Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281079/56/Wim/Pe/Ps

Linz, 25.03.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, B, V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18.2.2008, Ge96-82-2007, wegen einer Übertretung des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes (ASchG), nachträglich eingeschränkt auf die Strafhöhe, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15.12.2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und werden die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt:

zu 1) 1.800 Euro pro Arbeitnehmer  10.800 Euro           132 Stunden

zu 2)                                                      1.800 Euro              22 Stunden

Gesamt                                               12.600 Euro           154 Stunden

 

II.        Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 1.260 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 18.2.2008, Ge96-82-2007, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG und § 87 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV unter Punkt 1. in sechs Fällen Geldstrafen von je 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 144 Stunden, und unter Punkt 2. eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt, da er es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG. mit Sitz in V ist, zu verantworten hat, dass bei einer am 14.3.2007 vom Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien durchgeführten Überprüfung der Baustelle in W, H, Folgendes festgestellt wurde:

 

1) Die Arbeitnehmer S N, A A, O C, G M, Y K und A M waren auf dem ca. 1° geneigten Dach ohne jegliche Sicherungsmaßnahmen mit Dacharbeiten beschäftigt, obwohl eine Absturzhöhe von ca. 17 m bestand.

2) Der Arbeitnehmer C A war auf dem ca. 1° geneigten Dach ohne jegliche Sicherungsmaßnahmen mit Dacharbeiten beschäftigt, obwohl eine Absturzhöhe von ca. 12 m bestand.

 

Es waren weder Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden, noch waren die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m Absicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet 1.400 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben und begründend ausgeführt, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses so nicht hinreichend konkretisiert sei, um eine Bestrafung des Bw zu rechtfertigen. Weiters begründe der Umstand, dass die Arbeitnehmer ohne Schutzausrüstung angetroffen wurden, nicht die Annahme, dass das vom Bw innerbetrieblich installierte Kontrollsystem unzureichend sei. Das bewusste und gewollte Außerachtlassen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch einzelne Arbeitnehmer stelle kein systematisches Fehlverhalten des Bw und auch kein Organisationsverschulden dar. Es wurde auf die Stellungnahme des Bw vom 5.12.2007 verwiesen und bemängelt, dass es sich bei den angeführten Kontrollmaßnahmen um keine Schutzbehauptung handle. Der Bw habe für die konkrete Baustelle zwei Bauleiter ausdrücklich mit der Überwachung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­bestimmungen beauftragt. Durch die Bauleiter seien unangekündigte und regelmäßige persönliche Kontrollen erfolgt und seien alle Arbeitnehmer bislang vorschriftsmäßig gesichert gewesen. Da die Kontrolle um ca. 8.00 Uhr erfolgte, habe der Bauleiter die Arbeitnehmer nicht mehr auf die Einhaltung der Arbeitnehmerbestimmungen hinweisen können, da er erst gegen 9.00 Uhr auf die Baustelle gekommen sei. Weiters seien die Arbeitnehmer auch durch das Generalunternehmen über die Verpflichtung zur Einhaltung der Arbeitnehmer­schutz­vorschriften und Sicherheitsvorschriften belehrt worden. Dies sei mit Unterschrift der jeweiligen Arbeiter bestätigt worden und sei es deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb sich die angetroffenen Arbeitnehmer nicht an die ihnen bekannten Arbeitnehmerschutzvorschriften gehalten hätten.

Zum Kontrollsystem führte der Bw aus, dass durch die Sicherheitsfachkraft ein solches installiert und laufend überwacht werde. Bereits bei den Einstellungs­gesprächen werde ausdrücklich auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften hingewiesen und würden die Arbeitnehmer durch Rundschreiben, Dienstan­weisungen und Schulungen zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­bestimmungen angehalten. Die Einhaltung der Vorschriften werde durch die Vorarbeiter und Bauleiter sowie den Bw selbst regelmäßig kontrolliert. Bei sämtlichen Bauprojekten seien geeignete Schutzausrüstungen in Form von Absturzsicherungen an den Baustellen vorhanden. Es dürfe aber nicht übersehen werden, dass es faktisch unmöglich sei, eine absolut lückenlose Kontrolle sicherzustellen, da es nicht möglich sei, jedem Arbeitnehmer einen „Kontrolleur“ zur Seite zu stellen.

Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass zu berücksichtigen sei, dass keine Schäden oder nachteilige Folgen eingetreten seien und ein allfälliges Verschulden als gering anzusehen sei.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sicht­nahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.12.2008, an welcher der Rechtsvertreter des Bw, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teilgenommen haben. Der Bw hat entschuldigt nicht teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen Herr P M, Herr E K und Herr Ing. D, Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten, zeugenschaftlich einvernommen. Auf die Einvernahme der weiteren geladenen Zeugen wurde im Laufe der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernehmlich verzichtet.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Da die Berufung mit Schreiben vom 4.3.2009 auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

4.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­straf­rechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsver­folgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.4. Im angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Bw insgesamt sieben Geldstrafen von je 2.000 Euro gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt. Bei den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen wurde von einem monatlichen Einkommen von ca. 3.000 Euro, der Eigentümerschaft eines Einfamilienhauses und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Als straferschwerend wurde das Vorliegen von rechtskräftigen einschlägigen Verwaltungsvorstrafen gewertet. Strafmildernde Umstände wurden keine gewertet.

 

Aufgrund des Beweisergebnisses kann nicht von vorsätzlicher Tatbegehung ausgegangen werden. Dem Bw ist zugute zu halten, dass er die Verwaltungs­übertretung durch die Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe eingestanden hat. Dem Oö. Verwaltungssenat erscheinen daher die verhängten Geldstrafen von je 2.000 Euro als zu hoch bemessen. Die nunmehr verhängten Geldstrafen von je 1.800 Euro erscheinen dem Oö. Verwaltungssenat noch tat- und schuldangemessen und geeignet den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten, wobei der Bw darauf hingewiesen wird, dass bei weiteren Übertretungen mit der Verhängung empfindlich höherer Geldstrafen zu rechnen ist. Überdies hat auch der Vertreter des Arbeits­inspektorates der Reduktion der Strafen zugestimmt.

 

4.4. Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hierfür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind.

 

5. Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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