Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522251/2/Kof/Jo

Linz, 20.04.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn H R M, geb. , M, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.03.2009, VerkR21-133-2008 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben  und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 7 Abs.4 und 25 Abs.3 FSG,

    BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-         die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A, B, C1, C und F für die Dauer von 3 Monaten – gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides – entzogen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung eine allfällig von
einer Behörde eines ausländischen EWR-Staates erteilte Lenkberechtigung entzogen

-         aufgefordert, seinen Führerschein nach Rechtskraft dieses Bescheides unverzüglich der Behörde abzuliefern

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken
von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invaliden-kraftfahrzeugen verboten

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

-         aufgefordert, einen allfällig vorhandenen ausländischen Führerschein nach Rechtskraft dieses Bescheides unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 24.03.2009) hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 28.03.2009 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Der Bw hat

I. am 05.04.2008 in O. Herrn H. E. dadurch, dass er ihm mehrere Faustschläge und Fußtritte versetzte, in Form mehrerer Rippenbrüche, einer Schädelprellung sowie einer Rissquetschwunde am Nasenrücken vorsätzlich an sich schwer am Körper verletzt, wobei die Tat eine mehr als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung zur Folge hatte;

II. Herrn H. K. in K. zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen und zwar

-         Mitte/Ende März 2008, indem er Herrn H. K. gegenüber sinngemäß äußerste, er werde ihn umbringen

-         am 05.04.2008, indem er gegenüber Herrn H. K. äußerte: "Ich bringe dich sowieso einmal um!", ihn sodann im Kehlkopfbereich packte, mit beiden Händen zudrückte und Herrn H. K. gegen eine Mauer stieß.

 

Der Bw hat dadurch

I.                   das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den

          §§  83 Abs.1, 84 Abs.1 StGB und

II.                 die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 StGB

begangen und wurde über ihn mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 28.07.2008, 24 Hv 90/08 b eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten – welche unter Bestimmung von einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde – verhängt.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung                                 der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;

VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214;  vom 6.7.2004, 2002/11/0163; vom 20.2.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 mit Vorjudikatur   sowie  

OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. 

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 84 StGB begangen hat.

 

In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich zu betonen, dass der Bw am 05.04.2008 allein deshalb von K. nach O. gefahren ist (Entfernung gem. Tiscover Routenplaner: mehr als 60 km) um Herrn H. E. einen Faustschlag zu versetzen.

 

Dies ist – siehe das oa Gerichtsurteil – auch tatsächlich geschehen.

 

Um das Vergehen nach § 84 Abs.1 StGB zu verwirklichen hat der Bw einen PKW
– und somit seine Lenkberechtigung – verwendet!

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Zu Gunsten des Bw ist auszuführen, dass

-         die Tat mittlerweile etwas mehr als ein Jahr zurückliegt

-         er bisher unbescholten war  

-         er seit dieser Tat nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist  und

-         er – wie dargelegt – wegen dem Vergehen nach § 84 Abs.1 StGB

     "nur" zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt wurde.

 

Die Berufungsbehörde hat – auch in Angelegenheiten betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung – nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltenden Sachlage zu entscheiden.

VwGH v. 28.11.1983, 82/11/0270 (verstärkter Senat); vom 17.11.1992, 92/11/0069; vom 30.5.2001, 20001/11/0113; vom 15.5.2007, 2006/11/0233 mit Vorjudikatur  und  vom 20.5.2008, 2008/11/0068.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG darf bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von weniger als 3 Monaten nicht festgesetzt werden. – Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht (mehr) zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden;

VwGH vom 20.05.2008, 2005/11/0091; vom 24.04.2007, 2005/11/0156 uva.

 

Eine Entziehung der Lenkberechtigung wäre daher nur dann möglich, wenn der Bw noch für einen Zeitraum von weiteren drei Monaten verkehrsunzuverlässig wäre, somit für eine Zeit von insgesamt ca. 16 Monaten seit Begehung der strafbaren Handlung.

 

 

 

Die Annahme, der Bw sei für eine Dauer von insgesamt ca. 16 Monaten – gerechnet ab der Tat (= 05.04.2008) verkehrsunzuverlässig, wird vom UVS nicht geteilt  bzw.  ist im Ergebnis festzustellen, dass der Bw zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht (mehr) verkehrsunzuverlässig ist! 

VwGH vom 14.09.2004, 2004/11/0119 mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 


Beschlagwortung:

§ 7 Abs.4 FSG: "seither verstrichene Zeit", Verkehrs(un)zuverlässigkeit;

 

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