Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163799/12/Fra/Se VwSen-522175/12/Fra/Se

Linz, 30.04.2009

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. J Fragner über die Berufungen der Frau J B, H, 49 A, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt DDr. K H, S, 52 B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 8. Jänner 2009, VerkR96-7796-2008-Dg, betreffend Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7. Jänner 2009, VerkR21-512-2008/BR, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B und Anordnung weiterer Maßnahmen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. April 2009, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung gegen des Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 8. Jänner 2009, VerkR96-7796-2008-Dg, betreffend Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960, wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

II.     Der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7. Jänner 2009, VerkR21-512-2008/BR, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 4 Monaten, Anordnung einer Nachschulung, Aufforderung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen, Aufforderung zur verkehrspsychologischen Untersuchung, Aufforderung betreffend Ablieferung des über die entzogene Lenkberechtigung augestellten Führerscheines sowie Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

zu II.: § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1 und 3 iVm § 7 Abs.1 Z1 und Abs.3 Z1 FSG; § 67a Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.162 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil sie am 15.7.2008 um ca. 15.00 Uhr den Kleinlastkraftwagen der österreichischen Post AG mit dem polizeilichen Kennzeichen PT, im Gemeindegebiet von Weng i.I. auf der Wernthaler Gemeindestraße vom Haus W bis zur Kreuzung mit der Marchtal Gemeindestraße und dann weiter auf dieser bis zur Einmündung in die Bucher Gemeindestraße und nach Buch bis zum Haus .. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Der Test am geeichten Alkomaten ergab um 20.35 Uhr einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,58 mg/l. Auf den Lenkzeitpunkt zurückgerechnet ergibt dies einen Alkoholgehalt der Atemluft von mindestens 0,85 mg/l.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Bescheid vom 7. Jänner 2009, VerkR21-512-2008/BR,

·         der Bw die Lenkberechtigung der Klasse B für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen,

·         gleichzeitig das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten,

·         angeordnet, dass sich die Bw auf ihre Kosten bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen hat,

·         die Bw aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen. Vor abschließender Erstellung dieses Gutachtens wurde die Bw beauftragt, sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hiezu beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen,

·         weiters die Bw beauftragt, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich bei der Behörde bzw. bei der für sie zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern. Die aufschiebende Wirkung wurde nicht ausgeschlossen.

 

I.3. Dagegen richteten sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachten Berufungen, über die der Oö. Verwaltungssenat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied  (§ 51c erster Satz VStG sowie § 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden hat.

 

In ihrer Berufung gegen das Straferkenntnis bringt die Bw vor, sie habe am 15.7.2008 gegen 15.00 Uhr den Kleinlastkraftwagen der Post nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Die Behörde habe alle Beweise zu ihren Lasten gewürdigt. Die Bestrafung sei im Zweifel zu ihren Lasten und nicht im Zweifel zu ihren Gunsten erfolgt.

 

Begründend bringt die Bw folgendes vor:

 

1.) Zur Aussage J H

 

a)      Der Zeuge J H gab in seiner Vernehmung vom 15.10.2008 an, dass ich am 15.07.2008 gegen 13.30 Uhr zu ihm gekommen sei und er nicht den Eindruck gehabt hätte, dass ich zu diesem Zeitpunkt alkoholisiert gewesen wäre. Der Zeuge gibt weiters an, dass er mir nur ein Bier oder einen Radler zu trinken gegeben hat, maximal ein zweites Getränk, das ich nur halb ausgetrunken hätte. Geht man von der Richtigkeit dieser Zeugenaussage aus, dann wäre ich zum Zeitpunkt 15.00 Uhr sicherlich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gewesen.

 

Wenn es wahr ist, was der Zeuge J H angab, dass er nämlich keinen Schnaps in das Bier geleert hätte, dann wäre ich zum Zeitpunkt 15.00 Uhr mit Sicherheit nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gewesen, ganz gleich, ob ich das Fahrzeug gelenkt habe oder nicht. Die maximale Alkoholmenge wäre nach dieser Aussage sicherlich unter 0,5 Promille gelegen.

 

b) Zur Fahrweise: Der Zeuge gab an, dass ich nicht so gefahren wäre, dass ich „die gesamte Fahrbahn gebraucht" hätte. Er hatte eher den Eindruck, dass mir übel war, aber nicht wegen dem Alkohol. Er sagte wörtlich aus: „Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass sie aufgrund der bei mir konsumierten Alkoholmenge nicht mehr fahrtüchtig gewesen wäre. (...) Mir wäre nie aufgefallen, dass Frau B dem Alkohol zuspricht und habe ich sie auch nie alkoholisiert angetroffen."

Folgt man also dieser Aussage, dann war ich zum Zeitpunkt 15.00 Uhr am 15.07.2008 nicht alkoholisiert. Die Behörde hat aber offenbar diese Angaben nicht gewürdigt. Wenn die Behörde den Aussagen des Zeugen H bezüglich meines Alkoholkonsums Glauben geschenkt hätte, dann konnte ich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (über 0,5 Promille) gewesen sein. Warum die Angaben als nicht richtig eingestuft wurden, ist nicht nachvollziehbar. Es liegt deshalb eine diesbezüglich mangelhafte Begründung vor.

 

c) In der Begründung (S. 4 des Bescheides, oben) wird darauf verwiesen, dass offenbar das Auftreten des Herrn A sehr aufdringlich gewesen ist. Meiner Einschätzung nach wollte mir Herr A „unbedingt etwas anhängen." Ich habe mich nämlich bei der Postdirektion über das Mobbing am Postamt A beschwert. Um mir als „Retourkutsche" etwas anhängen zu können, legte es meines Erachtens der Zeuge A geradezu darauf an, mich bei irgendetwas Verbotenem zu erwischen. Insofern ist auch die Aussage des Zeugen H verständlich, der da sagt: „Am Abend kam Herr A zu mir und befragte mich betreffend des Alkoholkonsums der Frau B. Er war sehr aufdringlich und fühlte mich zu einer Aussage gezwungen, obwohl ich eigentlich keine Angaben machen wollte. Ich sagte ihm, wir hätten ein Seidl Bier getrunken."

 

 

2.) Aussage S R

a)    Dieser gibt in seiner niederschriftlichen Aussage (vom 17.10.2008) an, dass er nur aus der Ferne wahrgenommen haben will, dass ich etwas getorkelt wäre. Dieser Eindruck kann aus der Ferne dann entstehen, wenn der Abstand groß war. Er gab an, dass „die beiden Insassen" ausgestiegen seien. Dies widerspricht sich im Übrigen der Aussage des J H, der angab, er hätte den heraus gefallenen Müll wieder in die Tonne geräumt. Wie weit die Entfernung zwischen Buch 6 und dem Anhalten des Fahrzeuges durch S R gelegen hat, wurde weder festgestellt noch gefragt. Aus einer entsprechenden Entfernung wird es wohl nicht möglich sein, einen „veränderten Gang" feststellen zu können.

b)    Der Zeuge gibt an, dass er auf eine eventuelle Bindehautrötung nicht geachtet hat Er habe nur den „Eindruck" gehabt, ich sei alkoholisiert. Es war ja auch so, dass ich meiner Erinnerung nach, ein Bier und vielleicht noch ein halbes Bier, also insgesamt 0,75 Liter Bier getrunken habe. Ein gewisser Alkoholgeruch wird dadurch wohl entstanden sein, sodass die Aussage des Zeugen R, ich sei etwas alkoholisiert gewesen, ja grundsätzlich richtig ist. R ist aber nicht ein geschultes Organ der Polizei und kann deshalb auch nicht exakt beurteilen, ob eine deutliche Alkoholisierung (eine solche über 0,5 Promille) vorlag oder nicht. R konnte auch keine sprachlichen Veränderungen feststellen (Niederschrift vom 17.10.2008).

Aus der Aussage R ist jedenfalls zusammenfassend nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit abzuleiten, dass eine über 0,5 Promille gelegene Alkoholisierung um 15.00 Uhr am 15.07.2008 vorgelegen ist.

 

c) Dass ich außerhalb dieses Vorfalles nicht dem Alkohol zuspreche, jedenfalls nicht während der Arbeit, konnte auch der Zeuge R bestätigen. Er gab an: „Frau B stellt seit ca. 8 bis 10 Jahren bei uns die Post zu und ich hatte vorher noch nie den Eindruck, dass sie dabei alkoholisiert gewesen wäre."

 

 

3.) Zu den Aussagen der Polizisten B und L (15.10.2008)

a)   Offensichtlich hat Herr A bereits am Nachmittag des 15.07.2008 die Polizei verständigt und diese aufgefordert, zu mir zu kommen. Über diesen Sachverhalt ist in den Protokollen nichts enthalten. Ich habe bereits in meiner Rechtfertigung vom 25.08.2008 darauf verwiesen, dass die Polizei schon gegen 17.00 Uhr bei meinem Haus war. Gegen 17.00 Uhr haben es offenbar die Polizisten nicht für notwendig erachtet, dem Drängen des Herrn A nachzukommen und einen Alkotest vorzunehmen. Über die Verwicklungen des Herrn A haben beide Polizisten nichts ausgesagt, obwohl es allein Herr A war, der die Polizisten zum nochmaligen Erscheinen bei mir im Haus gedrängt hat.

b)   Wenn sich Inspektor B nicht mehr an den Nachtrunk erinnern kann, so ist dies klar. Wenn schon der Vorwurf einer Alkoholisierung im Raum stand (Herr A hat dies ja behauptet), dann wollte ich zunächst nicht zugeben, dass ich nach der ganzen Aufregung (über das Auftreten des Herrn A) mit meinem Bekannten eine Flasche Wein getrunken habe. Dies war mir damals auch peinlich. Insofern ist auch die Aussage des Zeugen Inspektor L zu sehen. Dieser gab nämlich an, dass mein Bekannter D mich aufgefordert hat, den Alkotest zu machen und zuzugeben, dass zu Hause (nach der ganzen Aufregung mit Herrn A) eine Flasche Wein getrunken wurde.

 

c)  Inspektor L gab zu Ende seiner Niederschrift an: „Anschließend begleitete ich sie zur Ausgangstüre der Polizeidienststelle Altheim, worauf sie dann zwischen Tür und Angel zu mir sagte, ich hätte doch sagen sollen, dass ich etwas zu Hause getrunken habe." Dies ist richtigerweise so zu interpretieren, dass ich hätte zugeben sollen, dass ich zu Hause die Flasche Wein getrunken habe. Dies war nur so zu verstehen, dass ich die Wahrheit hätte sagen und nicht die Flasche Wein verschweigen hätte sollen. Es war mir ja dies durchaus peinlich, zuzugeben, dass ich die Flasche Wein mit Herrn D getrunken habe, wo mir doch kurz zuvor Herr A vorgeworfen hat, ich sei alkoholisiert gewesen. Ich wusste ja, dass dieser Vorwurf falsch war.

 

4.) Zur Aussage C D / Nachtrunk (Alkoholkonsum)

a)   Dieser Zeuge ist der einzige, der wirklich Aussagen zum Nachtrunk machen kann, weil er bei meinem Alkoholkonsum am Abend anwesend war. Es hätte deshalb diesen Aussagen zu folgen gewesen.

b)   Ich habe bereits in meiner Stellungnahme vom 11.11.2008 darauf verwiesen, dass die Berechnungen des Sachverständigen von einer unrichtigen Prämisse ausgegangen sind. Der Sachverständige ging von einer Flasche Wein mit einem Gesamtinhalt von einem Liter aus. Tatsächlich handelte es sich um eine 0,7-Liter-Flasche. Dies bedeutet, dass dann, wenn D nur ein Achtel getrunken hat, der Rest rund 0,575 l Wein betrug. Dies würde - den Berechnungen des Amtsarztes folgend - rechnerisch einer Alkoholmenge von rund 50,6 g reinem Alkohol entsprechen bzw. nach der Widmark-Formel einem Blutalkoholgehalt von gerundet 1,3 Promille entsprechen. Zieht man von diesem Wert den stündlichen Abbau von 0,1 Promille ab, würde sich rein rechnerisch gemäß den richtigen Prämissen ein Blutalkoholgehalt bei der Alkomatmessung um 20.35 Uhr von rechnerisch von 1,10 Promille ergeben.

Der gemessene Blutalkoholgehalt lag bei 1,16 Promille. Dies zeigt auf, dass die Angaben des Herrn D und meine Angaben fast exakt mit der objektiven Alkomatmessung übereinstimmen. Insofern zeigt auch dieses einzige objektive Beweismittel auf, dass meine Angaben und die Angaben des Zeugen D richtig sind. Der gemessene Blutalkoholgehalt von 1,16 Promille stimmt fast exakt mit den Angaben zum Nachtrunk überein.

 

c) Würde man umgekehrt annehmen, dass kein Nachtrunk vorlag, würde sich zum Tatzeitpunkt 15.00 Uhr ein Blutalkoholgehalt gemäß dem Aktenvermerk vom 24.10.2008 von rechnerisch 1,718 Promille errechnen. Dies würde schon eine bereits sehr starke Alkoholisierung darstellen, die auch Laien (Zeuge R und Zeuge H) hätte auffallen müssen. Beide geben jedoch übereinstimmend an, dass sie keine Auffälligkeiten in der Sprache und auch bei den Bewegungen feststellen konnten und beide keinesfalls den Eindruck hatten, ich sei nicht mehr fähig gewesen, einen PKW zu lenken. Insofern spricht das einzige objektive Beweismittel (Alkomatmessung) für meine Darstellung, dass ich um 15.00 Uhr nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (über 0,5 Promille) einen PKW gelenkt habe.

 

 

5.) Zusammenfassung

 

Zusammenfassend gibt es sohin unter Berücksichtigung aller Umstände keinen nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Beweis dafür, dass ich tatsächlich am 15.07.2008 um 15.00 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen PKW gelenkt hätte.

a)   Die auf den Lenkzeitpunkt zurückgerechnete BAK von mindestens 1,718 Promille ist nicht nachvollziehbar. Um eine derartige Menge innerhalb von 60 bis 75 Minuten konsumieren zu können, müsste ich schon eine ganz gehörige Menge an hochprozentigen Getränken zu mir genommen haben. Dieser hohen Alkoholaufnahme widerspricht aber die Zeugenaussage H. Dieser gibt dezidiert in seiner Zeugenaussage aus: „Auf die Frage, ob ich ihr Schnaps ins Getränk getan hätte, gebe ich an, dass dies keinesfalls so war." (Zeugenaussage vom 15.10.2008).

b)   H gab umgekehrt an, dass ich zu dem Zeitpunkt, als ich zu ihm gelangte (15.07.2008 gegen 13.30 Uhr), er nicht den Eindruck gehabt hätte, dass ich zu diesem Zeitpunkt alkoholisiert gewesen wäre. Wie ich diese Menge Alkohol zu mir hätte nehmen können, hat die Behörde nicht erörtert und auch keine Feststellungen dazu getroffen. Wenn man aber der Aussage des Zeugen H Glauben schenkt, dann konnte ich während der Zeit, als ich bei ihm war, diese sehr hohe Alkoholmenge gar nicht zu mir nehmen.

c)   Insofern ist es zwar richtig, dass die „mysteriösen Umstände ihrer Alkoholisierung" nicht geklärt werden konnten. Im Umkehrschluss hätte aber die Behörde dann, wenn eine Klärung nicht möglich ist und es keine diesbezüglichen Beweise gibt, im Zweifel feststellen müssen, dass eine derartige Alkoholisierung um 15.00 Uhr des 15.07.2008 nicht feststellbar ist. Hätte die Behörde den Zweifelsgrundsatz angewendet, und auch die Beweise objektiv gewürdigt, dann hätte im Zweifel keine Feststellung getroffen werden dürfen, wonach ich zum angeblichen Tatzeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hätte. Die Behörde hat im Zweifel zu Lasten der Beschuldigten entschieden, was meines Erachtens nicht zulässig ist.

 

Ich habe deshalb auch gegen den Bescheid der BH Braunau am Inn vom 07.01.2009, mit dem mir die Lenkerberechtigung für die Klasse B für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen wurde, Berufung erhoben und den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

 

Es wird sohin abschließend beantragt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid vom 08.01.2009 ersatzlos aufzuheben.

 

Es wird angeregt, die Berufungsverhandlung bezüglich beider Rechtsmittel in einer Sitzung durchzuführen. Ich beantrage weiters, die Berufungsverhandlung am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn durchzuführen.

 

 

In ihrer Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.1.2009, VerkR21-512-2008/BR, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung weiterer Maßnahmen bringt die Bw die selben Argumente wie in der oa. Berufung vor und beantragt ebenfalls diesen Bescheid aufzuheben.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Unstrittig ist, dass bei der Bw bei der Polizeiinspektion A am 15.7.2008 um 20.34 Uhr und um 20.35 Uhr eine Atemluftuntersuchung durchgeführt wurde. Die zweite Messung um 20.35 Uhr erbrachte ein Ergebnis von 0,58 mg/l AAG.

 

Strittig ist die Frage, ob die Bw am 15.7.2008 um ca. 15.00 Uhr im alkoholbeeinträchtigten Zustand das in Rede stehende KFZ gelenkt hat. Diese Frage gilt es zu klären.

 

Die belangte Behörde hat diesbezüglich Herrn J H, W, 4... W i.I. einvernommen. Dieser gab in seiner Einvernahme am 15. Oktober 2008 an, dass die Bw am 15.7.2008 gegen 13.30 Uhr zu ihm gekommen sei und er nicht den Eindruck gehabt hätte, dass sie zu diesem Zeitpunkt alkoholisiert gewesen wäre, ansonsten er ihr kein alkoholisches Getränk gegeben hätte. Er wisse nicht mehr, ob es sich bei dem Getränk um Bier oder Radler gehandelt habe. Das zweite Getränk habe sie nur halb ausgetrunken. Von Schnaps sei nie die Rede gewesen, da er solchen nicht einmal zu Haus habe. Er habe ihr keinesfalls Schnaps in das Bier geleert. Als die Bw von der Toilette zurück kam, habe er bei ihr ein komisches Verhalten bemerkt. Sie habe so gewirkt als wäre ihr übel. Da er nicht wusste, was die Ursache ihres Verhaltens war, habe er ihr angeboten mit ihr mitzufahren und habe sich auf die Ladefläche gesetzt. Sie seien von seinem Anwesen in Wernthal in das ca. 1,8 km entfernte Buch zum Anwesen W gefahren. Er sagte auch wörtlich aus: "Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass sie aufgrund der bei mir konsumierten Alkoholmenge nicht mehr fahrtüchtig gewesen wäre (…). Mir wäre nie aufgefallen, dass Frau B dem Alkohol zuspricht und habe sie auch nie alkoholisiert angetroffen."

 

Der Zeuge H wiederholte bei der Berufungsverhandlung im Wesentlichen seine bereits getätigten Aussagen.

 

Folgt man den Aussagen H und geht man davon aus, dass die Bw, als sie bei diesem Zeugen eingetroffen ist, vorher keinen Alkohol konsumiert hat, kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass sie zum Lenkzeitpunkt (15.00 Uhr) alkoholbeeinträchtigt (über 0,5 Promille BAG) war.

 

Die belangte Behörde hat auch Herrn S R, Buch 7, 4... W i.I. zeugenschaftlich einvernommen. Dieser gab in seiner niederschriftlich festgehaltenen Aussage vom 17. Oktober 2008 an, aus der Ferne wahrgenommen haben zu wollen, dass sie etwas getorkelt wäre. Seine Angaben bei der Polizei, dass die Bw gestürzt sei, sei nicht richtig. Er habe viel mehr den Eindruck gehabt, dass sie einen veränderten Gang hatte. Sprachlich habe er keine Veränderungen feststellen können. Auf eine eventuelle Bindehautrötung habe er nicht geachtet. Die Bw stelle seit ca. 8-10 Jahren bei ihm die Post zu und er hatte vorher noch nie den Eindruck gehabt, dass sie dabei alkoholisiert gewesen wäre.

 

Auch diese Aussage, die Herr R bei der Berufungsverhandlung im Wesentlichen wiederholte, ist sohin nicht geeignet, einen tauglichen Beweis für eine relevante Alkoholbeeinträchtigung der Bw zum Tatzeitpunkt zu liefern.

 

Die belangte Behörde hat weiters die Zeugen GI J B, Polizeiinspektion A, sowie G L, Polizeiinspektion A, zeugenschaftlich einvernommen. Herr GI B sagte in einer niederschriftlichen Einvernahme am 15. Oktober 2008 aus, dass den Alkotest sein Kollege GI L durchgeführt habe. Auf seine Frage bezüglich Angaben zum Sturztrunk und Nachtrunk habe ihm Herr L gesagt, die Bw habe auf Befragung keinen Sturz- und Nachtrunk angegeben. Die Bw stellt hiezu fest, dass, wenn sich Herr GI B nicht mehr an den Nachtrunk erinnern kann, dies klar sei. Wenn schon den Vorwurf einer Alkoholisierung im Raum gestanden sei (dies habe Herr A behauptet), dann habe sie zunächst nicht zugeben wollen, dass sie nach der ganzen Aufregung über das Auftreten des Herrn A mit ihrem Bekannten Herrn D zu Hause Wein getrunken habe. Dies sei ihr damals auch peinlich gewesen.

 

Herr GI L sagte niederschriftlich am 17. Oktober 2008 einvernommen aus, dass Frau B über ausdrückliches Befragen einen Nachtrunk verneint habe. Diese Äußerung habe auch ein Bekannter der Bw, der sich dort aufgehalten hatte, gehört und der Bw zugeredet, sie solle den Alkotest machen und sagen, dass sie zu Hause etwas getrunken habe. Die Bw sei sehr aufgeregt gewesen und habe sich immer wieder über die Vorgansweise des Herrn A beschwert. Nach Beendigung der Amtshandlung habe ihn die Bw gefragt, wie es jetzt weiter gehe. Daraufhin habe er ihr gesagt, dass er eine Anzeige wegen Alkoholisierung an die Behörde erstatten werde. Abschließend habe er sie zur Ausgangstüre der Polizeiinspektion A begleitet, worauf sie dann zwischen Tür und Angel gesagt habe, sie hätte doch sagen sollen, dass sie etwas zu Haus getrunken habe. Die Bw bringt hiezu vor, die letztgenannte Aussage des Herrn GI L sei so zu interpretieren, sie hätte zugeben sollen, dass sie zu Hause die Flasche Wein getrunken habe. Dies sei so zu verstehen, dass sie die Wahrheit hätte sagen und nicht die Flasche Wein verschweigen hätte sollen. Es sei ihr durchaus peinlich gewesen, zuzugeben, dass sie die Flasche Wein mit Herrn D getrunken habe, wo ihr kurz zuvor von Herrn A vorgeworfen wurde, sie sei alkoholisiert gewesen. Sie habe ja gewusst, dass dieser Vorwurf falsch war.

 

Der Oö. Verwaltungssenat stellt hiezu fest, dass die Verneinung eines Nachtrunkes seitens der Bw ein erhebliches Indiz, jedoch noch keinen Beweis dafür darstellt, dass sie zum Lenkzeitpunkt alkoholbeeinträchtigt war. Die Verneinung bzw. Nichtbekanntgabe eines Nachtrunkes ist nämlich im Zusammenhang mit den anderen genannten Beweismittel zu würdigen.

 

Herr C D, G, 40 L, gab zeugenschaftlich am 17. Oktober 2008 durch die belangte Behörde einvernommen an, im Jahr ca. 20 bis 30 Mal bei der Bw auf Besuch zu sein. Es sei ihm bekannt, dass sie sich nach der Arbeit meist kurze Zeit ausruhe. So sei es auch am 15.7.2008 gewesen. Als der Sohn der Bw nach Hause kam, habe er offenbar die Haustüre offen stehen gelassen. Er glaube gegen 17.30 Uhr sei Herr A erschienen. Dieser habe nicht an der Haustüre geläutet, sondern sei direkt ins Wohnzimmer gekommen. Er habe Herrn A als erster gesehen und habe gedacht, es sei ein Vertreter und habe ihn wieder wegschicken wollen. Dieser wies sich dann als Bediensteter der Post aus. Er habe zur Bw gesagt, sie sei wiederum in den Dienst gestellt und müsse sofort mit ihm mitkommen. Sie habe dies mit dem Argument verneint, ihre Dienstzeit habe um 14.30 Uhr geendet. Die Beiden haben eine Zeit hin und her debattiert und er habe dann Herrn A wieder weg geschickt. Vermutlich habe Herr A die Polizei gerufen, weil kurze Zeit später zwei Polizisten erschienen sind. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass die Bw alkoholisiert sei. Sie habe auf ihn erschöpft gewirkt, da ihr vermutlich ihr neues Hüftgelenk noch Schwierigkeiten bereitete. Sie habe schon erwähnt, dass sie bei Herrn H ein Bier getrunken hätte. Sie haben sich furchtbar über das Auftreten des Herrn A geärgert. Ihm sei bekannt gewesen, dass es in der Arbeit Probleme gebe. Seines Wissens sei auch ein Verfahren wegen Mobbing gelaufen. Er habe eine Flasche Wein aufgemacht, die er mitgebracht hatte und überredete die Bw, mit ihm etwas zu trinken. Der Flascheninhalt war jedenfalls 0,7 Liter. Es handelt sich um einen Wein, den er aus dem Ausland mitgenommen habe. Es sei noch eine Freundin gekommen und sie haben Kaffee getrunken. Er habe vom Wein nur ein Achtel getrunken. Bei der Berufungsverhandlung wiederholte Herr D im Wesentlichen diese Aussagen. Die Bw bringt unter Bezugnahme auf die Aussagen des Herrn D und des eingeholten Sachverständigengutachtens vor, dass, wenn Herr D nur ein Achtel getrunken habe, der Rest ca. 0,575 Liter Wein betragen habe. Dies würde – den Berechnungen des Amtsarzt folgend – rechnerisch eine Alkoholmenge von rund 50,6 g reinem Alkohol bzw. nach der Widmarkformel einem Blutalkoholgehalt von gerundet 1,3 Promille entsprechen. Ziehe man von diesem Wert den stündlichen Abbau von 0,1 Promille ab, würde sich rein rechnerisch gemäß den richtigen Prämissen ein Blutalkoholgehalt bei der Alkomatmessung um 20.35 Uhr von rechnerisch 1,10 Promille ergeben. Der gemessene Alkoholgehalt lag bei 1,16 Promille. Dies zeige auf, dass die Angaben des Herrn D und ihre Angaben fast exakt mit der objektiven Alkomatmessung überein stimmen. Insofern zeige auch dieses einzig objektive Beweismittel auf, dass ihre Angaben und die Angaben des Zeugen D richtig seien. Würde man umgekehrt annehmen, dass kein Nachtrunk vorgelegen sei, würde sich zum Tatzeitpunkt um 15.00 Uhr ein Blutalkoholgehalt von rechnerisch 1,718 Promille errechnen. Dies würde schon eine bereits sehr starke Alkoholisierung darstellen, die auch Laien (Zeugen R und H) hätte auffallen müssen. Beide haben jedoch übereinstimmend angegeben, dass sie keine Auffälligkeiten in der Sprache und auch bei den Bewegungen feststellen haben können und beide keinesfalls den Eindruck hatten, sie sei nicht mehr fähig gewesen, einen Pkw zu lenken.

 

Die Bw bringt zusammenfassend vor, dass es unter Berücksichtigung aller Umstände keinen nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Beweis dafür gebe, dass sie tatsächlich am 15.7.2008 um 15.00 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Pkw gelenkt hätte. Im Ergebnis ist dieser Schlussfolgerung der Bw aus nachstehenden Gründen zu folgen:

 

Ein Indiz, jedoch kein Beweis für eine relevante Alkoholbeeinträchtigung der Bw zum Tatzeitpunkt ist die Verneinung des Nachtrunkes durch die Bw bei der Atemluftalkoholuntersuchung. Die von der Bw genannten Motive, warum sie keinen Nachtrunk angegeben hat, sind jedoch plausibel. Eindeutig bestätigt hat den Nachtrunk Herr C D. Ein weiteres Beweismittel für die Annahme des Nachtrunkes  ist die eidesstattliche Erklärung der Frau E S vom 27.1.2009, wonach sie am 15.7.2008 in die Wohnung der Bw gekommen sei und die Bw und ihr Bekannter C D am Küchentisch gesessen seien. Die Bw habe auf sie sehr "fertig" gewirkt. Sie habe sich über Herrn A aufgeregt und meinte mehrmals "das lasse ich mir nicht gefallen". Aus früheren Gesprächen mit der Bw habe sie aber gewusst, dass es auf der Post in Altheim Mobbing-Vorwürfe gegeben habe. Auf dem Küchentisch sei eine Flasche Wein und zwei leere Weingläser gestanden. Sie könne jedoch nicht sagen, ob tatsächlich Wein getrunken wurde, wer getrunken hat bzw. wer wie viel von dem Wein getrunken hat.

 

Geht man von den Angaben des Herrn D bezüglich der jeweiligen Trinkmengen aus, lässt sich rechnerisch das Ergebnis der Atemluftalkoholuntersuchung im Wesentlichen mit dem behaupteten Weinkonsum in Einklang bringen. Würde tatsächlich die Bw diesen Nachtrunk nicht konsumiert haben, wäre sie zum Lenkzeitpunkt schwer alkoholisiert gewesen. Eine derartige Alkoholisierung hätte den Herrn H und Herrn R auffallen müssen. Herr H gab jedoch an, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, dass die Bw, als sie um ca. 13.30 Uhr zu ihm gekommen war, alkoholisiert gewesen wäre. Die vom Zeugen H der Bw angebotenen Getränke konnten jedoch keine relevante Alkoholbeeinträchtigung bewirkt haben. Auch die Aussagen des Herrn R sind nicht dazu geeignet, einen entsprechenden Beweis zu liefern.

 

Unter Abwägung sämtlicher relevanter Beweismittel ist sohin festzustellen, dass kein für ein Strafverfahren erforderlicher Beweis dafür vorliegt, dass die Bw zum Tatzeitpunkt im alkoholbeeinträchtigten Zustand das in Rede stehende Kraftfahrzeug gelenkt hat, weshalb in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes "in dubio pro reo " spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Im Hinblick darauf, dass die der Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 nicht erwiesen ist, und die belangte Behörde ihrem Bescheid vom 7. Jänner 2009, VerkR21-512-2008/BR, diese Verwaltungsübertretung als tragende Tatsache zugrunde gelegt hat, war auch dieser Bescheid zur Gänze zu beheben.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

I.5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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