Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400999/8/Fi/FS

Linz, 30.04.2009

 

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Be­schwerde des A (alias A) F (alias H alias A), vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft M & S OEG, S, betreffend die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 24. bis zum 30. April 2009 sowie betreffend die Fortsetzung der Schubhaft, zu Recht erkannt:

 

            I.      Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 24. bis zum 30. April 2009 rechtswidrig war, und dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen.

 

        II.      Der Bund hat dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr.  29/2009) iVm den §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Vöcklabruck (in der Folge: die belangte Behörde) vom 26. März 2009, Sich40-1118-2006, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 und Z 3, § 80 Abs. 5 iVm § 57 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer (weiteren) Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) verhängt und nach seiner Festnahme am 26. März 2009 durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Wien vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus:

 

Der Bf, seine Lebensgefährtin sowie seine Tochter hätten nach vorausgehender illegaler Einreise am 22. Jänner 2006 vor dem Bundesasylamt als „H A, geb.     in Galino, StA. v. Armenien“, als „L A, geb.     in Galino, StA. v. Armenien“ und als „B H“, geb.     in G (Russ. Föderation), StA. v. Armenien“ Anträge auf internationalen Schutz in Österreich gestellt. Sie seien bei Einbringung der Asylanträge nicht im Stande gewesen, ein Nationalreisedokument oder ein anderweitiges Dokument, welches einen Rückschluss auf ihre Identität zulassen würde, in Vorlage zu bringen. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren habe der Bf angeführt, dass er – zuletzt von der Russischen Föderation kommend – gemeinsam mit seinen Familienmitgliedern mit Schlepperhilfe, versteckt in einem geschlossenen Kastenwagen, über eine ihm nicht näher bekannte Reiseroute am 22. Jänner 2006 illegal ins Bundesgebiet eingereist sei. Befragt, ob er irgendwo Dokumente besitze, die seine Identität bestätigen könnten, habe er geäußert, dass er eventuell versuchen könne, eine Geburtsurkunde zu besorgen. Einen Reisepass besitze er nicht. Er habe im Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine Verwandten, zu denen er ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung habe. Der am 22. Jänner 2006 eingebrachte Asylantrag des Bf sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. November 2007 gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und gemäß § 8 AsylG 2005 festgestellt worden, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zuerkannt werde; ferner sei er gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen worden. Die von ihm dagegen eingebrachte Beschwerde sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30. Oktober 2008 – rechtskräftig seit 10. November 2008 – in allen Spruchpunkten abgewiesen worden. Die dem Bf im Asylverfahren zuerkannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 sei mit rechtskräftiger negativer Finalisierung des Asyl- und Ausweisungsverfahrens widerrufen worden. Die zu seiner Lebensgefährtin und zu seiner Tochter in Österreich geführten Asylverfahren seien mit Wirkung vom 10. November 2008 rechtskräftig negativ finalisiert und auch seine Familienangehörigen aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Der Bf sei in weiterer Folge im fremdenpolizeilichen Verfahren für den 11. November 2008 vorgeladen worden. Im Zuge der am 11. November 2008 durchgeführten fremdenpolizeilichen Amtshandlung sei der Bf von der Fremdenpolizeibehörde gebeten worden, ein Personaldatenblatt mit persönlichen Angaben zu seiner Identität auszufüllen und dieses zu unterzeichnen. Das ihm vorgelegte und in armenischer Schrift abgefasste Personaldatenblatt sei vom Bf unter Verwendung jener Identität, mit welcher der Bf in Österreich bereits die Gewährung von Asyl beantragt habe, ausgefüllt und unterzeichnet worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 2008 sei zur Sicherung der Abschiebung des Bf im Rahmen eines gelinderen Mittels behördlich angeordnet worden, dass er unter einer näher bezeichneten Adresse in A Unterkunft zu nehmen bzw. sich dort zur Verfügung der Behörde zu halten habe, und dass er sich jeden Montag bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle beginnend mit Montag, den 17. November 2008 zu melden habe. Mit Schriftsatz vom 17. November 2008 sei die belangte Behörde über das Bundesministerium für Inneres an die Botschaft der Republik Armenien – unter Vorlage des vom Bf ausgefüllten und unterzeichneten Personaldatenblattes – mit dem Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates herangetreten. Am 12. Jänner 2009 habe der Bf vor dem Bundesasylamt unter der neuerlichen Verwendung der Personalien „H A, geb.    , StA. V. Armenien“ einen weiteren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes in Österreich eingebracht. Der vom Bf am 12. Jänner 2009 eingebrachte, zweite Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Jänner 2009 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen worden. Die vom Bf gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde sei schließlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27. Februar 2009 in allen Spruchpunkten abgewiesen worden. Die Botschaft der Republik Armenien habe am 27. Jänner 2009 den österreichischen Behörden mitgeteilt, dass die vom Bf behauptete Identität unter den Personalien „H A, geb.    “ in Armenien erfolglos überprüft worden sei. Die belangte Behörde habe daraufhin umfassende Erhebungen zum Bf, seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter in der Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Im Rahmen eines Fingerabdruckvergleiches habe schließlich in Erfahrung gebracht werden können, dass der Bf tatsächlich „F A“ heiße, am 27. März 1970 geboren und Staatsangehöriger von Armenien sei. Weiters sei am 10. August 2005 von der Botschaft der Republik Armenien in Berlin ein Heimreisezertifikat mit der Nr. 049244, gültig bis zum 9. September 2005, ausgestellt worden. Der Bf sei am 31. August 2005 von der Bundesrepublik Deutschland nach Armenien abgeschoben worden. Weiters bestehe gegen den Bf – unter seinen nunmehr feststehenden tatsächlichen Personalien – infolge illegaler Einreise und unbefugten Aufenthaltes ein gültiges, von der Bundesrepublik Deutschland erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Schengen Staaten. Die tatsächliche Identität seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter habe ebenfalls in Erfahrung gebracht werden können. Seine Familienmitglieder seien – ebenso wie der Bf – gegenüber den österreichischen Asyl- und Fremdenpolizeibehörden unter Verschleierung ihrer tatsächlichen Identität mit „Fantasienamen“ und „Fantasiegeburtsdaten“ in Erscheinung getreten. Auch für sie seien Heimreisezertifikate von der Botschaft der Republik Armenien in Berlin ausgestellt worden und die Abschiebung seiner Familienangehörigen von Deutschland nach Armenien sei ebenfalls für den 31. August 2005 terminisiert gewesen. Seine Lebensgefährtin und seine Tochter hätten sich jedoch – ehe diese in weiterer Folge illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist seien – der behördlichen Abschiebung entzogen, indem sie illegalen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland in der Anonymität untergetaucht seien. Ihre nun geplante Abschiebung am Luftweg von Österreich nach Jerewan in Armenien sei von der belangten Behörde für Donnerstag, den 26. März 2009 terminisiert worden. Am 26. März 2009 um 06:00 Uhr sei der Bf im Auftrag der belangten Behörde gemäß  § 74 Abs. 2 Z 3 FPG 2005 von Polizeibeamten zwecks Durchführung der Abschiebung in A festgenommen worden. In weiterer Folge sei der Bf zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung zum Zwecke der Feststellung seiner Flugtauglichkeit in das Polizeiliche Anhaltezentrum Wien überstellt worden. Erst im Zuge seiner fremdenpolizeilichen Festnahme am 26. März 2009 sei dem Bf bewusst geworden, dass seine tatsächliche Identität festgestellt habe werden können, und dass von der Botschaft der Republik Armenien ein Heimreisezertifikat auf seine tatsächlichen Personalien „F A, geb.    “ ausgestellt worden sei. Durch seine Festnahme und den behördlichen Versuch, den Bf am 26. März 2009 zwangsweise außer Landes zu bringen und ihn in seinen Herkunftsstaat Armenien abzuschieben, sei dem Bf weiters ins Bewusstsein gerufen worden, dass sein „Lügengebilde“, welches er sich vom ersten Tag seiner Ankunft in seinem Gastland Österreich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin zurecht gelegt habe, nun vollkommen in sich selbst zusammengebrochen sei. Seine Reaktion darauf sei gewesen, dass der Bf – nach fernmündlicher Rücksprache mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter – im Stande der Festnahme und unmittelbar vor seiner geplanten Außerlandesbringung im Polizeilichen Anhaltezentrum Wien am 26. März 2009 um 13:00 Uhr einen weiteren, dritten Asylantrag in Österreich eingebracht habe. Der Bf habe die österreichischen Asyl-, und Fremdenpolizeibehörden über einen Zeitraum von wohlgemerkt mehr als drei Jahren in Bezug auf seine tatsächlichen Personalien in die Irre geführt. Durch seine Handlungsweise habe er nicht nur die  Existenz eines gültigen Einreise- und Aufenthaltsverbotes im Gebiet der Schengen Staaten – gegen ihn erlassen von der Bundesrepublik Deutschland – mit Erfolg gegenüber den österreichischen Behörden verschleiert, sondern er habe sich im Rahmen seines Asylverfahrens durch die Angabe unrichtiger Personalien auch ein (vorläufiges) Aufenthaltsrecht in seinem Gastland Österreich erschlichen. Führe man sich sein gesamtes Verhalten, das auch auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention sicherlich nicht gerechtfertigt werden könne, vor Augen, so diene dem Bf seiner neuerliche Asylantragsstellung nur mehr einem einzigen Zweck und zwar zur unmittelbaren Vereitelung seiner zwangsweisen Abschiebung in seinen Herkunftsstaat Armenien. Von Fremden, die in Österreich Schutz vor Verfolgung suchen und einen Asylantrag einbringen würden, dürfe sehr wohl erwartet werden, dass sie wahrheitsgemäße Angaben zu ihren Personalien, zu ihrer Fluchtsituation und zu den Aufenthaltsorten nach Verlassen ihres Herkunftslandes machten. Geschehe dies – wie im vorliegenden Fall – nicht, so sei die Bezeichnung „Asylmissbrauch“ jedenfalls gerechtfertigt. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes habe die belangte Behörde bereits am 26. März 2009 – im Zuge seiner fremdenpolizeilichen Festnahme – ein Verfahren zur Erlassung eines achtjährigen Aufenthaltsverbotes gegen den Bf eingeleitet. Darüber hinaus habe der Bf in Österreich mit der Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens wegen des dringenden Tatverdachtes der mehrfachen Übertretung nach § 119 FPG 2005 zu rechnen. Der Bf halte sich gegenwärtig unberechtigt im Bundesgebiet auf, weil er nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sei, gegen ihn ein gültiges Einreise- und Aufenthaltsverbot im Gebiet der Schengen Staaten vorliege und er in den bisher zu seiner Person in Österreich geführten Asylverfahren zweimal rechtskräftig aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden sei. Der Bf habe während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt sei, die Rechtsordnung seines Gastlandes im Bereich des Fremden- und Strafrechtes zu respektieren. Zudem sei er, abgesehen eines gegenwärtig in seinem Besitz stehenden Bargeldbetrages in der Höhe von Euro 40,--, völlig mittellos. Der Bf habe bereits eindrucksvoll dokumentiert, dass er letztendlich bereit sei, bis zum Äußersten zu gehen, um sich einen unrechtmäßigen Verbleib in Österreich zu sichern. Durch sein bisheriges Gesamtverhalten sei die Annahme der belangten Behörde jedenfalls gerechtfertigt, dass er auch weiterhin alles in seiner Macht und in seinen Möglichkeiten Stehende tun werde, um die Gefahr der ihm – nach der Feststellung seiner tatsächlichen Identität – nun akut drohenden Abschiebung in seinen Herkunftsstaat Armenien hintanhalten zu können. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Bf mit enormen Aufwand ein „Lügengebilde“ geschaffen und dieses über die gesamte Dauer seines Aufenthaltes in Österreich auch aufrecht erhalten habe, um sich illegal einen Verbleib im Bundesgebiet zu erschleichen, könne die belangte Behörde zu Recht von der begründeten Annahme ausgegehen, dass sich der Bf dem weiteren Zugriff der Fremdenpolizeibehörde noch vor der Finalisierung seines dritten Asylverfahrens in Österreich entziehen werde, um die ihm ab sofort in eminenter Weise drohende Gefahr einer Außerlandesbringung zu vereiteln. Abgesehen von seinen illegal eingereisten und ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhältigen Familienmitgliedern (Lebensgefährtin, Tochter), die er lückenlos in sein vollkommen scheinendes „Lügengebilde“ miteingebunden habe, habe der Bf keine familiären Bezugspunkte zu Österreich ins Treffen geführt, sodass er im Bundesgebiet auch nicht an eine Örtlichkeit gebunden sei. Der Bf sei – wie er eindrucksvoll unter Beweis gestellt habe – sehr flexibel sowohl in seiner Namensgebung als auch in seiner Lebensgestaltung. Die Anordnung der Schubhaft sei – nach genauester Abwägung im Rahmen einer sehr speziellen Einzelfallprüfung – verhältnismäßig, denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit stehe das – in diesem Fall weitaus überwiegende – Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. In diesem Einzelfall reiche das gegen ihn – aufgrund einer völlig anderen Ausgangslage – angeordnete gelindere Mittel nicht aus, um das Verfahren bzw. die Außerlandesbringung des Bf zu sichern. Mit dieser Maßnahme könne das zugrunde liegende Endziel – nämlich die behördliche Abschiebung des Bf von Österreich in seinen Herkunftsstaat Armenien – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, sei der Eingriff in das Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und von alternativen Anordnung eines gelinderen Mittels Abstand zu nehmen gewesen. Ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf, dem im vorliegenden Fall ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft begegnet werden könne, sei zu bejahen.

2.1. Der Bf erhob am 24. April 2009 durch seinen Rechtsvertreter via Telefax eine Schubhaftbeschwerde, in der er die Feststellung beantragt, dass seine weitere Anhaltung ... in Schubhaft seit dem Tage der Einbringung dieser Beschwerde und in Zukunft rechtswidrig und unzulässig“ sei. Der Bf behauptet, durch den bekämpften Schubhaftbescheid in seinem Recht auf Nichtanhaltung in Schubhaft und in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt zu sein. Zugleich beantragt er die Erstattung der Verfahrenskosten.   

 

Begründend wird in der weitwendigen Schubhaftbeschwerde vom 24. April 2009 im Wesentlichen – soweit dies für die Erledigung der hier zu entscheidenden Rechtssache überhaupt von Bedeutung ist – ausgeführt, dass der Bf und seine Familie krank sowie in Armenien „entwurzelt“ seien und jegliche materielle Lebensgrundlage verloren hätten. Es liege daher im Bereich des Möglichen, dass es dem Bf und seiner Familie gelingen werde, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht als Asylwerber oder gar subsidiären Schutz bzw. Asylrecht zu erlangen. Es sei daher nicht mehr notwendig, die gegenständliche Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung fortzusetzen. Angesichts des drohenden psychischen Zusammenbruches seiner Tochter und der akuten psychischen Krise seiner selbstmordgefährdeten Lebensgefährtin sei es geboten, gelindere Mittel anzuwenden. Es könne nicht angenommen werden, dass der Bf seine Lebensgefährtin und sein Kind im Stich lassen und alleine flüchten werde. Die starke familiäre Bindung biete hinreichend Gewähr dafür, dass der Bf die fremdenpolizeilichen Anweisungen befolgen und sich dem behördlichen Zugriff keinesfalls entziehen werde. Sohin sei die Schubhaft jedoch unverhältnismäßig geworden und diese lasse sich spätestens ab heute durch gelindere Mittel substituieren.

 

2.2. Mit Schriftsatz vom 24. April 2009 übermittelte die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat den dort geführten Verwaltungsakt und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde.

 

Ergänzend führt die belangte Behörde darin u.a. aus, dass hinsichtlich des dritten Asylantrages des Bf laut fernmündlicher Auskunft des Bundesasylamtes vom 24. April 2009 mit der Erlassung einer zurückweisenden Entscheidung nach § 68 AVG in der 18., spätestens jedoch in der 19. KW 2009 zu rechnen sei. Weiters sei die Lebensgefährtin ihrer mit Bescheid vom 27. März 2009 angeordneten Verpflichtung zur Unterkunftnahme an einem näher bezeichneten Ort sowie zur Meldung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienstelle zunächst nicht nachgekommen. Trotz der Einbringung eines dritten Asylantrages sei die Lebensgefährtin des Bf gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter in der Anonymität in Österreich abgetaucht. Damit habe sie einen Zugriff der Asylbehörde auf sie vereitelt und eine rasche Durchführung eines Asylzulassungsverfahrens vorsätzlich verschleppt, ehe sie sich am 2. April 2009 erstmals in ihrer Unterkunft eingefunden habe und ihrer Meldeverpflichtung nachgekommen sei.

 

In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

1. Rechtslage:

 

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 (§ 80 Abs. 5 idF BGBl. I Nr. 4/2008) lauten wie folgt:

Anwendungsbereich

 

         § 1. (1) ...

         (2) Auf Asylwerber (§ 2 Z 14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100) sind die §§ 41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs. 1 nicht anzuwenden. Ein vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen. Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, sind darüber hinaus die §§ 39, 60 und 76 nicht anzuwenden. Die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber ist erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Ein Rückkehrverbot kann gegen einen Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erlassen werden.

        

 

Schubhaft

 

         § 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. 

         (2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

         1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

         2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

         3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

         4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

         (3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

         ...

         (5) Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

         ...

         (7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

                  

Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat

 

§ 82. (1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

         1. wenn er  nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

         2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz

             2005 angehalten wird oder wurde oder

         3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

         ...

Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat

 

         § 83. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

         (2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

         1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus

             der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

         2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortset-

             zung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die   

             Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

         ...

         (4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.“

2. Zuständigkeit 

Der Bf ist Fremder iSd FPG, wurde am 26. März 2009 in Oberösterreich festgenommen und wird seitdem in Wien in Schubhaft angehalten.

Daher ist die örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates nach § 83 Abs. 1 FPG gegeben. Der Oö. Verwaltungssenat ist darüber hinaus gemäß § 83 Abs. 2 erster Satz FPG zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

3. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

 

Nach § 83 Abs. 2 FPG gelten grundsätzlich die für Maßnahmenbeschwerden iSd     § 67a Abs. 1 Z 2 AVG vorgesehenen Verfahrensbestimmungen der §§ 67c bis 67g sowie des § 79 AVG auch im Schubhaftbeschwerdeverfahren.

 

Gemäß dem § 67c Abs. 1 AVG sind Beschwerden innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

 

Nach Ausweis des Verwaltungsaktes übernahm der Bf am 26. März 2009 den Schubhaftbescheid vom selben Tag, sodass dieser damit rechtswirksam zugestellt wurde. Die Inschubhaftnahme des Bf erfolgte ebenfalls am 26. März 2009.

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates ist eine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft grundsätzlich nur für einen zurückliegenden Zeitraum von sechs Wochen ab Einbringung der Beschwerde zulässig (vgl. Oö. Verwaltungssenat 14. November 2007, VwSen-400915/5/Wei/Ps, und Oö. Verwaltungssenat 15. Mai 2008, VwSen-400939/5/SR/Sta, sowie VwGH 3. Mai 1993, 93/18/0018, und VwGH 28. April 1995, 93/18/0453). Die am 24. April 2009 erhobene Beschwerde, die sich auf den Zeitraum 24. April 2009 bis dato bezieht, erweist sich daher jedenfalls im vollen Umfang als rechtzeitig.

4. Aufenthaltsrechtlicher Status des Bf – § 1 Abs. 2 FPG

Nachdem bereits zuvor der erste Antrag des Bf auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen worden war, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Jänner 2009 der zweite Antrag des Bf auf internationalen Schutz vom 12. Jänner 2009 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ausgewiesen.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27. Februar 2009 wurde die gegen diesen zurückweisenden Bescheid vom Bf erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs nach Ausweis des Zustellscheines und des Kurzbriefes der Polizeiinspektion Ampflwang am 4. März 2009 in Rechtskraft.

Am 26. März 2009, dem Tag seiner Inschubhaftnahme, stellte der Bf jedoch einen weiteren, dritten Antrag auf internationalen Schutz, der am 21. April 2009 zugelassen wurde.

Zumindest ab dem Zeitpunkt der Zulassung seines dritten Asylantrages am 21. April 2009 kam dem Bf wieder der Status eines Asylwerbers zu.

5. Stattgabe der Beschwerde (Spruchpunkt I)

 

Vorweg ist zu festzuhalten, dass die belangte Behörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf (Verschleierung seiner Identität, Verletzung seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 AsylG 2005, Täuschung hinsichtlich der Existenz eines gültigen Einreise- und Aufenthaltsverbotes im Gebiet der Schengen Staaten, Erschleichung eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes, Asylantragstellung zur Vereitelung seiner zwangsweisen Abschiebung), zu Recht davon ausgegangen sein dürfte, dass im vorliegenden Fall ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf besteht.

 

Jedoch ist im Folgenden überdies zu prüfen, ob auch ein Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG – im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 24. April 2009 bis dato – erfüllt war bzw. noch immer ist.

 

5.1. Kein Anwendungsfall des § 76 Abs. 6 FPG

 

Obwohl der Bf im Zeitpunkt seiner Inschubhaftnahme am 26. März 2009 kein Asylwerber war und auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, zog die belangte Behörde bei der Verhängung der Schubhaft die Gesetzesbestimmung des § 76 Abs. 2 Z 1 und Z 3 FPG heran, wonach die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen kann, wenn gegen ihn eine durchsetzbare –  wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde   (Z 1) oder gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot  (§ 60) verhängt worden ist (Z 3).

 

Die Gesetzesbestimmung des § 76 Abs. 6 FPG gestattet es der Behörde nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes allerdings nur, eine (rite) auf § 76 Abs. 1 FPG gestützte Schubhaft trotz der – durch die Asylantragseinbringung während der Schubhaft erlangten – Stellung des Schubhäftlings als Asylwerber auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 FPG aufrecht zu erhalten (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, 2008/21/0582, mwN).

 

Da also die belangte Behörde ihre Entscheidung, über den Bf Schubhaft zu verhängen, auf § 76 Abs. 2 FPG nicht jedoch auf Abs. 1 leg. cit. stützte, kann § 76 Abs. 6 FPG hier nicht zum Tragen kommen.

 

5.2. Anhaltung des Bf nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 FPG

 

Der Bf war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum, zumindest nach der Zulassung seines dritten Antrages auf internationalen Schutz am 21. April 2009, Asylwerber. Damit kommt vorliegend nur eine Anhaltung des Bf nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 FPG in Betracht, zumal nach § 1 Abs. 2 FPG auf Asylwerber (§ 2 Z 14 AsylG 2005) u.a. § 76 Abs. 1 FPG nicht anzuwenden ist.

 

Wird allerdings das Asylverfahren – wie hier geschehen – zugelassen, so bedeutet dies nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass sich aus der Sicht der Asylbehörde die Prognose, der Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes werde mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen (Z 4) oder der Antrag sei zur Vermeidung des Vollzugs eines Abschiebetitels nur missbräuchlich gestellt worden (Z 3), nicht (mehr) rechtfertigen lässt. Unabhängig davon, ob davor ein asylrechtliches Ausweisungsverfahren geführt wurde, bewirkt somit die Zulassung des Asylverfahrens, dass in diesem Stadium ein Rückgriff auf die (der Z 2) vorgelagerten Schubhafttatbestände der Z 3 und der Z 4 nicht mehr in Betracht kommt (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 18. Dezember 2008).

 

Auch der Schubhafttatbestand der Z 2 ist vorliegend nicht verwirklicht, zumal gegen den Bf zwar ein Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eingeleitet wurde, dieses jedoch nach § 27 Abs. 4 AsylG 2005 wieder eingestellt wurde (vgl. den Aktenvermerk des Bundesasylamtes vom 21. April 2009).

 

Nachdem die Schubhafttatbestände des § 76 Abs. 2 Z 2 bis 4 nicht erfüllt sind, ist fraglich, ob gegen den Bf iSd § 76 Abs. 2 Z 1 FPG eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde:

 

Insgesamt gehören zwei rechtskräftige, den Bf betreffende Ausweisungen dem Rechtsbestand an, denen es jedoch durch die Zulassung des (dritten) Antrages des Bf auf internationalen Schutz vom 26. März 2009 an der Durchsetzbarkeit mangelt. Schließlich ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, nach § 13 AsylG 2005 bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (§ 62 Abs. 1 FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Für das Ergebnis, dass die beiden Ausweisungsentscheidungen nicht (mehr) durchsetzbar iSd § 76 Abs. 2 Z 1 FPG sind, spricht auch, dass nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden ist, wenn der Antrag auf internationalen Schutz – hier: allenfalls wegen entschiedener Sache – zurückgewiesen wird. Die Gesetzesbestimmung des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, die die Verbindung einer zurückweisenden Entscheidung mit einer neuerlichen Ausweisung anordnet, hätte nämlich dann keinen Sinn, wenn man die Durchsetzbarkeit einer zuvor getroffenen Ausweisungsentscheidung bejahen würde (vgl. dazu auch § 36 Abs. 4 AsylG 2005).

 

Aus dem Gesagten und den angestellten systematischen Überlegungen ergibt sich, dass – ungeachtet der beiden zuvor ergangenen Ausweisungsentscheidungen – keine durchsetzbare Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde und daher auch der Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in diesem Stadium des Asylverfahrens (noch) nicht als verwirklicht angesehen werden kann.

 

Somit erweist sich die Anhaltung des Bf in Schubhaft vom 24. bis zum 30. April 2009 mangels Erfüllung der Schubhafttatbestände des § 76 Abs. 2 FPG – selbst unter der Annahme des Bestehens eines Sicherungsbedarfes – als rechtswidrig und die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft liegen nicht vor.

6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z 3 zweiter Fall AVG entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist.

 

8. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, 2 und 4 AVG iVm § 1 Z 1 sowie § 2 Abs. 2 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 737,60 Euro (Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Bf als obsiegende Partei) zuzusprechen (Spruchpunkt II).

9. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

Rechtssatz:

VwSen-400999/8/Fi/FS vom 30. April 2009

FPG § 76 Abs. 2 Z 1; AsylG 2005 § 10 Abs. 1 Z 1; § 13;

Insgesamt gehören zwei rechtskräftige, den Bf betreffende Ausweisungen dem Rechtsbestand an, denen es jedoch durch die Zulassung des (dritten) Antrages des Bf auf internationalen Schutz vom 26. März 2009 an der Durchsetzbarkeit mangelt. Schließlich ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, nach § 13 AsylG 2005 bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (§ 62 Abs. 1 FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Für das Ergebnis, dass die beiden Ausweisungsentscheidungen nicht (mehr) durchsetzbar iSd § 76 Abs. 2 Z 1 FPG sind, spricht auch, dass nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden ist, wenn der Antrag auf internationalen Schutz – hier: allenfalls wegen entschiedener Sache – zurückgewiesen wird. Die Gesetzesbestimmung des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, die die Verbindung einer zurückweisenden Entscheidung mit einer neuerlichen Ausweisung anordnet, hätte nämlich dann keinen Sinn, wenn man die Durchsetzbarkeit einer zuvor getroffenen Ausweisungsentscheidung bejahen würde (vgl. dazu auch § 36 Abs. 4 AsylG 2005). Aus dem Gesagten und den angestellten systematischen Überlegungen ergibt sich, dass – ungeachtet der beiden zuvor ergangenen Ausweisungsentscheidungen – keine durchsetzbare Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde und daher auch der Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in diesem Stadium des Asylverfahrens (noch) nicht als verwirklicht angesehen werden kann.

 

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