Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164076/2/Br/RSt

Linz, 20.04.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J V S D-94 P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17.3.2009, Zl. VerkR96-1390-2008, zu Recht:

 

I.     Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II.    Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird dem Berufungswerber für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 7,20  Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) des Kraftfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen PA trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14.05.2008, VerkR96-1390-2008, der Behörde keine Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 15.03.2008 zuletzt vor dem Zeitpunkt 22.08 Uhr bis 22.25 Uhr in der Gemeinde Schärding, Ludwig-Pfliegl-Gasse, vor Haus B, abgestellt hat und er auch keine andere Person benannt habe, die die Auskunft erteilen hätte können.

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Rechtslage:

§103 Abs. 2KFG 1967:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der bestreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung- zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück." § 134 Abs. 1 KFG 1967:

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt."

 

Sachlage:

Grundlage des Verwaltungsstrafverfahrens bildet die Anzeige der Sicherheitswache der Stadtge­meinde Schärding, wonach der PKW VW mit dem deutschen Kennzeichen PA am 15.03. 2008 in der Zeit von 22.08 bis 22.25 Uhr im Stadtgebiet Schärding auf der Ludwig-Pfliegl-Gasse vor dem Haus B auf einem Gehsteig abgestellt war. Eine Anfrage beim KZA Flensburg ergab, dass der PKW für Sie zum Verkehr zugelassen ist. In der Annahme, dass Sie der Lenker zum Übertretungszeitpunkt waren, erging zunächst die Strafverfügung vom 31.03.2008 gegen Sie und erhoben dagegen fristgerecht Einspruch, worin Sie sich als nicht schuldig bekannten. Sie seien an diesem Tag nicht in Schärding gewesen. Ihr Fahrzeug könne von mehreren Personen benutzt werden, könnten jedoch nicht mehr nachvollziehen, wer an diesem Tag der Fahrer war.

 

Gegen Sie erging eine Lenkererhebung nach § 103 Abs. 2 KFG mit der Aufforderung binnen 14 Tagen mitzuteilen, wer das Fahrzeug zuletzt vor dem Übertretungszeitpunkt abgestellt hat. Mit Schreiben vom 30.05.2008 teilten Sie mit, dass dies "nicht mehr nachvollzogen werden kann." Wegen unterlassener Auskunftserteilung erging somit die Strafverfügung vom 21.08.2008, gegen welche Sie mit Schreiben vom 07.09.2008 fristgerecht Einspruch erhoben haben. Darin führten Sie aus, sich in keiner Weise schuldig zu fühlen, keine Auskunft darüber erteilt zu haben, wer Ihr Fahrzeug zum genannten Zeitraum an besagter Stelle abgestellt habe. Den Fragebogen hätten Sie ausgefüllt und unterschrieben zurück gesandt. Ihnen sei nach wie vor nicht mehr wissentlich, wer zu diesem Zeitpunkt Ihr Fahrzeug benutzt habe, damit seien Sie Ihrer Auskunftspflicht nachge­kommen, nicht mehr zu wissen, wer Ihr Fahrzeug damals gelenkt habe.

Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes schützt § 103 Abs. 2 das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen mögliche Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (22.3.2000, 99/03/0434). In verfassungsrechtlicher Hinsicht stellte der Verwaltungsgerichtshof fest (26.5.2000, 2000/02/115), dass aus Artikel 6 Abs. 2 des Vertrages über die EU nicht ableitbar ist, dass die Rezeption der EMRK in das Gemeinschaftsrecht durch den Vertrag über die EU bewirkt hätte, dass es zu einer generellen Verdrängung entgegenstehender nationaler Vorschriften (also über den Bereich der Vollziehung von Gemeinschaftsrecht hinaus) gekommen wäre. Überdies hat die europäische Kommission für Menschenrechte in der Entscheidung vom 5.9.1989 über die Beschwerden 15135/89, 15136/89 u. 15137/89 festgestellt, dass die Auskunftspflicht nach Abs. 2 nicht gegen Artikel 6 EMRK und insbesondere nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Artikel 6 Abs. 2 EMRK verstößt.

Konkret hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 17.03.1982, 81/03/0021 fest­gestellt, dass die Verletzungspflicht durch die Erklärung der Partei, sie könne nicht mehr angeben, wer den PKW zur Tatzeit gelenkt hat, weil diesen Wagen verschiedene Angestellte benützen, ver­letzt wurde. Diese Entscheidung, welche offenbar ein Firmenfahrzeug betraf, ist auch für Fahrzeu­ge von Privatpersonen anzuwenden, da für den Fall, dass ein Fahrzeug von mehreren Personen benutzt werden kann, entsprechende Aufzeichnungen zu führen sind.

 

Nach § 5 Abs.1 VStG genügt als Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist dies bei Zuwiderhan­deln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvor­schrift kein Verschulden trifft. Zudem ist die von Ihnen begangene Übertretung als Ungehorsams­delikt zu qualifizieren, worin das Tatbild in einem Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges besteht. Sie haben in Ihren Eingaben stets darauf hingewiesen, dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, wer der Lenker zum Übertretungszeitpunkt war. Damit haben Sie im Sinne der zitierten Rechtssprechung die Übertretung zugegeben und somit zu verantworten.

 

Prinzipiell wird darauf hingewiesen, dass es sich bei einer Bestrafung nach § 103 Abs.2 KFG um eine Ersatzbestrafung anstelle des Ursprungsdeliktes handelt. Mit dieser Bestrafung wird das Ursprungsdelikt - im gegenständlichen Fall das vorschriftwidrige Abstellen eines Kraftfahrzeuges auf einem Gehsteig - nicht mehr weiter verfolgt. Die Strafhöhe eine Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG orientiert sich im Wesentlichen nach der Strafhöhe des Ursprungsdeliktes.

 

Als mildernd konnte die Unbescholtenheit berücksichtigt werden, Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Das Strafausmaß ist im untersten Bereich (unter 1%) des gesetzlichen Strafrahmens festge­setzt und der Schuld angemessen. Dieser geringe Strafsatz ist auch Ihren persönlichen Verhält­nissen entsprechend bemessen anzusehen, indem ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.000,00 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflicht angenommen werden.

 

Die vorgeschriebenen Verfahrenskosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet."

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung vermeint der Berufungswerber sich in keiner Weise hinsichtlich der unterbliebenen Auskunftserteilung schuldig zu fühlen. Den Fragebogen worin die Behörde nach Personen fragte, welche sein Fahrzeug zum genannten Zeitraum benutzt hatten oder welche Personen das wissen könnten, habe er ausgefüllt und unterschrieben an der Behörde zurückgesandt.

Ihm sei nach wie vor nicht mehr wissentlich, wer zu diesem Zeitraum sein Fahrzeug benutzt hatte. Er komme hiermit nochmals seiner Auskunftspflicht nach, indem er Auskunft darüber erteile, dass er einfach nicht wisse wer sein Fahrzeug damals lenkte.

Darüber hinaus möchte er feststellen in keinster Weise dazu verpflichtet zu sein Aufzeichnungen darüber zu führen, wer zu welcher Zeit sein Fahrzeug lenkt.

Somit könne er sich nicht für etwas schuldig gemacht haben wozu er nicht verpflichtet sei. Der Schuldspruch entbehre dadurch jedweder Grundlage, so abschließend der Berufungswerber.

 

 

 

2.1. Mit diesem Vorbringen vermag er jedoch vor dem Hintergrund der hier anzuwendenden österreichischen Rechtslage  dem Schuldspruch nicht mit Erfolg entgegen treten. Er zeigt insbesondere damit auch nicht auf, ob überhaupt und  welche Anstrengungen er gegebenenfalls unternommen hat um seiner Auskunftspflicht nachzukommen.

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte hier mangels Antrag in Verbindung mit dem sich nur auf die Lösung einer Rechtsfrage beschränkenden Berufungsvorbringen unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes und die Befragung des Berufungswerbers im Rahmen der am 31.12.2007 durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz teil.

 

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Unbestritten ist die Halterschaft des Berufungswerbers betreffend das anfragegegenständliche Kraftfahrzeug.

Ebenso unbestritten ist, dass sich der Berufungswerber im Rahmen der beeinspruchten Strafverfügung betreffend seines am 15.3.2008 von  22:08 Uhr bis 22:25 Uhr, vor dem Haus B in Schärding am Gehsteig abgestellten Pkw´s. Folglich wurde ihm eine förmliche Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe zugestellt, welche mit dem Hinweis beantwortet wurde, den damaligen Absteller des Fahrzeuges nicht mehr nachvollziehen zu können.

Damit wurde der gesetzlichen Auskunftspflicht nicht nachgekommen.

In der dem Berufungswerber am 14.5.2008 zugestellten Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe fand sich der Hinweis auf die Strafbarkeit deren Nichtbeantwortung und die verfassungsgesetzlich abgesicherte Grundlage.

Da der Berufungswerber keinen wie immer gearteten Hinweis auf etwaige unternommene Anstrengungen zur Bekanntgabe des damaligen Fahrzeugbenutzers erkennen lässt, erblickt auch die Berufungsbehörde darin ein zumindest fahrlässiges Verhalten am Unterbleiben der Namhaftmachung des Lenkers welcher das Fahrzeug vorschriftwidrig abstellte.

Es ist letztlich auch nicht wirklich logisch, dass ein Fahrzeughalter überfordert sein sollte zu recherchieren, wer zwei Monate vor einem Zeitpunkt das Fahrzeug zur Verfügung hatte. Die Anzahl in Frage kommender Lenker hält sich in aller Regel doch in engsten Grenzen.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Die Behörde erster Instanz weist zutreffend darauf hin, dass die  Behörde  Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu  einem bestimmten  Zeitpunkt  ein  nach dem  Kennzeichen  bestimmtes  Kraftfahrzeug  gelenkt  oder  einen   nach  dem  Kennzeichen  bestimmten  Anhänger  verwendet  hat bzw. zuletzt  vor  einem  bestimmten  Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.  Diese  Auskünfte,  welche  den Namen und  die  Anschrift  der  betreffenden  Person    enthalten     müssen,     hat   der  Zulassungsbesitzer  –  im   Falle   von  Probe‑   oder  von  Überstellungsfahrten  der  Besitzer  der  Bewilligung  –  zu  erteilen;  kann  er diese Auskunft nicht erteilen, so hat  er  die  Person  zu  benennen, die die  Auskunft  erteilen  kann,  diese  trifft  dann  die Auskunftspflicht;  die  Angaben  des  Auskunftspflichtigen  entbinden  die  Behörde  nicht,  diese  Angaben  zu  überprüfen,  wenn dies nach  den  Umständen  des  Falles  geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich,  im  Falle  einer  schriftlichen Aufforderung binnen  zwei  Wochen  nach  Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft  ohne  entsprechende  Aufzeichnungen  nicht gegeben  werden  könnte,  sind  diese Aufzeichnungen zu führen. Gemäß der dem Gesetz beigefügten sogenannten Verfassungsbestimmung treten gegenüber  der  Befugnis der Behörde derartige Auskünfte  zu  verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. 

 

5.1.1. Die  Gestaltung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 als  Verfassungsbestimmung  erachtete  der  Verfassungsgerichtshof  im Einklang  mit  den  Baugesetzen  des  B‑VG  stehend und (derzeit) nicht im  Widerspruch  zu  Art. 6  EMRK.  Der  Verfassungsgerichtshof hebt das  in  dieser  Bestimmung   rechtspolitische   Anliegen   des  Gesetzgebers,  welchem  dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft  in  dieser  Form  nachkommen zu können glaubt,  besonders  hervor,  bemerkt  jedoch  auch kritisch die Problematik der  Durchbrechung  des  Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B‑VG und den  durch  eine  Strafsanktion  ausgeübten  Zwang   zur  Ablegung  eines  Geständnisses  (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988,  Zl. G72/88 u.a.). Nach bisher ständiger  Rechtsprechung des  Verwaltungsgerichtshofes liegt  der  Bestimmung  des § 103 Abs.2 KFG die  Absicht  des  Gesetzgebers zugrunde,  sicherzustellen,  dass   der  verantwortliche   Lenker   eines   Kraftfahrzeuges  jederzeit  festgestellt  werden  kann (vgl.  u.a.  Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).

Da jedoch im Stadium der Lenkererhebung durch die Namhaftmachung eines Lenkers zumindest noch keine unmittelbare "Selbstbeschuldigung" bzw. die "Auslieferung" einer nahe stehenden Person in ein Strafverfahren noch nicht erfolgt und daher ein allenfalls nachfolgendes Strafverfahren gegen eine durch diese Anfrage namhaft zu machende (gemachte) Person jedenfalls (noch) nicht unmittelbar präjudiziert wird,  scheinen in diesem Fall auch keine Gegensätze zu den  Grundsätzen der EMRK gegeben.

In diesem Sinne ist auch das Urteil des EGMR v. 8.4.2004, Nr. 38544/97 – WEH gegen Österreich – begründet worden. Danach ist mit der Benennung des Fahrzeuglenkers noch nicht zwingend eine "strafrechtliche Anklage" und damit keine Konventionswidrigkeit hinsichtlich der wohl damit zum Teil verbundenen Durchbrechung des Rechtes im Falle einer drohenden Selbstbeschuldigung schweigen zu dürfen, verbunden.

Kein Widerspruch zur EMRK wurde bereits im Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes – VfGH v. 29.09.1988,  Zl. G72/88, zumindest nicht aus innerstaatlicher Sicht, erblickt.

Dieser Intention  schließt  sich  auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes  Oberösterreich in seiner Rechtsprechung  an,  weil  aus  der  Sicht  der  Praxis  eine effektive Verkehrsüberwachung   sonst  nicht  ausreichend  gewährleistet  scheint. 

In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge  (auch  Ausländer) einbezogen werden können (vgl. auch VwGH 28.2.1997, 96/02/0508).  Gemäß  § 2     Abs.1   VStG  sind,  sofern  die  Verwaltungsvorschriften  nicht  anderes bestimmen – hier  ist  keine  Ausnahme  gegeben  –  nur die  im  Inland  begangenen  Verwaltungsübertretungen  strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG  ist  eine  Übertretung  im  Inland  begangen, wenn  der  Täter  im  Inland  gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER  –  zum  Tatbestand gehörende – ERFOLG IM  INLAND  EINGETRETEN  IST.  Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft  gilt  –  anders   als   nach   der   früheren   Rechtsprechung  des  Verwaltungsgerichtshofes  (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) – nicht  der  Ort, an welchem etwa eine solche Aufforderung  dem  "Verpflichteten"  zugekommen ist, sondern – als Tatort gilt –  der  Sitz  der anfragenden Behörde, als Ort der  geschuldeten  Handlung  (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst.  Senat]  31.  Jänner  1996,  Zl.   93/03/0156). 

 

 

5.1.2. Wenngleich dem Berufungswerber in seinem vermutlich beabsichtigten Vorbringen durchaus gefolgt werden könnte, dass der deutschen Rechtslage eine Pflicht zur Lenkerauskunft nicht nur fremd, sondern diese darüber hinaus dort mit dem Grundgesetz nicht in Einklang stehend erachtet wird, gewinnt er damit nichts angesichts der hier anzuwendenden österreichischen Rechtslage. Wegen des Hinweises der Strafbarkeit bereits im Auskunftsbegehren könnte sich der Berufungswerber ebenfalls nicht auf § 52 und § 55 d StPO – wonach ein Zeugenentschlagungsrecht auch bei bloßen Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten besteht, falls mit einer solchen Zeugenaussage die Gefahr wegen eines solchen Deliktes belangt zu werden einherginge – auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum oder ein mangelndes Verschulden mit Erfolg berufen.

Auch dem hier sinngemäß vorgetragenen Einwand auf die Einschränkung des staatlichen Gebotsbereiches (Territorialitätsprinzip) vermag den Berufungswerber nicht zum Erfolg verhelfen (VwGH 26.5.1999, 99/03/0074).

Der  staatliche  Gebotsbereich  erstreckt sich in  der  Figur des "Schutzprinzips"  auch  auf  außerhalb  des Staates befindliche Personen, sofern sich deren Handeln gegen  ein  inländisches  Rechtsgut  richtet (Walter‑Mayer,  Grundriss   des  Bundesverfassungsrechtes,   8.  Auflage,   RZ   176).  Anknüpfungsfaktum  ist hier die offenkundig zumindest vom Willen des Berufungswerbers getragene Verwendung seines Pkw`s im  Bundesgebiet   der  Republik  Österreich. 

Aus dieser Verwendung leiten sich jedenfalls Ingerenzpflichten  gegenüber  der  österreichischen  Rechtsordnung ab (vgl.  etwa  VwGH  11.5.1993,  Zl.90/08/0095).  Ausgelöst wurde die Lenkeranfrage durch die mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers vermutlich begangene Verletzung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung ist einerseits gemäß der  obzitierten  Judikatur   des   Verfassungsgerichtshofes  (Zl.  G72/88) bindend, andererseits ergibt sich mit  der  Verwendung  eines  Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates ein Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen  Gesetzen  dieses  Staates, was wiederum einen  ausreichenden   inländischen  Anknüpfungsgrund begründet. Die Einbeziehung auch ausländischer Fahrzeugverantwortlicher in dem vom § 103 Abs.2 KFG erfassten Regelungsinhalt ist hier als Ausübung der staatlichen Souveränität in Form der Berufung auf das völkerrechtlich anerkannte Schutzprinzip begründet.

Der Berufungswerber vermag sich angesichts des Hinweises  bezüglich  der  Strafbarkeit  der   Verweigerung  der  Lenkerbekanntgabe bereits in  der  Aufforderung   zur   Bekanntgabe   des  Fahrzeuglenkers  nicht iSd § 6 VStG entschuldigend  auf  einen  diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0075 mwN) liegt dieser Bestimmung wohl die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der (die) verantwortliche Lenker(in) eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Mit der inhaltsleeren Mitteilung des Berufungswerbers konnte er diesem Ziel nicht gerecht werden.

 

 

6.  Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage  für  die  Bemessung  der Strafe stets das Ausmaß der mit  der  Tat  verbundenen    Schädigung   oder  Gefährdung   derjenigen  Interessen,  deren  Schutz die Strafdrohung dient, sowie  der  Umstand,  inwieweit  die  Tat sonst nachteilige  Folgen  nach  sich  gezogen  hat.  Überdies  sind die nach  dem  Zweck  der  Strafdrohung   in   Betracht  kommenden   Erschwerungs‑  und  Milderungsgründe,  soweit  sie nicht schon  die  Strafdrohung  bestimmen,  gegeneinander  abzuwägen.  Auf   das  Ausmaß  des  Verschuldens  ist  Bedacht zu nehmen. Unter  Berücksichtigung  der  Eigenart  des   Verwaltungsstrafrechtes   sind   die  Bestimmungen  der  §§  32  bis   35  StGB  (Strafgesetzbuch)  sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1.  Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass die von  der Behörde erster Instanz verhängte Strafe in der Höhe von 36 Euro als unangemessen  niedrig bemessen bewertet werden muss. Der vorgesehene Strafrahmen wird damit nur im Umfang von etwas über 0,5% ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage der Verwaltungseffizienz die mit der Führung solcher Verfahren letztlich verbunden sind, wobei nicht zuletzt diese Geldstrafe wohl kaum einbringlich zu machen sein wird.

Selbst wenn hier angesichts des Vertrauens auf die in Deutschland herrschende Rechtslage bloß von einem geringen Verschulden auszugehen sein mag, könnte einer deutlich höheren Geldstrafe nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.

Immerhin reicht der Strafrahmen bis 5.000 Euro. Die Anlehnung an die Strafdrohung für Grunddelikt (das den Gegenstand der Anfrage bildenden StVO-Deliktes mit einem Strafrahmen bis 726 Euro) ist weder sachlich noch rechtlich indiziert. Der Unwertgehalt einer Verweigerung der Lenkerbekanntgabe kann wegen des  öffentlichen  Interesses, insbesondere dem Interesse der Pflege  der  Verkehrssicherheit und der sich daraus ableitenden Pflicht zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr in einer solcherart herbeigeführten Vereitelung der Strafverfolgung nicht bloß als geringfügig abgetan werden. Daher kann hier trotz des Milderungsgrundes der verwaltungsstraf­rechtlichen Unbescholtenheit eine  Überschreitung  des  Ermessensspielraumes in der Strafzumessung seitens der Behörde erster Instanz nicht erblickt werden.

Der Berufung muss daher ein Erfolg sowohl in der Schuld- als auch in der Straffrage versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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