Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720238/3/BP

Linz, 01.04.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des L C, StA von Rumänien und Moldavien, derzeit unbekannten Aufenthaltes, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 27. Februar 2009, AZ: 1061820/FRB, zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 27. Februar2009, AZ.: 1061820/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt. Als Rechtsgrundlagen werden § 86 Abs. 1 iVm. § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., genannt. Gemäß § 86 Abs. 3 FPG wurde dem Bw von Amts wegen kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Berufung gemäß § 64 FPG 2005 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.1.1. Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass der Bw am 18. Februar 2009 vom Landesgericht Linz unter der Zahl 28 HV 9/09x wegen des Verbrechens des teils versuchten und teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall und 15 StGB sowie des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, rechtskräftig verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass der Bw in Linz

I.) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht habe,

1. Firma E, Filiale Landstraße

a) am 27. November 2008 Lebensmittel, Getränke sowie ein Japanmesser im Gesamtwert von 16,76 Euro;

b) am 6. Dezember 2008 eine Flasche Kräuterlikör der Marke "Gurktaler" im Wert von 6,99 Euro;

2. der Firma E, Filiale Wienerstraße

a) am 4. Dezember 2008 Lebensmittel, Getränke sowie Haushaltswaren im Gesamtwert von 41,89 Euro;

b) am 12. Dezember 2008 Lebensmittel, Getränke sowie Haushaltswaren im Gesamtwert von 36,19 Euro;

3. am 5. Dezember 2008 der Firma H Lebensmittel und Getränke im Wert von 12,47 Euro;

4. der Firma S

a) am 10. Dezember 2008 ein Mobiltelefon der Marke Samsung, sowie neun CD's im Gesamtwert von 147,90 Euro;

b) am 12. Dezember 2008 ein Mobiltelefon der Marke Samsung im Gesamtwert von 25,99 Euro;

5. am 12. Dezember 2008 der Firma M Lebensmittel, Getränke und eine Zahnpasta im Gesamtwert von 31,52 Euro;

6. am 16. Dezember 2008 der Firma B Getränke und Lebensmittel im Gesamtwert von 11,62 Euro;

7. der Firma T

a) am 17. Dezember 2008 vier Lern-CD's und zwei Bücher im Gesamtwert von 67,15 Euro;

b) in einem unbekannten Zeitraum bis 28. Dezember 2008 14 Bücher im Gesamtwert von 157,00 Euro;

8. am 28. Dezember 2008 einer O T, B, Getränke im Wert von 18,97 Euro;

9. am 7. Jänner 2009 der Firma C Bekleidungsstücke im Gesamtwert von 75,60 Euro;

10. am 7. Jänner 2009 der Firma L sieben Bücher im Gesamtwert von 59,73 Euro;

II. am 5. Jänner 2009 habe der Bw mit dem Vorsatz sich durch das Verhalten der getäuschten Verfügungsberechtigten des Lokals ".." unrechtmäßig zu bereichern, durch die Vorgabe, ein zahlungswilliger und –fähiger Kunde zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, diese zu einer Handlung, nämlich der Ausfolgung von Speisen und Getränken im Wert von 11,80 Euro verleitet, welche diese im genannten Betrag an deren Vermögen geschädigt habe.

 

Weiters schienen über den Bw drei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen wegen Art.9 Abs.1 Z2 EGVG zu einer Geldstrafe von je 36 Euro auf sowie eine Vormerkung wegen § 81 SPG zu einer Geldstrafe von 80 Euro.

 

Im Zuge der fremdenpolizeilichen Einvernahme am 21. Jänner 2009, sei dem Bw mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Es sei dem Bw auch Gelegenheit gegeben worden, seine Privat- und Familienverhältnisse darzulegen. Dazu habe der Bw angegeben, dass er sowohl die rumänische als auch die moldawische Staatsbürgerschaft besitze. Er würde sich seit dem Frühjahr 2008 durchgehend in Österreich aufhalten und habe während des Aufenthaltes in Österreich bei Freunden Unterkunft genommen. Eine polizeiliche Anmeldung habe der Bw jedoch nicht durchgeführt. In der Zeit vom 23. Juni 2008 bis 7. November 2008 sei der Bw als Arbeiter bei der Firma H G GesmbH & Co KG beschäftigt gewesen. Ansonsten sei er in Österreich noch nie einer Beschäftigung nachgegangen. Weiters habe der Bw angegeben, dass er in Österreich keine Verwandten habe. Abschließend habe er angeführt, dass die Behörde gar kein Aufenthaltsverbot erlassen dürfe, da er nichts Schlimmes gemacht hätte. Es wären lediglich kleine strafbare Handlungen gewesen, die der Bw begangen habe.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass der Bw am 18. Februar 2009 vom Landesgericht Linz wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls sowie wegen des Vergehens des Betruges zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden sei. Dadurch sei zweifelsfrei der Tatbestand des § 60 Abs.1 iVm § 60 Abs.2 Z1 FPG als erfüllt anzusehen und es sei davon auszugehen, dass im Sinne des § 86 FPG 2005 auf Grund des oben beschriebenen persönlichen Verhaltens des Bw, die öffentliche Ordnung durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet sei. Das strafbare Verhalten sowie der dadurch entstandene Schaden lasse den weiteren Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet als eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erscheinen. Das gezeigte Fehlverhalten sei schwer zu gewichten, da sich daraus eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums manifestiere, die dadurch noch erheblich verstärkt werde, dass der Bw die ihm zur Last gelegte Straftat teilweise in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

 

Es könne daher insgesamt keinem Zweifel unterliegen, dass das oben näher geschilderte kriminelle Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Eigentumsdelikten und der Kriminalität überhaupt. Es bedürfe keiner näheren Erörterung, dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeit ausgeschöpft werden müsse, um derartigen Verbrechen bzw. Vergehen entgegenzuwirken. Der Bw sei – nach eigenen Angaben – erst seit dem Frühjahr 2008 in Österreich aufhältig. Weiters habe er – ebenfalls nach eigenen Angaben – hier keinerlei Verwandte und sei lediglich viereinhalb Monate einer legalen Beschäftigung nachgegangen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass er in Österreich beruflich integriert sei. Die Integration in sozialer Hinsicht sei dem Bw ebenfalls nicht gelungen, was vor allem durch sein bereits mehrfach erläutertes Fehlverhalten bezeugt werde. Weiters habe der Bw angegeben, dass er in Österreich nicht polizeilich gemeldet sei, sondern nach seiner Einreise bis zur Festnahme bei Freunden Unterkunft genommen habe.

 

Insgesamt könne daher davon ausgegangen werden, dass nicht nur die im § 86 Abs.1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, sondern auch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Licht des § 66 Abs.1 FPG zulässig sei. Die belangte Behörde sei zu der Auffassung gelangt, dass aufgrund seines bisherigen Fehlverhaltens im Bundesgebiet im Hinblick auf die für einen weiteren Aufenthalt zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wiegen würden, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, zumal der Bw sich erst seit einem Jahr in Österreich aufhalte, hier keiner legalen Beschäftigung nachgehe und weder Verwandte noch einen polizeilich gemeldeten Wohnsitz habe. Das Aufenthaltsverbot sei daher auch im Sinne des § 66 Abs.2 FPG zulässig.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer nach § 63 Abs.2 FPG sei auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht genommen worden. Unter Berücksichtigung aller Umstände erachte es die belangte Behörde für angemessen, die Dauer des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre festzusetzen.

 

Die aufschiebende Wirkung einer Berufung sowie ein Durchsetzungsaufschub gemäß § 86 Abs.3 FPG 2005 seien auszuschließen gewesen, weil das Verhalten des Bw massiv der öffentlichen Ordnung zuwider laufe und daher eine sofortige Ausreise nach Verbüßung der Strafhaft in öffentlichem Interesse erforderlich sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der am 2. März 2009 persönlich zugestellt wurde, erhob der Bw mit Schreiben vom 4. März 2009 Berufung. Darin führt der Bw aus, dass er zunächst im Frühjahr 2008 nur ein bis zwei Monate in Österreich – bei seinen Freunden wohnhaft – aufhältig gewesen und dann weiter nach Ungarn, Italien und die Schweiz gereist sei, wo er ebenfalls Freunde habe. Am 23. Juni habe der Bw – von Italien kommend – die Arbeitsstelle bei der Firma H angetreten. Der Bw gibt an, an der Adresse S, ab August gemeldet gewesen zu sein. Der Bw gibt an, in Rumänien gemeinsam mit einem Partner ein privates Unternehmen zu führen. Die von ihm angetretene Arbeitsstelle habe er als Extraeinkommen verstanden. Der Bw gibt an, später in Österreich eine Firma anmelden zu wollen. In Marchtrenk habe der Bw einen Bruder, C S.

 

Der Bw ersucht um einen Durchsetzungsaufschub der Ausreise von 48 Stunden, da er in einer Wohnung in L E noch Gegenstände gelagert habe, die er mitzunehmen beabsichtige. In der Folge werde er aus Österreich freiwillig ausreisen. Weiters gibt der Bw an in Österreich zusätzlich noch einige Zeit zu benötigen, in der er verschiedene Angelegenheiten noch zu regeln habe.

 

2. Mit Schreiben vom 9. März 2009 wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde vorgelegt. Dabei merkt sie an, dass der Bw am 6. März bereits nach Rumänien abgeschoben worden sei.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der Sachverhalt zweifelsfrei – und vom Bw im Übrigen auch nicht substantiell widersprochen – aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im Übrigen liegt kein darauf gerichteter Parteienantrag vor (§ 67d AVG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1.1. dargestellten Sachverhalt aus. Dieser Sachverhalt ist jedoch um die Meldedaten des Bw sowie seines Bruders zu ergänzen:

 

Der Bw war von 5. Juni 2008 bis 30. Juli 2008 an der Adresse S, polizeilich gemeldet. Sein Bruder S C war von 25. Februar 2008 bis 23. April 2008 an der Adresse M, weiters von 29. Jänner 2008 bis 25. März 2008 an der Adresse S, seit 23. April 2008 an der Adresse M, polizeilich gemeldet.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) BGBl I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl I Nr. 29/2009 ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

 

3.1.2. Beim Bw handelt es sich um einen rumänischen Staatsangehörigen, der seit Frühjahr 2008 – nicht durchgehend – in Österreich aufhältig war. Es ist grundsätzlich unbestritten, dass er wegen der EU- bzw. nunmehrigen EWR-Mitgliedschaft seines Heimatstaates unter den Anwendungsbereich des § 86 FPG fällt.

 

3.2. § 86 FPG enthält Sonderbestimmungen für die Erlassung von Aufenthalts­verboten für EWR-Bürger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 durfte gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot nämlich nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Z 1 FrG erfüllt waren. Dabei war § 36 Abs. 2 FrG als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 13. Oktober 2000, 2000/18/0013).

 

Demgemäß sind auch die – von der belangten Behörde herangezogenen – §§ 60 ff FPG als bloßer Orientierungsmaßstab für § 86 FPG anzusehen.

 

3.3. Gemäß § 60 Abs.2 Z1 FPG 2005 hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einem wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist das Aufenthaltsverbot gemäß § 66 FPG 2005 zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art.8 Abs.2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

3.4. Es ist nun nach dem festgestellten Sachverhalt zunächst völlig klar, dass der Bw am 28. Februar 2009 vom Landesgericht Linz unter der Zahl 28 Hv 9/09x, wegen des Verbrechens des gewerblichen Diebstahls (teils versucht, teils ausgeführt) und wegen Betrugs zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten, somit von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde.

 

Sohin ist § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG fraglos gegeben. Dieser Umstand wird vom Bw in keinster Weise in Abrede gestellt. Er wendet sich gegen das verhängte Aufenthaltsverbot wenn überhaupt nur implizit.

 

3.5.1. Wie oben angeführt (vgl. § 86 Abs. 1 FPG), muss das persönliche Verhalten des Bw zur rechtmäßigen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden und eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Eigentumsdelikte, insbesondere wenn sie in der hier vorliegenden massiven und kontinuierlichen Form gegeben sind, zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert

 

3.5.2. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu überprüfen, ob das Verhalten des Bw eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung dieses Grund­interesses darstellt. Der Gesetzesbegriff "gegenwärtig" muss seiner Bedeutung nach im vorliegenden Fall naturgemäß vor allem auf den Zeitraum nach seiner Entlassung erstreckt werden, sofern der Betreffende – wie hier vorliegend – bis vor kurzem in Strafhaft angehalten wurde.

 

Maßgeblich ist somit nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Dabei sind die Umstände der von ihm begangenen Tat (hier der begangenen Taten) zu beleuchten.

 

3.5.3. Es zeugt fraglos von beträchtlicher krimineller Energie – gleich vielfach –Eigentumsdelikte zu setzen. Dabei ist hier besonders auffällig, dass der Bw keinerlei Bedauern über die von ihm begangenen Straftaten zu haben scheint; dies nicht nur bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde, sondern auch im Rahmen seiner Berufung, in der er sich zwar Gedanken über zukünftig in Österreich zu etablierende Geschäfte macht, auf sein kriminelles Vorleben jedoch keinerlei Bezug nimmt. Die Haltung des Bw und seine Grundeinstellung dürften sich somit nicht geändert haben.

 

Weiters kann durch die Häufung und den längeren Zeitraum, der Begehung der verschiedenen Delikte, nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihm bewusst gewählt wurde.

 

3.5.4. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von Straftaten sowie des Schutzes des Eigentums und der Rechte Dritter bildet; dies sogar in einem besonders hohen Maß.

 

Es ist dem Bw keinesfalls gelungen darzulegen – wenn von ihm überhaupt beabsichtigt -, dass das oben beschriebene Gefährdungspotential gegenwärtig und auch zukünftig nicht von ihm ausgehen werde.

 

Festzuhalten ist also, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Bw in § 86 Abs. 1 FPG durchaus Deckung findet. Darüber hinaus ist diese Maßnahme jedoch auch unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und des gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Grundrechts auf den Schutz des Privat- und Familienlebens zu beurteilen.

 

3.6.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.6.2. Grundsätzlich ist vorerst – der belangten Behörde im Übrigen folgend – festzuhalten, dass die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht allzu massiv in das Privat- und Familienleben des Bw eingreift.

 

Der Bw lebte tatsächlich nur kurz im Bundesgebiet – kürzer als von der belangten Behörde angenommen –, da er im Frühjahr 2008 nur zeitweilig in Österreich aufhältig war. Er selbst betont, dass er auch Freunde in anderen EU-Staaten und in der Schweiz hat, bei denen er sich aufhielt. Offensichtlich betrachtet er Österreich als guten Ausgangsstandort für die Abwicklung seiner – wie auch immer gearteten – Geschäfte. Es kann keinesfalls befunden werden, dass er hier besonders sozialisiert ist. Die Tatsache, dass ein Bruder hier lebt, bewirkt per se noch keine besondere Bindung an Österreich. Auch der Bw selbst führt in seiner Berufung an, dass es das beste wäre ihn einfach – wenn auch nach Abwicklung seiner Angelegenheiten und nach Mitnahme seiner Waren – nach Rumänien ausreisen zu lassen. Er ist also durch das Aufenthaltsverbot in seinem Privat- und Familienleben nicht gravierend beeinträchtigt – allenfalls in seinen zukünftig geplanten wirtschaftlichen Interessen.

 

3.6.3. Es steht außer Zweifel, dass von den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten   Schutzgütern die Verhinderung von Straftaten und der Schutz der Rechte und Freiheiten Dritter durch das oben prognostizierte Verhalten des Bw im Hinblick auf das Prinzip des "ordre public" berührt und gefährdet sind. Weiters ist in konsequenter Subsumtion des Art. 8 Abs. 2 EMRK anzumerken, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - unter den entsprechenden Bedingungen – eine gesetzlich vorgesehene Maßnahme darstellt.

 

Nun ist eine konkrete Interessensabwägung und Gewichtung vorzunehmen (vgl. § 66 FPG und Art. 8 Abs. 2 EMRK), in deren Rahmen die Gefährdung der Schutzgüter des Art. 8 Abs. 2 EMRK und die Massivität des Eingriffs in das Grundrecht des Bw gegenüber zu stellen sind.

 

3.6.4. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK sind gemäß der novellierten Fassung des § 66 Abs. 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehen sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Diese Bestimmung ist auch auf Aufenthaltsverbote anzuwenden - § 60 Abs.6 FPG 2005, wobei diese Verweisung im § 86 FPG 2005 dezidiert nicht vorgenommen wird – aus der Systematik des FPG 2005 jedoch auch auf Aufenthaltsverbote gemäß § 86 FPG 2005 anzuwenden sein wird.

 

Der belangten Behörde folgend erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates – nach eingehender Abwägung auch im Hinblick auf die mit 1. April 2009 geänderte Fassung des § 66 Abs. 2 und 3 - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes als bedeutender, denn die Interessenssphäre des Bw, die im vorliegenden Fall nur eher schwach ausgeprägt ist – wie oben im Hinblick auf die Kriterien des § 66 Abs. 2 dargestellt wurde.

 

Auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips kommt man zu den dargestellten Überlegungen, wodurch grundsätzlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw gerechtfertigt ist.

 

3.7. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist auch die Dauer der Befristung der verhängten Maßnahme rechtlich zu würdigen.

 

Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann ein Aufenthaltsverbot u.a. in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden. Wiederum als Orientierungsmaßstab ist diese Bestimmung auch im vorliegenden Fall anzuwenden.

 

Gemäß § 63 Abs.2 FPG 2005 ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Aus immanent zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen ist eine Beschränkung der Grundfreiheiten von Unionsbürgern oder Begünstigten aus Assoziierungsabkommen möglichst maß- und zurückhaltend vorzunehmen. In diesem Sinn erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates die von der belangten Behörde ausgesprochene fünfjährige Befristung des Aufenthaltsverbotes als absolut gerechtfertigt und darüber hinaus als verhältnismäßig.

 

3.8. Gemäß § 64 FPG darf bei Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen ein Aufenthalts­verbot oder ein Rückkehrverbot ausgeschlossen werden, wenn die sofortige Ausreise des Fremden oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich ist.

 

Gemäß § 86 Abs.3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

 

Entgegen der Ansicht des Bw war die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall unbedingt geboten. Bei der Disposition des Bw kann nicht davon ausgegangen werden, dass er seine kriminellen Handlungen eingestellt haben würde, weshalb zurecht §§ 64 und 86 FPG in Anwendung gebracht wurden.

 

3.9. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Bernhard Pree

Rechtssatz:

VwSen-720238/3/BP vom 1. April 2009

Fremdenpolizeigesetz, § 86 Abs. 1

Aufenthaltsverbot

 

Weiters kann durch die Häufung und den längeren Zeitraum, der Begehung der verschiedenen Delikte, nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihm bewusst gewählt wurde.

 

 

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