanden, fuhr an seinem PKW linksseitig der Lenker des Motorfahrrades, ohne anzuhalten, an seinem PKW vorbei. Dieser Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aufgrund der abgelegten Aussage des Zeugen M H. Der Zeuge schilderte emotionslos den Vorfall. Die Schilderungen sind in sich widerspruchsfrei und decken sich auch inhaltlich mit der Anzeige des Gendarmeriepostens Schwertberg vom 17. März 1991. Der Beschuldigte bestritt nicht, an dem angeführten PKW, ohne anzuhalten, vorbeigefahren zu sein, führte jedoch an, keine Fußgänger am Gehsteig gesehen zu haben. Im Hinblick auf die oben angeführte, der Wahrheitspflicht unterliegende und überzeugend wirkende Aussage des Zeugen H muß die Verantwortung des Beschuldigten als Schutzbehauptung gewertet werden. Wie die Erstbehörde bereits richtig ausgeführt hat, kann auch keine Veranlassung gesehen werden, weshalb der Gendarmeriebeamte eine ihm völlig unbekannte Person wahrheitswidrig belasten sollte.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.4.1. Der Beschuldigte hat durch den unter I.3. geschilderten Sachverhalt den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs.3 StVO 1960 verwirklicht. Danach ist das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg anhalten, um Fußgängern das Überqueren zu ermöglichen, verboten. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen, zu bestrafen, wer u.a. als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

I.4.2. Auch die Höhe der verhängten Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG. Die Erstbehörde hat hinsichtlich der Begründung zur Strafbemessung zwar zum Ausdruck gebracht, daß erschwerend bei der Strafbemessung kein Umstand, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten berücksichtigt wurde. Hinsichtlich der übrigen Strafzumessungskriterien hat die Erstbehörde lediglich eine formale Begründung abgegeben und damit der Begründungspflicht gemäß § 60 AVG i.V.m. § 24 VStG nicht entsprochen. Dennoch ist im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit bezüglich der Strafbemessung nicht zu konstatieren, zumal eine Strafe in Höhe von 1.000 S bei einem Strafrahmen bis zu 10.000 S auch im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Übertretung und den berücksichtigten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten (Einkommen: ca. 8.000 S monatlich netto, kein Vermögen, Sorgepflicht für einen Sohn) nicht als überhöht angesehen werden kann.

I.5. Das Faktum 2 (§ 9 Abs.2 StVO 1960) war deshalb zu beheben, da sich die Vorschriften der §§ 9 Abs.2 und 17 Abs.3 StVO 1960 einander ausschließen, zumal sie dem selben Verwaltungszweck dienen (siehe Anmerkung 7 zu § 9 in Kammerhofer/Benes, Straßenverkehrsordnung, Wien 1989). Eine Deliktskonkurrenz (§ 22 VStG) kommt daher nicht in Betracht; es darf nur nach einer Verwaltungsvorschrift bestraft werden.

Zusammenfassend war daher spruchgemäß zu entscheiden:

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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