Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300874/6/WEI/Se VwSen-300814/9/WEI/Se

Linz, 28.04.2009

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über den Antrag des E K, R, vertreten durch Dr. M L, Rechtsanwalt in N, auf Wiederaufnahme des mit h. Zurückweisungsbeschluss vom 6. Februar 2009, Zl. VwSen-300814/2/WEI/Ga, abgeschlossenen Strafverfahrens aus Anlass der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26. November 2007, Zl. Pol 96-33-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 94/1985 idF LGBl Nr. 127/2002) den Beschluss gefasst:

 

 

I. Die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens wird bewilligt.

 

II. Aus Anlass der Berufung wird festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis mittlerweile von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist. Das Strafverfahren wird daher eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, 66 Abs 4 AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG; § 51 Abs 7 iVm § 45 Abs 1 Z 3 VStG.

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

 

I. Zur Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens

 

1. Mit Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom 6. Februar 2009, Zl. VwSen-300814/2/WEI/Ga, wurde die Berufung des Wiederaufnahmewerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26. November 2007, Zl. Pol 96-33-2007, als verspätet zurückgewiesen. Dabei ging der unabhängige Verwaltungssenat auf Grund der ihm vorliegenden Aktenlage davon aus, dass das angefochtene Straferkenntnis am 28. November 2007 dem Rechtsvertreter zugestellt worden war und die Berufung erst am 13. Dezember 2007 und damit verspätet (letzter Tag für die Postaufgabe war der 12. Dezember 2007) mit eingeschriebenem Brief zur Post gegeben wurde.

 

2. Mit der am 18. Februar eingelangten Eingabe vom 13. Februar 2009 hat der Berufungswerber (im Folgenden nur Bw) durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig einen Wiedereinsetzungsantrag und in eventu einen Wiederaufnahmeantrag beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht und dazu begründend ausgeführt, dass Recherchen zur angeblichen Verspätung ergeben hätten, dass die Berufung bereits am 12. Dezember 2007 per Telefax unter der Faxnummer 0732-7720-263-399 an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden übermittelt worden sei. Ein nicht näher individualisierter Sendebericht vom 12. Dezember 2007 um 15:45 Uhr betreffend ein Fax an die oben genannte Nummer über zwei Seiten wurde zur Bescheinigung angeschlossen. Am nächsten Tag habe man den Berufungsschriftsatz nochmals per Einschreiben an die Erstbehörde übersendet, wo er am 14. Dezember 2007 einlangte.

 

Offenbar sei das rechtzeitige Telefax vom unabhängigen Verwaltungssenat bei der Zurückweisung nicht berücksichtigt worden, weshalb ein Versehen vorliege, das die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertige. Hilfsweise wird auch die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt.

 

3.1. Mit Schreiben vom 20. Februar 2009 hat der Oö. Verwaltungssenat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständigkeitshalber an die Erstbehörde weitergeleitet, weil gemäß § 71 Abs 4 AVG jene Behörde zur Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag berufen ist, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war. Der Oö. Verwaltungssenat hat darauf hingewiesen, dass im vorgelegten Verwaltungsstrafakt eine Telefaxeingabe vom 12. Dezember 2007 nicht vorhanden war und dass die Erstbehörde nunmehr aufzuklären habe, ob dennoch eine Berufung schon mittels Telefaxeingabe eingebracht worden war und diese sich eventuell irrtümlich nicht im Akt befand. Zur Rechtslage führte der Oö. Verwaltungssenat wie folgt aus:

 

Nach der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegt grundsätzlich ein wirksames Anbringen nur vor, wenn es bei der Behörde auch tatsächlich eingegangen ist, wobei die Partei eine Sorgfaltspflicht hinsichtlich der korrekten Absendung und das Risiko für das Einlangen trifft (vgl näher Köhler, Aktuelle Rechtsprechung des VwGH zum Verwaltungsverfahren, ÖJZ 2007, 561 ff, 564 f). Für eine rechtzeitige (fristwahrende) Einbringung ist erforderlich, dass das Anbringen auch tatsächlich innerhalb der Frist einlangte. Der Ausdruck einer Sendezeit des Sendegeräts ist noch keine sichere Möglichkeit der Feststellung des Einlangens der Eingabe bei der Behörde (dazu Köhler, aaO, 567).

 

3.2. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat ihren Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat nach Entscheidung über den weitergeleiteten Wiedereinsetzungsantrag zur Entscheidung über die weiteren Anträge am 6. April 2009 wieder vorgelegt.

 

Mit Bescheid vom 2. April 2009, Zl. Pol 96-33-2007, wies die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels einer versäumten Handlung zurück. Begründend wird dazu ausgeführt, dass eine Durchsicht des Aktes ergeben habe, dass die Berufung rechtzeitig per Telefax am 12. Dezember 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingegangen ist. Die Erstbehörde räumt ein, dass in dem der Berufungsbehörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt die Faxeingabe irrtümlich nicht enthalten gewesen sein dürfte.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat im Wiederaufnahmeverfahren erwogen:

 

Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein (ordentliches) Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

 

1.     der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.     neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten oder

3.     der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

 

Nach § 69 Abs 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der  ist in dem betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.

 

Gemäß § 70 Abs 1 AVG ist in dem die Wiederaufnahme bewilligenden oder verfügenden Bescheid, sofern nicht schon auf Grund der vorliegenden Akten ein neuer Bescheid erlassen werden kann, auszusprechen, inwieweit und in welcher Instanz das Verfahren wieder aufzunehmen ist.

 

Die Wiederaufnahme soll nach der gesetzlichen Konzeption sofort rechtswirksam sein (vgl dazu § 70 Abs 1 AVG). Durch die Bewilligung der Wiederaufnahme tritt der vorangegangene, das Verfahren abgeschlossen habende Bescheid außer Kraft und wird ex tunc durch den neuen Bescheid im wiederaufgenommenen Verfahren ersetzt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 1 a und E 1b zu § 70 AVG).

 

Im vorliegenden Fall kommt der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 2 AVG in Betracht (zum sog. Erneuerungstatbestand mit nova reperta Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 7 zu § 69 AVG), weil sich nachträglich herausstellte, dass ein Beweismittel, nämlich der bei der BH Gmunden rechtzeitig eingelangte Faxberufungsschriftsatz vom 12. Dezember 2007, hervorkam, der im Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ohne Verschulden des Bw nicht geltend gemacht werden konnte. Bei Kenntnis dieser Telefaxeingabe hätte keine Zurückweisung wegen Verspätung ergehen dürfen. Es bedarf daher keiner weiteren Begründung, dass dieses Beweismittel einen im Hauptinhalt anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

 

 

II. Zum wiederaufgenommenen Berufungsverfahren:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 26. November 2007, Zl. Pol 96-33-2007, hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als Halter der auf dem Areal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass diese am 11.1.2007 in R, in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt wurden, dass durch die Tiere dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden, indem zumindest einer der von Ihnen gehaltenen Vögel aus dem teilweise mangelhaft umzäunten Gehege entweichen und bis zur Ortschaft B in der Gemeinde B W-N laufen konnte, wo er in der Zeit von 12.30 Uhr bis 12.40 Uhr mehrmals versuchte die Fahrbahn der Pettenbacherstraße zu überqueren."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung über den Bw eine Geldstrafe von 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 28. November 2007 mit RSa-Brief (übernommen vom Postbevollmächtigten für RSa-Briefe) zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 12. Dezember 2007 rechtzeitig per Telefax eingebrachte Berufung vom 12. Dezember 2007, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. Die Eingabe wurde zusätzlich am 13. Dezember 2007 um 16:10 beim Postamt N rekommandiert aufgegeben.

 

3. Die belangte Behörde hat am 27. Dezember 2007 den Verwaltungsstrafakt ohne weiteren Kommentar zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß dem § 51 Abs 7 VStG idF des Art 2 der Novelle BGBl I Nr 158/1998 (Inkrafttreten am 1.1.1999 nach § 66b Abs 8 VStG) tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft, wenn in einem Verfahren, in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht, seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen sind. Das Verfahren ist einzustellen. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in diese Frist nicht einzurechnen.

 

Seit dem Einlangen der Berufung bei der belangten Behörde am 12. Dezember 2007 sind bis dato schon weit mehr als 15 Monate verstrichen. Da nur dem Bw ein Berufungsrecht zukam und die für das gegenständliche Strafverfahren maßgebliche 15-monatige Entscheidungsfrist am 12. März 2009 endete, ist im wiederaufgenommenen Berufungsverfahren davon auszugehen, dass das angefochtene Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist. Der Oö. Verwaltungssenat hatte nunmehr mit Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen, ohne eine Prüfung in der Sache vorzunehmen. Da eine weitere Verfolgung des beschuldigten Bw ausgeschlossen ist, war das Verfahren gemäß dem § 57 Abs 7 iVm § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

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