Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522224/5/Br/RSt

Linz, 31.03.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ing. R T, geb.    , L,  gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Februar 2009, wegen Entzuges der am 13.10.2000, unter Zl. F-35/2009 für die Klassen A, B, erteilten Lenkberechtigungen, zu Recht:

 

     Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67d Abs.1 AVG iVm § 7Abs.1 u. Abs.3 Z4, § 29 Abs.3 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997  idF BGBl. I Nr. 31/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid, GZ: AZ: FE-35/2009 hat die Behörde erster Instanz dem Berufungswerber die von ihr am 13.10.2000 unter ZI. F 4151/2000 für die Klassen A, B erteilte Lenkberechtigung, wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 2 Wochen, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides entzogen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen der Berufungswerber habe den Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft dieses Bescheides der Behörde (BPD Linz) abzuliefern.

Gestützt wurde die Entscheidung der Behörde erster Instanz auf §§ 7, 24, 25, 26, 29 FSG.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gem. § 7 Abs. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat oder eine Geschwindigkeit von 180 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

 

Gem. § 26 Abs.3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z.4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z.3) oder auch eine Übertretung gem. Abs. 1 oder 2 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Laut rechtskräftiger Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 5.12.2008, Zahl: 15.1 2008/41118 lenkten Sie am 11.10,2008 um 08.56 Uhr in Zettling, auf der A 9, km 192.720 Fahrtrichtung Spielfeld das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  und überschritten die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides führten Sie anlässlich der mündlichen Verhandlung am 11.2.2009 im Wesentlichen aus, dass Sie die Strafverfügung der BH Graz-Umgebung von 5.12.2008 nie erhalten hätten. Es wäre lediglich Ende Jänner eine Mahnung für den Betrag von € 450,- ergangen. Bei Erhalt hätten Sie die Strafverfügung selbstverständlich beeinsprucht, da Ihre Gattin das Auto zum Tatzeitpunkt gelenkt hätte.

 

Ihren Rechtfertigungsangaben muss entgegen gehalten werden, dass laut Aktenlage (Rückschein der Strafverfügung) der erste Zustellversuch am 9.12.2008 und sodann die Verständigung über die Hinterlegung beim Postamt 4..., Beginn der Abholfrist 10.12.2008, erfolgte. Letztendlich wurde mit 29.12.2008 die RSa-Briefsendung als "nicht behoben" vom Zustellpostamt an die BH Graz-Umgebung zurückgesandt. Damit ist die gegenständliche Strafverfügung mit 25.12.2008 in Rechtskraft erwachsen.

Somit steht bindend fest, dass Sie als Lenker eines Kraftfahrzeuges den Tatbestand des § 7 Abs. 3 Zif 4 FSG erfüllt haben. Der Behörde ist es im gegenständlichen Verfahren verwehrt, diese bereits rechtskräftig entschiedene Frage neu aufzurollen (VwGH vom 22.9.21996, Zl. 96/11/0003 mit Vorjudikatur).

 

Der Umstand, dass Sie daneben auch wegen der Übertretung des § 102 Abs.3 KFG  (Nichterteilung der geforderten Lenkerauskunft) [gemeint wohl: § 103 Abs.2 KFG] rechtskräftig bestraft wurden, steht der Erfüllung der bestimmten Tatsache des § 7 Abs. 3 Zif. 4 FSG nicht entgegen, zumal im Verwaltungsstrafverfahren das sogenannte Kumulationsprinzip gilt, wonach für mehrere Verwaltungsübertretungen (Deliktskonkurrenz) die für diese vorgesehenen Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

 

Somit sind Sie nach den oben angeführten Sachverhalt nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wobei die ausgesprochene Entzugsdauer gesetzlich begründet ist."

 

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem ausgesprochenen in seiner fristgerecht per Email einbrachten Berufung mit dem Einwand entgegen das Fahrzeug damals nicht gelenkt zu haben. Vielmehr sei damals  seine Frau K T die Lenkerin gewesen. Diese habe ihm am 11.10.2008 für seinen Geburtstag am 13.10. die von einem Freund in Vogau gebackene Geburtstagstorte von dort abgeholt. Er könne nicht für eine Tat bestraft werden die er nicht begangen hat.

 

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

In diesem Verfahren hat der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf das gewährte Parteiengehör iSd § 67d Abs.4 AVG unterbleiben.

 

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und nochmalige Anfrage über die bestehende Rechtskraft Strafverfahrens bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (AV v. 17.3.09). Dabei wurde in Erfahrung gebracht, dass nach dortiger Auffassung von einer rechtsgültigen Zustellung und demnach von der Rechtskraft Schuldspruches auszugehen ist. Es wurde bei der Strafbehörde auch kein Antrag auf Wiederaufnahme oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht. Sohin ist das hier als Vorfrage festzustellende Faktum  rechtsverbindlich geklärt.

Zusammenfassen lässt sich die Aktenlage des Strafverfahrens dahingehend, dass der Berufungswerber offenbar keine Lenkerauskunft oder diese nicht fristgerecht erteilte, sodass er nicht nur wegen der damaligen Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern auch wegen der nicht oder nicht rechtzeitig erteilten Lenkerauskunft bestraft wurde.

Im Rahmen dieses Verfahrens hat daher dahingestellt zu bleiben aus welchen Gründen der Berufungswerber die für ihn offenbar von der Strafbehörde rechtswirksam hinterlegte Strafverfügung nicht erhalten haben soll.

Im h. Schreiben vom 17.3.2009 wurde dem Berufungswerber die Sach- u. Rechtslage dargelegt und ihm diesbezüglich Parteiengehör gewährt. 

Dazu äußert sich der Berufungswerber in seinem Schreiben vom 25.3.2009 dahin, dass er die Lenkerauskunft zu spät erteilt habe. Wenn der Strafbescheid in Rechtskraft erwachsen und demnach bindend sei, müsse er sich damit wohl abfinden.

 

 

4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Wie die Behörde erster Instanz im hier angefochtenen Entzugsbescheid zutreffend ausführt, gilt nach § 7 Abs.1 FSG als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) - für deren Wertung iSd Abs.4 der Behörde kein Raum eröffnet bleibt - angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. "die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder ................ gefährden wird, …...

Gemäß § 7 Abs.3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere, wenn jemand:......... (Z4) "die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;"

Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier durch die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung mit dem darin zu Grunde liegenden Tatvorwurf vor, sodass hier zwingend mit dem Entzug der Lenkberechtigung im genannten Ausmaß vorzugehen ist.

 

 

4.1. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Kraftfahrbehörde, an einen im obigen Sinn "eine bestimmte Tatsache" feststellenden rechtskräftigen Schuldspruch gebunden (vgl. VwGH 28.5.2002, 2002/11/0074 sowie VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038).

Die Behörde erster Instanz hatte daher, so wie nun  auch die Berufungsbehörde davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer die Übertretungen, derentwegen er rechtskräftig bestraft wurde, zuzurechnen sind. Eine Neuaufrollung im Rahmen des administrativen Führerscheinentzugsverfahrens ist der/den Behörde(n) verwehrt.

Selbst wenn laut anderer höchstgerichtlichen Spruch eine Bindung wiederum nur hinsichtlich des Schuldspruches, nicht jedoch auch das darin festgestellte Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung besteht, ergeben sich hier auch keine Bedenken am Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung laut Strafbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (VwGH 29.4.2003, 2001/11/0287, mit Hinweis auf VwGH 20.2.2001, 98/11/0306).

Die nun vom Berufungswerber bestrittene Lenkeigenschaft wäre demnach im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens einzuwenden gewesen, wobei im Falle eines angedeuteten Zustellmangels oder einer möglichen Fristversäumnis dies durch entsprechende Anträge im Strafverfahren zu sichern gewesen wäre. Von all dem hat der Berufungswerber offenbar nicht Gebrauch gemacht.

 

 

4.2. Betreffend den auszusprechenden Entzug ist der Behörde eine eigene Wertung des die "bestimmte Tatsache" begründenden Verhaltens verwehrt, weil dieses bereits vom Gesetzgeber, durch die mit zwei Wochen definierten Entzugsdauer und mit der dadurch vom Gesetzgeber fiktiv vermuteten  Verkehrsunzuverlässigkeit, vorweggenommen wurde.

Betreffend die sogenannten Kurzzeitentzüge bestehen ferner laut Verfassungsgerichtshof auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 10.6.2003, G 360/02 ua). Dieser Gerichtshof geht darin mit der vom Verwaltungsgerichtshof in dessen ständigen Rechtssprechung vertretenen Auffassung (VwGH 1.10.1996, 96/11/0197) konform, wonach der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Vorliegens einer bestimmten Tatsache und der Bemessung der Entziehungszeit, eine vom Gesetzgeber selbst getroffene Wertung eines derartigen strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtspunkt seiner Relevanz für die Verkehrszuverlässigkeit des Lenkberechtigten und der zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu setzenden Maßnahme, zugrunde liegt. Diese Auffassung gelangte auch schon zur früheren Rechtslage bei Entzügen von Lenkberechtigungen wegen eklatanter Geschwindigkeits-Überschreitungen nach § 66 Abs.3 KFG 1967 iVm § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zum Ausdruck bzw. wurde als vertretbar erachtet.

Die Entziehung der Lenkberechtigung ist im Sinne dieser Rechtssprechung nicht (nur) als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr konzipiert, die eine unmittelbar effektive und sofortige Sicherung bewirkt, sondern sie entfaltet vor allem auch dadurch einen Schutzeffekt im Interesse der Verkehrssicherheit, dass sie auf den Lenker ermahnend und erzieherisch einwirkt. Ihr kommt - wie jeder anderen Maßnahme der Verkehrserziehung - auch die Bedeutung eines, auf einen längeren Zeitraum ausgelegten, der Verkehrserziehung dienenden Sicherungsinstrumentes zu.

Dass der Gesetzgeber gemäß ausdrücklicher Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof im o. a. Erkenntnis die Entziehung der Lenkberechtigung ebenso als Mittel zur "Verkehrserziehung" eingerichtet hat, ist daher in diesem Zusammenhang nochmals hervorzustreichen.

 

Der Berufung musste daher der Erfolg versagt bleiben.

Auf die in Punkt 1. oben in Fettschrift getätigten Hervorhebungen wird der Berufungswerber abschließend hingewiesen.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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