Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251460/43/Lg/Ba

Linz, 24.04.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VII.°Kammer (Vorsitzender: Dr. Reichenberger, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzerin: Mag. Bismaier) nach der am 30. Jänner 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P, Mag. H L, L, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 1. August 2006, Zl. SV96-19-3-2006-BroFr, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.                 Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass die Angaben über die Arbeitszeit und die Entlohnung zu streichen sind. Der Satz betreffend die fehlenden arbeitsmarktrechtlichen Papiere hat wie folgt zu lauten: "Sie haben die gegenständliche Ausländerin entgegen § 3 Abs.1 AuslBG beschäftigt, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde." Als zur Tatzeit geltende Fassung des AuslBG ist BGBl.I 2005/103 zu zitieren.

 

II.             Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 100 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 200 Stunden verhängt, weil er die ukrainische Staatsangehörige V Y am 16.5.2006 in der Bar P, S, W, als Prostituierte beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung wird auf den Strafantrag des Zollamtes L vom 18.5.2006 hingewiesen. Hingewiesen wird ferner darauf, dass der Bw sich zur Aufforderung zur Rechtfertigung nicht geäußert habe.

 

Als erwiesen wird angenommen, dass die gegenständliche Ausländerin im angeführten Zeitraum als Prostituierte ohne arbeitsmarktrechtliche Genehmigung beschäftigt worden sei. Sie habe unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung gestellt bekommen. Die Tätigkeit sei in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt worden. Es sei außerdem die Verwendung von Kondomen vorgeschrieben gewesen. Daher sei ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis anzunehmen.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Der Einschreiter hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

Eingangs ist festzuhalten, dass der Einschreiter bisher niemals die Möglichkeit gehabt hat, sich zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zu äußern. Es wurde daher sein Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt und ist die gegenständliche Entscheidung schon alleine aus diesem Grund rechtswidrig. Selbst wenn an den Einschreiter eine Aufforderung zur Stellungnahme geschickt wurde - ein diesbezüglicher Entwurf lag dem Behördenakt bei - so ist ihm eine solche niemals zugegangen. Auch erhielt er keine Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes.

 

Im Straferkenntnis selbst wird ausgeführt, dass am 17.05.2006 um 00:50 Uhr im Zuge einer Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Bar P, S, W festgestellt worden sei, dass der Einschreiter als Gewerbeinhaber des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Nachtclubs als Arbeitgeber die ukrainische Staatsangehörige V Y am 16.05.2006 als Prostituierte ohne arbeitsmarktrechtliche Genehmigung beschäftigt hat und die Arbeitszeit von 21:00 bis 04:00 Uhr gewesen sei.

 

Nicht nachvollziehbar ist, dass V Y von 21:00 bis 04:00 Uhr gearbeitet haben soll, zumal sie selbst angibt den ersten Tag in diesem Lokal ihre Dienste angeboten zu haben. Ob dies eine vorgeschriebene Arbeitszeit war oder ob es lediglich in der Absicht der oa Person war bis um 4:00 Uhr zu arbeiten hat die Behörde nicht erhoben. Dies wäre aber für eine richte rechtliche Beurteilung notwendig gewesen. Hätte die Behörde festgestellt, dass dies eine fixe vorgeschriebene Arbeitszeit gewesen wäre, so wäre dies ein Indiz für eine arbeitnehmerähnliche Stellung. Hätte die Behörde dies jedoch nicht feststellen können, so wäre dies ein Indiz für die selbständige Tätigkeit oa Person.

 

Darüber hinaus wird im Straferkenntnis ausgeführt, dass V Y als Entlohnung Unterkunft und Verpflegung bekommen würde.

 

Diese Feststellungen sind nicht richtig.

 

Grundsätzlich ist auszuführen, dass o.a. Person ihr Einkommen aus der selbständig ausgeübten Tätigkeit bezieht. Welches Entgelt sie letztendlich von einem Kunden erhält ist dem Einschreiter nicht bekannt, da die Kunden ausschließlich direkt an die jeweilige Prostituierte bezahlen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Aussage des Zeugen D zu verweisen, der diese Angaben bestätigt.

 

Zur Unterkunft, die im Übrigen nicht gewährt wird, hat es die Behörde unterlassen Feststellungen dazu zu treffen, wo sich diese befindet. Hätte sie für diese Feststellung Erhebungen durchgeführt, so hätte sie festgestellt, dass dies so nicht richtig ist. Vielmehr wohnte V Y in einer vom Berufungswerber angemieteten Wohnung als Untermieterin und hätte dafür wöchentlich € 70,00 an Miete bezahlen müssen. Eine Bezahlung erfolgte jedoch nie da es oa Person unterließ ihre selbständige Tätigkeit im Lokal des Berufungswerbers nachzugehen.

 

Am Personalblatt des Zollamt L hat V Y angekreuzt, dass sie Trinken erhalten würde.

 

Dies ist zumindest teilweise unrichtig bzw werden notwendige Feststellungen nicht getroffen, dass daraus Indizien für eine Stellung als Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Stellung abgeleitet werden könnt.

 

Essen gibt es im gegenständlichen Gewerbebetrieb überhaupt nicht. In diesem Zusammenhang wird auch auf die dazu widersprüchlichen Angaben der jeweiligen Personen in den weiteren bei derselben Behörde anhängige Verfahren zu SV9G-14-3-2006-BroFr, SV96-15-3-2006-BroFr, SV96-16-3-2006-BroFr, SV96-17-3-2006-BroFr, SV96-18-3-2006-BroFr und SV96-19-3-2006-BroFr verwiesen.

 

Zu den Getränken ist auszuführen, dass diese von den im Lokal ihrer selbständigen Tätigkeit nachgehenden Damen jederzeit beim Kellner gegen Bezahlung bestellt werden können.

 

Grundsätzlich ist im obigen Zusammenhang anzumerken, dass Feststellungen dazu fehlen ob eine 'Verpflegung' unentgeltlich oder entgeltlich von den Damen konsumiert werden kann. Dies wäre aber für eine richtige rechtliche Beurteilung notwendig.

 

Aus den dargelegten Gründen liegt daher kein Beschäftigungsverhältnis iSd Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht vor. Vielmehr ist es so, dass zwischen V Y und dem Einschreiter weder ein wirtschaftliches, noch ein persönliches oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis besteht. Auch eine vertragliche Beziehung, die als dienstnehmer(ähnliche) Tätigkeit qualifiziert werden könnte, besteht nicht. Darüber hinaus war es so, dass der Berufungswerber von den Prostituierten abhängig war und nicht umgekehrt. Dies zeigte sich zu Beginn des heurigen Jahres, als das orthodoxe Weihnachtsfest gefeiert wurde und die Mädchen alle in Heimat reisten um dieses dort zu feiern. In dieser Zeit musste der Berufungswerber sogar sein Lokal schließen, da eben keine ihrer selbständigen Tätigkeit nachging.

 

V Y wollte lediglich ihre Dienste als selbständige Prostituierte im Gewerbebetrieb des Berufungswerbers aufhältigen Kunden anbieten. Ob sie dies tatsächlich auch gemacht hat bleibt unklar, da weder die erhebenden noch die erkennenden Behörden diesbezüglich Erhebungen getätigt haben noch Feststellungen dazu treffen.

 

Erwähnenswert ist noch, dass oa Person selbst angibt, dass über den 'Lohn' nicht gesprochen wurde. Dies lässt jedoch nur den Schluss zu, dass V Y ihre Dienste noch keinem Besucher des Lokals angeboten hatte, da sie ansonsten bereits die Zimmermiete hätte bezahlen müssen. Die Behörde selbst hat es jedenfalls unterlassen weitere Erhebungen zu tätigen oder Feststellungen zu treffen, obwohl dies eine Essentiale für die rechtliche Beurteilung wäre.

 

Zugestanden wird, dass die oben angeführte Person tatsächlich beabsichtigte ihre Dienste als selbständige Prostituierte anbieten wollte. In diesem Zusammenhang müsste sie auch bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft kranken- bzw. unfallversichert sein. Darüber hinaus müsste von der oben angeführten Person eine Steuerpauschale direkt an das zuständige Finanzamt abgeführt werden und nicht, wie bei einem Dienstgeber, gesetzlich von diesem vorgeschrieben. Darüber hinaus ist die oben angeführte Person auch für die Einhaltung der gesetzlichen Auflagen im Zusammenhang mit der Prostitution und den notwendigen medizinischen Untersuchungen selbst verantwortlich.

 

Wenn die Behörde in ihrer Begründung weiter ausführt, dass die Verwendung von Kondomen vorgeschrieben war, so ist dies nicht richtig und darüber hinaus zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung ob eine Beschäftigung iSd Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorliegt nicht zielführend. Selbst ausgehend davon, dass eine solche 'Anweisung' vorgelegen hätte, ist es für jedermann klar und zweifelsfrei ersichtlich, dass eine solche niemals kontrolliert werden kann, zumal wenn eine Prostituierte ein Zimmer angemietet hat um dort ihre Dienste zu verrichten es nicht möglich ist deren Verwendung zu kontrollieren. Daraus folgt aber, dass eine Weisung die nicht kontrolliert werden kann ins Leere läuft und als nicht existent anzusehen ist. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Mädchen die Kondome selbst gekauft haben und deren Verwendung im eigenen gesundheitlichen Interesse war. Der Berufungswerber selbst hat keine Vor- oder Nachteile wenn Kondome verwendet werden oder nicht.

 

Auch fehlen Feststellungen dazu, ob die oben angeführte Person in einen Betriebsablauf eingegliedert war. Oa Person hat lediglich während der Öffnungszeiten des Lokals die Möglichkeit, sich dort aufzuhallen und Kontakte zu Kunden zu knüpfen. Ihr Einkommen bezieht sie aus der selbständig ausgeführten Prostitution. Um dies in den Geschäftsräumlichkeiten des Einschreiters ausüben zu können, hat oa Person die Möglichkeit dort Zimmer zu Fixpreisen für die halbe bzw. ganze Stunden anzumieten. Darüber hinaus kann der Berufungswerber nicht sagen, welchen Betrag oben angeführte Person tatsächlich ins Verdienen brachte, zumal er lediglich die Zimmer vermietet und Getränke an die dort aufhältigen Mädchen bzw. Kunden verkauft. Die Höhe des von den Mädchen tatsächlich erhaltenen Entgelts richtete sich nach den mit den Kunden selbst getroffenen Vereinbarungen.

 

Darüber hinaus ist es den dort tätigen Mädchen frei gestellt, wann und ob sie erscheinen. Ihre selbständige Tätigkeit können Sie lediglich während der Öffnungszeit des Lokals zwischen 18:00 und 6:00 Uhr früh ausüben. Wie aus den Angaben oa Person zu entnehmen ist, verlässt sich offensichtlich das Lokal nicht erst um 06:00 Uhr früh, sondern bereits um 5:00 Uhr. Die wiederum spricht gegen eine dienstnehmer(ähnliche) Stellung.

 

In diesem Zusammenhang wird auch auf die bei derselben Behörde anhängigen Verfahren zu SV96-14-3-2006-BroFr, SV96-15-3-2006-BroFr, SV96-16-3-2006-BroFr, SV96-17-3-2006-BroFr, SV96-18-3-2006-BroFr und SV96-19-3-2006-BroFr verwiesen.

 

Wie aus diesen Straferkenntnissen bzw. Ermittlungen ersichtlich ist, wird von beinahe allen befragten Personen unterschiedliche Arbeitszeiten und Einkommen angegeben. Dies wiederum lässt nur den Schluss zu, dass diese tatsächlich als selbständig erwerbstätige Personen tätig sind. Interessant ist auch der Vergleich der angegebenen Einkommen und ist selbst aus diesen ersichtlich, dass es sich bei den Angaben der Zeuginnen offensichtlich nur um grobe Schätzungen handelt.

 

Darüber hinaus haben die ermittelnden Beamten im Zuge ihrer Amtshandlung keinen Dolmetsch beigezogen und sind sämtliche einvernommene Personen mit Ausnahme des Kellners der deutschen Sprach nicht oder nur geringfügig mächtig. Es können daher die getroffenen Aussagen nicht verwertet werden zumal sie keine gesicherten Verfahrensergebnisse liefern können die für ein Straferkenntnis notwendig sind.

 

Feststellungen dazu, ob am gegenständlichen Tag oa Person tatsächlich ihre selbständige Tätigkeit ausgeübt hat fehlen ebenfalls. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, dass auf eine dienstnehmer(ähnliche) Stellung geschlossen werden kann. Es ist daher das durchgeführte Ermittlungsverfahren unvollständig geblieben und das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet. Bei einer ordnungsgemäßen Erhebung des Sachverhaltes hätte die Behörde zudem feststellen müssen, dass an diesem Tag in den Räumlichkeiten des Lokals eine Geburtstagsfeier stattgefunden hat und die selbständige Tätigkeit durch keines der Mädchen ausgeübt wurde.

 

Die Behörde geht weiter davon aus, dass oa Person aufgrund der Tätigkeit im angeführten Lokal in eine solche persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit kam, dass sie nicht mehr in der Lage war ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen.

 

Diese Feststellung ist durch kein Verfahrensergebnis gedeckt und beruht auf reinen Mutmaßungen. Zudem hat es die erhebende Behörde unterlassen oa Person zu diesem Thema zu befragen. Hätte die Behörde oa Person dazu befragt, so hätte sie festgestellt, dass diese dieses Lokal lediglich aus dem Grund aufgesucht hat um feststellen zu können ob sie hier mehr Geld ins Verdienen bringen könnte als in dem Lokal, indem sie bisher ihre Dienste angeboten hatte. Es geht daher die Annahme der wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeit ins Leere.

 

Darüber hinaus ist die verhängte Geldstrafe bei weitem zu hoch. Sie entspricht nicht den Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers, der zwischenzeitig seinen Gewerbebetrieb aufgegeben hat und daher kein Einkommen erzielt. Strafmildernden Gründe wie keine einschlägige Vorstrafen oder die fahrlässige Begehung wurden nicht berücksichtigt. Auch ist die verhängte Strafe nicht notwendig um den Berufungswerber von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, da dieser wie bereits ausgeführt den Gewerbebetrieb aufgegeben hat und daher ein gleichartiges Delikt nicht mehr begehen kann. Unberücksichtigt blieb auch, dass das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Beweis:

einzuholendes berufskundliches Gutachten zum Beweis dafür, dass keine Beschäftigung iSd Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt.

Zeugin V Y, Kauffrau, U, S,

Zeugin S R, Kauffrau, R, L,

Zeugin S D, Kauffrau, Z, L,

Zeugin M S, Kauffrau, W, T,

Zeugin J D, Kauffrau, E, L,

Zeugin M D, Kauffrau, Z, L,

Zeugin Z H, Kauffrau, R, L,

 

einzuholende Nachweise über die Kranken- bzw. Unfallversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft der oa Zeuginnen, zum Beweis dafür, dass diese selbständig erwerbstätig sind,

Zeuge G H, Kaufmann, G, L

Zeuge C E D, Kellner, S, L,

PV.

 

Zur Einvernahme der namhaft gemachten Zeuginnen mögen Dolmetscher der russischen und der tschechischen Sprache beigezogen werden.

Es werden daher gestellt nachstehende

 

Anträge:

 

Es wolle der Berufung stattgeben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben werden und die Verwaltungsstrafsache eingestellt werden.

 

In eventu wolle lediglich eine Ermahnung ausgesprochen werden bzw die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen herabgesetzt werden

 

In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen werden.

 

Jedenfalls aber möge gemäß § Sie Abs. 2 VStG eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt werden."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Strafantrag des Zollamtes L vom 18.5.2006 sei am 17.5.2006 um 00.50 Uhr im gegenständlichen Lokal eine Kontrolle durchgeführt worden. Dabei seien sieben Ausländerinnen, darunter die gegenständliche, angetroffen worden. Die Frauen seien als Prostituierte ohne arbeitsmarktrechtliche Genehmigung beschäftigt worden. Vom Chef der Firma sei die Verwendung von Kondomen vorgeschrieben gewesen. Dieses Faktum sei auch durch den Kellner D niederschriftlich bestätigt worden. Weiters bekämen fünf der Damen die Unterkunft vom Bw unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Laut den Angaben auf den Personenblättern würden die Damen sechs Tage pro Woche von 21.00 Uhr bis 4.00 Uhr im Lokal arbeiten. Sie stünden daher in persönlicher Abhängigkeit zum Bw und seien nicht mehr in der Lage ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen.

 

Die Personenblätter sind wie folgt ausgefüllt:

 

Staatsbürgerschaft:

R: Ukraine

Y: Ukraine

D: Ukraine

S: CZ

D: Slowakai

D: Russia

H: Belarus

 

Wohnadresse:

R:  R

Y: R

D: Z

S: Z

D: R

D: Z

H: R

 

Tätigkeit/beschäftigt als:

Alle: Prostituierte

 

Ich arbeite derzeit für Firma:

R: ---

Y: Bar P

D: Bar P

S: Bar P

D: Bar P

D: Bar P

H: Bar P

 

Beschäftigt seit:

R: ---

Y: 16.5.2006

D: 18.1.2006 bis 17.5.2006

S: 16.5.2006

D: 16.5.2006, 7 Monate, November 02.05 –

D:  13 – 04 – 05

H: 23.2.06 bis 16.5.06

 

Lohn:

R: unleserlich

Y - - -

D: 1.200 pro monat

S  – - -

D 1.500 pro 1 monat

D 1.200 – mans

H 1.500 pro Monat

 

Essen/Trinken angekreuzt:

R: ja

Y: ja

D: ja

S: ja

D: ja

D: ja

H: ja

 

Wohnung angekreuzt:

R: ja

Y: ja

D: nein

S: nein

D: ja

D: ja

H: ja

 

Tägliche Arbeitszeit:

R: 21 00 – 04 00

Y: 21.00 bis 04.00

D: 70 Std/pro Wohe

S: 21 00 – 04 00

D: 30 Stund pro Woche

D: 21 00 – 4 30, 4 days – week

H: 21 00 – 4 00, 6 Tag

 

Mein Chef hier heißt:

R: M

Y: M

D: M

S: M

D: G M

D: M

H: M

 

Amtliche Vermerke:

R – - -

Y: L = Künstlername

D: Jeden Tag, wenn ich nach Hause gehe, bekomme ich vom Kellner das Geld, das ich durch Prostitution verdient habe.

S – - -

D: Vom Chef (Kellner) um 5.00 Uhr wird abgerechnet und ausbezahlt (das Geld von der Prostitution) 1 St. kostet € 150,-  - ich bekomme € 70,-, 1/2 St. kostet 110,- - ich bekomme € 50,-. Ich bin schon 1,5 Jahre in Deutsch-lernen.

D – - -

H: 5 Jahre in der Schule "Deutsch" in Belarus gelernt. Der Kellner zahlt um 04.00 das Geld für die Prostitution aus, das ist auf das Monat gerechnet € 1.500.-

 

 

Dem Strafantrag liegt ferner die mit dem Kellner C E D aufgenommene Niederschrift bei. Diese hat folgenden Wortlaut:

 

"F: Wie funktioniert die Abrechnung mit den Damen beim Zimmertrieb?

A: Der Gast zahlt beim Mädchen, diese geben es dann mir und in der Früh wird dann ausbezahlt.

F: Wie hoch ist der Zimmerpreis?

A: 1h € 80 und 1/2h € 60, dann bekommt die Dame die Differenz auf die € 150,- bzw. € 110,-.

F: Müssen die Damen hier auf ihre Weisung oder vom Chef Kondome verwenden?

A: Ja, die Verwendung ist vorgeschrieben.

F: Wer kauft die Kondome ein?

A: Die Mädchen selber.

F: Müssen die Mädchen hier eine Zimmermiete bezahlen, bzw. müssen sie die selbst konsumierten Getränke bezahlen?

(A:) Nein, keine Miete. Sie müssen die selbst getrunkenen Getränke bezahlen.

F: Wer bezahlt die Steuer beim Finanzamt?

A: Kann ich nicht sagen.

F: Wer bringt sie zum Arzt für Untersuchungen?

A: Sie gehen selbst zum Arzt."

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der (nicht mehr einschlägig tätige) Bw dar, es habe nur mündliche Vereinbarungen mit den Mädchen gegeben. Wenn der Bw nicht im Lokal sei und ein Mädchen "auftaucht" (wie im Fall "L") werde er vom Kellner angerufen und der Bw sage diesem: "Ja, setze sie sofort ein, wir haben ja sowieso zu wenig Mädels" (Präsensformulierung im Original).

 

Die Geschäftsbedingungen seien bei allen Mädchen die gleichen gewesen.

 

Es habe keine Anwesenheitspflicht der Mädchen gegeben. Der Bw habe von Tag zu Tag nicht gewusst, wer tatsächlich erscheinen wird. Die Mädchen hätten sich untereinander ausgemacht wer kommt. Es habe Tage gegeben, an denen der Berufungswerber allein mit 2 Mädchen im Lokal gewesen sei. Anlässlich des orthodoxen Weihnachtsfestes sei kein Mädchen erschienen. Dann sei das Lokal geschlossen gewesen. Außerdem seien manche Mädchen auch anderswo der Prostitution nachgegangen.

 

Die Mädchen hätten Zimmermiete zu bezahlen gehabt, und zwar für die halbe Stunde 60 Euro und für die Stunde 80 Euro. Es sei nicht für jedes Mädchen ein eigenes Zimmer vorhanden gewesen.

 

Wie hoch die von den Mädchen vom Gast verlangten Preise gewesen seien, wisse der Bw nicht. Andererseits räumte der Bw ein zu wissen, dass die Mädchen untereinander Minimalpreise vereinbart hätten, und zwar 110 bzw. 150 Euro. In weiterer Folge legte der Bw eine Homepage des Lokals vor, welche sowohl der Anwerbung von Mädchen als auch von Kunden dienen sollte. Darin ist festgehalten:

"Zimmer-Miete (inkl. 20 % MwSt.)

Quicky € 40.-

Halbe Stunde € 45.-

1 Stunde € 70.-

Mädchen-Unterhaltungsentgelt (exl. 20 % MwSt):

Quicky € 40.-

Halbe Stunde ab € 55.-

1 Stunde ab € 80.-

Die Preisgestaltung obliegt der jeweiligen Dame und richtet sich nach Umfang des gewünschten Service. Das Unterhaltungsentgelt ist der betreffenden Dame direkt zu bezahlen. Die Preise verstehen sich als ungefähre Richtpreise."

Diese Homepage sei zur Zeit der öffentlichen mündlichen Verhandlung aktuell, zur Tatzeit sei die Praxis aber nicht anders gewesen. Es habe schon damals eine entsprechende Homepage gegeben, allerdings ohne Quicky. Die Homepage sei vom Bw selbst veranlasst worden.

 

Der Geldfluss sei dergestalt gewesen, dass der Gast den Mädchen das Geld gegeben habe und das Mädchen, wenn sie das Geld nicht selbst aufbewahrt habe, dieses dem Kellner zur Aufbewahrung gegeben habe. Dann sei den Mädchen am Morgen "der aus der Prostitution zustehende Teil" vom Kellner ausgehändigt worden.

 

Eine Getränkeumsatzbeteiligung habe es nicht gegeben. Den Getränkekonsum der Mädchen habe in der Regel der Gast, sonst das Mädchen selbst bezahlt.

 

Unrichtig sei, dass die Ausländerinnen vom Bw einen Monatsbezug erhalten hätten. Die Angabe, dass sich die Ausländerinnen 70 Stunden pro Woche im Lokal aufgehalten hätten, sei unrealistisch.

 

Die Mädchen hätten den Barraum benutzt, in dem sich die Gäste aufgehalten hätten. Ihre persönlichen Gegenstände hätten sie in einer Garderobe aufbewahrt bzw. in einem Nebenraum eines mit einem dem Mädchen bekannten Zahlencode versperrbaren Büroraums.

 

Den Mädchen sei auch eine Küche mit Kühlschrank zur Verfügung gestanden. Die Speisen und Getränke hätten sich die Mädchen selbst besorgt (etwa über den Pizzamann). Die Annahme, dass der Bw den Mädchen Speisen und Getränke gegeben bzw. bezahlt habe, sei "völlig unsinnig".

 

Außerdem seien den Mädchen mehrere Duschen zur Verfügung gestanden. Diese hätten die Gäste ebenfalls benutzen dürfen, wie ja auch das WC.

 

Bezüglich der Kondombenützung habe es keine Weisung gegeben, der Bw habe  den Mädchen aber schon empfohlen, im eigenen Interesse Kondome zu benutzen ("seid nicht deppert"). Die Mädchen hätten die Kondome selbst mitgebracht.

 

Das Pauschale von 250 Euro habe der Bw an das Finanzamt abgeführt.

 

Zur Situation am Kontrolltag sagte der Bw aus, er sei an diesem Tag nicht im Lokal gewesen und wisse vom Vorfall nur vom Bericht des Kellners her. Infolge der Geburtstagsfeier seien zwei bis drei Mädchen anwesend gewesen, die gar nicht gearbeitet hätten. Das Lokal sei aber nicht infolge der Geburtstagsfeier geschlossen gewesen. Die Jubilarin (M D) habe zwar ab und zu "für mich" gearbeitet, jedoch nicht an diesem Tag. Die ihm damals noch nicht bekannte "L" habe bei der Kontrolle "den ersten Tag im Lokal gearbeitet". Der Bw legte Fotos von der Geburtstagsfeier vor, aus denen zu ersehen sei, dass D Straßenkleidung getragen habe, S, H und ("die etwas festere") "L" erkennbar seien, sowie weitere Personen, die an der Geburtstagsfeier teilgenommen hätten, aber nicht zum Kreis der vom Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erfassten Ausländerinnen zählen und auch keine Kunden des Lokals gewesen seien. Auf konkretes Befragen, hinsichtlich welcher Ausländerinnen die Arbeit am Kontrolltag bestritten wird, sagte der Bw ausdrücklich, dass dies nur hinsichtlich D der Fall sei; "bei allen anderen wird die Arbeit an diesem Tag nicht bestritten".

 

Der Bw habe den Mädchen auch entgeltlich (für 10 Euro pro Tag bzw. 70 Euro pro Woche) Wohnungen zur Verfügung gestellt und zwar in Z, R und E und zwar jenen Mädchen, bei denen im Akt diese Adressen als Wohnadressen angegeben sind.

 

Der Zeuge G H sagte aus, er habe den Bw beim Kassieren der Miete und die Mädchen beim Bezahlen des Pauschales für das Finanzamt unterstützt. Durchschnittlich seien 5 bis 6 Mädchen im Lokal gewesen, die Mädchen hätten allerdings gewechselt. Welche Mädchen hier waren, habe sich für den Zeugen aus den Meldezetteln ergeben. Namentlich könne er sich an R, D, S, D und D erinnern. "L" sei nur einen Tag "im Haus" gewesen; es habe aber auch Mädchen gegeben, die zwei oder drei Monate "da" gewesen seien. Der Zeuge habe aber immer darauf geachtet, dass seine Unterstützung nicht die Form von Weisungen angenommen hätten. Es hätten nicht alle Mädchen in den Wohnungen des Bw gewohnt. Manche Mädchen seien auch anderswo der Prostitution nachgegangen.

 

Der Vertreter des Bw warf ein, dass für S eine Adresse angegeben sei, die seines Wissens nach jener des Klub R in T entspreche.

 

Der Zeuge C D sagte aus, er sei damals (wie heute) Kellner im gegenständlichen Lokal (gewesen). Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien 7 Mädchen im Lokal gewesen, weil ein Mädchen Geburtstag gehabt habe. Normalerweise seien 4 bis 5 Mädchen anwesend gewesen, während der Woche weniger. Das bedeute aber nicht, dass die angetroffenen Mädchen nur zum Zweck des Geburtstagsfeierns, sozusagen privat, anwesend gewesen wären. Es sei keine geschlossene Gesellschaft gewesen. Vielmehr seien auch Gäste im Lokal gewesen. Die Gäste hätten natürlich für die konsumierten Getränke bezahlen müssen. Die Geburtstagsfeier (Alkohol usw.) hätten die Mädchen selbst finanziert.  Es sei auch "eine Neue" hier gewesen, sie habe aber, wie der Zeuge "glaube", kein Zimmer benutzt.

 

Die Mädchen seien gekommen und gegangen, wann sie gewollt hätten. Der Zeuge habe nicht gewusst, welche Mädchen jeweils erscheinen werden. Es sei sogar vorgekommen, dass an einem Abend keine Mädchen erschienen seien; dann habe der Zeuge das Lokal zugesperrt.

 

Die Zeitangabe 9.00 bis 4.00 Uhr in den Personenblättern könne sich der Zeuge nur so erklären, dass er selbst um 9.00 Uhr ins Lokal gekommen und die Mädchen für die Heimfahrt gemeinsam Taxis benutzt hätten.

 

Der Zimmerpreis habe für eine halbe Stunde 60 Euro und für 1 Stunde 80 Euro betragen. Bei den von ihm niederschriftlich angegebenen Preisen von 110 bzw. 150 Euro habe es sich um Minimalpreise gehandelt. Wer diese Preise vereinbart habe, wisse der Zeuge nicht. Diese Preise hätten aber für alle Mädchen gegolten, und zwar schon bevor der Bw Betreiber des Lokals gewesen sei. Dass die Mädchen diese Preise unterschritten hätten, könne sich der Zeuge nicht vorstellen, weil dies das Geschäft der anderen Mädchen ruiniert hätte. Im Endeffekt seien die Preise von den Leistungen abhängig gewesen. Wenn die Mädchen "irgend eine andere Leistung" erbracht hätten, habe das "sicher mehr" gekostet. Wenn ihn die Gäste gefragt hätten, welche Leistungen die Mädchen erbringen würden, habe der Zeuge die Gäste gebeten, die Mädchen selbst zu befragen. Er selbst habe "keine guten Tipps geben" können, weil er nicht gewusst habe, "was die einzelnen Mädchen machen".

 

Ob seitens des Bw eine Kondompflicht angeordnet war, wisse der Zeuge nicht. Er schloss aber auf ausdrückliches Befragen nicht aus, anlässlich der Kontrolle die in der Niederschrift festgehaltene Aussage getätigt zu haben.

 

Die Zeugin M S sagte aus, auf das Lokal sei sie über das Internet gekommen. Daraufhin habe sie den Bw ("Chef") kontaktiert und "bei ihm gearbeitet". Sie habe aber auch in anderen Lokalen gearbeitet.

 

Pro Lokal habe sie monatlich 250 Euro für das Finanzamt zahlen müssen.

 

Der Chef habe ihr auch für 300 Euro pro Monat eine Wohnung in der Ziegeleistraße vermietet.

 

Es habe keine Arbeitszeiten gegeben, an die sie gebunden gewesen sei. Sie sei weggegangen wann sie gewollt habe. Andererseits sagte die Zeugin, sie sei um 9.00 Uhr gekommen und um 4.00 Uhr gegangen.

 

Die Zeugin habe keine Prozente von den Getränken bekommen, die die Gäste bzw. sie selbst auf Einladung der Gäste konsumiert hätten.

 

Für die Prostitution habe sie 80 Euro vom Kunden bekommen, 70 Euro habe sie für das Zimmer "an den Chef abgeführt". Die Zeugin habe von den Gästen kassiert und 70 Euro "zur Firma gegeben". Der Kellner habe notiert, wie oft die Zeugin das Zimmer benutzt habe. Der Preis von 150 Euro (einschließlich der genannten Aufteilung) "stand von vornherein fest. Dieser Preis galt eben im Lokal." Extraservice habe es bei der Zeugin nicht gegeben. Sie habe nur normale Dienste gemacht. Sie hätte mehr verlangen können, habe das aber nicht gemacht.

 

Zur Geburtstagsfeier sagte die Zeugin, sie wisse nicht mehr, wer Geburtstag gehabt habe. Sie habe die Anderen "eigentlich gar nicht gut gekannt. Ich wollte meine Ruhe haben."

 

Der Zeuge B (KIAB) sagte aus, er könne bestätigen, dass im gegenständlichen Lokal eine Art Feier im Gange gewesen sei. Mit Ausnahme einer Dame (glaublich das Geburtstagskind) hätten alle Mädchen berufsspezifische Kleidung getragen. Ob ein Mädchen zunächst am Zimmer war, wisse der Zeuge nicht mehr, er könne sich aber erinnern, dass es bei einem Mädchen ziemlich lange gedauert habe, bis sie erschienen ist. Ob das Geburtstagskind am Kontrolltag arbeitete, könne der Zeuge nicht sagen. Die Personenblätter habe die Kollegin G mit den Ausländerinnen aufgenommen. Der Zeuge selbst habe zunächst den Kellner befragt. Er habe mit dem Kellner die Niederschrift aufgenommen und sei dann zur Kollegin G gestoßen. Der Kellner habe die Auskunft über die Höhe der Preise gegeben und der Zeuge habe die Auskunft so niedergeschrieben, wie sie ihm gegeben worden sei. Mit Sicherheit könne der Zeuge sagen, dass er den Kellner gefragt habe, ob Kondome vom Chef zu ihnen vorgeschrieben seien und der Kellner diese Frage ausdrücklich bejaht habe.

 

Die Zeugin G sagte aus, die Kontrolle sei in der Nacht vom 16. auf 17. Mai 2006 von halb zwölf bis halb zwei Uhr erfolgt. Eine der Ausländerinnen habe am 16.5. Geburtstag gehabt, was gefeiert worden sei.

 

Die Mädchen seien leicht bekleidet gewesen. Sie hätten die Personenblätter selbstständig und in Gegenwart der Zeugin ausgefüllt. Dies habe die Zeugin mit jeweils 2 Mädchen in einem Vorraum durchgeführt. Die übrigen Mädchen seien im Lokal geblieben, da dieses besucht gewesen bzw. Gäste zu betreuen gewesen seien.

 

Die Zeugin habe auch mit den Mädchen gesprochen und zwar deutsch und in einem Fall englisch. Gegenstand der Befragung sei das gegenständliche Lokal gewesen, nicht auch weitere Etablissement. 

 

Die Mädchen hätten angegeben für eine halbe Stunde 110 Euro und für 1 Stunde 150 Euro zu kassieren. Sie selbst hätten für eine halbe Stunde 50 Euro und für eine Stunde 70 Euro bekommen. Das Geld hätten sie dem Kellner gegeben; abgerechnet worden sei am Morgen. Es sei richtig, dass die Mädchen den dem Lokal zustehenden Betrag als Zimmermiete bezeichnet hätten. 

 

Die undeutliche Schrift der Ausländerin R sei auf ihren starken Alkoholkonsum zurückzuführen.

 

Die amtlichen Vermerke auf den Personenblättern würden von der Zeugin stammen. Die anderen Eintragungen hätten die Ausländerinnen selbst gemacht, speziell im Hinblick auf die Frage nach Lohn, Essen/Trinken, Wohnung und Arbeitszeit. Auch die verwendete Sprache sei von den Ausländerinnen angekreuzt worden. Bis auf S und D hätten alle Ausländerinnen Deutsch gekonnt. Eine Ausländerin habe angegeben, in der Schule fünf Jahre Deutsch gelernt zu haben. Eine andere Ausländerin habe angegeben, bereits ein Jahr in Österreich gewesen zu sein. Eine Slowakin oder Tschechin sei von einer anderen Slowakin oder Tschechin unterstützt worden. Eine Verständigung sei mit allen Mädchen möglich gewesen. Die Eintragung Essen/Trinken und Wohnung hätten die Mädchen auf die Frage nach Leistungen seitens des Chefs gemacht, jene zur Arbeitszeit auf die Frage, wann die Mädchen kommen und gehen würden bzw. auf die Frage "wie viele Tage pro Woche".

 

Eine Ausländerin habe angegeben, dass sich die Mädchen die Getränke selbst bezahlen hätten müssen.

 

Die Gäste seien nicht befragt worden. Einem betrunkenen Gast sei empfohlen worden, nicht mit dem eigenen Pkw wegzufahren.

 

Eine der Damen sei zu Beginn der Kontrolle gerade auf dem Zimmer gewesen. Es habe sich dabei um jene Dame gehandelt, bei der der Künstlername "L" im Personenblatt vermerkt worden sei (Anmerkung: trifft zu auf Y).

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Zum Sachverhalt:

Entsprechend den Angaben des Bw ist davon auszugehen, dass alle Prostituierten unter den gleichen Geschäftsbedingungen arbeiteten. Weiters ist aus demselben Grund anzunehmen, dass am Kontrolltag alle Ausländerinnen – trotz der Geburtstagsfeier – im Lokal arbeiteten (mit Ausnahme von D).

 

Unstrittig steht fest, dass der Kern der Übereinkunft zwischen dem Bw und den Ausländerinnen darin bestand, dass diese für die Ausübung der Prostitution Zimmer benutzen durften und dafür einen bestimmten fixen Betrag ("Miete") abzuführen hatten. Die Höhe des abzuführenden Betrages hing von der jeweiligen Nutzungsdauer (eine halbe Stunde, eine Stunde) ab. Die Höhe der Einnahmen des Bw aus dem Zimmerbetrieb richtete sich daher nach dem Geschäftsgang der Prostituierten. Weitergehende Einkünfte aus dem Lokalbetrieb erzielten die Damen nicht (etwa im Wege einer Getränkeprovision oder in Form eines fixen Monatslohns oder in Form einer Naturalentlohnung durch Verköstigung; auch insofern ist den Angaben des Bw zu folgen). Hingegen erzielte der Bw zusätzlich Einnahmen aus dem Barbetrieb, dessen Florieren von der Präsenz der Prostituierten abhing. Andererseits steht fest, dass die Prostituierten den Barbetrieb zur Anbahnung der Prostitution benötigten.

 

Die Höhe des Prostitutionsentgelts war grundsätzlich geregelt. Dies geht aus der realistischen Aussage Ss hervor, wonach "der Preis im Lokal eben galt". Ähnlich die Aussage des Kellners, wonach die Preise für alle Mädchen gegolten hätten, und zwar schon vor der Geschäftsübernahme durch den Bw. Gestützt wird dies auch durch die "Richtpreisangaben" in der auch als Werbung und mithin als Kundeninformation dienenden Homepage. S gab zwar an, sie hätte auch höhere Preise verlangen können, sie hätte dies jedoch nicht getan. Im Hinblick auf die Funktion der Homepage als Kundeninformation  ist nicht anzunehmen, dass dort "Phantasiepreise" angegeben wurden. Auch gab der Kellner anlässlich der Kontrolle einheitliche Preise an und geht Ähnliches aus dem Personenblatt von D hervor. Die einheitlichen Preise sind daher als Mindestpreise zu verstehen, wobei sich höhere Preise aus der Art der Leistung ergeben konnten (in diesem Sinne der Kellner und S in der öffentlichen mündlichen Verhandlung; vgl. auch die Information in der Homepage, wonach sich die Preisgestaltung "nach dem Umfang des gewünschten Service" richtet). Die Preise für solche Sonderleistungen wurden individuell zwischen der Prostituierten und dem Kunden vereinbart.

 

Dem Bw ist darin zu folgen, dass der Gast der Prostituierten das Geld gegeben habe und diese den ihr "aus der Prostitution zustehenden Teil" einbehalten hätte bzw. ihr, im Fall der Aufbewahrung durch den Kellner, dieser Teil am Morgen durch den Kellner ausgehändigt worden sei.

 

Eine formelle Bindung der Ausländerinnen an fixe Arbeitszeiten konnte nicht nachgewiesen werden. Andererseits ist im Hinblick auf die Angaben der Ausländerinnen in den Personenblättern zur "täglichen Arbeitszeit" anzunehmen, dass die Ausländerinnen an den Tagen, an denen sie im Lokal arbeiteten, aus wirtschaftlichem Interesse in der Regel mehrere Stunden lang (in den Personenblättern ist zumeist die Rede von einer  Zeit etwa zwischen 9.00 Uhr und 4.00 Uhr) nutzten, um ihre Dienste im Lokal anzubieten, zumal der Aufwand der Anreise zum Lokal für Kurzaufenthalte untunlich gewesen wäre (vgl. auch die Angabe des Kellners über die gemeinsame Anfahrt mit Taxi). Dies schließt nicht aus, dass die Ausländerinnen nicht jede Nacht im Lokal präsent waren (vgl. z.B. die Angabe Ds im Personenblatt – "4 days – week" –  und sie die Zeit der Nichtanwesenheit im Lokal nutzten, um anderweitig der Prostitution nachzugehen (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. die Aussage Ss in der öffentlichen mündlichen Verhandlung). Dies bedeutet aber nicht, dass sich die Anwesenheit der Ausländerinnen im Lokal auf seltene Ausnahmetage beschränkte. Dies würde dem Sinn der Vereinbarung zwischen den Ausländerinnen und dem Bw widersprechen und wäre auch nicht gut in Einklang zu bringen mit der (entgeltlichen) Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit durch den Bw (welche zumindest überwiegend von den Frauen genutzt worden zu sein scheint). (So gab der Bw an, dass jene Ausländerinnen bei ihm gewohnt hätten, bei denen im Akt die erwähnten Adressen als Wohnadressen angegeben seien – nach den Angaben der Ausländerinnen in den Personenblättern trifft dies auf sämtliche Ausländerinnen zu; D gab zwar die Hausnummer 24 – statt 23 – an, war aber dem Zeugen H im Zusammenhang mit der Miete bekannt – ähnliches gilt für S). Es erscheint daher zwar nicht ausgeschlossen, dass nicht an jedem Tag alle Damen im Lokal präsent waren, jedoch ist auch umgekehrt der Bagatellisierungsstrategie des Bw, dass (sozusagen unter Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses) die Anwesenheit der Auslän­derinnen im Lokal geradezu als Sonderfall zu verstehen wäre, nicht zu folgen.

 

Die Bar wurde zu beiderseitigem wirtschaftlichen Vorteil betrieben. Sie wurde von den Mädchen zur Anbahnung der Prostitution genutzt, wie umgekehrt der Barbetrieb wirtschaftlich von der Präsenz der Mädchen abhängig war. Dazu kam, dass den Prostituierten weitere "Infrastruktureinrichtungen" zur Verfügung standen: In diesem Zusammenhang wäre zu nennen die Aufbewahrungsmög­lichkeit für persönliche Gegenstände, die Küche mit Kühlschrank, die Sanitärein­richtungen, die Erledigung von Behördenwegen (Wohnsitzmeldung, Abführung des "Pauschales" an das Finanzamt) und die Werbung (Homepage).

 

Festzuhalten ist, dass die zwischen dem Bw und den Ausländerinnen abgeschlossenen Verträge auf unbestimmte Zeit konzipierte Dauerschuld­verhältnisse darstellen. Die Schuldverhältnisse sind nicht auf einzelne Tage der Anwesenheit der Prostituierten im Lokal oder gar auf einzelne Zimmerbenützungen aufzuspalten. Es ist daher unerheblich, dass die Prostituierten an einzelnen Tagen nicht im Lokal arbeiteten – sei es, weil sie abwesend waren, sei es, dass sie aus besonderem Anlass nicht zum Zweck der Ausübung der Prostitution im Lokal anwesend waren. Andererseits ist bei den Prostituierten, für die im angefochtenen Straferkenntnis der Tattag 16.5.2006 angegeben ist (Y, R, S) die Beschränkung des Tatzeitraums auf diesen Tag durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zu akzeptieren, wenngleich nur für Y (vom Kellner und vom Berufungswerber) behauptet wurde, dass es sich dabei um eine "Neue" gehandelt habe. Auch diesbezüglich ist eine vertragliche Beschränkung ihrer Tätigkeit nur auf diesen Tag nicht behauptet worden, m.a.W. der Charakter des Dauerschuldverhältnisses gegeben. Im Fall D hat dies  zur Konsequenz, dass der Umstand, dass sie am Kontrolltag nicht der Prostitution nachging sondern ihren Geburtstag feierte, nicht dazu führt, dass der Tatzeitraum um diesen Tag zu verkürzen wäre, wurde doch nicht behauptet, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem Bw und der Ausländerin mit dem Vortag beendet werden sollte bzw. sich dieses Verhältnis sich nicht auch auf die Zeit nach dem Kontrolltag erstrecken sollte.

 

Gegenstand des Leistungsaustausches war, zusammengefasst, die Zurverfügungstellung der Infrastruktur des Etablissements durch den Bw in Verbindung mit einer bordelltypischen Aufteilung der aus der Prostitution erzielten Einnahmen.

 

Zur Rechtslage:

Für die Qualifikation solcher Rechtsverhältnisse vor dem Hintergrund des Beschäftigungsbegriffs des AuslBG ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "Rotlichtmilieu" (für Prostitution, Animation und Table-Dance hat der Verwaltungsgerichtshof einheitliche Grundsätze entwickelt) zu beachten; vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.11.2006, Zl. 2005/09/0128, wo es heißt: "Wenn aber ein ausländischer Staatsangehöriger bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Tätigkeit unter anderem auch einer sog. 'Table-Tänzerin' in einem Barbetrieb der Fall ist), dann ist die Behörde – unabhängig von der weiteren Feststellung einer Beteiligung am Umsatz – berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde daher von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch – sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist – im Zweifel aus § 1152 ABGB... Gegen das Bestehen eines Entgeltanspruchs gegenüber (der) ... Dienstgeberin kann weder ins Treffen geführt werden, dass die betreffenden Damen für die Animation keine Provisionen erhalten, noch, dass sie von dem von ihnen kassierten Honorar Anteile abzuführen haben: Durch diese faktisch geübten Praktiken wird auf der einen Seite die Zurechnung der Tätigkeiten zum Betrieb der Beschwerdeführerin geradezu unterstrichen, im Übrigen aber weder ein bestehender Entgeltanspruch in Frage gestellt (vgl. z.B. das Erkenntnis von 29. Mai 2006, Zl. 2004/09/0043), noch vermöchte es etwas am Charakter von Zahlungen als Entgelt zu ändern, wenn dieses – oder wesentliche Teile desselben – faktisch unmittelbar durch Dritte (z.B. unmittelbar durch die konsumierenden Gäste) geleistet würde (zur Dienstgebereigenschaft trotz Verweisung auf eine Entgeltleistung Dritter vgl. z.B. § 35 Abs.1 ASVG; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0086 mwN)." (Zur Anwendung dieser Formel auf Prostitution und Animiertätigkeit vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.1.2009, Zl. 2007/09/0239).

 

Insbesondere kann gegen die Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit aufgrund dieser Formel nicht die Entgeltleistung durch Dritte, das Fehlen eines Provisionsanspruchs für Animation, die Abführung eines Teils des Liebeslohns für die Zimmermiete und die allfällige Tätigkeit der Ausländerin in weiteren Lokalen eingewendet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.10.2006, Zl. 2005/09/0086). Eine Zimmermiete "abhängig vom Geschäftsgang ... deutet ... klar auf eine anteilige Provision am Umsatz" hin (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8.8.2008, Zl. 2008/09/0002); die Provisions­beteiligung an den Einkünften, die die Mädchen aus der Prostitution erzielen, ist sittenwidrig (§ 879 ABGB) – so das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.5.2006, Zl. 2004/09/0043.

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen "formaler" Umstände (in steuer-, sozialversicherungs- und fremdenrechtlicher Hinsicht) der Qualifikation eines (nach den tatsächlichen Umständen der Leistungserbringung zu beurteilenden) Rechtsverhältnisses als arbeitnehmerähnliches Verhältnis nicht entgegensteht.

 

Beurteilung des Sachverhalts im Lichte der Rechtslage:

Gegenständlich wurden die Ausländerinnen unter Umständen angetroffen, die üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, wie dies der Verwaltungs­gerichtshof auch im Hinblick auf die Prostitution in einem Bordellbetrieb ausgesprochen hat (vgl. etwa auch das Erkenntnis vom 21.1.2009, Zl. 2007/09/0368). (Dazu ist, um Missverständnissen vorzubeugen, nicht erforderlich, dass die jeweilige Prostituierte unmittelbar bei der Ausübung der Prostitution selbst angetroffen wurde. Vielmehr genügt es, dass sich die Ausländerin in der Bar aufhält, um die Prostitution anzubahnen.) Atypische Umstände, die einer solchen Deutung entgegenstehen, wurden nicht dargelegt. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass der Umstand, dass die Prostituierten ihren Lohn durch Dritte empfingen, im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser Deutung nicht entgegensteht. Die (nicht einmal an ein bestimmtes Zimmer gebundene, vom Geschäftsgang abhängige) "Miete" entspricht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 2 Abs.4 AuslBG) im Gegenteil der bordelltypischen Aufteilung der Prostitutionseinnahmen (die gegenständliche Konstellation entspricht der im oben stehenden Zitat des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.5.2006, Zl. 2004/09/0043 angesprochenen). Dabei kommt es auf den wirtschaftlichen Effekt, nicht auf die formalen Gepflogenheiten hinsichtlich des Geldflusses an (es ist, mit anderen Worten, gleichgültig, ob zunächst die Prostituierte kassiert und einen Anteil an den Bordellbetreiber abliefert oder zunächst an den Bordellbetreiber bzw. den Kellner bezahlt wird, der in der Folge der Prostituierten den ihr zustehenden Anteil abgibt). Auch die Bezeichnung des Betreiberanteils als "Miete" ist eine für den wahren wirtschaftlichen Gehalt irrelevante Frage der Semantik. Vielmehr deutet diese Form der Einnahmenteilung klar auf die anteilige Provision am Umsatz hin (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8.8.2008, Zl. 2008/09/0002).

 

Wenn der Bw das Fehlen einseitiger Anordnungen in den Vordergrund zu rücken sucht, so ist dem entgegen zu halten, dass die persönliche Abhängigkeit kein essenzielles Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit (um die es hier geht) darstellt. Abgesehen davon liegt es in der Natur eines Bordellbetriebs, dass die Prostituierten, weil auf ihren Erwerb angewiesen, ohne Weisung trachten, Kunden zu akquirieren und dass Details der sexuellen Aktivitäten (Kundenwünsche) nicht regulierungsbedürftig sind, sodass dem Fehlen formeller Weisungen auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedeutung zukommt. Im Übrigen ist die Bagatellisierung der Autorität des Bw, wie es in der öffentlichen mündlichen Verhandlung versucht wurde, in Zweifel zu ziehen, war er doch für die Betriebsorganisation verantwortlich, wurde er doch von den Ausländerinnen als "Chef" bezeichnet und hat er doch den Ausländerinnen mit Nachdruck die Kondomverwendung nahe gelegt, und zwar (nach glaubwürdiger Auskunft des Kellners im Zuge der Kontrolle, deren Tätigung vom Kellner in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt wurde) sogar im Sinne einer Pflicht. Auch die Preisgestaltung war nicht völlig frei, mochte auch der Preis für Sonderwünsche individuell ausgehandelt worden sein.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Ausländerinnen als Prostituierte eines Bordellbetriebs sehr wohl in die Betriebsorganisation eingebunden waren. Dies betrifft eine gewisse Regelmäßigkeit der Tätigkeit, ohne die ein Vertragsverhältnis für den Betreiber wirtschaftlich uninteressant ist. Dass dies gegenständlich konkret auch der Fall war, zeigt sich in der Abführung des "Pauschales" an das Finanzamt und in der Vermietung von Wohnungen an die Ausländerinnen. Auch waren dem die Ausländerinnen betreuenden G H die Namen der meisten Ausländerinnen in Erinnerung, was bei bloß punktueller Anwesenheit der Ausländerinnen unwahrscheinlich wäre. Dagegen ist im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand unerheblich, dass einige Ausländerinnen daneben auch anderweitig die Prostitution ausgeübt haben mögen. Nicht außer Acht zu lassen ist vor allem die Tatsache, dass sich die Ausländerinnen zum Zweck der Ausübung der Prostitution in Österreich aufhielten und daher auf Etablissements, in denen sie ihre Tätigkeit entfalten konnten, angewiesen waren, was das "Kommen und Gehen, wann sie wollten" erst im rechten Licht erscheinen lässt. Überdies waren die Ausländerinnen bei ihrer Tätigkeit i.S.e. äußeren Rahmens an die Öffnungszeit des Lokals gebunden und lag es (sei es aus dem Grund des existentiellen Angewiesenseins, sei es aus dem Grund der speziellen Anreisesituation) nahe, diese Zeit zum Erwerb auch tatsächlich zu nutzen. Nochmals (vgl. auch die oben stehenden Ausführungen zum Charakter der Vereinbarung als Dauerschuldverhältnis) sei festgehalten, dass entscheidend die Natur des Vertrags und nicht akzidentielle Besonderheiten der Situation sind. Es ist daher ohne Bedeutung, ob eine Ausländerin zum Zeitpunkt der Betretung bereits länger unter den gegebenen Bedingungen arbeitete oder zufällig zum Zeitpunkt der Kontrolle die praktische Umsetzung des Vertrags erst am Beginn stand. Auch die allgemeine Klage des Bw über die (wie man sinngemäß sagen könnte:) "Arbeitsmoral" der Ausländerinnen fällt nicht ins Gewicht, wurde doch in keinem Fall das Erreichen der "Schmerzgrenze", gefolgt von der Beendigung des Vertragsverhältnisses, dargetan.

 

Selbstverständlich verfügten die Ausländerinnen über keine eigenen Betriebsstätten sondern waren sie diesbezüglich auf das Etablissement des Bw angewiesen, wo ihnen die erwähnten "Infrastruktureinrichtungen" zur Verfügung standen. Dass die Ausländerinnen ihre Leistungen nicht persönlich zu erbringen gehabt hätten, wurde nicht behauptet. Während ihrer Anwesenheit im Lokal waren die Ausländerinnen gehindert, ihre Arbeitskraft anderweitig einzusetzen.

 

Die Arbeitsleistung der Prostituierten kam dem Bw nicht nur im Wege der Beteiligung am Liebeslohn ("Miete") zugute sondern auch über den Barbetrieb, dessen Florieren von der Präsenz der Damen abhängig war.

 

Zusammenfassend betrachtet ergibt sich, dass die Tätigkeit der Ausländerinnen im gegenständlichen Betrieb sowohl nach den allgemeinen Grundsätzen eines "beweglichen Systems" (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.9.2008, Zl. 2008/09/0187) als auch nach den speziellen Grundsätzen der "Rotlicht-Judikatur" des Verwaltungsgerichtshofes als arbeitnehmerähnlich einzustufen ist.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Hinblick auf die Rechtsunkenntnis des Bw ist von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigung der Ausländerin in Verbindung mit dem Verschuldensgrad des Bw, den finanziellen Verhältnissen des Bw (lt. eigener Angabe in der öffentlichen mündlichen Verhandlung kein Einkommen) und dem Entfall spezialpräventiver Gründe (der Bw ist nicht mehr einschlägig in der Branche tätig) erscheint die Verhängung der Mindestgeldstrafe als ausreichend. Auszugehen ist vom 3. Strafsatz des § 28 Abs.1 AuslBG (2.000 bis 20.000 Euro je illegal beschäftigter Ausländerin). Im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens ist unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist das Verschulden des Bw nicht als geringfügig anzusehen, da es ihm oblegen wäre, sich durch Erkundigung bei der zuständigen Behörde (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.9.2008, Zl. 2008/09/0187) über die Rechtslage ins Bild zu setzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Werner Reichenberger

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.


VwGH vom 10.12.2009, Zl.: 2009/09/0218-0224-6

 

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