Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522248/2/Zo/Jo

Linz, 23.04.2009

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn D E, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M, vom 31.03.2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 16.03.2009, Zl. VerkR21-68-2009, wegen eines Lenkverbotes für Motorfahrräder und sonstiger Anordnungen zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass dem Berufungswerber das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab 11.02.2009, das ist bis einschließlich 11.08.2009, verboten wird.

 

Die Anordnung, wonach dem Berufungswerber in diesem Zeitraum auch der Erwerb einer Lenkberechtigung untersagt und das Recht von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen aberkannt wird, wird aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 32 Abs.1 Z1, 7 Abs.1 Z2, Abs.3 Z8 und Abs.4,

§ 3 Abs.1 Z2, § 24 Abs.1 Z1 und § 25 Abs.1 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab 11.02.2009, das ist bis einschließlich 11.08.2009, entzogen. Weiters wurde ihm für die Dauer des Lenkverbotes der Erwerb einer Lenkberechtigung untersagt und das Recht von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen aberkannt. Es wurde angeordnet, dass er als Besitzer eines Mopedausweises diesen für die Dauer des Lenkverbotes bei der Wohnsitzbehörde abzuliefern hat. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung macht der Berufungswerber geltend, dass sein umfassendes Geständnis, seine Reumütigkeit und seine Entschuldigungen sowie seine bisherige Unbescholtenheit von der Bezirkshauptmannschaft Braunau nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Es seien keine Gründe angeführt, weshalb in seinem Fall nicht auch ein Fahrverbot für die im Gesetz vorgesehene Mindestdauer von 3 Monaten ausreichen würde.

 

Er schäme sich für sein Verhalten, zu einem derartigen Vorfall werde es nie wieder kommen. Er habe das Unrecht eingesehen und die erfolgten Ermittlungen sowie die Gegenüberstellung mit den Mädchen und deren Eltern seien ihm eine Lehre gewesen. Auch der Umstand, dass er nun schon seit 6 Wochen nicht mehr mit dem Moped zur Arbeit fahren könne, habe ihn geläutert. Er müsse sich derzeit täglich eine Mitfahrgelegenheit suchen, wodurch auch sein Arbeitsplatz gefährdet sei.

 

Durch sein Verhalten sei die Verkehrssicherheit nicht gefährdet, weshalb gemäß § 32 Abs.1 FSG das Fahrverbot nicht hätte ausgesprochen werden dürfen. Sein Verhalten liege – auch wenn man von der Tatbestandsmäßigkeit iSd § 207 Abs.1 StGB ausgehe – an der untersten Schwelle, weshalb der Unrechtsgehalt nicht als hoch einzuschätzen sei. Er werde sich keinesfalls wegen seiner Sinnesart weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen.

 

Er besitze keinen ausländischen Führerschein. Es gebe keine gesetzliche Grundlage dafür, ihm für die Dauer des Lenkverbotes den Erwerb einer Lenkberechtigung zu untersagen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 27.01.2009 um ca. 07.15 Uhr sein Motorfahrrad mit dem Kennzeichen  in L von seiner Wohnung aus auf der R in Richtung Ortszentrum. Er überholte dabei ein sechsjähriges und ein siebenjähriges Mädchen und fasste dabei den Entschluss, dass er diesen sein Glied zeigen wolle. An der Kreuzung K stellte er sein Mofa ab, nahm den Helm ab und urinierte von der Straße abgewandt gegen einen Busch. Als die beiden Mädchen bei ihm ankamen, drehte er sich mit entblößtem Glied zu diesen und sagte zu ihnen "schauts einmal her, wollt ihr es angreifen". Dabei konnten beide Mädchen das entblößte Glied sehen. Eines der Mädchen blieb stehen und der Berufungswerber fasste dieses an der Schulter und zog es an der Jacke in seine Richtung. Er nahm das Mädchen an der Hand und führte die Hand des Mädchen zu seinem entblößtem Glied, sodass es zu einer kurzen Berührung in der Dauer von 2 bis 3 Sekunden gekommen ist. Nach dieser Berührung ließ er das Handgelenkt des Mädchens los und dieses ging weiter in Richtung Ortszentrum. Durch den Vorfall bekam der Berufungswerber eine Erektion und in weiterer Folge onanierte er in unmittelbarer Nähe in einer Hauseinfahrt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den eigenen Angaben des Berufungswerbers anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme am 27.01.2009 und wird von ihm auch nicht bestritten. Er kann daher der Entscheidung zu Grunde gelegt werden. In der Zwischenzeit wurde wegen dieses Vorfalles von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis Anklageschrift wegen §§ 207 Abs.1 und 208 Abs.1 StGB erhoben.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht iSd § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1.     ausdrücklich zu verbieten,

2.     nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden oder

3.     nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z8 FSG gilt als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Diese ist aufgrund der Ergebnisse der Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ist gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

5.2. Das Verhalten des Berufungswerbers ist – vorbehaltlich der strafrechtlichen Beurteilung durch das Gericht – als strafbare Handlung iSd § 207 Abs.1 StGB einzuschätzen. Der Berufungswerber hat damit eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z8 FSG zu verantworten. Das Verhalten des Berufungswerbers ist ausgesprochen verwerflich. Es kann ihm zwar sein jugendliches Alter zu Gute gehalten werden, dennoch musste ihm der hohe Unrechtsgehalt bewusst sein. Zu Ungunsten des Berufungswerbers ist zu berücksichtigen, dass die beiden Opfer seines Verhaltens erst 6 und 7 Jahre alt waren und ihn auch dies nicht von seiner Handlung abgehalten hat. Bezüglich der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers ist zu seinem Nachteil auch zu berücksichtigen, dass er im Zusammenhang mit der gegenständlichen strafbaren Handlung tatsächlich ein Motorfahrrad gelenkt hat.

 

Es ist zwar durchaus naheliegend, dass die polizeilichen Erhebungen und insbesondere die Gegenüberstellung mit den Opfern und deren Eltern dem Berufungswerber das Unrecht seiner Handlung drastisch vor Augen geführt haben, es ist aber bei Abwägung aller Umstände anzunehmen, dass sich der Berufungswerber bei einem Absehen vom Mopedfahrverbot wegen der erleichternden Umstände, insbesondere der erhöhten Mobilität, weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen würde.

 

Der Berufungswerber ist daher als verkehrsunzuverlässig anzusehen, wobei die erstbehördliche Einschätzung, wonach er seine Verkehrszuverlässigkeit erst ca. 6,5 Monate nach dem gegenständlichen Vorfall wiedererlangen wird, durchaus zutreffend erscheint. Unter Abwägung aller Umstände des gegenständlichen Falles bedarf es dieses Zeitraumes, bis der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt.

 

Nach § 32 Abs.1 FSG ist ein Lenkverbot entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit auszusprechen. Diese Regelung ist nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS so zu verstehen, dass bei Personen, welche nicht verkehrszuverlässig sind, die Verkehrssicherheit ein Lenkverbot erfordert. Würde man diese Bestimmung dahingehend auslegen, dass ein Lenkverbot nur zulässig wäre, wenn durch die bestimmte Tatsache selbst die Verkehrssicherheit gefährdet worden ist, so wäre in den Fällen des § 7 Abs.3 Z8, Z9, Z10 und Z11 FSG (gerichtlich strafbare Handlungen) ein Lenkverbot iSd § 32 FSG nie zulässig. Diese – offenbar vom Vertreter des Berufungswerbers vertretene Rechtsansicht – erscheint daher nicht richtig.

 

Der Berufungswerber ist bis 11.08.2009 nicht verkehrszuverlässig. Bis zu diesem Zeitpunkt kann ihm daher auch keine Lenkberechtigung erteilt werden. Unabhängig davon ist das Berufungsvorbringen insoweit richtig, als eine ausdrückliche Untersagung des Erwerbes einer Lenkberechtigung im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sollte der Berufungswerber in der Zwischenzeit die Erteilung einer Lenkberechtigung beantragen, so wäre entweder mit der Erledigung dieses Verfahrens bis nach dem 11.08.2009 zuzuwarten oder der Antrag mangels Verkehrszuverlässigkeit abzuweisen.

 

Der Berufungswerber ist derzeit nicht im Besitz eines ausländischen Führerscheines und kann einen solchen aufgrund seines Lebensalters auch bis zum Ablauf des Lenkverbotes nicht erwerben. Es war daher nicht notwendig, ihm das Recht abzuerkennen, von einem derartigen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Die Erstinstanz hat der Berufung die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Personen, welche nicht verkehrszuverlässig sind, im Interesse der Verkehrssicherheit sofort vom Lenken der entsprechenden Kraftfahrzeuge abgehalten werden müssen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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