Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590209/2/Ste VwSen-590210/2/Ste

Linz, 09.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufungen der G M (protokolliert beim Unabhängigen Verwaltungssenat unter VwSen-590209) und des J M (protokolliert beim Unabhängigen Verwaltungssenat unter VwSen-590209), beide vertreten durch Mag. E S, G, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 18. März 2009, GZ BauR96-1-2009, wegen der Nichterteilung einer Auskunft nach dem Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz zu Recht erkannt:

         Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 18. März 2009, GZ BauR96-1-2009, wurde dem Antrag der nunmehrigen Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw) „keine Folge gegeben und keine Auskunft darüber erteilt, ob wegen des konsenslosen Betriebs eines Taubenschlags“ gegen eine namentlich genannte Person „ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt worden ist und ob dieses mit einem Ergebnis endete“. Der genannte Bescheid stützt sich auf das Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der von den nunmehrigen Bw nachgefragten Auskunft Regelungen des Datenschutzgesetzes 2000 entgegenstünden. Die Bw hätten keine berechtigten Interessen, die die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegen würden.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der den Bw zu Handen ihres Vertreters am 20. März 2009 zugestellt wurde, richten sich die am Sonntag, 29. März 2009, per E-Mail eingebrachten – und somit am 30. März 2009 rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz (in einem gemeinsamen Schriftsatz) eingelangten Berufungen.

Darin wird – nach ausführlicher Begründung – der Antrag gestellt den bekämpften Bescheid abzuändern und die begehrte Auskunft zu erteilen.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufungen samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 67a Z. 1 AVG).

Die sachliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats ergibt sich aus § 19 Abs. 6 iVm. Abs 3 Z. 5 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz.

2.3. Die Berufungen sind – wie bereits unter Punkt 1.2 dargestellt – rechtzeitig.

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

Da ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und der Unabhängige Verwaltungssenat die Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält, war eine solche nicht durchzuführen. Dies insbesondere deshalb, weil der Sachverhalt an sich völlig klar und unbestritten ist und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegensteht (§ 67d AVG).

2.5. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Bw) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Nach vorheriger Verweigerung der angefragten Auskunft (vgl. § 5 Abs. 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz) beantragten die Bw mit Schreiben vom 8. März 2009, die Behörde erster Instanz möge Auskunft darüber erteilen, „ob sie aufgrund der Verwaltungsstrafanzeige vom 22. Dezember 2008 oder aufgrund anderer Berichtslegung wegen des konsenslosen Betriebs eines Taubenschlags auf der Liegenschaft JF in der der Gemeinde Lochen gegen den Liegenschaftseigentümer JF ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt hat und ob dieses (allgemein) mit einem Ergebnis endete“.

Von der Behörde erster Instanz wurde diese Auskunft aus den schon oben dargestellten Gründen nicht erteilt. Der nunmehr angefochtene Bescheid enthält dazu eine detaillierte Begründung.

2.6. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchfrei aus dem vorgelegten Akt.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz, LGBl. Nr. 46/1988, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 86/2006, haben ua. die Organe des Landes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs jedermann Auskunft zu erteilen. Nach § 3 Abs. 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz ist Auskunft nicht zu erteilen, wenn der Erteilung einer Auskunft eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass als gesetzliche Verschwiegenheitspflicht im Sinne des Art. 20 Abs. 4 erster Satz B-VG sowohl die in Art. 20 Abs. 3 B-VG umschriebene Amtsverschwiegenheit als auch - eigenständig - die in § 1 Abs. 1 und 2 Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000 umschriebene Pflicht zur Geheimhaltung personenbezogener Daten in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht im Sinne des § 3 Abs. 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz; auch diese kann sich somit aus verschiedenen Bestimmungen ergeben (vgl. VwGH vom 27. Juni 2007, 2007/04/0105, mwN).

3.2. Wie die Behörde erster Instanz im Ergebnis richtig erkannt hat, steht der Erteilung der beantragten Auskunft im konkreten Fall jedenfalls bereits § 8 Abs. 4 DSG 2000 entgegen. Demnach verstößt die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

         1.      eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht oder

         2.      die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder

         3.      sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet.

Dass überwiegende berechtigte Interessen der Bw iSd. § 8 Abs. 4 Z 3 DSG 2000 die verlangte Übermittlung der Auskunft über das Verwaltungsstrafverfahren eines Dritten gerechtfertigt hätten, lässt sich dem Vorbringen der Bw nicht entnehmen; solche überwiegende berechtigte Interessen sind objektiv auch nicht erkennbar. Wie auch die Behörde erster Instanz richtig erkannt hat, sind die Bw in einem allfälligen Bauverfahren nicht auf diese Daten angewiesen oder werden ihre Rechte dadurch in keiner Weise beschränkt oder geschmälert. Es sind insbesondere auch keine Privatanklagedelikte erkennbar, für deren Verfolgung die beantragten Auskünfte notwendig sein könnten; dies ganz abgesehen davon, dass in solchen Verfahren die Privatankläger ohnehin Parteien iSd. AVG wären (vgl. § 56 Verwaltungsstrafgesetz 1991). Auch die Rechte der Bw als Eigentümer ihrer Liegenschaft und die damit verbundenen Möglichkeiten zur Rechtswahrung hängen nicht von den beantragten Auskünften ab.

Die Bw konnten damit insgesamt auch in der Berufung keine die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des oder der Betroffenen (verantwortlichen natürlichen Personen) überwiegenden berechtigten Interessen nachweisen, die die Übermittlung der Auskunft über Verwaltungsstrafverfahren dieser dritten Person gerechtfertigt hätten. Die Interessenabwägung gebietet in diesem Fall eine restriktive Interpretation, sodass sich auch insofern eine erweiternde Auslegung verbietet.

Die von den Bw (ua aus dem oben bereits zitierten Erkenntnis des VwGH vom 27. Juni 2007, 2007/04/0105) gezogenen gegenteiligen Annahmen werden vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt. Sie übersehen dabei offenbar insbesondere, dass im § 8 Abs. 4 Einleitungssatz DSG 2000 ausdrücklich die Verwendung von Daten über ua. verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen nur unter ganz bestimmten (in den folgenden Ziffern abschließend aufgezählten) Voraussetzungen nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen verstoßen, die Interessenabwägung daher jedenfalls im Zweifel zugunsten des Schutzes der Geheimhaltungsinteressen führen muss.

Dass diese Daten aus der Sicht der Bw für ihr Zwecke allgemein interessant sein können, vermag alleine ein überwiegendes berechtigtes Interesse nicht zu begründen. Die Bw übersehen bei ihrer Argumentation auch, dass es in erster Linie Sache der zuständigen Behörden ist, vermuteten Delikten nachzugehen und allein Sache der zuständigen Strafbehörden ist, allfällige (Verwaltungs-)Über­tretungen zu verfolgen.

Es genügt daher insofern auf die Begründung des angefochtenen Bescheids sowie die Judikatur des VwGH zu verweisen (vgl. zu Auskunftsbegehren über Verwaltungsstrafverfahren neben der bereits zitierten Entscheidung insbesondere auch das Erkenntnis VwSlg. 16.050 A/2003, mwN sowie bereits das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom 3. November 2008, VwSen-590196/5).

Bei diesem Ergebnis braucht das nach § 8 Abs. 4 Z. 3 DSG 2000 kumulativ notwendigen Tatbestandselement der hinreichenden Gewährleistung der Wahrung der Interessen der Betroffenen nach dem DSG 2000 nicht mehr geprüft zu werden.

3.3. Darüber hinausgehende, zugunsten der Bw bestehende ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungen oder Verpflichtungen zur Auskunftserteilung (§ 8 Abs. 4 Z. 1 DSG 2000) über die angefragten Daten zu verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen wurden auch in der Berufung nicht behauptet. Zum Hinweis der Bw auf eine gesetzliche Anordnung in der Strafprozessordnung 1975 und deren quasi analoge Anwendung für den Bereich des Verwaltungs(straf)verfahren sind diese lediglich darauf zu verweisen, dass die genannte Bestimmung des DSG 2000 von einer „ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung oder Verpflichtung“ spricht, die gerade eben nicht vorliegt.

Dass § 8 Abs. 4 Z. 2 DSG 2000 nicht einschlägig ist, ist offensichtlich, wurde auch vom Bw nicht behauptet und braucht daher im Detail nicht geprüft zu werden.

3.4. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Argumentation der Bw, wenn sie offenbar davon ausgehen und behaupten, dass die nachgefragten Daten keine personenbezogenen Angaben enthalten können. Dazu genügt es auf die Definition des § 4 Abs. 1 DSG 2000 und darauf hinzuweisen, dass der schon mehrfach zitierte § 8 Abs. 4 DSG 2000 genau diese Datenart regelt. Dass es sich um sensible Daten handeln könnte, wurde weder von der Behörde erster Instanz behauptet, noch sind diese Regelungsinhalt des § 8 DSG 2000 (dessen Überschrift ausdrücklich lautet: „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht-sensibler Daten“).

3.5. Die übrigen im bisherigen Verfahren und in den Berufungen vorgebrachten Gründe und Behauptungen für eine angebliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids liegen aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenats nicht vor oder sind im Übrigen kein möglicher Gegenstand der Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, ist dieser doch auf die Überprüfung des angefochtenen Bescheids beschränkt und nicht zuständig, allgemein behauptete Missstände in der Verwaltung zu beurteilen.

3.6. Insgesamt sind daher die Berufungen der Bw unbegründet und waren daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Rechtssatz (vgl. bereits VwSen-590196)

(Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz, DSG 2000, § 8 Abs. 4):

 

Die Auskunftspflicht ist durch das DSG potenziell eingeschränkt; Interessenabwägung bei Auskünften über Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

 

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