Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 28.04.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerden des 1) R alias N B A alias A, geboren am  alias , Staatsangehöriger von A, 2) R alias N H, geboren am , Staatsangehöriger von A, 3) R alias N E, geboren am , Staatsangehörige von A und 4) R alias N H geboren am , Staatsangehörige von A, (2-4) vertreten durch den Vater R alias N B A alias A, dieser vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T N, Rechtsanwaltsbüro S und E, K R, W, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Rechtswidrigkeit der  Anhaltung in Schubhaft in der Zeit vom 8. bis 10. April 2009 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.       Aus Anlass der Beschwerden werden der Schubhaftbescheid der belangten Behörde vom 8. April 2009 und die darauf beruhende Anhaltung der Beschwerdeführer in Schubhaft in der Zeit vom
8. bis 10. April 2009 für rechtswidrig erklärt.  

 

II.     Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in der Höhe von 3.010,40 Euro (darin enthalten 52,30 Euro Eingabe- und 7,20 Euro Beilagengebühr) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der Gegenschrift in Verbindung mit den eingebrachten Beschwerden samt ergänzend eingebrachten Schriftsätzen von folgendem Sachverhalt aus:

 

1.1. Die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), Staatsangehörige von A, verließen am 3. Oktober 2008 gemeinsam mit S N (Ehegattin bzw. Mutter der Bf) H und gelangten schlepperunterstützt über die T nach G. In G brachte die gesamte Familie einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) ein. Wiederum schlepperunterstützt gelangte die Familie vermutlich am 28. Dezember 2008 mit dem Flugzeug nach R. In der Folge reisten sie am 31. Dezember 2008 mit dem Zug illegal in das Bundesgebiet ein und stellten noch am selben Tag einen Asylantrag im Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West (im Folgenden: BAA EAST-West).

 

1.2. Mit Bescheiden des BAA EAST-West vom 6. März 2009, AZ 08 13.356 bis 08 13.3560, wurden die Asylanträge gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und die Ausweisung nach G verfügt.

 

Die dagegen eingebrachten Beschwerden, die mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden waren, wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 30. März 2009, GZ S4 405.368-1/2009/2E bis S4 405.372-1/2009/2E abgewiesen. Die Ausweisungsentscheidungen sind am
7. April 2009 in Rechtskraft erwachsen. 

 

1.3. Mit Bescheid vom 12. Jänner 2009, Sich40-1004-2009, nahm die belangte Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand und verhängte über den Bf (A N) ein gelinderes Mittel. Danach wurde der Bf verpflichtet, sich täglich bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle zu melden. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

1.4. Mit Schreiben vom 6. April 2009 beauftragte die belangte Behörde gemäß   § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG die Polizeiinspektion St. Georgen i. Attergau, die Bf und die Ehefrau des Bf festzunehmen und in das PAZ Wien Roßauer Lände einzuliefern, damit am 8. April 2009 die Abschiebung auf dem Luftweg von Wien-Schwechat nach Athen vorgenommen werden könne. 

 

Entsprechend dem Auftrag der belangten Behörde wurden die Bf am 7. April 2009 um 07.30 Uhr in ihrer Unterkunft in  T, A, festgenommen und in das PAZ Wien, Roßauer Lände, überstellt. Im PAZ wurden die Bf einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen, dabei wurde deren Flugtauglichkeit festgestellt.  

 

Die Ehegattin des Bf machte bei der beabsichtigten Festnahme eine psychische Erkrankung geltend. Sie klagte über Schmerzen, legte sich auf den Boden, schlug mit dem Kopf mehrmals gegen den Fußboden, riss sich selbst an den Haaren und ersuchte um Einlieferung in das Krankenhaus. Laut Aktenvermerk vom 7. April 2009 wurde die Ehegattin des Bf stationär in der Psychiatrie 1 des Landeskrankenhauses Vöcklabruck aufgenommen. Der belangten Behörde wurde von der diensthabenden Oberärztin mitgeteilt, dass aufgrund des derzeitigen Zustandes und ausständiger Untersuchungen eine Entlassung am 7. April 2009 nicht möglich sei. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei aber mit einer Entlassung innerhalb der nächsten Tage ("bereits morgen oder übermorgen") zu rechnen.

 

1.5. Am 8. April 2009 wurden zwei Beamte der Bundespolizeidirektion Wien von der Dienstführung des PAZ Roßauer Lände mit der Durchführung der Flugabschiebung der Bf beauftragt. Als die Bf zum Dienstkraftfahrzeug gebracht werden sollten, weigerten sich die Bf. Lautstark wurde bekanntgegeben, dass sie diesen Ort nicht ohne Ehefrau bzw. Mutter verlassen würden. Auf Grund dieses Verhaltens war eine Flugabschiebung nicht durchführbar. Vom Aufnahmeleiter des PAZ wurde eine Rückverlegung in die Gemeinschaftszelle angeordnet. Nachdem der Vertreter der belangten Behörde von der fehlgeschlagenen Abschiebung in Kenntnis gesetzt worden war, gab dieser um 08.55 Uhr dem PAZ telefonisch bekannt, dass er einen Schubhaftbescheid für die Bf ausstellen und eine gesicherte Abschiebung für die gesamte Familie veranlassen werde.  

 

2.1. Mit Bescheid vom 8. April 2009, GZen Sich40-1004-2009, Sich40-1006-2009 bis Sich40-1008-2009, dem Bf persönlich am 8. April 2009 im PAZ Wien Roßauer Lände (die Bestätigung der Übernahme wurde ohne Angabe von Gründen verweigert) zugestellt, "verhängte" die belangte Behörde die Schubhaft über die "derzeit im Polizeianhaltezentrum Wien-Rossauer Lände im Stande der Festnahme aufhältigen" Bf auf der Grundlage des § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung der Abschiebung.

 

Nach Wiedergabe des relevanten Sachverhaltes hielt die belangte Behörde fest, dass sie nunmehr die gemeinsame Abschiebung der gesamten Familie (Bf und Ehefrau bzw. Mutter der Bf) nach Griechenland für die 16. Kalenderwoche beabsichtige.

 

Auf Grund der Tatsache, dass die Bf bereits über die bevorstehende Abschiebung in Kenntnis seien, erscheine die Annahme gerechtfertigt, dass die Bf im Falle der Aufhebung der "Festnahme" sich durch Untertauchen in die Anonymität dem neuerlichen Abschiebeversuch zu entziehen suchen werden. Es gelte daher die unmittelbar bevorstehende Abschiebung zu sichern. Durch die eingetretene Sachverhaltsänderung würde die Anwendung gelinderer Mittel nicht mehr ausreichend sein. Die Gesamtheit der Verhaltensweisen der Bf (u.a. "Verhinderung der Abschiebung durch aktiven Widerstand gegenüber den ausführenden Beamten") zeige auf, dass die Bf nicht gewillt seien, die Rechtsordnung zu respektieren. Darauf abstellend bejaht die belangte Behörde den Sicherungsbedarf und kommt zum Ergebnis, dass infolge der stationären Behandlung der Mutter der Bf die "gemeinsame Anhaltung" der Bf (Vater und Kinder) zur Sicherstellung der Betreuung unbedingt notwendig sei.

 

2.2. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2009, per Telefax beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich  am 9. April 2009 um 18:52 Uhr (außerhalb der Amtsstunden) eingelangt, erhoben die Bf durch ihren Rechtsvertreter Beschwerde gemäß § 82 FPG mit der Behauptung der "Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 8. April 2009 und der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung der Bf seit dem 7. April 2009" und beantragten den Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von 2.950,40 Euro.

 

Der ausgeführte Sachverhalt deckt sich im Wesentlichen mit den Feststellungen der belangten Behörde.

 

Ergänzend brachte der Rechtsvertreter vor, dass die Ehefrau des Bf auf Grund einer schon seit längerer Zeit bestehenden psychischen Erkrankung in der Psychiatrie des Landeskrankenhauses Vöcklabruck aufgenommen worden sei. Die Trennung von ihrer Mutter stelle insbesondere für die minderjährigen Kinder eine große psychische Belastung dar.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen erachtete der Rechtsvertreter die "Verhängung der Schubhaft" aus mehreren Gründen für unzulässig. So stelle die beabsichtigte Abschiebung der Bf und der damit verbundenen Trennung der Bf von ihrer (erkrankten) Ehefrau bzw Mutter eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK dar. Da derzeit nicht absehbar sei, wann der Gesundheitszustand der Ehefrau des Bf eine Abschiebung zulasse, müsse von einer dauerhaften Trennung der Familie ausgegangen werden. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK sei auch eine Ausweisung der Bf ohne Ehefrau bzw. Mutter unzulässig. In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen, dass Ausweisungen wirkungslos werden können, wenn sich die Beurteilungsgrundlagen maßgeblich zu Gunsten des Fremden verschieben. Weiters ergebe sich aus der Dublin II Verordnung, dass im Rahmen der Dublinverfahren die Familieneinheit zu wahren sei. Aus den genannten Gründen sei eine Abschiebung nicht zulässig und der Haftgrund daher nicht gegeben.

Zudem dürfe die Schubhaft nur dann verhängt werden, wenn ein Sicherheitsbedürfnis bestehe. Bloße Ausreiseunwilligkeit reiche für die Verhängung nicht aus. Offenkundig sei im vorliegenden Fall ein Untertauchen der Bf ausgeschlossen, da diesen in erster Linie daran gelegen ist, nicht von der Ehefrau bzw. der Mutter getrennt zu sein. Eine besonderes Sicherheitsbedürfnis zur Anhaltung der minderjährigen Kinder sei dem in Beschwerde gezogenen Bescheid überhaupt nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wären sehr wohl andere Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden. Die Verhängung der Schubhaft gegen die Bf sei auf keinen Fall notwendig gewesen und es hätte mit der Aufrechterhaltung des gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden können. Aus den genannten Gründen sei die Festnahme der Bf und ihre Anhaltung rechtswidrig.

 

Eine Begründung, weshalb die Festnahmen der Bf am 7. April und deren Anhaltung am 7. und 8. April 2009 als rechtswidrig angesehen werden, hat der Rechtsvertreter unterlassen. 

 

2.3. Mit Schriftsatz vom 10. April 2009, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 14. April 2009, übermittelte der Rechtsvertreter der Bf eine Mitteilung des Diakonie-Flüchtlingsdienstes, wonach die Bf im Falle der Entlassung aus der Schubhaft von der Diakonie untergebracht und versorgt würden. 

 

2.4. Ergänzend zum Beschwerdeschriftsatz brachte der Rechtsvertreter mit Schreiben vom 15. April 2009 vor, dass sich die Ehefrau bzw. Mutter der Bf auf Grund eines akuten psychischen Zusammenbruchs im Krankenhaus Vöcklabruck in Behandlung befinde. Sie leide unter Anpassungsstörung, depressiver Reaktion und weise ein dissoziatives Zustandsbild auf. Weiters sei sie derzeit nicht kontaktfähig und sei wegen Selbstgefährdung und fehlender Einsichts- und Urteilsfähigkeit in der geschlossenen Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Landeskrankenhauses Vöcklabruck untergebracht. Bedingt durch diesen Zustand sei sie nicht flugfähig und könne daher aus faktischen Gründen nicht abgeschoben werden. Zu Beweiszwecken wurde eine Kopie des vorläufigen Berichtes des LKH Vöcklabruck vom 11. April 2009 vorgelegt.

 

2.5. Nach Übermittlung der Schubhaftbeschwerde durch den Oö. Ver­waltungssenat am 10. April 2009 hat die belangte Behörde per E-Mail ihre Bezug habenden Akten vorgelegt, eine ausführliche Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige "Abweisung der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde" beantragt. In der Gegenschrift ist die belangte Behörde den Beschwerdeausführungen entgegengetreten. Ausführlich wurde der konkrete und umfassende Sicherungsbedarf dargelegt und darauf hingewiesen, dass der Bf R alias N B A alias A der gemeinsamen Unterbringung seiner drei Kinder mit ihm im PAZ Roßauer Lände zugestimmt habe.   

Abschließend wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Schubhaft gegen die Bf am 10. April 2009 aufgehoben und anstelle der Anhaltung in Schubhaft das gelindere Mittel, sich in  B V, G, zur Verfügung der Behörde zu halten und sich täglich bei der Polizeiinspektion B V zu melden, angeordnet worden sei.

 

2.6. Am 27. April 2009 teilte der Rechtsvertreter mit, dass mit dem Beschwerdeschriftsatz vom 9. April 2009 neben den "Schubhaftbeschwerden" auch Maßnahmenbeschwerden (Festnahme am 7. April 2009 und Anhaltung bis zur Schubhaftverhängung am 8. April 2009) eingebracht worden sind und nunmehr jene Beschwerden, die sich auf die Festnahmen am 7. April 2009 auf Grund des Festnahmeauftrages der belangten Behörde und den daran anschließenden Anhaltungen bis zur Schubhaftverhängung am 8. April 2009 beziehen, zurückgezogen werden. Die Beschwerden gegen den Schubhaftbescheid und der Anhaltung auf Grund dieses Bescheides würden vollinhaltlich aufrecht erhalten.  

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

4.1.2. Der Bf wurde am 7. April 2009 in Oberösterreich auf Grund eines Festnahmeauftrages der belangten Behörde nach den Bestimmungen des FPG festgenommen. Seine Beschwerde wegen der Anhaltung in Schubhaft im PAZ Wien Roßauer Lände ist zulässig. 

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG 2005 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.3.1. Wie unbestritten feststeht, wurden die Bf auf Grund des Festnahmeauftrages der belangten Behörde am 7. April 2009 in ihrer Unterkunft in Oberösterreich festgenommen und zum Zwecke der Abschiebung nach Griechenland in das PAZ Wien Roßauer Lände eingeliefert. Nach den entsprechenden amtsärztlichen Untersuchungen sollten die Bf auf dem Flugweg von Wien-Schwechat nach Athen abgeschoben werden. Unter Hinweis auf den Krankenhausaufenthalt der Ehefrau bzw. Mutter der Bf  widersetzten sich die Bf verbal der Abschiebung.

 

Die Bf wurde nach dem gescheiterten Abschiebeversuch über Weisung des Leiters des PAZ Wien Roßauer Lände wiederum in ihre Gemeinschaftszelle eingewiesen und die belangte Behörde von der unterbliebenen Abschiebung verständigt.

 

4.3.2. Auf Grund der unterbliebenen Abschiebung hat die belangte Behörde über die im PAZ Wien Roßauer Lände aufhältigen Bf die Schubhaft verhängt.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Fremden. Allerdings besteht im § 6 Abs. 4 FPG eine besondere Zuständigkeitsregel, die für bestimmte Materien an den Aufenthalt als maßgebliches Zuständigkeitskriterium anknüpft. Danach richtet sich u.A. die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft und zur Abschiebung nach dem Aufenthalt des Fremden.

 

Obwohl sich die Bf im PAZ Wien Roßauer Lände, im Sprengel der Bundespolizeidirektion Wien, die als örtlich zuständige Fremdenbehörde anzusehen ist, aufgehalten haben, hat die belangte Behörde die Spezialbestimmung des § 6 Abs. 4 FPG missachtet und eine "örtliche Zuständigkeit" in Anspruch genommen, die nicht ihr, sondern der Bundespolizeidirektion Wien zugekommen ist. Da bereits eine formale Voraussetzung für die Erlassung des Schubhaftbescheides fehlt, liegt eine Rechtswidrigkeit vor, die von Amts wegen aufzugreifen war (Vgl. bereits VwSen-400998/4/Wei/Se vom 17. April 2009).

  

4.4. Im Ergebnis hatte die Schubhaftbeschwerde – ohne dass auf die weitere Frage des Sicherungsbedarfes eingegangen werden musste – schon aus formellen Gründen Erfolg und waren der Schubhaftbescheid und die Anhaltung der Bf (8. bis 10. April 2009) auf der Grundlage des Bescheides einer unzuständigen Behörde für rechtswidrig zu erklären.    

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren den Bf nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z 1 und 3 AVG iVm. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008) Kosten in beantragten Höhe von insgesamt 3010,40 Euro (darin enthalten 52,80 Euro Eingabe- und 7,20 Euro Beilagengebühr) zuzusprechen. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unter­schrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabe- und Beilagengebühren in Höhe von 60,00 Euro (4 x 13,20 Euro für die Eingabe und 2 x 3,60 für zwei Beilagen) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 


 

Rechtssatz:

 

VwSen-400994/ /SR/Sta vom 28. April 2009-04-23

Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG; § 6 Abs. 4 FPG:

 

Nach § 6 Abs. 1 FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Fremden. Allerdings besteht im § 6 Abs. 4 FPG eine besondere Zuständigkeitsregel, die für bestimmte Materien an den Aufenthalt als maßgebliches Zuständigkeitskriterium anknüpft. Danach richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft nach dem Aufenthalt des Fremden und nicht nach seinem Wohnsitz (vgl. VwSen-400998/4/Wei vom 17.4.2009).

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 24.11.2009, Zl.: 2009/21/0154-6

 

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