Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522217/6/Br/RSt

Linz, 27.03.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A K, geb.   , S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. Februar 2009, AZ: 07/393287,  nach der am 17.3.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; die ausgesprochene Auflage wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, § 5 Abs.5 u. § 8 Abs.3 Z2 Führerscheingesetz - FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008, sowie § 2 Abs.1 u. Abs.3, § 3 Abs.1, § 5 Abs.1 und § 14 Abs.1 und 5 Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert BGBl. II Nr. 64/2006;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A u. B mit der (Einschränkung) Auflage [Code: 104] eine amtsärztliche Nachuntersuchung unter Vorlage einer fachärztlichen internistischen Stellungnahme, welche zum Zeitpunkt der amtsärztlichen Begutachtung nicht älter als 6 Monate sein darf, bis spätestens 23.1.2014 vorzulegen. Gestützt wurde diese Entscheidung auf  §§ 8, 13 Abs.5  und  24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz  - FSG).

 

 

1.1. Die Behörde erster verweist auf § 24 Abs.1 FSG, wonach von der Behörde Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit (Z2) die Gültigkeit durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken sei. Diesen Falls ist gemäß § 13 Abs.5 FSG ein neuer Führerschein auszustellen.

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich diese Einschränkung seiner Lenkberechtigung und vermeint, er fahre nun schon sechseinhalb Jahre und ca. 50.000 km pro Jahr unfallfrei. Weiters sei er noch nie mit dem Suchtmittelgesetz oder Alkohol am Steuer in Berührung gekommen, weshalb ich diese Einschränkungen und Auflagen für nicht angebracht halte.

Zu Beginn wurde vom Amtsarzt ein internistisches Gutachten gefordert, welches ich 2007 vorlegte. In diesem Gutachten wurde bestätigt, dass er zum Lenken von Fahrzeugen der Klassen A und B geeignet sei. Jedoch waren der GGT Wert und der Blutdruck erhöht, dadurch ergaben sich im Laufe des Folgejahres regelmäßige Blutdruckkontrollen und dreimonatige GGT Wert Überprüfungen, welche der BH Schärding vorliegen. Bis Jänner 2009 wurde der CDT Wert vorgelegt, dieser lag im Normbereich. Für diese Bescheide und Auflagen habe er sieben Urlaubstage aufbringen müssen und es sind einige Kosten entstanden.

Er sei sich bewusst, dass durch seinen Lebensstil ein erhöhtes Risiko für cardiovaskuläre Schädigungen bestehe. Da dieses Problem jedoch einen steigenden Anteil der Bevölkerung betreffe, hoffe er auf Aufhebung der Auflagen und Beschränkungen.

 

 

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem unabhängigen Verwaltungssenat am 5. März 2009 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG).

Beweise erhoben wurde durch die im Rahmen der Berufungsverhandlung eingeholte amtsärztliche Gutachtenserörterung und der Anhörung des Berufungswerbers als Verfahrenspartei. Der Berufungswerber legte ein ärztliches Attest vor (Beilage 1).

 

 

4. Zur Aktenlage:

Dem Berufungswerber wurde erstmals am 25.7.2002 eine bis 8.7.2007 befristete Lenkberechtigung für die Klasse A <=25 KW und die Klasse B eine erteilt. Im Zuge des Verlängerungsantrages erfolgte mit Bescheid vom 4. Oktober 2007 die Erteilung unter Auflagen (Code 104) mit Vorlage des GGT-Wertes vier mal jährlich, sowie bis zum 5.10.2008 des Blutdruckausweises. Dies befolgte der Berufungswerber und es kam schließlich zur Erlassung eines Bescheides vom 12.11.2008 mit der Auflange "Code 104" bis zum 31.1.2009 und abermals einen GGT-Wert vorzulegen.

Die Führerscheinbehörde legt diese Befunde neuerlich dem Amtsarzt vor, welcher die Empfehlung einer internistische Befundung und Stellungnahme in fünf Jahren empfiehlt.

Dies mit dem Hinweis auf das extreme Übergewicht des Berufungswerbers in Verbindung mit Bluthochdruck und ein daraus sich ergebendes extremes Risiko für weitere cardiovaskuläre Schädigungen.

Die Behörde erster Instanz erließ folglich den nunmehr angefochtenen Bescheid.

 

 

4.1. Der Berufungswerber legt bei der Berufungsverhandlung ein ärztliches Attest des praktischen Arztes Dr. F O vom 23.3.2009 vor, welches im Tenor besagt, dass beim Berufungswerber  im Vergleich zu anderen adipösen Menschen keine höhere Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vorliege.

Im Rahmen der Gutachtenserörterung verweist der Amtsarzt auf die grundsätzliche Risikodisposition von übergewichtigen Menschen. Eine Konkretisierung einer nach fünf Jahren allenfalls zu erwartenden Nichteignung konnte aber auch vom Amtsarzt nicht vorgenommen werden.

Zur Erörterung gestellt wurde schließlich auch das internistische Gutachten des Dr. Z vom 4.4.2007 welches keine "Kontraindikation" für den Besitz der Lenkberechtigung erblickt.

Vor dieser Befundlage vermag trotz des evidenten Übergewichtes kein ausreichend schlüssiger Anhaltspunkt erblickt werden, dass just nach fünf Jahren eine begründbaren  Wahrscheinlichkeit für die Annahme eine Veränderung zur Nichteignung hin  ausgegangen werden könnte.

Im Ergebnis ist dies letztlich bei keinem Menschen gänzlich auszuschließen. Demnach müsste der Gesetzgeber – etwa wie bei Lenkberechtigung  C u. D – eine periodische Überprüfung der gesundheitlichen Eignung aller InhaberInnen einer Lenkberechtigung vorsehen.

Im Ergebnis liefe eine so langfristige Einschränkung im Ergebnis auf eine dem Gesetzgeber vorbehaltene  Routineuntersuchung hinaus, wobei gleichsam ein Mensch mit ungünstigeren physischen Dispositionen der fortwährenden Administration seiner Lenkberechtigung überlassen bliebe.

 

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG hat ‑ unter anderem ‑ bei Personen, deren gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kfz nur unter der Voraussetzung angenommen werden kann, dass sie sich ärztlichen Kontrolluntersuchun­gen unterziehen, das ärztliche Gutachten "bedingt geeignet" zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche und sachliche Beschränkungen der Gültigkeit der Lenkberechtigung anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Ver­kehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztli­che Nachuntersuchungen erforderlich sind.

Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2 FSG).

Der gesicherten Rechtsprechung zur Folge (z.B. VwGH 14.3.2000, 99/11/0254 oder VwGH 18.3.2003, 2002/11/0209) sind jedoch auch Auflagen – wie etwa Nachuntersuchungen – nur im Fall einer 'Krankheit' deren Natur nach mit einer zum Verlust oder einer Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss, zulässig (vgl. VwGH 16.9.2008, 2008/11/0091 mit Hinweis auf VwGH 29.9.2005, Zl. 2005/11/0120 mwN).

Eine derart negative Entwicklungsprognose konnte in der beim Berufungswerber feststehenden Übergewichtigkeit nicht schlüssig und hinreichend nachvollziehbar dargelegt gelten.

Selbst um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kfz in diesem Sinn anzunehmen, bedarf es dieser Rechtsprechung zufolge auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar noch in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. etwa jüngst h. Erk. 3. Februar 2009, VwSen-522169/8/Br/RSt).      

Solche zeigte hier der Amtsarzt aber selbst mit der durchaus plausiblen Darstellung der vorliegenden zusätzlichen gesundheitlichen Risikofaktoren nicht auf.

Eine etwa zum Thema von Einschränkungen einer Lenkberechtigung von der Volksanwaltschaft vorgenommenen Analyse der Rechtsprechung des VwGH zeigte, dass an den Verwaltungsgerichtshof zahlreiche Fälle herangetragen wurden, in denen die Verfügung einer Befristung der Lenkberechtigung seitens der belangten Behörde jeweils mit dem Argument zu rechtfertigen versucht wurden, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des betroffenen Fahrzeuglenkers nicht ausgeschlossen werden könne bzw. zumindest als möglich erachtet worden sei. In Bekräftigung seiner in der Fußnote skizzierten Rechtsprechung, wonach auf dem Boden des § 8 Abs.3 Z2 FSG eine Befristung der Lenkberechtigung nur dann zulässig ist, wenn "mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung "gerechnet werden muss" hat der VwGH in einem im Jahr 2003 gefällten Grundsatzerkenntnis[1] ausdrücklich festgehalten, wonach der Umstand, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustands möglich ist bzw. nicht ausgeschlossen werden kann, für die Einschränkung der Gültigkeit einer Lenkberechtigung nicht ausreicht [Dieser Absatz ist inhaltlich aus dem Aufsatz von M H (Volksanwaltschaft), "Die Befristung der Lenkberechtigung,  ZVR 2006/57" zitiert]. Auch die hier zu beurteilende Auflage läuft im Ergebnis auf eine fünfjährige Befristung hinaus.

Auch für diesen Fall ist daher zu betonen, dass selbst nicht jede gesundheitliche Beeinträchtigung, welche die Einnahme von Medikamenten und ärztliche Kontrolluntersuchungen aus medizinischer Sicht allenfalls als sinnvoll oder sogar als geboten erscheinen lässt, auch eine Befristung der Lenkberechtigung rechtfertigt.

Einem Betroffenen ist nicht zuletzt auch eine Selbstverantwortung zu seiner die Fahreignung erhaltenden Lebensführung zuzumuten.

 

 

5.1. So gestaltet sich etwa auch die Rechtsprechung zu § 3 Abs.5 2. Satz der FSG-GV (VwGH 20.4.2004, 2003/11/0315).  Eine Stabilisierung der Erkrankung oder Behinderung bildet die Grundlage für die Aufhebung der befristeten Erteilung oder Belassung der Lenkberechtigung bzw. der verfügten Auflagen. Damit ist im gegebenen Zusammenhang nicht schon eine vorübergehende, sondern eine dauerhafte Stabilisierung einer ihrer Art nach als fortschreitende anzusehende Krankheit gemeint.

Diese muss jedoch derart zum Stillstand gekommen sein, dass nach dem medizinischen Wissensstand keine weitere Verschlechterung zu befürchten ist. Dann von einer Befristung Abstand zu nehmen weil dadurch  auch keine vorhersehbare Gefährdung der Verkehrssicherheit in Kauf genommen wird.

Es ist somit auch in solchen Fällen Sache des medizinischen Sachverständigen darzutun, ob bei der betreffenden Erkrankung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissen­schaft eine Stabilisierung im besagten Sinn überhaupt in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen eine solche Stabilisierung angenommen werden kann. Bei Eintritt einer Stabilisierung im besagten Sinn liegt keine fortschreitende Erkrankung gemäß § 3 Abs.5 FSG-GV mehr vor. Auch in einem solchen Fall ist bei der Erteilung der Lenkberechtigung deren gleichzeitige Befristung (im Sinne der Versagung einer Lenkberechtigung für die Zeit nach dem angenommenen Frist­ende hinaus) unter Auflage von Kontrolluntersuchungen und Nachuntersuchungen unzulässig.

 

 

5.2. Mit Blick darauf war die hier im Ergebnis schon in relativ jungen Lebensalter des Berufungswerbers  auf Lebenslänglichkeit hinauslaufende Einschränkung seiner Lenkberechtigung  zu beheben.

 

 

In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 



[1] Hinweis auf die systematische Darstellung der einschlägigen Rsp des VwGH bei Grundtner / Pürstl, FührerscheinG (2003). Hinweis auf VwGH 18.1. 2000, 99/11/0266; VwGH 24. 4. 2001, 2000/11/0037; VwGH 13. 8. 2003, 2002/11/0228, sowie 2001/11/0183, VwGH 24.6.2003, 2001/11/0174  und VwGH 29. 9. 2005, 2005/11/0120.

 

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