Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163814/9/Fra/Ka

Linz, 29.04.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn K A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 30.12.2008, VerkR96-2639-2008, betreffend Übertretung des § 45 Abs.4 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 45 Abs.4 2. Satz KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 110 Euro (EFS 40 Stunden) verhängt, weil er als Verantwortlicher der Firma C GmbH in W – L, S, – diese ist Inhaberin des angeführten Probefahrtkennzeichens W- – dem Lenker R S überlassen, obwohl es sich um keine Probefahrt gehandelt hat, obwohl  Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG 1967 verwendet werden dürfen; es hat sich um keine Probefahrt gehandelt, weil die Überstellung an ein anderes Unternehmen durchgeführt wurde.

Als Tatort wird die Gemeinde Suben, Autobahn Freiland Nr.8 bei km 75.400, Fahrtrichtung Wels, als Tatzeit der 12.6.2008, 10.00 Uhr und das Fahrzeug, Kz.: W-, LKW, Fiat Ducato, weiß, angeführt.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

Laut Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. vom 22.6.2008 lenkte Herr R S einen LKW der Marke Fiat, Type Ducato, mit dem Probefahrtkennzeichen, W. Auf Höhe km 75.400 der A 8, Innkreisautobahn (Grenzübergang Suben am Inn) erfolgte nach der Einreise nach Österreich eine Verkehrskontrolle. Der Lenker gab an, dass er eine KFZ-Überstellung für die Firma K (Arbeitgeber) durchführe. Der LKW werde im Auftrag der Firma C – Regensburg zur Firma P nach W N überstellt. Für diese Überstellungsfahrt verwendete der deutsche Lenker  die Probefahrtkennzeichen der Firma C GmbH 10 W, S.

 

3.2. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 45 Abs.1 KFG 1967 dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch

  1. Fahrten zur Überprüfung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,
  2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,
  3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt und
  4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

 

Gemäß § 45 Abs.4 KFG 1967 ist bei der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs.3) und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Bei der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bw bringt vor, dass die C A GmbH als gewerblicher Autovermieter über einen ständig in Österreich zugelassenen Fuhrpark von rund 1.800 Kraftfahrzeugen verfüge, die bundesweit über 12 firmeneigene Filialen und einige selbständig tätige Agenturpartner an ihre Kunden vermietet werden. Man betreue auch oberitalienische Filialen und stehe und mit dem deutschen Stammhaus, der C GmbH in R in ständiger Rangierung. Für die ständigen zwischen den "C"- Unternehmungen laufenden Rangierungen von nicht mehr oder noch nicht zugelassenen Kraftfahrzeugen wurden der Österreichischen Firma, C Autovermietung GmbH mit der Zulassungsadresse, S, .. W, nach Offenlegung auch dieses Bedarfsgrundes im Jahre 2001 vom Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Wien fünf Stück Probefahrtkennzeichen bewilligt. Im gegenständlichen Fall sei am 12.6.2008 ein Klein-LKW, Fiat Ducato 2,3 L KA/HD, von Herrn R S im dienstlichen Auftrag von der deutschen Zentrale Regensburg in die österreichische Zentrale Wien 3 zur dortigen weiteren "österreichischen" Verwendung überstellt worden. Es habe sich um eine firmeninterne Überstellungsfahrt mit in Österreich zugelassenen "blauen Kennzeichen" von Deutschland nach Österreich gehandelt.

 

Die belangte Behörde verweist in ihrem Straferkenntnis begründend auf die gesetzlichen Bestimmungen und führt weiters aus, dass im Kern Probefahrten nur für Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen verwendet werden dürfen. Unter Hinweis auf Unterlagen des Verkehrsministeriums vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass Fahrten im Rahmen des Geschäftsbetriebes nur von einem Firmenangestellten oder vom Inhaber der Probefahrtbewilligung durchgeführt werden dürfen. So zum Beispiel:

·         von einer Erzeugungsstätte in eine Andere oder in eine Verkaufsstätte,

·         Fahrten zur Beschaffung von Ersatzschlüsseln bei einer Spezialfirma,

·         vom Bahnhof oder Zollfreilager in die Verkaufsstätte, von einer Filiale in eine Andere, von der Verkaufsstätte zum Wohnort des  Käufers,

·         bei Probefahrten im Rahmen des Geschäftsbetriebes könnten auch Fahrzeuge abgeschleppt werden, dh das schleppende Fahrzeug kann mit einem Probefahrtkennzeichen versehen werden, sofern beim Abschleppen die übrigen Vorschriften eingehalten werden,

·         es könnte auch ein anderes Fahrzeug transportiert werden, wenn für das Transportfahrzeug der Charakter der Probefahrt gegeben ist,

·         Dies sei aber insbesondere dann nicht der Fall, wenn lediglich das transportierte Fahrzeug überstellt werden soll. Andere betriebsfremde Personen wären laut Verkehrsministerium von solchen Überstellungsfahrten ausgeschlossen und das Überlassen von Probefahrtkennzeichen an diese Personen unzulässig und strafbar,

·         außer es handelt sich um den Fall der Überlassung des Fahrzeuges an einen Kaufinteressenten.

 

Die belangte Behörde argumentiert weiters, dass im gegenständlichen Fall die Firma K in P beauftragt wurde, das betreffende Fahrzeug von Regensburg unter Verwendung des angeführten Probefahrtkennzeichens (Bewilligungsinhaber: C GmbH, S, 10 W) nach Österreich bis zur Firma P in W N zu überstellen. Somit sei diese "Überstellungsfahrt" (Probefahrt) im Hinblick auf die vorher erwähnten Erläuterungen nicht vom Bewilligungsinhaber durchgeführt worden. Weiters sei seitens des Bw trotz Gelegenheit in keiner Weise dargetan worden, welche Rolle die vom Lenker genannte Firma P in W N spiele. Dorthin habe nach Angaben des Lenkers das Fahrzeug schließlich überstellt werden sollen und nicht in die Zentrale Wien ... Die konkrete Fahrt sei daher nicht "im Rahmen des Geschäftsbetriebes" erfolgt. Vielmehr sei im Einspruch erklärt worden, man habe das Fahrzeug im dienstlichen Auftrag von der deutschen Zentrale in Regensburg in die österr. Zentrale Wien . zur weiteren österr. Verwendung überstellen wollen. Diese Angaben decken sich jedoch  nicht mit der Aussage des Lenkers selbst, der vor der Polizei den ihm erteilten Auftrag zu dieser "Probefahrt" mit dem Ziel der Firma P in W N beschrieben hat. Der Lenker R S war auch kein Angestellter des Bewilligungsinhabers. Die belangte Behörde schlussfolgert somit, dass die gegenständliche Fahrt unter Verwendung der angeführten Probefahrtkennzeichen unzulässig gewesen sei, weil es sich um keine Probefahrt und auch keine Fahrt zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes gehandelt hat.

 

Der Bw bringt in seinem Rechtsmittel vor, dass es sich bei der in der vorliegenden Korrespondenz recht salopp genannten Firma "P W N" tatsächlich um die G P A AG I N S A-23 W,

einen der bundesweit größten Händler für Neu- und Nutzfahrzeuge handelt. Sowohl die deutsche Zentrale in Regensburg als auch die österr. Zentrale in Wien beziehen von der P AG jährlich einige hundert Neutransporter und werden auch hohe Stückzahlen von Gebrauchtfahrzeugen von der C GmbH wieder an die P AG verkauft. Wenn nun im gegenständlichen Fall in Regensburg entschieden wird, dass ein gebrauchter deutscher Transporter zu "P" zu überstellen ist, bedeutet das nichts anderes, als dass dieses Fahrzeug an die P AG verkauft wird. Körperlich wurde der Klein LKW wie auch  alle anderen Verkaufsfahrzeuge selbstverständlich zuerst in die österreichische Zentrale 1030 Wien, S (konkret auf deren Sammelparkplatz A10 W, M) verbracht, hier für den Verkauf aufbereitet ( das heißt Außen- und Innenreinigung, Kurzinspektion etc.) und dann zu P AG nach W N (über die A 23 und A2 rund 18 km entfernt) verfrachtet. Dieser jährlich unzählige Male durchgeführte Standardablauf sei in den bisherigen Korrespondenzen misslicher Weise unerwähnt geblieben.  Es hätte auch wenig Sinn gemacht, wäre Herrn S direkt nach W N gefahren. Er hätte das Fahrzeug dort abgegeben, die Probekennzeichen demontiert, hätte aber keine Möglichkeit gehabt, auf einfachem Wege nach Wien bzw nach P zu kommen.

 

Bei der Berufungsverhandlung am 27. April 2009 führte der Vertreter des Bw ergänzend aus, dass die Firma C GmbH ein gewerblicher Autovermieter ohne Beistellung eines Lenkers ist. Die Buchbinder-Gruppe verfüge in Deutschland über eine Fahrzeugflotte von ca. 10.000 Fahrzeugen und die österreichische Buchbinder-Gruppe verfüge über ca. 3.000 Fahrzeuge. Es handelt sich um zwei getrennte Unternehmungen, zwei GmbH´s. Die eine Zentrale hat den Sitz in R und eine zweite Zentrale hat den Sitz in W. Viele Fahrzeuge werden in Österreich eingekauft und im deutschen Fuhrpark verwendet und umgekehrt ist es genauso, dass Fahrzeuge in Deutschland gekauft werden und in Österreich verwendet werden. Im konkreten Fall war das in Rede stehende Kraftfahrzeug in Deutschland zugelassen gewesen, dort dann  abgemeldet worden und an die P AG, Zentrum N, .. W, verkauft worden. Wenn der Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges gesagt hat, das Fahrzeuge von R an die Firma P zu bringen, dann habe er nur mitbekommen, dass es ein deutsches Verkaufsfahrzeug ist und er bringe das Fahrzeug zu uns nach W.., S.  Der Vertreter des Bw dokumentierte bei der Berufungsverhandlung mit Fotos die hauseigene Waschanlage für PKW´s und LKW´s, weiters die hauseigene Werkstatt und den Zentralparkplatz, wo sämtliche Fahrzeuge, die entweder in den Verkauf gehen oder neu zugelassen werden, für den Raum Ostösterreich zentral gesammelt werden.   Der Lenker bringe das Fahrzeug nach W.. und stelle es auf dem Parkplatz M ab. In weiterer Folge komme das Fahrzeug, nachdem es sich ja um ein Verkaufsfahrzeug handelt, in die Werkstätte S, wird dort  noch mal inspiziert, gereinigt und dann an die Firma P überstellt. Der Lenker komme physisch gar nicht nach W N, sondern nur nach Wien. Üblicherweise werden die Fahrzeuge nicht stückchenweise gefahren, sondern am eigenen Transporter.  Das Unternehmen besitze einige Transporter mit Anhänger in jeder Größe. Manchmal mangle es an Kapazität und es müssen Subunternehmen beauftragt werden. Die Firma K hat den Sitz in P und liege daher strategisch günstig. Manchmal wird auf diese Firma zurückgegriffen.

 

Im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen des Vertreters des Bw kommt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Überzeugung, dass die gegenständliche Fahrt im Rahmen des Geschäftsbetriebes durchgeführt wurde. Es handelte sich sohin um eine Probefahrt und diese wurde im Einklang mit der Bestimmung des § 45 KFG 1967 durchgeführt. Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht an der Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, wie sie in der Schriftenreihe "Die gesetzlichen Bestimmungen über Probefahrten und Überstellungsfahrten mit Kraftfahrzeugen, Band 2, 5. Auflage, Jänner 2007" zum Ausdruck gebracht wurde und die sich die belangte Behörde angeeignet hat. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die darin genannten Beispiele nicht sämtliche Sachverhalte erfassen können. Bei der gegenständlichen Fahrt handelt es sich zweifelsfrei um eine Fahrt im Rahmen des Geschäftsbetriebes. Der Bw hat sohin die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht begangen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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