Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150712/13/Lg/Hue/Hu

Linz, 17.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 15. Jänner 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H-G K A, K, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 21. Oktober 2008, Zl. BauR96-231-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.       Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe         wird auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden    herabgesetzt.

II.     Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen          Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten        des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 14. April 2008, 04.08 Uhr, als Lenker eines mehrspurigen Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem Kennzeichen die mautpflichtige A8, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, Bezirk Grieskirchen, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, es liege eine falsche Tatortbezeichnung bzw. Unzuständigkeit der Erstbehörde vor, da sich aus der Einzelleistungsinformation ergebe, dass die Achszahlverstellung zu einem viel früheren Zeitpunkt stattgefunden habe. Weiters wird ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot eingewendet, da für denselben Tattag bereits ein Verfahren bei der BH St. Pölten unter AZ. anhängig sei. Jedenfalls sei nicht nachvollziehbar, welche Bezirkshauptmannschaft zuständig sei und es könne wohl nicht sein, dass für ein Dauerdelikt zwei Behörden zuständig seien. Konsequent zu Ende gedacht bedeute dies, dass für jeden Mautbalken ein Strafverfahren einzuleiten wäre, was ungefähr 170 Verfahren wegen eines Dauerdelikts bedeuten würde.

 

Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung wird argumentiert, dass lt. Gutachten von DI Dr. H die Verstellung der Achsanzahl ausschließlich auf einen der nachfolgend genannten Umstände zurück zu führen sei:

-         Jeder Amateurfunker könne bewusst oder unbewusst das Mautsystem beeinflussen: hiedurch kann der Mautbalken das Fahrzeug zw. die eingestellte Achsanzahl nicht richtig erkennen oder komme es zu einer Fehlübertragung zwischen Balken und System – dies allein durch Aufnahme des Funkbetriebes (siehe Gutachten S 3, Punkt 2 und folgende Seiten). In Österreich gebe es tausende Amateurfunker.

-         Durch "Up-Down-Konverter", wie sie von Elektrounternehmen zur Errichtung von hyperlans verwendet würden, könne ebenfalls bewusst oder unbewusst das Mautsystem beeinflusst werden: hiedurch kann der Mautbalken ebenfalls das Fahrzeug bzw. die eingestellte Achsanzahl nicht richtig erkennen oder komme es zu einer Fehlüberragung zwischen Balken und System. Beinahe in jeder Gemeinde Österreichs werden derartige hyperlans betrieben und dürften nach der entsprechenden EU-Richtlinie diese in einem Umkreis von 15 km nicht betrieben werden. Sie würden jedoch dennoch in Kenntnis und Duldung der Betreiberin des Mautsystems betrieben.

-         Wie auf den vorliegenden Lichtbildern zu erkennen sei, habe sich auf der Fahrerseite im unteren Bereich ein so genanntes Namensschild befunden. Diese Schilder seien entweder aus Metall oder Aluminium. Durch diese Schilder komme es zu so genannten Reflexionen. Das Signal des Mautbalkens würde unkontrolliert reflektiert, jedoch nicht von der GO-Box, sondern eben von diesem Namensschild. Hiedurch könne der Mautbalken das Fahrzeug bzw. die eingestellte Achsanzahl nicht richtig erkennen oder komme es zu einer Fehlübertragung zwischen Balken und System.

 

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens, in eventu nach Einvernahme des Gutachters DI Dr.  H und eines zuständigen Vertreters der Fernmeldebehörde, in eventu nach Aufnahme der angebotenen Beweise und die Durchführung einer Berufungsverhandlung.

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 13. Juni 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 17. April 2008 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, diesem Angebot  sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Gegen die Strafverfügung vom 19. Juni 2008 brachte der Bw einen Einspruch ein.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der ASFINAG vom 15. Juli 2008 ist im Wesentlichen die Wiedergabe von rechtlichen Bestimmungen zu entnehmen. Als Beilage sind zwei Beweisfotos und eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

Dazu rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung und legte folgendes Gutachten von DI Dr. H vor:

                                

 

 

 

Zum Gutachten von DI Dr. H übermittelte die ASFINAG am 14. August 2008 eine Stellungnahme der Fa. K "Aksoy OBU 3021-A, Version 02" vom 23. Mai 2006.

 

Dazu brachte der Bw am 1. September 2008 vor, dass diese Stellungnahme der Fa. K vom 23. Mai 2006 überholt sei und kein Zusammenhang zum gegenständlichen Verfahren bestehe.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Verhandlungsleiter zunächst fest, dass lt. einem Aktenvermerk vom 12. Jänner 2009 der Vertreter des Bw mitgeteilt hat, dass weder der Bw noch der Vertreter des Bw an der Verhandlung teilnehmen werden.

 

Der Verhandlungsleiter stellte an den verkehrstechnischen Amtssachverständigen folgende Frage:

"Kann ein Amateurfunkgerät, ein Up-Down-Converter oder ein im Führerhaus mitgeführtes Namensschild dazu führen, dass von der GO-Box eine andere Achsenzahl als die eingestellte gesendet bzw. eine andere als die eingestellte von der Mautbake empfangen wird?"

 

Der Amtssachverständige führte dazu aus, dass die Verwendung eines Amateurfunkgerätes einer Zulassung in Österreich unterliege. Wenn eine Zulassung für dieses Funkgerät vorliege, könne es aufgrund der (Konformitäts-) Prüfungen (für das Mautsystem), welche auch zugelassene Amateurfunkgeräte umfassen, zu keiner Beeinflussung der Transaktion zwischen GO-Box und Mautbalken kommen. Somit sei gesichert, dass die auf der GO-Box eingestellte Kategorie auch so gesendet werde. Falls keine Zulassung für ein Funkgerät vorliegen sollte, könne dies hypothetisch zu einer Beeinflussung der Mauttransaktion zwischen GO-Box und Mautbake in der Weise führen, dass es zu einer Kommunikationsunterbrechung und damit zu einer Nichtabbuchung kommt. Aber selbst bei dieser Konstellation sei wegen des verwendeten 16-Bit-Verschlüsselungscodes ein Verfälschen der Information zwischen GO-Box und Mautbalken auszuschließen.   

Näher sei auszuführen, dass die Nahfeldkommunikation zwischen Mautbalken und GO-Box nur einen Bruchteil einer Sekunde in Anspruch nehme. Wenn der Amateurfunk kurz vor oder kurz nach der Transaktion verwendet werde, könne er auf die Mauttransaktion keinen Einfluss haben. Zudem erscheine es aufgrund der Anzahl der vom Bw am Tattag durchfahrenen Mautbalken, welche in der Einzelleistungsinformation aufgelistet seien, äußerst unplausibel, dass bei jeder dieser Nichtabbuchungen immer zeitgleich in dem oben näher beschriebenen Zeitfenster auch eine Funkkommunikation stattgefunden habe. Im Hinblick auf die vorliegende Einzelleistungsinformation würde das bedeuten, dass über mehrere Stunden die Funkgeräte aktiv benützt worden wären.

 

Für Up-Down-Converter gelte Ähnliches wie für Funkanlagen: Bei der Verwendung von in Österreich zugelassenen Geräten ergebe sich keine Beeinflussung der Kommunikation. Falls ein Up-Down-Converter außerhalb des erlaubten Frequenzbereiches arbeite, könne dies hypothetisch zu einer Kommunikationsunterbrechung zwischen GO-Box und Mautbake und damit zu einer Nichtabbuchung führen. Aufgrund der verwendeten 16-Bit-Verschlüsselung beim Mautsystem sei die Übermittlung einer anderen als der bei der GO-Box eingestellten Achsenzahl auszuschließen.     

 

Zum Einfluss des Namensschildes, welches in der Fahrerkabine angebracht sei, sei festzustellen, dass die Fläche eines metallischen Namensschildes flächenmäßig in Bezug auf die Fahrerkabine, die ebenfalls aus Stahl ausgeführt sei, zu vernachlässigen sei. Wenn es – hypothetisch - zu einem derartigen Einfluss käme, würde der Einfluss der Fahrerkabine und nicht die wenigen zusätzlichen Quadratzentimeter Aluminiumblech eines Namensschildes, ausschlaggebend sein. Durch umfangreiche Testserien sei bewiesen, dass die Fahrerkabine keinen Einfluss auf die Kommunikation zwischen der GO-Box und dem Mautbalken habe bzw. die Kommunikation nicht in irgend einer Weise einschränken, beschränken oder verfälschen können. Eine Verfälschung der bei der GO-Box eingestellten Kategorie könne dadurch nicht erfolgen.

 

Zusammenfassend sei somit zu sagen, dass die drei vorgenannten Punkte im äußersten Fall zu einer Kommunikationsunterbrechung zwischen GO-Box und Mautbake führen könnten, was eine Nichtabbuchung hervorrufen würde. Eine Verfälschung der Informationen zwischen GO-Box und Mautbalken könne aufgrund des verwendeten 16-Bit-Codes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

 

Bezüglich der Behauptung des Bw, die Stellungnahme der Fa. Kapsch sei veraltet, führte der Amtssachverständige aus, dass diese nicht veraltet sei, weil sich an den technischen Gegebenheiten nichts verändert habe. Diese Kapsch-Stellungnahme stelle ein wichtiges Informationsmittel über die technische Funktionsweise des Mautsystems dar. Eine bessere Informationsquelle zu den technischen Gegebenheiten des Systems sei nicht verfügbar.  

 

Der Verhandlungsleiter befragte den Amtssachverständigen zum im Akt einliegenden Gutachten von DI Dr. H insbesondere darüber, ob sich aus diesem Gutachten Abweichendes zu den obigen Darlegungen des Amtssachverständigen ergeben könne.

 

Dazu führte der Amtssachverständige aus, dass im Gutachten von DI Dr. H behauptet werde, dass gewisse technische Geräte, eben auch die vom Amtssachverständigen erwähnten, unter gewissen Bedingungen, wie sie vom Amtssachverständigen dargestellt seien, zu Frequenzstörungen führen könnten.

Diese theoretisch möglichen Störeinflüsse könnten zu einer Unterbrechung der Kommunikation zwischen der GO-Box und dem Mautbalken in der Art führen, dass nicht eine komplette Informationseinheit an den Balken übermittelt werde. Eine Beeinflussung der codierten Übertragungsinformation sei aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Bei einer Unterbrechung des Informationsflusses komme es "im schlimmsten Fall" zu einer Nichtabbuchung. Aus dem Gutachten von DI Dr. H könne keine andere Schlussfolgerung gezogen werden als die, welche der Amtssachverständige gezogen habe. Es würden sich keine inhaltlichen Widersprüche ergeben.

Das Gutachten des Amtssachverständigen sei differenzierter, da dieser im Gegensatz zu DI Dr. H die näheren Gegebenheiten des technischen Systems der Mautabbuchung berücksichtige und zwar dahingehend, dass der Amtssachverständige zwischen zwei Arten von Kommunikationsstörungen unterscheide: einerseits durch die Frage, ob überhaupt eine Kommunikation stattfinde und andererseits, ob eine Verfälschung der Information (der eingestellten Achsenzahl) stattfinde. 

 

Aus dem vorliegenden Einzelleistungsnachweis sei eine Kommunikations­unterbrechung nicht ersichtlich. Daraus sei der Schluss zulässig, dass keine Störung stattgefunden habe.   

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung benützt hat, da lediglich eine Abbuchung der Maut für ein Kfz mit 2 Achsen erfolgt ist. Die Lenkereigenschaft des Bw ergibt sich aus einer Lenkererhebung beim Zulassungsbesitzer und ist ebenfalls unstrittig.

 

Zur Untermauerung seiner Behauptung, die Kategorie bei der GO-Box sei korrekt eingestellt gewesen und es habe ein technischer Defekt des Mautsystems vorgelegen, legte der Vertreter des Bw ein Gutachten von DI Dr. A H vom 20. April 2006 vor. Dieser Gutachter fasste sein Ergebnis auf Basis seiner durchgeführten Recherchen, Analysen und Messungen hinsichtlich der Störsicherheit des österreichischen LKW- und Autobus-Mautsystems folgendermaßen zusammen:

 

 

Aus diesem vom Vertreter des Bw vorgelegten Gutachten von DI Dr. H ergibt sich somit (siehe Punkt 1 und 4 der vorgenannten Zusammenfassung), dass sich für die GO-Box durch elektromagnetische Felder unterschiedlicher Frequenz, Feldstärke und Signalform als auch durch in der Praxis relevante Störquellen (Mobiltelefon, Mikrowellenherd etc.) keine Beeinflussung ergibt. Weiters fand der Gutachter keine Hinweise dafür, dass aufgrund im Kfz betriebener Geräte eine unmittelbare Störung der Kommunikation zwischen GO-Box und Funkbake zu erwarten ist.

 

In den Punkten 2, 3 und 5 der vorgenannten Zusammenfassung kommt DI Dr. H zu dem Schluss, dass eine zeitlich und örtlich begrenzte Beeinträchtigung der Datenkommunikation zwischen GO-Box und Mautbake durch sekundäre Funkdienste im gleichen Frequenzbereich nicht auszuschließen sei, ein Nachweis dafür erbracht worden sei, dass Up-Down-Konverter Störfrequenzen in dem vom Mautsystem genutzten Frequenzband verursachen würden und "reflektierende" stark dämpfende oder die Richtcharakteristik der Antenne störende Gegenstände (z.B. Namensschild) in unmittelbarer Umgebung der GO-Box zu Fehlern in der Datenkommunikation führen könnten.

Damit reduziert sich die Liste der möglichen "Störquellen" auf Funkdienste, die im ASFINAG-Frequenzbereich senden, auf Konverter und auf störende Reflexionen (z.B. durch ein Namensschild) während der Datenkommunikation des Mautsystems.

 

Der Amtssachverständige bestätigte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Aussage von DI Dr. H insofern, als sowohl sekundäre Funkdienste als auch (Up-Down-)Konverter die Nahfeldkommunikation der ASFINAG beeinflussen können, da diese die Möglichkeit haben, im ASFINAG-Frequenzbereich zu senden bzw. zu transformieren. Er legte aber auch weiters dar, dass allein aus diesem Umstand aber noch keine Fehlfunktion des Mautsystems abzuleiten ist, da nicht nur die Frequenz ausschlaggebend ist sondern auch der Abfragealgorithmus (16-Bit-Code) zwischen Mautportal und GO-Box entsprechend verfälscht oder beeinflusst werden müsste. Eine Umgehung dieses 16-Bit-Codes bei zeitgleichem Datenaustausch schloss der Amtssachverständige mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Es würde eine hypothetische Beeinflussung der ASFINAG-Nahfeldkommunikation durch die oben angeführten Geräte aufgrund des 16-Bit-Verschlüsselungscodes allenfalls zu einer Nichtabbuchung der Maut führen. Gegenständlich ist aber nicht aus den Augen zu verlieren, dass die Problematik nicht in einer Kommunikationsunterbrechung (Nichtabbuchung), sondern in einer fehlerhaften Einstellung der Achsenzahl und damit bei einer lediglichen Teilentrichtung der geschuldeten Maut liegt.

 

Zum Vorbringen von DI Dr. H, "reflektierende" Gegenstände (z.B. ein Namensschild) in unmittelbarer Umgebung der GO-Box könnten zu (nicht näher erläuterten) Fehlern in der Datenkommunikation führen, stellte der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung fest, dass die Fläche eines Namensschildes aus Metall oder Aluminium im Vergleich zu der aus Metall bestehenden Fahrzeugoberfläche der LKWs nur gering ist. Da die große metallische Fläche eines LKWs, die sich im Funkfeld des Mautsystems befindet, keine ungünstigen Auswirkungen auf die Nahfeldkommunikation hat, ist der Einfluss des verhältnismäßig kleinen Namensschildes irrelevant. Zudem würde eine (technisch auszuschließende) Beeinflussung des Mautsystems durch Reflexionen allenfalls zu einer Kommunikationsunterbrechung zwischen GO-Box und Mautbake – und nicht, wie gegenständlich, zu einer Falscherfassung der eingestellten Achsenzahl! – führen.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der verkehrstechnische Amtssachverständige in seiner gutachtlichen Stellungnahme klar festgestellt hat, dass für den Fahrer keine Abbuchungsprobleme, wie sie dem Bw vorschweben, zu erwarten sind. An der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit dieser Stellungnahme des Amtssachverständigen hegt der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel. Auch ergeben sich zwischen dem Gutachten von DI Dr. H und den Ausführungen des Amtssachverständigen keine eigentlichen inhaltlichen Widersprüche; der Unterschied liegt darin, dass sich die Gutachten des Amtssachverständigen durch einen weitaus größeren Konkretisierungsgrad auszeichnen und diese, da auf relevante Differenzierungen Rücksicht genommen werden kann, im Ergebnis wesentlich informativer und verlässlicher sind. Daher tritt der Oö. Verwaltungssenat den Ausführungen des Amtssachverständigen aufgrund der von ihm dargelegten Argumente bei, dass eine Falscherfassung der bei der GO-Box eingestellten Achsenzahl ausgeschlossen werden kann. Ein (gegebenenfalls behaupteter) Systemfehler ist daher nicht nur notorisch äußerst unwahrscheinlich, sondern wird zusätzlich widerlegt durch die Stellungnahme des Amtssachverständigen.   

 

Der Bw hat die Einvernahme von DI Dr. H sowie eines informierten Vertreters der Fernmeldebehörde beantragt. Aufgrund des inhaltlichen Umfangs der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte der entscheidungswesentliche Sachverhalt durch den Unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt werden. Es sind keine durch das Gutachten zu klärenden Fragen offen geblieben. Zudem hat es der Bw verabsäumt, über die gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen hinausgehende Beweisthemen für die beantragten Einvernahmen bekannt zu geben. Die Möglichkeit selbst Fragen an den Amtssachverständigen zu richten hat sich der Bw genommen, da er nicht zur Verhandlung erschienen ist.

Aus diesem Grund war die zusätzliche Einvernahme von DI Dr. H und eines Vertreters der Fernmeldebehörde nicht erforderlich. 

 

Die Vorbringen des Bw hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Handhabung der GO-Box sind damit widerlegt.

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich gegenständlich um ein fortgesetztes Delikt handelt, da für denselben Tattag bereits ein Verfahren bei der BH St. Pölten unter der AZ. PLS2-S-0813371 anhängig und dieses zu einer Tateinheit mit der gegenständlichen Übertretung zusammenzufassen sei.

 

Ein fortgesetztes Delikt ist dann gegeben, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 v. 18.3.2004).

 

Aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation ergibt sich für die hier gegenständliche Verwaltungsübertretung um 4.08 Uhr am 14. April 2008 folgendes Bild:

 

         Erstmalige Auffahrt auf das mautpflichtige Straßennetz an diesem      Tag und Beginn mit der Deliktsverwirklichung um etwa 3.52 Uhr in          "Ort/Innkreis – Ried im Innkreis" und Durchfahrt bis nach         "Amstetten Ost - Ybbs Wieselburg" mit Abschluss des Delikts durch          Verlassen der Mautstrecke um ca. 8.01 Uhr.

 

Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist – aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw – wie im gegenständlichen Fall – durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abgeschlossen hat. Jedes Abfahren von der Autobahn ermöglicht nicht nur das An- bzw. Abhängen von Anhängern etc. sondern macht deshalb ggf. eine Umstellung (bzw. jedenfalls eine Kontrolle) der eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box erforderlich. Mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke beginnt somit eine neuerliche Deliktsverwirklichung. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker gem. § 8 Abs. 2 BStMG iVm Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung vor jeder Fahrt auf einer Mautstrecke u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat. Der gegenständliche Deliktsbildungszeitraum umfasst somit die zurückgelegte Mautstrecke (und alle darin liegenden Mautbalken) zwischen 3.52 Uhr und 8.01 Uhr am 14. April 2008, da jeweils zuvor auf das mautpflichtige Straßennetz aufgefahren bzw. danach dieses wieder verlassen wurde, wie sich u.a. aus den auf der Einzelleistungsinformation ersichtlichen Fahrtrichtungen bzw. –strecken ergibt.

 

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 v. 15.4.2005). Ein Fortsetzungszusammenhang zu einem weiteren Delikt ist aus dem Akt nicht erkennbar. Folgerichtig waren daher gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) für mehrere Mautvergehen anlässlich unterschiedlicher Fahrten auch mehrere Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass auch bei der Annahme von Vorsatz die einzelnen Fahrten nicht als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wären, da – wie bereits ausgeführt wurde – vor jedem (neuerlichen) Befahren einer Mautstrecke die Lenkerverpflichtungen schlagend werden.  

 

Der Bw macht geltend, dass der Spruch des Bescheides eine falsche Tatortbezeichnung aufweise bzw. die belangte Behörde unzuständig sei, da – wie sich aus der Einzelleistungsinformation ergebe – die Achszahlverstellung zu einem viel früheren Zeitpunkt stattgefunden habe. Dazu ist zu entgegnen, dass aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation – wie oben näher ausgeführt wurde – Abfahrten vom mautpflichtigen Straßennetz ersichtlich sind. Für den gegenständlichen Tatort "A8, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz" (so die Tatortumschreibung im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses) und daraus folgend für den gegenständlichen Deliktszeitraum zwischen 3.52 Uhr und 8.01 Uhr ist gem. § 27 Abs. 1 VStG die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen örtlich zuständig, welche innerhalb offener Frist eine entsprechende Verfolgungshandlung (Strafverfügung vom 19. Juni 2008) vorgenommen hat. Sowohl der im angefochtenen Bescheid angegebene Tatort als auch die angegebene Tatzeit (4:08 Uhr) stellen einen ausreichend engen Bezug zwischen der angelasteten Tat und einem bestimmten Ort her, da diese Tatortumschreibungen nicht auf einen Punkt, sondern auf eine in diesem Straßenkilometerbereich gelegenen Strecke zu beziehen sind und somit dem Gebot des § 44a Ziffer 1 VStG und damit auch den an eine Verfolgungshandlung i.S.d. § 32 Abs. 2 VStG zu stellenden Anforderungen entsprechen (siehe zur vergleichbaren Rechtsprechung neben vielen VwGH 98/03/0089 v. 26.1.2000).

Die diesbezüglichen Vorbringen gehen deshalb ins Leere.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe vorliegen – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er verabsäumt hat, die eingestellte Achsenzahl bei der GO-Box zu überprüfen bzw. gegebenenfalls umzustellen. Ebenfalls wurde vom Bw verabsäumt, eine Nachentrichtung der Maut gem. Punkt 7.1 der Mautordnung zu initiieren. Das Verhalten ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm oblegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zu sorgen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch und der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der GO-Box als nicht geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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