Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251853/15/Fi/Mu/Se

Linz, 15.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des E Ö, nunmehr P, gegen das Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. April 2008, GZ 0009367/2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. März 2009 zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.   Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kosten­beitrag  für das Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeinen Verwaltungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG; § 45 Abs.1 Z 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. April 2008, GZ 0009367/2008, wurde über den Berufungswerber (in der
Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er es als Gewerbeinhaber der Firma Ö E, P, zu verantworten habe, dass von dieser Firma Frau Ö R, geb.    , als Aushilfe zumindest am 31. Jänner 2008, laut ihren Angaben in der Niederschrift vor dem Finanzamt jedoch bereits seit Februar 2006, beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialver­sicherungsträger ange­meldet worden sei.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 33 Abs.1 und Abs.1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) angeführt.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund entsprechender Feststellungen eines Kontrollorganes des örtlich zuständigen Finanzamtes als erwiesen anzusehen sei. Zudem sei der Anzeige eine Niederschrift beigelegt worden, in der der Bw angegeben habe, dass seine Mutter R Ö seit Februar 2006 für zwei bis drei Stunden einen Tag pro Woche als Reinigungsfrau aushelfe.

Im Zuge der Strafbemessung seien Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen, während seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 22. April 2008 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 2. Mai 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Bw vor, dass es sich bei der Person, die im Zuge der KIAB-Überprüfung beim Abwaschen von Tellern angetroffen worden sei, um seine Mutter handle. Die Anwesenheit und Tätigkeit seiner Mutter erfülle jedoch nicht den Tatbestand einer Beschäftigung. Seine Mutter sei schon seit längerem erwerbsunfähig. Auf Grund ihrer Erkrankung (schwere Depressionen) und Suizidgefahr könne man sie nicht mehr alleine lassen. Für eine Betreuung kämen jedoch nur seine beiden Geschwister in Frage, die aber zum Zeitpunkt der Überprüfung in seinem Unternehmen beschäftigt und ohnehin ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen seien. Auf Grund dieser Tatsache habe er seine Mutter in die Arbeitsstelle mitnehmen müssen. Seine Mutter habe sich nur im Rahmen ihrer Möglichkeiten nützlich machen wollen. Es habe sich um einen reinen familiären Gefälligkeitsdienst gehandelt, der in ihrem Fall wohl auch therapeutischen Charakter habe. Einer schwer depressiven Frau diese Gefälligkeit zu verwehren, wäre bei diesem Krankheitsbild absolut kontraproduktiv.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnis beantragt.

2.1. Mit Schreiben vom 30. Juni 2008 hat der Magistrat der Landeshauptstadt Linz die Berufung samt Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entschei­dung vorgelegt.

Nach § 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) hat der Oö. Verwal­tungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Strafer­kenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu GZ 0009367/2008 sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. März 2009, zu der als Parteien der Bw, ein Vertreter der Amtspartei (Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr) und die Zeugen R Ö und Karl Stadler erschienen sind.

2.3. Aus dem vorgelegten Akt sowie aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Zum Tatzeitpunkt war der Bw unstrittig Inhaber der gegenständlichen Firma. Bei der Beschäftigten handelt es sich um seine Mutter, die unbestritten am 31. Jänner 2008 beim Abwaschen der Teller angetroffen wurde.

Ausgehend von dem von der Bezirksverwaltungsbehörde angenommenen und vom Bw bestätigten Sachverhalt, wonach die Mutter rund zwei bis drei Stunden pro Woche als Reinigungsfrau aushilft, konnte im Hinblick auf die allgemeine Lebenserfahrung (selbst bei Annahme eines durchschnittlichen Entgelts für [rund] 12 Stunden pro Monat Reinigungs- bzw. Küchenhilfsarbeiten, was jedoch vom Bw, der Unentgeltlichkeit behauptet, bestritten wird) nicht als erwiesen festgestellt werden, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 ASVG gehandelt hat, welches oberhalb der Gering­fügigkeitsgrenze zu liegen kam.

Im Hinblick darauf wurde von der Amtspartei im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Aufhebung des bekämpften Straferkenntnis und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragte.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs.1 Z 1 und Abs.2 des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2007, handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den
Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Nach § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden, wobei diese Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs.1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden kann, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs.2 leg.cit. eine modifizierte Regelung.

Nach § 4 Abs.1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs.2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs.1 i.V.m. Abs.2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs.1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs.1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs.2 leg.cit. u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

Gemäß § 5 Abs.2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 26,80 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 349,01 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 349,01 Euro gebührte.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw nur pauschal angelastet, dass er zumindest am 31. Jänner 2008 seine Mutter als Aushilfe beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden sei.

Abgesehen davon, dass weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgeht, dass der Bw seine Mutter in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigte und bejahendenfalls, inwieweit hiefür ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes Entgelt vereinbart wurde – und somit schon zweifelhaft ist, dass im gegenständlichen Fall überhaupt ein im Hinblick auf § 44a VStG ausreichend konkretisierter Tatvorwurf vorliegt – ergab das Beweisverfahren jedenfalls keine Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze.

Da nach § 7 Z 3 lit. a ASVG geringfügig beschäftigte Personen (nur) in der Unfallversicherung hinsichtlich dieser Tätigkeiten – nicht jedoch in der Krankenversicherung (teil-)pflichtversichert sind, geht der dem Bw im bekämpften Straferkenntnis gemachte Vorwurf, Frau Ö R nicht vor Arbeitsantritt "zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung" angemeldet zu haben, ins Leere.

Ob tatsächlich eine Versicherungspflicht im Rahmen der Unfallversicherung aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung gegeben war, war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen. Entscheidend war viel mehr der Umstand, dass das Beweisverfahren ergeben hat, dass – sollte überhaupt ein Beschäftigungsverhältnis vorliegen – die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wurde, weshalb für den Bw keine gesetzliche Verpflichtung bestand, die Beschäftigte zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung anzumelden.

3. Aus diesen Gründen war daher – auch dem Antrag der Amtspartei folgend - der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z 2 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Johannes Fischer

 

Rechtssatz:

VwSen-251853/15/Fi/Mu/Se vom 15. April 2009:

 

§ 111 und § 33 Abs.1 ASVG

 

Personen, die lediglich geringfügig beschäftigt (§ 5 Abs.2 ASVG) sind, unter­liegen nicht der Krankenversicherungspflicht. Dienstgeber, welche geringfügig beschäftigte Personen nicht anmelden, handeln dementsprechend auch nicht tatbestandserfüllend im Sinn des § 33 Abs.1 ASVG. Ein entsprechender Tatvorwurf könnte sich allenfalls auf § 33 Abs.2 ASVG im Hinblick auf eine Nichtmeldung bei gegebener Unfallversicherungspflicht nach § 7 Z 3 lit.a ASVG stützen.

 

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