Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400918/15/Gf/Mu

Linz, 09.04.2009

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des G K, vertreten durch RA Dr. A W, L, gegen seine Anhaltung in Schubhaft durch den Polizeidirektor von Linz vom 7. bis zum 10. November 2007 zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor von Linz) einen Kostenersatz in Höhe von 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, ist am 17. August 2005 illegal ins Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Jänner 2006 abgewiesen; gleichzeitig wurde die Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügt. In gleicher Weise wurde die dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates mit Wirkung vom 17. August 2007 abgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zwar vom Verwaltungsgerichtshof zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt; in der Folge wurde jedoch deren Behandlung mit Beschluss vom 15. Oktober 2007 abgelehnt, sodass das Asylverfahren mit diesem Tag als rechtskräftig negativ abgeschlossen anzusehen ist.

 

1.2. Mit Bescheid der BPD Wien vom 31. Mai 2007 wurde gegen den Rechtsmittelwerber auf Grund zweier strafgerichtlicher Verurteilungen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Seit dem 9. Jänner 2007 befand sich der Beschwerdeführer zwecks Verbüßung seiner Haftstrafe in der JA Linz, aus der er am 7. November 2007 bedingt entlassen wurde.

 

1.3. Zuvor wurde jedoch mit Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 31. Oktober 2007, Zl. 1056240/FRB, über den Rechtsmittelwerber zur Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Über­stellung in das PAZ Linz am 7. November 2007 im unmittelbaren Anschluss an die Strafhaft vollzogen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er nach eigenen Angaben einerseits weder über Vermögen noch über einen Wohnsitz verfüge noch einer Beschäftigung nachgehe und es ihm zudem an jeglicher sozialer Integration ermangle, was sich insbesondere an den strafgerichtlichen Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen zeige. Auch eine Wohnmöglichkeit bei seiner in Wien gemeldeten Gattin bestehe nicht, da deren Asylverfahren am selben Tag ebenfalls rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei. Auf Grund dieser Umstände sei die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der sofortige Abschiebung notwendig. Im Hinblick auf das Wissen um die bevorstehende Abschiebung sei die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht gekommen, weil die Gefahr bestanden habe, dass er in die Illegalität abtauchen würde.

 

1.4. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtete sich die vorliegende, am 12. November 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

 

Darin wird unter Vorlage einer entsprechenden Absichtserklärung vorgebracht, dass der Rechtsmittelwerber bei einer Bekannten in Linz wohnen könnte und von ihr unterstützt würde.

 

Im Übrigen hätte er einen Anspruch auf die Anwendung gelinderer Mittel, insbesondere die Vorschreibung der täglichen Meldung bei einer Polizeidienststelle.

 

Daher wurde die Aufhebung der Schubhaft beantragt.

 

1.5. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde. Außerdem wurde mitgeteilt, dass der Rechtsmittelwerber zwecks Abklärung einer eventuellen Lebererkrankung am 10. November 2007 in das AKH Linz verbracht und daher die Schubhaft aus diesem Grund am selben Tag aufgehoben worden sei.

 

1.6.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat der oben unter 1.4. angeführten Schubhaftbeschwerde mit Erkenntnis vom 13. November 2007, Zl. 400918/2/Gf/Ga, stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig festgestellt.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2004/21/0003, einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Recht­sprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeenden­den Maßnahme, von strafgerichtliche Verur­teilungen und eine fehlende Ausreise­willigkeit für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattge­geben habe: Vielmehr müsse bei einer darauf abzielenden Behauptung seitens der Behörde konkret auch dessen soziale Verankerung in Österreich geprüft werden.

 

Der Beschwerdeführer habe in diesem Zusammenhang jedoch vorgebracht, im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft bei einer Bekannten in Linz wohnen zu dürfen und von ihr unterstützt zu werden. Die belangte Behörde habe hingegen die Frage seiner sozialen Integration de facto nicht ernsthaft geprüft, sondern sich diesbezüglich vielmehr ausschließlich auf zwei strafgerichtliche Verurteilungen bezogen und allein daraus das Nichtbestehen jeglicher sozialer Integration abgeleitet. Da sich jedoch aus diesem Grund ebenso wie aus der übrigen Faktenlage (illegale Einreise, fehlende Dokumente, Mittellosigkeit) eine Schubhaftverhängung einerseits deshalb nicht rechtfertigen ließe, weil der Fremde einen Rechtsanspruch auf die vorhergehende Anwendung gelinderer Mittel habe und andererseits alle diese Umstände keinen gesetzlich anerkannten Schubhaftgrund bilden würden, hätte die belangte Behörde sohin in einem ersten Schritt gelinderer Mittel, zB. insbesondere die periodische Meldung gemäß § 77 Abs. 3 FPG, anzuordnen gehabt. Erst wenn sich diese de facto als unzweckmäßig herausgestellt hätten, hätte allenfalls in einem nächsten Schritt zur Verhängung der Schubhaft übergegangen werden können.

 

Schon deshalb sei der gegenständlichen Beschwerde stattzugeben und die Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft festzustellen gewesen.

 

1.6.2. Dagegen hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich eine Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

1.7. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, wurde dieser Amtsbeschwerde stattgegeben und das h. Erkenntnis vom 13. November 2007, Zl. VwSen-400918/2/Gf/Ga, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Frage, ob gemäß § 76 Abs. 1 FPG ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist, die gerechtfertigte Annahme voraussetze, dass der Fremde versuchen wird, sich dem Aufenthaltsverbotsverfahren oder der Abschiebung insbesondere durch ein Untertauchen zu entziehen oder dieses wesentlich zu erschweren. Ein solches Sicherungsbedürfnis sei z.B. dann zu bejahen, wenn sich der Fremde in Strafhaft befindet und eine berufliche und familiäre Bindung sowie ein fester Wohnsitz fehlen. In diesem Zusammenhang bestehe eine amtswegige Pflicht zur Ermittlung einer allfälligen sozialen Verankerung des Fremden nur dann und insoweit, als entsprechende aktenkundige Anhaltspunkte vorliegen.

 

Zudem könne im Zuge der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haftanordnung dem Umstand, dass der Fremde bereits zwei Mal wegen eines Vermögensdeliktes gerichtlich verurteilt wurde, insofern Bedeutung zukommen, als sich aus diesem Grund das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner (baldigen) Abschiebung maßgeblich vergrößern kann.

 

Zuletzt stelle die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel nach § 77 Abs. 1 FPG keine Rechts-, sondern lediglich eine Ermessensentscheidung dar.

 

2. An diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 63 Abs. 1 VwGG selbst dann und insoweit gebunden, als er diese als im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 EMRK sowie Art. 1 Abs. 2 und 3 PersFRSchG (arg.: „gesetzlich vorgesehen“) insoweit für offensichtlich verfehlt hält, als die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel nach § 77 Abs. 1 FPG eine reine Ermessensentscheidung der Fremdenpolizeibehörde darstellen soll.

3. Davon ausgehend war die gegenständliche Beschwerde sohin gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der zum Zeitpunkt der Erlassung des h. Erstbescheides maßgeblichen Aufwandsersatzverordnung-UVS, BGBl.Nr. II 334/2003, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  G r o f

 

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