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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100225/2/Fra/Ka

Linz, 16.09.1991

VwSen - 100225/2/Fra/Ka Linz, am 16.September 1991 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Dr. R D,F, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Oktober 1991, Zl.933-10-0700965, betreffend Übertretung der Linzer Parkgebührenverordnung, nach der am 9. September 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Dieser wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafsanktionsnorm auf "§ 6 Abs.1 lit.a O.ö. Parkgebührengesetz, LGBl.Nr.28/1988" präzisiert wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 44a Z.3 und 51 VStG.

II. Die Strafe wird insofern neu bemessen, als die Geldstrafe von 500 S auf 300 S und die Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag auf 8 Stunden herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

III. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 30 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 23. Oktober 1991, Zl.933-10-0700965, über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 der Linzer Parkgebührenverordnung i.d.g.F. gemäß § 6 Abs.1 des OÖ. Parkgebührengesetzes eine Geldstrafe in Höhe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil sie am 25. April 1991 um 11.30 Uhr in Linz, das mehrspurige Kraftfahrzeug, Nissan, weiß, mit dem in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hat und sie damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen ist.

I.2. Ferner wurde sie zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 50 S, d.s. 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.3. In der fristgerecht gegen das oben angeführte Straferkenntnis bringt die Berufungswerberin im wesentlichen folgendes vor: Eine Anonymstrafverfügung sei eine Strafverfügung im Sinne des § 47 VStG. Gemäß § 24 VStG sei auf das Verwaltungsstrafverfahren das Zustellgesetz anzuwenden. Gemäß dem Zustellgesetz könne jedoch eine rechtswirksame Zustellung nur dann erfolgen, wenn der Empfänger ortsanwesend ist. Dies sei bei ihr nicht der Fall gewesen, da sie sich zum damaligen Zeitpunkt auf Urlaub im Ausland befand und sie dies auch dem Postamt Freistadt mitgeteilt habe. Demnach sei der Zustellvorgang der Anonymstrafverfügung rechtswidrig gewesen. Gemäß § 22 AVG sei eine schriftliche Ausfertigung mit Zustellnachweis zuzustellen. Da es sich bei der Anonymstrafverfügung um eine Strafverfügung handle, welche mit Rückscheinausweis zugestellt wird, bedürfe auch die Anonymstrafverfügung dieses Zustellerfordernisses. Da die Anonymstrafverfügung jedoch nicht mit Rückschein zugestellt worden sei, liege diesbezüglich ebenfalls eine Rechtswidrigkeit vor. Aus den genannten Gründen sei das erstbehördlich durchgeführte Verfahren nichtig.

Eine Organstrafverfügung stelle einen Bescheid im Sinne des verfassungsrechtlichen Vollzugssystems dar. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 50 VStG. Wenn also eine Anonymstrafverfügung und eine Strafverfügung erlassen werden, so stelle dies eine doppelte Bestrafung ein und desselben Deliktes dar. Eine Doppelbestrafung sei auch im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen. Weiters müsse in diesem Zusammenhang auf den Umstand verwiesen werden, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz des Verschuldens zum Tragen komme. Wenn man schon von allem Anfang an annimmt, daß man bei einem Betreten eines Amtes niemals die dafür notwendige Zeit kalkulieren könne, so wäre es auf jeden Fall notwendig, daß für die Besucher eigene Parkplätze geschaffen werden. Weiters können Kurzparkzonen gemäß dem Gesetzgeber nur dort zum Tragen kommen, wo sie aus verkehrstechnischen Gründen gebraucht werden. Auch dies sei vor dem Landestheater Linz nicht der Fall, denn Besucher des Landestheaters brauchen, wenn sie eine Vorstellung am Vormittag besuchen wollen, ebenfalls mehr als 2 Stunden. Da sich der Vorfall am 25. April 1991 ereignet hat, die Zustellung des Straferkenntnisses aber erst am 28. Oktober 1991 erfolgt ist, sei die Verwaltungsstraftat bereits verjährt. Die Erstbehörde habe somit den vorliegenden Sachverhalt unrichtig rechtlich beurteilt, weshalb aus den genannten Gründen der Antrag gestellt werde, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben oder dieses aufzuheben und die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Auffassung, daß die "Anonymstrafverfügung" eine Strafverfügung im Sinne des § 47 VStG sei, ist rechtsirrig. Um unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, daß die Anonymverfügung kein Bescheid im rechtlichen Sinne ist, wurde - ebenso im Einleitungssatz des Absatzes 2 ("hat die Behörde durch Verordnung gemäß Absatz 1 eine Geldstrafe im vorhinein festgesetzt, so kann sie von der Ausforschung des unbekannten Täters (§ 34) vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben") bewußt der Begriff vorschreiben und nicht etwa verhängen oder ähnliches gewählt (EB 11). (Siehe Hauer Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens - 4. Auflage 1990, Anmerkung zu 4 zu § 49a VStG.) Ist somit die Anonymverfügung keine Strafverfügung im Sinne des § 47 VStG, so entfällt auch die Verpflichtung zur Zustellung im Sinne des § 22 AVG. Eine allfällige Rechtswidrigkeit der Zustellung der Anonymverfügung kann für den Empfänger schon deshalb keine rechtlich negativen Auswirkungen haben, da für die Behörde keine gesetzliche Verpflichtung besteht, eine Anonymverfügung zu erlassen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Erlassung einer Anonymverfügung. Die Erlassung einer Anonymverfügung und die Erlassung einer Strafverfügung stellt daher keine Doppelbestrafung dar, ebenso die Erlassung einer Organstrafverfügung und bei Nichtbezahlung - die anschließende Erlassung einer Strafverfügung. Wie dem § 50 Abs.6 2. Satz VStG zu entnehmen ist, ist die Organstrafverfügung gegenstandslos, wenn der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme des Beleges verweigert. Damit ist klargestellt, daß eine nachfolgende behördliche Strafverfügung keine doppelte Bestrafung darstellen kann, wenn die vorangegangene Organstrafverfügung nicht bezahlt wurde. Nicht verständlich das Argument der Berufungswerberin, daß die gegenständliche Kurzparkzone vor dem Landestheater Linz aus verkehrstechnischen Gründen nicht geboten sei, da Besucher von Vorstellungen am Landestheater mehr als zwei Stunden benötigen, denn es liegen keine Anhaltspunkte vor, daß dieser Parkraum (ausschließlich) für Besucher des Landestheaters Linz geschaffen wurde oder daß Besucher aufgrund der Vorstellungsdauer von der Benützung dieses Parkraumes ausgeschlossen werden sollen. Im übrigen hat die Berufungswerberin in keiner Weise dargetan, weshalb eine Bezahlung über mehr als eine Stunde durch Automaten nicht möglich sein soll. § 4 OÖ. Parkgebührengesetz ermächtigt die Gemeinden, durch Verordnung des Gemeinderates die Art der Entrichtung der Entrichtung der Parkgebühren und die zu verwendenden Kontrolleinrichtungen hiefür festzulegen. § 5 Abs.2 der Linzer Parkgebührenverordnung bestimmt, daß die Parkgebühr durch den Einwurf von geeigneten Münzen in den Parkscheinautomaten entrichtet wird. Das Höchstausmaß der zu entrichtenden Gebühr ergibt sich aus der insgesamt erlaubten Parkdauer. Aus den genannten Rechtsgrundlagen kann daher eine "Unmöglichkeit" der Bezahlung der Parkgebühr über mehr als eine Stunde nicht abgeleitet werden. Im übrigen ist auch der letzte Einwand der Berufungswerberin, daß bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei, unzutreffend. Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr. Die gegenständliche, der Berufungswerberin zur Last gelegte Übertretung wurde am 25. April 1991 begangen. Die erste taugliche Verfolgungshandlung wurde mit Strafverfügung vom 22. August 1991 gesetzt. Der Einwand der Verfolgungsverjährung ist daher nicht zutreffend.

Das im übrigen von der Berufungswerberin nicht bestrittene objekive Tatverhalten (Abstellen des in Rede stehenden Fahrzeuges zur Tatzeit am Tatort ohne gültigen Parkschein) ist durch das vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren ohne Zweifel als erwiesen anzusehen. Der unabhängige Verwaltungssenat hielt es im gegenständlichen Fall insbesondere auch zur Klärung des objektiven Tatbildes geboten, wenngleich die Berufungswerberin lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht hat, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, denn aus dem von der Erstinstanz vorgelegten Akt war nicht zu entnehmen, daß die Meldungslegerin jemals zeugenschaftlich zum Sachverhalt einvernommen worden wäre. Aus der Zeugenaussage der Meldungslegerin O H ist auch eindeutig zu entnehmen, daß es sich bei dem hier in Rede stehenden Abstellort um eine der StVO 1960 unterliegende Fläche handelt. Die Meldungslegerin stellte zur Einrede, daß sich die gegenständlichen Parkplätze auf Privatgut befänden aus, daß sie auf Straßen ohne öffentlichen Verkehr nicht kontrollieren dürfe. Die besagte Stelle kontrolliere sie bereits seit ca. 19 Jahren.

II. Die verhängte Strafe war neu zu bemessen, da sie nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht. Bei einem gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen bis zu 3.000 S ist einerseits unter Berücksichtigung der Kriterien des § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, daß keine besonders gravierende Schädigung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient bekannt wurde und andererseits ist von keinem erheblichen Verschuldensgrad der Berufungswerberin auszugehen. Die Berufungswerberin weist laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine einschlägigen Vorstrafen auf, was die Erstbehörde zutreffend als strafmildernd berücksichtigt. Es bedarf wohl keiner näheren Erörterung, daß die nunmehr verhängte Strafe selbst unter Zugrundelegung der von der Berufungswerberin in ihrer Stellungnahme vom 13. Oktober 1991 an den Magistrat Linz bekanntgegebenen Einkommensund Vermögensverhältnissen nicht unangemessen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu III. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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