Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281126/7/Kl/Rd/RSt

Linz, 31.03.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des L A, P, gegen das Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.10.2008, Ge96-26-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte     Geldstrafe auf 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48         Stunden herabgesetzt wird.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf    150 Euro, ds 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe.

         Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages         zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.10.2008, Ge96-26-2008, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV iVm § 118 Abs.3 und § 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der A L Gesellschaft mbH, die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der A L Gesellschaft mbH & Co KG und damit gemäß § 9 VStG als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der A L Gesellschaft mbH & Co KG (Dachdecker-, Spengler- und Zimmermeistergewerbe im Standort P) am 23.6.2008 bei der Baustelle in S, von 3 Arbeitern des Betriebes Dacharbeiten auf der ca 25° geneigten Dachfläche bei einer Absturzhöhe von ca 8,0 m durchführen hat lassen, wobei südwestseitig und giebelseitig keine Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen (Dachschutzblenden, Dachfang­gerüste) vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass die Firma mit 15.10.2008 in Konkurs sei und mit 21.10.2008 geschlossen werde. Es gebe keine Nachfolgefirma. Der Berufungswerber verfüge über kein Einkommen und habe sehr viele Schulden. Es werde ersucht, die Strafverfolgung einzustellen und den Strafantrag aufzuheben.      

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.1.  Mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 11.11.2008 wurde der Berufungswerber eingeladen, bekannt zu geben, ob seine Berufung lediglich die Strafhöhe oder auch den Tatvorwurf an sich bekämpft. Gleichzeitig wurde dem Berufungswerber mitgeteilt, dass für den Fall, dass er der Einladung nicht Folge leistet, der Oö. Verwaltungssenat davon ausgeht, dass sich die Berufung ausschließlich auf das Strafausmaß bezieht. Vom Berufungswerber erfolgte binnen der gesetzten Frist keine Klarstellung, sodass der Oö. Verwaltungssenat vom Vorliegen einer Strafausmaß-Berufung ausgegangen ist.

 

3.2. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde mit Schreiben vom 15.12.2008 am Verfahren beteiligt und führte dieses in ihrer Stellungnahme vom 14.1.2009 aus, dass unter den gegebenen Umständen eine Herabsetzung auf 1.500 Euro denkbar wäre.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber offenkundig seine Berufung als auf das  Strafausmaß beschränkt verstanden wissen will, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.  

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

So werden durch das Nichtverwenden bzw Nichtanbringen von geeigneten Schutzeinrichtungen Arbeitnehmer gerade jenen Gefahren in hohem Maß ausgesetzt, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegentreten wollen, was auch durch schwerste Unfälle mit teilweise tödlichem Ausgang immer wieder vor Augen geführt wird.  

 

5.4. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 2.400 Euro bei einem Strafrahmen von 290 Euro bis zu 14.530 Euro festgesetzt. Als erschwerend wurde das Vorliegen von drei rechtskräftigen Verwaltungsstrafvormerkungen gewertet. Milderungsgründe wurden keine gefunden und gewertet. Darüber hinaus wurde der Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen zugrunde gelegt.

 

Im Zuge der Berufungserhebung wurden die persönlichen Verhältnisse vom Berufungswerber dahingehend revidiert, als das Unternehmen mit 15.10.2008 in Konkurs gegangen und mit 21.10.2008 geschlossen wurde. Auch gibt es keinen Rechtsnachfolger. Der Berufungswerber verfüge sohin über kein (gemeint wohl: kein nennenswertes) Einkommen, sondern habe Schulden zu tilgen. Wenngleich vom Berufungswerber diese Angaben nicht belegt wurden, sind sie angesichts des Umstandes, dass sie sich mit aktuellen Firmenbuchauszügen im Hinblick auf das Unternehmen decken, glaubwürdig und daher bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

 

Bisher wurden über den Berufungswerber einschlägige Verwaltungsstrafen in den Höhen von 500 Euro, 400 Euro und 1.000 Euro verhängt, wobei allerdings hinsichtlich der ersten Verwaltungsstrafe die Tilgungsfrist schon zum weit überwiegenden Teil abgelaufen ist. Letzterer Umstand ist in Verbindung mit den obigen Ausführungen zu den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers für die verfügte Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe wesentlich, wozu noch kommt, dass aus dem Grunde der Liquidierung des Dachdeckerunternehmens des Berufungswerbers zumindest bis auf weiteres aus spezialpräventiver Sicht erwartet werden kann, dass er nicht mehr einschlägig in Erscheinung treten wird.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der Geldstrafe stand allerdings die Tatsache entgegen, dass der Berufungswerber immerhin drei Arbeitnehmern Dacharbeiten auf einer ca. 25° geneigten Dachfläche und einer Absturzhöhe von ca. 8 m ohne Schutzvorkehrungen hat durchführen lassen, also sehr massiv gegen die relevanten Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen hat.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafe musste auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt werden.

 

Weil Milderungsgründe nicht gegeben waren und daher ein Überwiegen selbiger nicht festzustellen war, war § 20 VStG mit einer außerordentlichen Milderung nicht anzuwenden. Auch liegt keine Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es lagen daher die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht vor.

     

6. Weil die Geldstrafe herabgesetzt wurde, war gemäß § 64 VStG der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz zu ermäßigen. Im Grunde der Strafherabsetzung hatte die Berufung teilweise Erfolg und entfällt daher die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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