Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164035/2/Zo/Jo

Linz, 23.04.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau E G, geb. , vertreten durch Dr. C G, L, vom 20.03.2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 04.03.2009, Zl. VerkR96-35614-2007, wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 Abs.1a und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 10.09.2007 um 07.38 Uhr in Leonding auf der L 1227 bei km 2,592, bei der Kreuzung Ruflinger Landesstraße / Alhartingerweg, in Fahrtrichtung Linz trotz gelbem nicht blinkenden Lichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten habe sondern weitergefahren sei, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.1 lit.a StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 3,60 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung verwies der Vertreter der Berufungswerberin vorerst darauf, dass trotz einer entsprechenden Vollmacht das Straferkenntnis nicht dem Vertreter sondern der Berufungswerberin selber zugestellt worden sei. Inhaltlich führte die Berufungswerberin aus, dass dem Verfahrensakt keine Angaben zu der von ihr eingehaltenen Geschwindigkeit sowie zu ihrer Entfernung zur Haltelinie zum Zeitpunkt des Umschaltens auf Gelblicht zu entnehmen seien. Dabei handle es sich aber um wesentliche Sachverhaltselemente, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Gelblicht nicht absolut angehalten sondern ganz im Gegenteil die Kreuzung durchfahren werden muss, wenn ein sicheres Anhalten vor der Haltelinie nicht mehr möglich ist. Es seien daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Angaben zur Geschwindigkeit und zum Anhalteweg jedenfalls in die Begründung des Straferkenntnisses aufzunehmen.

 

Der Zeuge habe weiters angegeben, dass sie im Kolonnenverkehr gefahren sei und er sei selbst auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung gestanden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wie der Polizeibeamte habe sehen können, dass sie angeblich mit den Vorderrädern die Haltelinie durchfahren habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, weshalb gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht notwendig war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin lenkte zur Vorfallszeit den PKW mit dem Kennzeichen  in Leonding auf der Ruflinger Landesstraße in Richtung zur sogenannten 'Derntlkreuzung'. Der Polizeibeamte befand sich auf der gegenüberliegenden Seite dieser Kreuzung im Bereich des Fotogeschäftes B und nahm von dort aus entsprechend seinen Angaben in der Anzeige und in seiner Zeugenaussage vor der BH Linz-Land wahr, dass die Berufungswerberin bei gelbem nichtblinkenden Licht die Haltelinie mit den Vorderreifen überfuhr. Bereits beim Herannahen zur Haltelinie hatte die Ampel auf Gelblicht umgeschaltet.

 

Die Ampel ist in beiden Fahrtrichtungen gleichgeschaltet, weshalb der Polizeibeamte aus dem von ihm wahrgenommenen Gelblicht darauf schloss, dass auch die Ampel in die Gegenrichtung (das ist die Fahrtrichtung der Berufungswerber) gelbes Licht zeigte.

 

Im gesamten Verfahrensakt befinden sich keine Feststellungen zu der von der Berufungswerberin bei der Annäherung an die gegenständliche Kreuzung eingehaltenen Geschwindigkeit sowie zu jenem Abstand, den sie zum Zeitpunkt des Umschaltens der VLSA auf Gelblicht noch von der Haltelinie hatte. Weiters gibt es keine Feststellungen dazu, ob die Ampelanlage auch in Fahrtrichtung der Berufungswerberin ordnungsgemäß funktionierte oder ob allenfalls in ihre Fahrtrichtung das Gelblicht ausgefallen war. Nachdem der Polizeibeamte die Ampel nur aus der Gegenrichtung beobachtet hatte und es keinen Hinweis darauf gibt, ob er sich vor oder nach der Überwachung vom Funktionieren der Ampel auch in Fahrtrichtung der Berufungswerberin überzeugt hat, kann auch ein derartiger Defekt nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 38 Abs.1 StVO 1960 gilt gelbes nichtblinkendes Licht unbeschadet der Vorschriften des § 53 Z10a über das Einbiegen der Straßenbahn bei gelbem Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 vor der Haltelinie anzuhalten.

 

Gemäß § 38 Abs.2 StVO 1960 haben Fahrzeuglenker, die sich bei gelbem nicht blinken Licht bereits auf der Kreuzung befinden, diese so rasch wie ihnen dies möglich und erlaubt ist zu verlassen. Fahrzeuglenker denen ein sicheres Anhalten nach Abs.1 nicht mehr möglich ist, haben weiterzufahren.

 

Gemäß § 21 Abs.1a VStG kann die Behörde von der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens absehen, wenn die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hierfür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht.

 

5.2. In formalrechtlicher Hinsicht ist vorerst darauf hinzuweisen, dass das Straferkenntnis trotz der im Akt befindlichen Vollmacht der Berufungswerberin selbst, nicht aber ihrem Vertreter zugestellt wurde. Der Vertreter der Berufungswerberin gab auf telefonische Anfrage bekannt, dass ihm das Straferkenntnis von der Berufungswerberin tatsächlich ausgehändigt wurde. Mit diesem tatsächlichen Ausfolgen gilt gemäß § 9 Abs.3 Zustellgesetz die Zustellung als bewirkt.

 

Aus der Bestimmung des § 38 Abs.2 StVO ergibt sich, dass das Gelblicht einer VLSA keine absolute Anhaltepflicht anordnet. Ganz im Gegenteil, wenn ein sicheres Anhalten nicht mehr möglich ist, dann muss der Lenker, welcher sich der Ampel annähert, die Kreuzung trotz des Gelblichtes noch durchfahren. Daraus folgt, dass eine Bestrafung eines Fahrzeuglenkers wegen Missachtung des Gelblichtes nur dann möglich ist, wenn im Verwaltungsstrafverfahren bewiesen wird, dass der Fahrzeuglenker sein Fahrzeug noch sicher vor der Haltelinie hätte anhalten können. Eine derartige sichere Möglichkeit zum Anhalten liegt nur dann vor, wenn die Entfernung zur Haltelinie zum Zeitpunkt des Umschaltens der Ampel auf Gelblicht noch den Bremsweg plus den halben Reaktionsweg (verkürzt wegen des Grünblinkens) betragen hat. Bei der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h müsste ein Fahrzeug, um eine Bestrafung wegen des Gelblichtes zu rechtfertigen, unter Berücksichtigung einer normalen Betriebsbremsung beim Umschalten auf Gelblicht jedenfalls noch ca. 20 m von der Kreuzung entfernt gewesen sein.

 

Die Feststellung der Geschwindigkeit sowie der Entfernung des Fahrzeuges zur Haltelinie kann in der Praxis in der Regel nur durch eine Schätzung erfolgen, wobei derartige Schätzungen einem erfahrenen Polizeibeamten durchaus zuzutrauen sind. Zu Beweiszwecken ist jedoch eine Dokumentation dieser Daten und eine Anführung in der Anzeige empfehlenswert. Im konkreten Fall fehlen diese Angaben aber nicht nur in der Anzeige sondern trotz des ausdrücklichen Hinweises des Berufungswerbers bereits in seiner Stellungnahme vom 19.12.2007 auch noch in der Zeugenaussage des Polizeibeamten vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land. Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der Polizeibeamte nach nunmehr ca. 20 Monaten erstmalig genaue und nachvollziehbare Angaben zu diesen entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen machen könnte. Woher soll plötzlich die Erinnerung daran kommen? Es erscheint daher die Verfolgung der Berufungswerberin aussichtslos. Auch der dafür notwendige Aufwand ist unverhältnismäßig, weil zur Feststellung dieser Daten eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung notwendig wäre und die Wahrscheinlichkeit einer nachvollziehbaren und genauen Erinnerung nur gering ist. Es wäre vielmehr Aufgabe der Erstinstanz gewesen, diese wesentlichen Sachverhaltselemente möglichst zeitnahe zum Vorfall festzustellen, bevor sie das Straferkenntnis erlassen hat. Aufgrund dieser Überlegungen und im Hinblick darauf, dass es sich um ein bloßes Bagatelldelikt handelte, war die weitere Durchführung eines aufwendigen Beweisverfahrens nicht mehr zweckmäßig, weshalb der Berufungswerberin im Ergebnis die vorgeworfene Übertretung nicht nachgewiesen werden kann.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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