Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163816/2/Fra/Ka

Linz, 14.04.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau M A, F, vertreten durch RAe A F U, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17.11.2008, VerkR96-13709-2007-Spi, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG; § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kz.:     der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck auf Verlangen vom 20.6.2007 nicht binnen zwei Wochen nach der am 28.6.2007 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt hat, von wem dieses Fahrzeug am 15.6.2007 um 16.11 Uhr in Zell am Moos auf der L 1281 bei km 8.370 in Richtung Frankenmarkt gelenkt wurde und auch jene Person nicht benannt hat, die die Auskunft erteilen hätte können.  

 

Als Tatzeit wird der 13.7.2007 und als Tatort die Gemeinde Frankenburg/H. in Fahrtrichtung Frankenmarkt angeführt.

 

 

 

2.  Über die dagegen rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

2.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Frankenmarkt hat der/die Lenker(in) des PKW´s, Kz.: VB----- am 15.6.2007 in Zell/M., Landesstraße-Ortsgebiet L1281, Strkm.8.370, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten. Festgestellt wurde dies mittels Messgerät: LTI-20.20 TS/KM-E. Die belangte Behörde hat die Bw, welche Zulassungsbesitzerin des oa PKW´s ist, mit Schreiben vom 20.6.2007, VerkR96-13709-2007, gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitzuteilen, wer das oa Fahrzeug zum oa Zeitpunkt an der oa Örtlichkeit gelenkt/verwendet bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Es folgt dann der Satz: "Folgende Verwaltungs­übertretung wird dem Lenker zur Last gelegt: Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 51 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen".

 

2.2. Rechtliche Beurteilung:

 

Die Bw bringt in ihrem Rechtsmittel ua vor, dass die Lenkeranfrage nicht dem Gesetz entspricht. In dieser Aufforderung ist enthalten, dass die Auskunftserteilung wegen eines Deliktes der Geschwindigkeitsüberschreitung gefordert wird. Die Anfrage, wer das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt gelenkt/verwendet oder abgestellt hat, sei untrennbar mit dem Tatvorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung verbunden. Eine Beantwortung dieser Frage sei notwendig damit verbunden, dass sie dieser Tatvorwurf treffe. Eine Ermächtigung für eine derartige Fragestellung, ob nämlich im Ergebnis eine bestimmte Person ein bestimmter Tatvorwurf treffe, sei im Gesetz nicht vorgesehen. Dies führe zur Gesetzwidrigkeit der Anfrage und damit zum Wegfall der Verpflichtung, die verlangte Auskunft zu erteilen. An sie wurde im Grunde nicht die Frage gerichtet, wer das Fahrzeug zum angegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort gelenkt/verwendet bzw. abgestellt habe, sondern sie hätte vielmehr die Auskunft erteilen sollen, wer das Delikt der Geschwindigkeitsüberschreitung begangen habe, womit sie somit aufgefordert worden wäre, sich selber einer Verwaltungsübertretung zu bezichtigen.

 

Mit diesem Einwand ist die Bw deshalb im Recht, weil die gegenständliche Lenkeranfrage mit dem Vorwurf – siehe oben – der angezeigten Verwaltungsübertretung verbunden war und eine Ermächtigung für eine derartige Fragestellung, ob nämlich (im Ergebnis) eine bestimmte Person ein bestimmter Tatvorwurf treffe, im Gesetz nicht vorgesehen ist. Dies führt zur Gesetzwidrigkeit der Anfrage und somit dem Wegfall der Verpflichtung, die verlangte Auskunft zu erteilen (vgl. VwGH vom 15.9.1999, 99/03/0090). Dass die Anfrage der belangten Behörde untrennbar mit dem Tatvorwurf der Geschwindigkeits­überschreitung verbunden ist, indiziert schon die Tatsache, dass als Tatort des gegenständlichen Vorwurfes die Gemeinde Frankenburg/H. in Richtung Frankenmarkt angeführt ist. Als Tatort bei der Verletzung einer Lenkerauskunftspflicht kommt der Sitz der anfragenden Behörde in Betracht kommt und nicht der Ort des die Lenkeranfrage auslösenden Sachverhaltes.

 

Da sich sohin die Berufung schon aus den oa Gründen als erfolgreich erweist, war auf die von der Bw relevierte Problematik des Zwanges der Selbstbelastung nicht gesondert einzugehen. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass laut Urteil des EGMR vom 10.1.2008, Kammer I Bsw. Nr. 58452/00 und 61.920/00 im Falle Lückhof und Spanner gegen Österreich keine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK konstatiert wurde, weil die Verfahren wegen der Grunddelikte nicht fortgesetzt wurden.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

3. Die Bw hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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