Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251952/12/BMa/Se

Linz, 29.04.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des D P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. G E, 48 G, C, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 10. Oktober 2008, SV96-53-2008, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2008

 

zu II.: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach §§ 3 Abs.1 iVm 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen hin befugtes Organ der L GmbH, 48 G, A, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von dieser Firma der Ausländer

 

H F, geb.

Staatsbürgerschaft: Aserbaidschan, am 4.3.2008

 

auf der Baustelle in B, Gstraße, als Hilfsarbeiter beschäftigt wurde, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung ausgestellt war, der Ausländer war auch nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines, eine Anzeigebestätigung bzw. eine Bewilligung als Schlüsselkraft oder ein Niederlassungsnachweis oder eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt oder ein Daueraufenthalt EG lagen nicht vor."

 

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Rechtsgrundlage ausgeführt, der Tatbestand sei aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, sowie aufgrund der Angaben von Frau G in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Hinsichtlich des Verschuldens wird ausgeführt, dass dem Bw als Gewerbetreibender die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bekannt sein müssen und er diese entsprechend zu beachten habe.

 

1.3.  Gegen dieses seinem Rechtsvertreter am 14. Oktober 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 28. Oktober 2008 – und damit rechtzeitig – vom Vertreter des Bw zur Post gegebene Berufung, mit der das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach angefochten und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wird.

 

1.4.  Begründend wurde im Wesentlichen die Verletzung von Verfahrensvorschriften und des rechtlichen Gehörs gerügt, weiters wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und unrichtige Beweiswürdigung geltend gemacht. Es wird auch releviert, dass nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtssprechung kurzfristig erbrachte, freiwillige und unentgeltliche Dienste nicht als Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anzusehen seien.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden und am 24. April 2009 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Rechtsvertreter des Bw und ein Vertreter der Legalpartei gekommen sind. Als Zeugen wurden G B und M B einvernommen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach außen hin berufenes Organ der L GmbH mit Sitz in 4... G, A. Am 4. März 2008 wurde im Zuge einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch Organe des Finanzamts Gmunden Vöcklabruck, Abteilung KIAB, gegen 14.10 Uhr auf der Baustelle 4... B, Gstraße, der türkische Staatsangehörige M B bei der Montage von Holzleisten an Betonpfeilern in der Mitte des Lokals angetroffen. Der aserbaidschanische Asylwerber F H wurde dabei beobachtet, als er B bei der Montage die Holzleisten gehalten hat. Der ebenfalls auf der Baustelle anwesende aserbaidschanische Asylwerber E C verrichtete keine Arbeiten. Seine Kleidung war nicht verschmutzt.

M B war bis zum Jahr 2006 der Boxtrainer von F H und hat diesen als guten Sportler sehr geschätzt.

Die Kleidung von H war mit Sägemehlspänen stark verschmutzt, auch im Schulter- und Brustbereich.

 

Bereits anlässlich der Kontrolle hat B angegeben, für P zu arbeiten. Er hat auch die dazu benötigten Maschinen wie eine Kreissäge oder einen Akkuschrauber von diesem bereit gestellt bekommen.

 

Ob H am 4. März 2008 den B telefonisch kontaktiert hat oder umgekehrt, kann nicht festgestellt werden. Nach dem Telefonat zwischen den beiden ist H gemeinsam mit C zur Baustelle gekommen. B hat H 10 Euro zur Besorgung von Essen und Getränken für sich und H gegeben. Dieser ist mit dem Auto des B weggefahren und hat das Essen besorgt.

H hat B beim Schneiden von Latten mit der Kreissäge und bei der Montage von Holzleisten am Betonpfeiler geholfen.

Nicht festgestellt werden kann, dass H für diese Hilfsdienste entlohnt wurde. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass H Arbeiten für P oder für B verrichtet hat, die über einen geringfügigen Freundschaftsdienst gegenüber B hinaus gehen.

Weiters kann nicht festgestellt werden, ob die Arbeiten für P oder für die L GmbH verrichtet wurden.

 

3.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Aussagen der beiden Zeugen anlässlich der mündlichen Verhandlung am 24. April 2008. Die Aussage des B anlässlich der mündlichen Verhandlung am 24. April 2008, H sei in keinem Arbeitsverhältnis zu P oder ihm gestanden, dieser habe kein Entgelt für das kurzfristige – aus Gefälligkeit – Mithelfen beim Zuschneiden von Holzleisten und deren Montage bekommen (Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 24. April 2009), ist vor allem deshalb glaubwürdig, weil ein weiterer aserbaidschanischer Asylwerber, E C, auf der Baustelle anwesend war, der keine Arbeiten verrichtete.

Das Kontrollorgan G B hat angegeben, es sei ein Kommen und Gehen von und zur Baustelle beobachtet worden, als die Baustelle eine Stunde lang observiert worden war (Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 24. April 2009). Dies deckt sich mit den Angaben des B, wonach er H ersucht hatte, Essen zu besorgen und dieser mit dem Auto des B weggefahren war, um dieses zu holen. Daraus ist auch erklärbar, dass sich die Papiere des H im Auto des B befunden haben, obwohl dieser nicht gemeinsam mit B zur Baustelle gekommen war.

Aus dem Strafantrag vom 26. März 2008 ergibt sich auch nur, B habe angegeben, H würde ihm die Holzleisten halten. Dies wurde von B auch bei der heutigen Verhandlung nicht bestritten.

Die Angabe im Strafantrag vom 26. März 2008, wonach P telefonisch angegeben hatte, er wisse, dass B auf der Baustelle arbeite und noch ein "Zweiter" dabei sei, der ihm helfe, konnte anlässlich der mündlichen Verhandlung nicht verifiziert werden, vielmehr hat B zeugenschaftlich angegeben, P habe nicht gewusst, dass H ihm helfen würde.

Obwohl B während seines Krankenstands bei den Arbeiten auf der Baustelle angetroffen wurde, und daraus ersichtlich ist, dass er nicht davor zurück scheut, die österreichische Rechtsordnung zu missachten, ist seine Zeugenaussage nicht in einem Ausmaß unschlüssig, dass ihm unterstellt werden könnte, er würde vor einer Verwaltungsbehörde nicht die Wahrheit aussagen und sich der Gefahr von strafrechtlichen Konsequenzen aussetzen.

Insgesamt war daher im Zweifelsfall davon auszugehen, dass H auf der Baustelle einen bloßen kurzfristigen Freundschaftsdienst für B verrichtet hat, jedoch keine Arbeit gegen Entgelt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht wird erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft

(§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde,

bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

3.4. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurde im Zweifel davon ausgegangen, dass F H keine Arbeiten gegen Entgelt auf der Baustelle in 4... B, Gstraße, verrichtet hat. Überdies war H freundschaftlich dem B verbunden, so hat B den H bis 2006 als Boxtrainer trainiert.

Kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden, fallen als Gefälligkeitsdienste nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG. Zwar ist der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG fließend, bei Würdigung aller Umstände musste aber im Zweifel davon ausgegangen werden, dass ein bloßer Gefälligkeitsdienst des H gegenüber dem B vorlag. Damit ist den Ausführungen der Berufung und des Vertreters des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung zu folgen, wonach keine bewilligungspflichtige Tätigkeit nach AuslBG im konkreten Fall vorgelegen ist. Der Bw hat damit auch nicht das Tatbild der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art.6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum