Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163826/4/Sch/Ps

Linz, 23.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H H, geb. am    , E, vertreten durch Herren Rechtsanwälte A W und A F, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. Dezember 2008, Zl. VerkR96-2498-2008, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. Dezember 2008, Zl. VerkR96-2498-2008, wurde über Herrn Harald Hirschmann wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 120 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 54 Stunden, verhängt, weil er am 20. September 2008 um 10.13 Uhr in der Gemeinde Helfenberg auf der Böhmerwaldstraße B38 bei Strkm. 135,400 als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen     (D) die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 34 km/h überschritten habe – die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 12 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Erstbehörde hat vorerst eine mit 15. Oktober 2008 datierte Strafverfügung erlassen. In dem dagegen rechtzeitig erhobenen Einspruch vom 30. Oktober 2008 führt der Rechtsfreund des nunmehrigen Berufungswerbers Folgendes aus: "Es wird bestritten, dass unser Mandant am 20.09.08, 10:13 Uhr in der Gemeinde Helfenberg eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat. Zum fraglichen Zeitpunkt war unser Mandant nicht Fahrzeugführer.

Damit weitere Angaben bezüglich des Fahrzeugführers gemacht werden können, benötigen wir die Übermittlung der Radaraufnahme bzw. Angabe der Messungsart."

 

Der Berufungswerber hat damit bei der ersten sich für ihn bietenden Gelegenheit dezidiert in Abrede gestellt, Lenker des Fahrzeuges zum Vorfallszeitpunkt gewesen zu sein. In der Folge hat die Erstbehörde mit Schreiben vom 18. November 2008 an den Berufungswerber eine Aufforderung zur Rechtfertigung abgefertigt und dieser die Polizeianzeige samt Radarfoto beigelegt. In der daraufhin erfolgten Stellungnahme vom 3. Dezember 2008 verweist der Berufungswerber neuerlich darauf, nicht der "Fahrzeugführer" gewesen zu sein.

 

Die Erstbehörde stützt ihr Straferkenntnis letztlich nicht auf Beweise, sondern auf die Auslegung des Begriffes "Mitwirkungspflicht" des Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren. Ohne Zweifel ist der Berufungswerber Zulassungs­besitzer des verwendeten Kraftfahrzeuges, weshalb naturgemäß ein Konnex zwischen ihm und der Übertretung grundsätzlich hergestellt werden kann, da ja er über das Fahrzeug verfügt und im Anfragefall aufgrund der einschlägigen österreichischen Rechtslage jederzeit über den tatsächlichen Lenker Auskunft geben müsste. Die Mitwirkungspflicht kann aber auch keine Beweislastumkehr darstellen. Es ist immer noch Sache einer Behörde, einem Beschuldigten die Tat nachzuweisen und muss sich nicht jeder Zulassungsbesitzer quasi freibeweisen, wenn mit seinem Fahrzeug ein Verkehrsdelikt begangen wird.

 

Im gegenständlichen Fall hat sich der Berufungswerber bei der ersten sich ihm bietenden Gelegenheit eindeutig geäußert und ohne wenn und aber die Lenkereigenschaft in Abrede gestellt. Gleichzeitig hat er allerdings nicht, wie offenkundig von der Erstbehörde erwartet, sogleich den Täter von sich aus präsentiert. Soweit kann die Mitwirkungspflicht auch keinesfalls gehen.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber soll hier wiederum angefügt werden, dass der Umstand, dass die deutschen Rechtshilfebehörden Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 (Nichterteilung einer Lenkerauskunft) nicht vollstrecken, nicht zu einer "Beweisführung", die eigentlich keine ist, führen soll, die darauf gerichtet ist, unbedingt das Grunddelikt abstrafen zu sollen, eben über den Umweg des Zulassungsbesitzers als fiktiven Lenker. In diesem Sinne kann die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Mitwirkungspflicht eines Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren und auch zu der rechtmäßigen Annahme, wann ein Zulassungsbesitzer im Einzelfall doch als Lenker verwaltungsstrafrechtlich in Anspruch genommen werden kann, nicht verstanden werden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist ein Verwaltungsstrafverfahren unter anderem dann einzustellen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Es muss demnach für ein verurteilendes Erkenntnis insbesondere erwiesen sein, dass der Beschuldigte der Täter ist.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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